Gunnar ist verschwunden, und ich,...... fühle mich (trotz alledem)
wohl im Hier und Jetzt
Wanja kam gegen halb zwei zu mir. Ich
hatte noch nicht einmal zu Mittag gegessen. War spät dran und ich konnte Gunnar
nirgendwo finden.
Ich rief im Office an.
„Er war kurz hier und ist dann wieder
fort gegangen.“, sagte seine Mutter Christine. „Ich dachte er wollte rasch
zurück zu dir?“
„Nein. Er ist nicht hier angekommen.“
Taylor. Womöglich war er dort.
„Nein. Hier ist er nicht. Was ist
denn los?“, fragte sein Stiefbruder. Ich antwortete nicht und legte auf.
Lara? Jedoch glaubte ich dies nicht.
Sie arbeitete ohnehin.
Wo dann? Schwimmen? Joggen?
Kraftsport?
Auch in der Massage-Abteilung, oder
bei Malika war Gunnar nicht zu finden.
Im Zimmer über dem Office vielleicht.
Die Detektive sagten nein, und......dass er mit dem Wagen weggefahren sei.
Vincent sei ihm gefolgt. Aber irgendwie hätte sich seine Spur im Wald
verloren......
Es ist vermutlich zu Erik
gefahren.....in den Zauberwald,.....den niemand findet, der ihn nicht finden
soll. (...und ich bin mir sicher, Christine hat davon gewusst.)
Was sollte das denn? War Gunnar
feige? Scheute er eine erneute Begegnung mit Wanja? Gab er etwa auf? Oder holte
er sich nur Hilfe? Was hatte er vor?
Viele Fragen und keine Antwort.
-------
Der „Übergang“ war aber dennoch
irgendwie........beinahe fließend.
Wanja stellte fest, dass mein Umgang
mit ihm, hier im Zentrum, so ganz natürlich sei. Was auch für mir überaus
verwunderlich war.
Tatsächlich. In der Tat war es
erstaunlicher Weise und offensichtlich das Natürlichste dieser Welt.....ihn,
Wanja, bei mir und um mich zu haben.
Wir gingen ins Restaurant. Speisten
gemeinsam und trafen dort auf Derek, der sich in angenehmer Art und Weise,
höflich, umgänglich, fast warmherzig und mit Respekt, like a Gentleman,
vorstellte. (Wow! Kein Platzhirschgetue. Keine Furcht. Sondern gegenseitiger
Respekt? Und Akzeptanz.) Sie tauschten einige unverbindliche Floskeln aus und
Derek verließ uns dann wieder. Setzte sich allein an einen Tisch, ein Stück
weit weg von uns, in der Nähe der Tür. Blieb jedoch nur etwa fünf Minuten. Sah
noch einmal nickend zu uns herüber und ging zur Tür hinaus.
Der Nachmittag gehörte uns, Wanja und
mir, und wir blieben in meinem Haus. Obgleich es Wanja unangenehm gewesen war,
in DEM Haus mit mir zu sein, in welchen ich bis zu diesem Zeitpunkt mit Gunnar
wohnte.
Wir kuschelten uns aneinander, sahen
fern und hatten Sex und Wanja konnte mir nicht glauben, dass ich seit unserem
letzten Inneinandersein nicht mit Gunnar geschlafen hatte.
„Nein Wanja. Das habe ich nicht. Ich
wollte es nicht.“, betonte ich Augen aufschlagend, um meinen Worten sinnliches
Gewicht zu verleihen.
Zumindest war ER glücklich darüber.
„Du liebst mich doch noch. Nicht wahr? Ich habe es gewusst.“, sagte er Freude
strahlend, während sein (doch verhältnismäßig imposanter) Schwanz noch in mir
war und ich auf seinem Schoß saß. Ich schmiegte meinen Körper genüsslich an den
Seinen. Aahhhhh.......
Wie leicht, einfach und unkompliziert
es war, und........ es war überhaupt nicht nötig „umzudenken“. Ich musste mich
schlicht und einfach „fallen lassen“. Seine starken Arme hielten, trugen,
umfingen mich und es war so ein fabelhaftes Gefühl der Geborgenheit, in welchem
ich schwebte......
Wanja war und ist der Inbegriff des
ritterlichen Gentlemans. Gut erzogen, mit vortrefflichen Manieren und immer
freundlich und zuvorkommend. Es scheint, als hätte er sein Verhalten in den
letzten Jahren noch um Einiges aufpoliert. Zumindest und vorerst nach Außen
hin. So, wie es wohl bei fast jedem ist, und jeder tut. Wir zeigen nicht immer
und zu jeder Zeit all unsere Stimmungen und wer wir wirklich sind. Auch ich
nicht. Aber dennoch scheint Wanja glücklich zu sein und ich......bin es, so
erstaunlich es klingen mag, ebenso. Und dies auf eine Weise, welche ich mir
nicht hätte träumen lassen.
Ich fühle mich mehr als nur wohl in
seiner Gegenwart. Hier und jetzt!
-------
Vermisse ich Gunnar?
Diese Frage stellte ich mir
selbstredend. Und die Antwort ist.......nein.
Trotz meiner, unserer
überdimensionalen Liebe zueinander und der (offensichtlichen)
Seelenpartnerschaft, war unser Zusammensein ohnehin oft genug, oder viel zu
oft, von Ärgernissen und unangenehmen Gefühlen der Eifersucht
begleitet/überschattet. Da war dieses dumpfe Empfinden in der Bauch- und
Magengegend, was mir Übelkeit und sogar körperliche Schmerzen bescherte. (Was
ich jedoch (nie) nicht gerne zugab.) Insbesondere wenn ich bildlich daran
dachte, was er mit anderen Frauen tat. Denn ich hatte es schließlich mit
eigenen Augen gesehen.
Nichts desto trotz möchte ich die
vielen schönen und angenehmen Stunden mit Gunnar in keinem Fall auf irgendeine
Weise schmälern. Unsere Liebe ist – war über die Maßen groß. Nun will ich
jedoch nicht bereits das Handtuch werfen, was das Zusammensein, meine Ehe mit
Gunnar betrifft. Die Tendenz, ja sogar ein wenig Euphorie zeigt zwar in Wanjas
Richtung. Dennoch es ist besser „kühlen Kopf“ zu bewahren und einen Schritt
nach dem anderen zu gehen.
-------
Christine kam heute Morgen an unseren
Frühstückstisch, zu Wanja und mir, mit einer deutlich sichtbar angesäuerten
Miene und ließ mich geschäftliche Unterschriften tätigen. Wobei sie sich
abschätzende Blicke und einige abwertende Sätze nicht verkneifen konnte.
Daraufhin verwies ich auf Gunnars andauernde Betrügereien und das ich diese
bereits lange Zeit hinnehmen würde. Zudem ich ihn noch unter recht
zweifelhaften Umständen kennen gelernt hatte.
„Und was ist mit Kevin, Troels, Jason
und Derek?“, fragte sie mich anklagend und offensichtlich über alles
informiert.
Wanja stutzte und sah mich fragend
an. Christine grinste und zog ab. Sie hatte ihre „Spitze“ gekonnt platziert.
(Wollte Unfrieden säen.)
Nun. Okay. Dann sollten mir ihre
Worte gerade Recht kommen, um Wanja gegenüber absolute Ehrlichkeit zu
demonstrieren, worauf Vertrauen zukünftig aufgebaut werden kann. Ohnehin ist es
mir schon ganz lieb, wenn Wanja über ALLES Bescheid weiß, noch „bevor“ wir uns
zu „mehr“, also einem zukünftig gemeinsamen Leben entschließen sollten, WAS
natürlich.......eine Trennung von Gunnar voraussetzen würde.
„Derek habe ich bereits kennen
gelernt. Er scheint ein anständiger Kerl zu sein. Und wer sind die anderen?“
„Kevin, ist der Mann im Rollstuhl.“,
begann ich, um sogleich und zumindest eines von Christines „Argumenten“
abzumildern. Was mir auch gelang. Denn Wanja lächelte daraufhin doch recht
warmherzig und verständnisvoll. „Ach ja. Ich erinnere mich. Du hattest mir von
ihm erzählt. Das du dir die Schuld gegeben hattest an seiner Situation.“
Ich senkte den Blick und räusperte
mich. Tat einen tiefen Atemzug und sah Wanja dann mit einem eher traurigen und
viel sagendem Blick entgegen, um weiter zu gehen. „Troels, war ein eher
väterlicher Freund. Wenn Gunnar seinen Neigungen nachging, brachte er mich
sogar selbst zu ihm.“
Wanja schüttelte mit dem Kopf. „Wie
nett.“
Ich wiegte den Kopf hin und her. „Nun
ja. Wie man es nimmt.“
Noch ein prüfender Blick zu Wanja und
dann fuhr ich fort. „Als ich damals in Berlin war und Kevin suchte, weil alle
Welt dachte er sei tot, eingeschlossen ich selbst, oder ich ganz besonders,
denn genau DAS sollte ich glauben, hatten mich Jason und Paul dorthin
begleitet. Jason ist ein überaus attraktiver Mann, der gleichwohl nichts
anbrennen lässt, und eines Nachts passierte es.....ganz einfach.“ Ich
beobachtete Wanjas Mimik ganz genau bevor ich weiter sprach, um etwaige
Missverständnisse sogleich an der Wurzel zu packen und auszureißen. „Es ist nur
ein einziges Mal geschehen. Denn mir war stets bewusst, dass er verheiratet
ist, worauf ich ihn immer wieder aufmerksam machte, wenn er versuchte mir auch
hier näher zu kommen. Und die Geschichte mit Derek, hat, wie ich bereits
erwähnte, gerade erst begonnen. Ich habe NUR zwei Mal mit ihm geschlafen. Nach
einer langen Zeit des Schauens, Wartens und darüber Nachdenkens. Und ich tat es
in diesem Augenblick auch nur, weil Gunnar wieder einmal......na du weißt schon
was.......“
-------
Alles in allem vermag ich die Männer
ohnehin nicht zu verstehen.
Was finden sie nur an mir?
Was wollen sie mit dieser (zugegeben
reizvoll, betörenden) attraktiven, jedoch
kränklichen Frau?
Im Augenblick überwältigen mich die
Gefühle. Ich würde am aller liebsten hier mit Wanja leben wollen. Muss ich
Gunnar deshalb aufgeben? Mich von ihm scheiden lassen? Was,....wird geschehen?
Wanja ist nicht der Mensch für
Dreier- oder ganz und gar Viererbeziehungen.
Das wird nicht gehen. Er ist da über
die Maßen „altmodisch“. Aufrichtigkeit, Offenheit und Loyalität, sowie die
Ordnung der Dinge gehen ihm über alles. (Was ich aller Wahrscheinlichkeit nach
wohl oder übel akzeptieren muss.)
Und was ist eigentlich mit Kevin?
Diese Frage beantwortete sich von
selbst.
Er ist zurückgekommen. Ohne seinen
Sohn. Nur mit den zwei M. und M’s. Bei mir gemeldet hat er sich allerdings noch
nicht.
Wie wird ihm die „neue Situation“
schmecken? Wird er sich wieder trotzig und wütend trollen? Oder legt er ein
wenig Toleranz an den Tag. Verständnis mit Großmut gepaart. Intelligent genug
dafür ist er auf alle Fälle!