Sonntag, 2. November 2014

Ein bedachter Schachzug - Süßes oder Saures




„Gunnar weiß es.“
Hüstel. Räusper. Augen aufreiß. Verschluck......
„Ja und nun?“, fragte Derek völlig entsetzt. Wir hatten uns am Abend im Restaurant getroffen und Gunnar war kurz nach hinten, in das dortige Büro gegangen.
„Nichts und. Er billigt es, solange nichts Ernstes daraus wird und er seiner Neigungen und anderweitigen Aktivitäten in diesem Bereich nachgehen kann. Wir hatten ein offenes Gespräch.“, sagte ich mit betonenden Worten.
Derek blieb schier der Mund offen stehen. Bevor er jedoch antworten, oder irgendetwas sagen konnte, kam Gunnar zurück.
„Hi.“
Ups! Derek total betreten, wollte schon das Weite suchen. Wandt sich zum Gehen.
„Du kannst ruhig bleiben. Ich weiß Bescheid. Sei kein Feigling. Setz dich doch und frühstücke mit uns.“
Nun räusperte ich mich und sah Gunnar an. „Ich denke, wir wollen es nicht gleich übertreiben. Wir alle, insbesondere Derek, müssen erst einmal mit der neuen Situation umgehen lernen.“
Gunnar setzte einen lässigen Gesichtsausdruck auf und lächelte. „Ich habe kein Problem damit. Denn Rea wird mich nicht verlassen. Gleichgültig wer da kommt.“ Er legte demonstrativ seinen Arm um meine Schulter und führte mich so zu meinem Platz. Derek war stehen geblieben und entschuldigte sich. Er müsse das alles erst einmal verdauen.
So ganz ins geheim hatte ich den Eindruck, als wolle Gunnar Derek mit seiner Offenheit und zur Schau gestellten Toleranz verkraulen. Was gleichwohl einleuchtend war. (Platzhirschgetue!) Der arme Derek! Was ging nun in ihm vor? Womöglich war er sogar geschockt? Spricht mich nie wieder an und nimmt ganz und gar Abstand von mir. (Was meine Befürchtung war.)
Ich scheltete Gunnar, als wir uns setzten. „Das war Absicht. Ganz gewiss. Wie kannst du nur so etwas tun?“
„Was tue ich denn?“ Gunnar lächelte mir entgegen, breitete die Arme aus und zuckte mit den Schultern. „Wenn er die Wahrheit nicht verträgt.“
„Deine Wahrheit. Vielleicht bedenkst du, dass nicht jeder damit so offen umgehen kann.“
„Er muss wissen, was es für ihn bedeutet meine Frau zu ficken. Oder besser, ficken zu dürfen.“
„DAS entscheide immer noch ich.“
„Zu spät. Wir werden sehen, wie viel du ihm bedeutest.“
Ich war empört. Aber was hatte ich erwartet? Gunnar schien offensichtlich doch (!!!) eifersüchtig zu sein und verhielt sich dementsprechend. (Obgleich er sich so überaus tolerant zu geben schien.) Ein durchaus honorabler und verständlicher Schachzug von ihm.


Spät Abend eine SMS: „Wie konntest du ihm davon erzählen?“
„Er hat es ohnehin in meinem Kopf gesehen.“, schrieb ich zurück.
Ein „?“ war die Antwort.
„Wir müssen uns sehen.“, tippte ich aufgeregt ins iPhone.
Nun kam überhaupt keine Antwort mehr.
Oh Gott! Es ist vorbei. Derek wird nie mehr mit mir reden, mich niemals mehr sehen oder treffen wollen. (Und vielleicht ist es auch besser so.)

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„Süßes oder Saures?!“
Helloween für die Kinder. Es gab keine Ruhe........
(...und ich dachte an Derek, und darüber nach, dass ich es besser sein lassen sollte um abzuwarten. Wozu die Initiative ergreifen. Er braucht offensichtlich Zeit.)

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Sex gestern Morgen. Unspektakulär. Gleich nach dem Aufwachen. Und noch immer  rühmenden Worte zu dem spektakulärem Fellatio, welches ich ihm am Tag zuvor hatte zukommen und genießen lassen. „So eindrucksvoll wie du (meine Frau), macht das niemand.“
Konnte, sollte ich mir jetzt darauf etwas einbilden, das mein Ehemann mir sagt, was für eine außergewöhnliche Schwanzlutscherin ich bin? Zumindest schien ich ETWAS zu beherrschen, womit ich meinem Mann gefällig sein und zufrieden stellen konnte. (Obgleich ich es genau genomen überhaupt nicht mag.)

Ein kurzes Gespräch über Laura und ich hatte den Eindruck, dass er sie angerufen hatte. Denn zum Frühstück kam sie ins Restaurant und er lud sie ein, an unseren Tisch Platz zu nehmen.
Was sollte das? Ich funkelte Gunnar wütend an.
Er hob die Schultern und machte ein unschuldiges Gesicht. „Wenn Derek meiner Einladung nicht folgt. Lara tut es. Wo ist der Unterschied, wen der beiden ich an unseren Tisch einlade?“
Als hätte ich gewollt, dass Derek sich zu uns setzt. Es wäre mir unangenehm gewesen. Und Lara an unserem Tisch war es umso mehr. Aber was konnte ich schon tun? Ich nahm es hin und konzentrierte mich auf die Speisen meines Teller vor mir.
War Gunnar etwa tatsächlich derart eifersüchtig, dass er Lara (so offen) an unseren Tisch zitierte?

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Nun, das Frühstück war überstanden und wir gingen zum Haus zurück.
„Ich gehe kurz zu meinen Kindern, Lara ficken, schwimmen und komme dann zurück.“ (...und das alles in EINEM Satz!!!)
Mir blieb der Mund offen stehen. Hatte ich richtig gehört???
„Was ist? Ich dachte, ich solle dir in jedem Fall die Wahrheit sagen? Das versprach ich dir doch. Und Lara scheint mich zu berauchen. Für den Moment.“
Ich war fassungslos. „Gibt es nicht genug andere Männer für sie?“
„Sie ist die Einzige, die noch übrig ist. Ellen outete sich als Lesbe. Malika mag es doch nicht mehr so gern und Natalja hat jetzt ihren Lover. Und solange du mit Derek....“
Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Sie ist eben NICHT die Einzige!“, packte ich aus. „Was ist mit dieser dunkelhäutigen, jungen Schönheit Waris? Oder den niedlichen kleinen Chinesinnen? Die fickst du doch auch?“
„Gelegentlich.“
„Warum?“ Jetzt hatte ich endlich die Gelegenheit Gunnar so ganz persönlich und offen zu fragen.
„Du kennst den Grund. Niemand isst immer nur das Gleiche. Der Appetit fällt jeden Tag unterschiedlich aus. Und alle, auch Lara wissen, dass ich verheiratet bin und dich liebe, Rea. Sie wissen ganz genau auf was sie sich einlassen. Es ist IHRE Entscheidung es zu tun, und ich zwinge schließlich niemanden zu irgendetwas.“
Wow! Was für eine Ansprache!
Gunnar nahm mich in die Arme und küsste mich. „Ich liebe dich Rea. Daran wird sich niemals etwas ändern. WIR beide leben miteinander. Verstehst du das?“
Ich sah ihn nur an. Konnte weder ja noch nein sagen. Es war, es ist mir ein Rätseln, was ER unter Liebe und Zusammenleben versteht. Aber ich sollte es so allmählich akzeptieren.
„Ich bin doch fast immer bei dir. Werde dich nie verlassen und du wirst es mit mir ebenso wenig tun. Warum auch? Verstehst du nicht? Ich kann nicht ändern was ich und wie ich bin. Ich versuche doch alles was möglich ist. Folge meinen Neigungen und ficke andere nur noch gelegentlich. Aber die Bedürfnisse sind nun einmal da. Was soll ich tun? Das ändert doch mitnichten etwas daran, dass ich dich liebe Rea! Und auch nicht an unserem gemeinsamen Leben.“ Gunnar wirkte beinahe verzweifelt. So wie damals im Wald bei Erik, wo er vor mir auf die Knie fiel.
„Wie oft soll ich mich noch dafür entschuldigen? Ist es dir nicht recht? Soll ich dir doch lieber verschweigen, was ich tue? Ich dachte nur, du wolltest die Wahrheit wissen.“
„Ja. Du hast Recht.“ Ich drückte seine Hand und lehnte meinen Kopf an seine Schulter. Gunnar strich mir übers Haar und küsste mich.
„Also, du weißt Bescheid.“, sagte er und ging (...Lara ficken).

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Ich war unruhig. Dachte an Derek und auch daran zu ihm zu gehen. Andererseits wollte ich ihn nicht drängen. Trotz alledem fanden meine Füße den Weg zu seiner Hütte.
Ich klopfte. An die Tür und dann ans Fenster. Nichts rührte sich. Keine Antwort kam.
Ich setzte mich auf die Stufen der Veranda. Wartete. Dachte nach. Ging dann noch einmal zur Tür und wagte einen letzten Versuch.. Schlussendlich öffnete Derek doch einen Spalt „Was ist? Ich muss schlafen. Das weißt du doch.“
„Ja. Ich wollte dich sehen. Ich, ich...“, stotterte ich vor mich hin und wusste nicht, was ich sagen sollte. (Wie beschämend!! Was tat ich da eigentlich??)
Derek schnaufte und sah mich mit einem müden Blick an. „Lass mich erst einmal darüber schlafen und nachdenken. Dann reden wir.“
„Okay.“ Mehr konnte ich ohnehin fürs Erste nicht erwarten. (Und betteln sollte ich schließlich auch nicht mehr.......)
Zu jemand anderen (wie zum Beispiel Kevin), wollte ich jetzt aber ebenso wenig gehen. Es war mir nicht mehr nach Unterhaltung zumute.
Also ging ich ein Stück spazieren, zum See.

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Gunnar kam wie versprochen (geduscht von Lara) vom Schwimmen zurück.
„Was hältst du davon, wenn wir heute Nachmittag ins Kino gehen?“
Gleichwohl ich ziemlich müde war, was ich in letzter Zeit gesundheitsbedingt immer öfter bin, nahm ich den Schlüssel MEINES Wagens und fuhr.
Natürlich kamen wir nicht umhin seinen Brüdern gleichwohl einen Besuch abzustatten, wenn wir schon einmal in Stockholm waren. Ich gab auf, widersprach und stritt nicht mit ihm und legte mich dort schlicht und einfach hin. Ließ Gunnar tun, was auch immer er glaubte zu tun müssen und schlief.
Ich erwachte auf Gunnars Armen, der mich von Hjalmars Wohnung, die Treppen hinunter, zu meinem Wagen trug. Er setze mich auf den Beifahrersitz, schnallte mich an und wir fuhren zurück zum Zentrum. Es muss so gegen zwei Uhr nachts gewesen sein.
Erst nach einer Weile fiel mir ein, dass Gunnar doch sicherlich getrunken hatte. Wie konnte er da überhaupt fahren. Aber ich sagte nichts und ließ Gunnar tun, was er auch immer glaubte tun zu müssen.......
(Zumindest hatten wir KEINEN Unfall und er fuhr auch überaus sicher, sodass ich annahm, dass es nur ein oder zwei Bier gewesen waren.)
Und so ganz divus schwebte eine Frage durch mein Hirn: Warum hatte mich Gunnar eigentlich und überhaupt mit sich nach Stockholm genommen? Ohne meine Gegenwart wäre es viel bequemer für ihn gewesen. Zu feiern, zu trinken, sich gehen zu lassen und die Zeit mit wem auch immer zu genießen. Dachte er etwa, wenn er mich allein im Zentrum zurück ließe, würde ich erneut zu Derek gehen?

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Ich war erneut eingeschlafen und hatte nicht bemerkt, wie Gunnar mich vom Wagen zum Bett getragen hatte. Wachte erst heute Morgen in seinen Armen auf und obgleich ich noch müde war (und bin), dachte ich hier unverzüglich zu schreiben, solange noch die absolute Stille herrscht. Noch ein wenig schlafen oder ausruhen, kann ich ebenso gleichwohl später.