Donnerstag, 20. November 2014

Eine neue Situation



Gunnar ist verschwunden, und ich,...... fühle mich (trotz alledem) wohl im Hier und Jetzt

Wanja kam gegen halb zwei zu mir. Ich hatte noch nicht einmal zu Mittag gegessen. War spät dran und ich konnte Gunnar nirgendwo finden.
Ich rief im Office an.
„Er war kurz hier und ist dann wieder fort gegangen.“, sagte seine Mutter Christine. „Ich dachte er wollte rasch zurück zu dir?“
„Nein. Er ist nicht hier angekommen.“
Taylor. Womöglich war er dort.
„Nein. Hier ist er nicht. Was ist denn los?“, fragte sein Stiefbruder. Ich antwortete nicht und legte auf.
Lara? Jedoch glaubte ich dies nicht. Sie arbeitete ohnehin.
Wo dann? Schwimmen? Joggen? Kraftsport?
Auch in der Massage-Abteilung, oder bei Malika war Gunnar nicht zu finden.
Im Zimmer über dem Office vielleicht. Die Detektive sagten nein, und......dass er mit dem Wagen weggefahren sei. Vincent sei ihm gefolgt. Aber irgendwie hätte sich seine Spur im Wald verloren......
Es ist vermutlich zu Erik gefahren.....in den Zauberwald,.....den niemand findet, der ihn nicht finden soll. (...und ich bin mir sicher, Christine hat davon gewusst.)

Was sollte das denn? War Gunnar feige? Scheute er eine erneute Begegnung mit Wanja? Gab er etwa auf? Oder holte er sich nur Hilfe? Was hatte er vor?
Viele Fragen und keine Antwort.

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Der „Übergang“ war aber dennoch irgendwie........beinahe fließend.
Wanja stellte fest, dass mein Umgang mit ihm, hier im Zentrum, so ganz natürlich sei. Was auch für mir überaus verwunderlich war.
Tatsächlich. In der Tat war es erstaunlicher Weise und offensichtlich das Natürlichste dieser Welt.....ihn, Wanja, bei mir und um mich zu haben.
Wir gingen ins Restaurant. Speisten gemeinsam und trafen dort auf Derek, der sich in angenehmer Art und Weise, höflich, umgänglich, fast warmherzig und mit Respekt, like a Gentleman, vorstellte. (Wow! Kein Platzhirschgetue. Keine Furcht. Sondern gegenseitiger Respekt? Und Akzeptanz.) Sie tauschten einige unverbindliche Floskeln aus und Derek verließ uns dann wieder. Setzte sich allein an einen Tisch, ein Stück weit weg von uns, in der Nähe der Tür. Blieb jedoch nur etwa fünf Minuten. Sah noch einmal nickend zu uns herüber und ging zur Tür hinaus.
Der Nachmittag gehörte uns, Wanja und mir, und wir blieben in meinem Haus. Obgleich es Wanja unangenehm gewesen war, in DEM Haus mit mir zu sein, in welchen ich bis zu diesem Zeitpunkt mit Gunnar wohnte.
Wir kuschelten uns aneinander, sahen fern und hatten Sex und Wanja konnte mir nicht glauben, dass ich seit unserem letzten Inneinandersein nicht mit Gunnar geschlafen hatte.
„Nein Wanja. Das habe ich nicht. Ich wollte es nicht.“, betonte ich Augen aufschlagend, um meinen Worten sinnliches Gewicht zu verleihen.
Zumindest war ER glücklich darüber. „Du liebst mich doch noch. Nicht wahr? Ich habe es gewusst.“, sagte er Freude strahlend, während sein (doch verhältnismäßig imposanter) Schwanz noch in mir war und ich auf seinem Schoß saß. Ich schmiegte meinen Körper genüsslich an den Seinen. Aahhhhh.......
Wie leicht, einfach und unkompliziert es war, und........ es war überhaupt nicht nötig „umzudenken“. Ich musste mich schlicht und einfach „fallen lassen“. Seine starken Arme hielten, trugen, umfingen mich und es war so ein fabelhaftes Gefühl der Geborgenheit, in welchem ich schwebte......
Wanja war und ist der Inbegriff des ritterlichen Gentlemans. Gut erzogen, mit vortrefflichen Manieren und immer freundlich und zuvorkommend. Es scheint, als hätte er sein Verhalten in den letzten Jahren noch um Einiges aufpoliert. Zumindest und vorerst nach Außen hin. So, wie es wohl bei fast jedem ist, und jeder tut. Wir zeigen nicht immer und zu jeder Zeit all unsere Stimmungen und wer wir wirklich sind. Auch ich nicht. Aber dennoch scheint Wanja glücklich zu sein und ich......bin es, so erstaunlich es klingen mag, ebenso. Und dies auf eine Weise, welche ich mir nicht hätte träumen lassen.
Ich fühle mich mehr als nur wohl in seiner Gegenwart. Hier und jetzt!

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Vermisse ich Gunnar?
Diese Frage stellte ich mir selbstredend. Und die Antwort ist.......nein.
Trotz meiner, unserer überdimensionalen Liebe zueinander und der (offensichtlichen) Seelenpartnerschaft, war unser Zusammensein ohnehin oft genug, oder viel zu oft, von Ärgernissen und unangenehmen Gefühlen der Eifersucht begleitet/überschattet. Da war dieses dumpfe Empfinden in der Bauch- und Magengegend, was mir Übelkeit und sogar körperliche Schmerzen bescherte. (Was ich jedoch (nie) nicht gerne zugab.) Insbesondere wenn ich bildlich daran dachte, was er mit anderen Frauen tat. Denn ich hatte es schließlich mit eigenen Augen gesehen.
Nichts desto trotz möchte ich die vielen schönen und angenehmen Stunden mit Gunnar in keinem Fall auf irgendeine Weise schmälern. Unsere Liebe ist – war über die Maßen groß. Nun will ich jedoch nicht bereits das Handtuch werfen, was das Zusammensein, meine Ehe mit Gunnar betrifft. Die Tendenz, ja sogar ein wenig Euphorie zeigt zwar in Wanjas Richtung. Dennoch es ist besser „kühlen Kopf“ zu bewahren und einen Schritt nach dem anderen zu gehen.

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Christine kam heute Morgen an unseren Frühstückstisch, zu Wanja und mir, mit einer deutlich sichtbar angesäuerten Miene und ließ mich geschäftliche Unterschriften tätigen. Wobei sie sich abschätzende Blicke und einige abwertende Sätze nicht verkneifen konnte. Daraufhin verwies ich auf Gunnars andauernde Betrügereien und das ich diese bereits lange Zeit hinnehmen würde. Zudem ich ihn noch unter recht zweifelhaften Umständen kennen gelernt hatte.
„Und was ist mit Kevin, Troels, Jason und Derek?“, fragte sie mich anklagend und offensichtlich über alles informiert.
Wanja stutzte und sah mich fragend an. Christine grinste und zog ab. Sie hatte ihre „Spitze“ gekonnt platziert. (Wollte Unfrieden säen.)
Nun. Okay. Dann sollten mir ihre Worte gerade Recht kommen, um Wanja gegenüber absolute Ehrlichkeit zu demonstrieren, worauf Vertrauen zukünftig aufgebaut werden kann. Ohnehin ist es mir schon ganz lieb, wenn Wanja über ALLES Bescheid weiß, noch „bevor“ wir uns zu „mehr“, also einem zukünftig gemeinsamen Leben entschließen sollten, WAS natürlich.......eine Trennung von Gunnar voraussetzen würde.
„Derek habe ich bereits kennen gelernt. Er scheint ein anständiger Kerl zu sein. Und wer sind die anderen?“
„Kevin, ist der Mann im Rollstuhl.“, begann ich, um sogleich und zumindest eines von Christines „Argumenten“ abzumildern. Was mir auch gelang. Denn Wanja lächelte daraufhin doch recht warmherzig und verständnisvoll. „Ach ja. Ich erinnere mich. Du hattest mir von ihm erzählt. Das du dir die Schuld gegeben hattest an seiner Situation.“
Ich senkte den Blick und räusperte mich. Tat einen tiefen Atemzug und sah Wanja dann mit einem eher traurigen und viel sagendem Blick entgegen, um weiter zu gehen. „Troels, war ein eher väterlicher Freund. Wenn Gunnar seinen Neigungen nachging, brachte er mich sogar selbst zu ihm.“
Wanja schüttelte mit dem Kopf. „Wie nett.“
Ich wiegte den Kopf hin und her. „Nun ja. Wie man es nimmt.“
Noch ein prüfender Blick zu Wanja und dann fuhr ich fort. „Als ich damals in Berlin war und Kevin suchte, weil alle Welt dachte er sei tot, eingeschlossen ich selbst, oder ich ganz besonders, denn genau DAS sollte ich glauben, hatten mich Jason und Paul dorthin begleitet. Jason ist ein überaus attraktiver Mann, der gleichwohl nichts anbrennen lässt, und eines Nachts passierte es.....ganz einfach.“ Ich beobachtete Wanjas Mimik ganz genau bevor ich weiter sprach, um etwaige Missverständnisse sogleich an der Wurzel zu packen und auszureißen. „Es ist nur ein einziges Mal geschehen. Denn mir war stets bewusst, dass er verheiratet ist, worauf ich ihn immer wieder aufmerksam machte, wenn er versuchte mir auch hier näher zu kommen. Und die Geschichte mit Derek, hat, wie ich bereits erwähnte, gerade erst begonnen. Ich habe NUR zwei Mal mit ihm geschlafen. Nach einer langen Zeit des Schauens, Wartens und darüber Nachdenkens. Und ich tat es in diesem Augenblick auch nur, weil Gunnar wieder einmal......na du weißt schon was.......“

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Alles in allem vermag ich die Männer ohnehin nicht zu verstehen.
Was finden sie nur an mir?
Was wollen sie mit dieser (zugegeben reizvoll, betörenden) attraktiven, jedoch  kränklichen Frau?
Im Augenblick überwältigen mich die Gefühle. Ich würde am aller liebsten hier mit Wanja leben wollen. Muss ich Gunnar deshalb aufgeben? Mich von ihm scheiden lassen? Was,....wird geschehen?
Wanja ist nicht der Mensch für Dreier- oder ganz und gar Viererbeziehungen.
Das wird nicht gehen. Er ist da über die Maßen „altmodisch“. Aufrichtigkeit, Offenheit und Loyalität, sowie die Ordnung der Dinge gehen ihm über alles. (Was ich aller Wahrscheinlichkeit nach wohl oder übel akzeptieren muss.)

Und was ist eigentlich mit Kevin?
Diese Frage beantwortete sich von selbst.
Er ist zurückgekommen. Ohne seinen Sohn. Nur mit den zwei M. und M’s. Bei mir gemeldet hat er sich allerdings noch nicht.
Wie wird ihm die „neue Situation“ schmecken? Wird er sich wieder trotzig und wütend trollen? Oder legt er ein wenig Toleranz an den Tag. Verständnis mit Großmut gepaart. Intelligent genug dafür ist er auf alle Fälle!