Samstag, 8. November 2014

Unsicherheiten




Zu Beginn vermochte ich mich nicht zu entschließen, was ich nun tun sollte. Sandte Derek aber dennoch eine kurze SMS: „Hi you <3“
Nichts.
Zudem hatte ich noch eine andere, undankbare Aufgabe vor mir, welche mir über die Maßen mein Herz erschwerte. Kevin die Wahrheit zu sagen. Denn lügen, mochte ich nicht. Worüber ich natürlich nachgedacht hatte. Denn es war mir durchaus bewusst, dass „die Wahrheit“ Kevin in den tiefsten Keller der Enttäuschung stürzen würde. Nach all den Hoffnungen, die er sich gerade in den letzten Tagen gemacht hatte.
Noch bevor er zu mir kam, fasste ich mir ein Herz und rief ihn an. Seine Stimme verriet Glück und Freude darüber, dass ich ihn nun offensichtlich zu mir einladen, dass ich ihm sagen würde:`Komm zu mir. Gunnar ist gegangen.´Wobei ich mir sicher war, dass er bereits vom Fenster aus gesehen hatte, dass Gunnar gegangen war.
Ich stotterte vor mich hin. Wusste nicht, ob und wie ich ihm erklären sollte, dass ich keine Zeit für IHN hatte. Zudem es bei Weitem nicht gewiss war, ob ich Derek an diesem Abend überhaupt traf. Ich stammelte und zweifelte. Zweifelte und stammelte und ich vermute Kevin „verstand“. Denn bevor ich ausgesprochen hatte, was ich ihm zu sagen hatte (glaubte, ihm sagen zu müssen), ( und mich noch weiter blamieren konnte), legte er wortlos auf........

Eine Stunde verging. (In welcher ich mir das Hirn zermarterte, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte!) Denn ich hatte noch immer keine Antwort von Derek erhalten.
Zweifel nagten an mir. Wie töricht konnte ich nur sein? Vor allem Kevin so derart vor den Kopf zu stoßen! Andererseits jedoch war da immer noch „Hoffnung“. Und lügen, hatte ich nicht gewollt!
Eine weitere Stunde verging. Nichts.
Aber dann, so gegen neun, klopfte es an der Tür und noch im selben Augenblick überzog ein breites Lächeln mein Gesicht. Derek!
Aber was, wenn er es gar nicht war?
Alles Mögliche ging mir durch den Kopf. Ryan? Womöglich doch Kevin? Oder vielleicht sogar Jason?
Nein. Es war TATSÄCHLICH Derek!
So überglücklich, wie in diesem Augenblick, war ich schon lange nicht mehr.
Erleichterung.......

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Ich ging mit zu ihm. Wir sahen fern, tranken Champagner und aßen einige Chanapes. Wandten uns zu Beginn, vielleicht sogar bewusst, in Belanglosigkeiten, bis wir schlussendlich zum „ernsten Kern“ der Unterhaltung vordrangen.
„Was sagte Gunnar heute Nachmittag zu dir?“, fragte ich und wartete voller Ungeduld auf Dereks Antwort.
Er lächelte.
„Warum bist du überhaupt zu ihm gegangen?“, legte ich angespannt nach.
„Ich wollte mit ihm reden. Über dich Rea.“
„Und was?“
Er räusperte sich und zog die Brauen nach oben. „Das ich mich entschieden habe, um dich zu kämpfen.“
Ups!
„Was hat er erwidert?“ Ich war ungeduldig und mein Atem ging schnell.
Derek lachte kurz und ein wenig zynisch. „Während ich ihm zu erklären suchte, wie ernst ich es mit dir meine, so von Mann zu Mann, begann er zu lachen und mir seinerseits darzulegen, dass ich nur ein Fick für dich sei. Ich erläuterte ihm, dass es darum überhaupt nicht ging. Das Ficken, wie er sich ausdrückte, eigentlich nur nebensächlich sei. Aber offensichtlich verstand er das nicht.“
Nun konnte ICH nur spöttisch lachen. „Entweder will er es nicht verstehen, oder kann es in der Tat nicht. Oder er wollte dir nur Glauben machen, dass du mir nichts bedeutest. Er selbst hält es ja mit dem Ficken wie mit dem Speisen. Jeden Tag eine andere „kulinarische Köstlichkeit“. Womöglich denkt er, ich könnte es ähnlich halten. Nur müsste er mich allmählich besser kennen. Frauen können zwar so wie so  schon gut zwischen Sex und Liebe unterscheiden, wenn sie es wollen. Aber du hast Recht. Hier geht es wahrlich nicht nur um Sex. MIR geht es ebenso nicht nur um Sex.“
Wir beide lächelten uns an, ob dieser gemeinsamen Festhellung.
Eine kurze Weile der Stille legte sich über uns, bis Derek eine zaghafte Frage formulierte. „Ist es Liebe?“ Er schmunzelte und ein breites Lächeln überzog sein Gesicht.
Was sollte ich nun antworten? Ich kannte die Wahrheit genau genommen selbst nicht. Also sah ich ihn schmachtend an (was immer eine gute Variable war) und zuckte leicht mit den Schultern.
Derek pustete Luft durch seine gespitzten Lippen. „Ja. Du hast Recht. Wir sollten trotz alledem nichts überstürzen. Uns Zeit lassen.“
„Aber ich dachte, du hast dich entschieden?“, fragte ich sacht und beobachtete seine Reaktion, die nur ein bestätigendes und wohlwollendes Nicken war.
Gut zu wissen. Dachte ich und auch daran, wie um alles in der Welt ich Derek nun beibringen sollte, dass ich (vorerst??!) nicht daran dachte, Gunnar seinetwegen zu verlassen.
Und warum lange warten? JETZT war der Zeitpunkt, wo alles geklärt werden konnte! Wo die Weichen gestellt wurden und alle Wahrheiten ausgesprochen werden konnten.
Heute, hier und jetzt entschied sich, wie sich unsere weitere Beziehung in Zukunft gestalten würde!
Ich biss mir auf die Lippen, um zu signalisieren, dass da noch etwas „Heikles“ war, was ich zu gestehen hatte. Derek bemerkte es natürlich. „Was ist?“ Er legte die Stirn in Falten und hielt demonstrativ den Atem an.
Ich zögerte. Kaute weiter auf der Unterlippe. Schnaufte. Räusperte mich.
„So schlimm wird es doch nicht sein. Oder? Also raus damit.“
„Phhhuu. Ja. Weiß du...ich,....ich werde,....ich kann mich nicht so leicht von Gunnar trennen.“ Der Anfang war gemacht. Ich wartete ab.
Er kniff die Augen leicht zusammen. „Wie meinst du das?“
„Ich meine, es ist, es wäre für mich nicht leicht, mich von Gunnar zu trennen. Und ich weiß nicht, ob ich das überhaupt kann. Zumindest nicht so schnell.“
Derek sah mich fragend und ein wenig verständnislos an. Schüttelte den Kopf. „Doch nur ein Fick?“
„Nein Derek! Nein! Das weiß du. DAS ist nicht wahr.“ Ich fasste seine Hand. Drückte sie und sah ihm fest in die Augen.
Er schnaufte ein wenig. Hob die Schultern und öffnete die Hände. „Was dann?“
Ich gab mich nervös, aufgeregt, jedoch entschlossen.
„Es ist Liebe. Nur irgendwie anders als sonst.“

Auf irgendeine Weise nahm unsere Unterhaltung eine Wende. Wir sprachen urplötzlich eine Weile lang über Jason und meine Beziehung zu Troels. Und als wir später noch einmal auf dieses spezielle Thema zu sprechen kamen, sagte Derek mit einem Mal lächelnd und hob die Schulter dabei: „Ich habe mich entschieden. Für dich Rea. Und ich stehe dazu. Gleichgültig, was auch geschehen mag.“

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Es war ein langer, aufreibender Tag und ich war müde. Wir gingen zu Bett....ohne Sex. Schmiegten uns aneinander und schliefen ein.
Allerdings muss ich gestehen, dass ich seit dieser Tage der erneuten Unruhen und Angriffe, unruhig und nur noch stundenweise zu schlafen vermag. Immer wieder aufwache. Zuweilen sogar hochschrecke in der Annahme, etwas gehört zu haben.
Es ist traurig und betrübt mich zutiefst wahrzunehmen, wie andere Menschen in meinen persönlichen Raum eindringen und diesen auf diese Weise kontaminiert........

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Dann doch der Sex am Morgen. Aber nicht wirklich voller Lust und Euphorie. Und ich vermag nicht wirklich zu sagen,...warum. Was Derek jedoch nicht zu beunruhigen schien. „Es wird alles gut. Da bin ich mir sicher.“, sagte er zu mir und seine Augen verrieten nicht die Glaubwürdigkeit, die seine Worte zu vermitteln suchten.
Waren da womöglich Zweifel? Tief in ihm? Aber woran zweifelte er? An sich? An mir? An was? Oder irrte ich?