Sonntag, 28. Juni 2015

Ein anderer Zweig der Familie



Während Gunnar mit seinen Kindern spielte und mit seinem Vater sprach, unterhielt ich mich mit Hanna und hörte ihr zu. Sie ist die Schwester von Johann. Also Gunnars Tante väterlicherseits und eine dieser ach so „üblen Verschwörungstheoretikerinnen“. Sie sprach mit mir darüber,  was ihrer Meinung nach mit der Welt, mit den Menschen passiert sei, dass sie eben jetzt so ist wie sie ist. Folgte dabei den Gedanken von David Icke und anderen dieser Art. Glaubt man ihr, ist das Ende nah und die Mehrzahl der Menschen, die im Augenblick die Welt bevölkern hätten ohnehin keine Chance. Nur die, die darum wüssten und Vorkehrungen treffen. Sich in Seminaren zu Gruppen zusammen finden und meditieren. 
Genau genommen hatte ich Hanna als eine taffe Frau in Erinnerung, die ihre eigenen Wege geht und weiß, was sie will. Aber das Hinwenden zu derlei Gruppen sei erst seit Kurzem. Sagte Johann. Seit es zwischen ihr und ihrem jungen Geliebten Lutz Andersson wieder einmal kriselte. Er ist nicht hier. Sondern war mit einigen Freunden nach Norden, zu einer Trecking -Tour aufgebrochen, noch bevor wir angekommen waren.
„Sie hat nichts zu tun.“, kommentierte Gunnar das Verhalten seiner Tante. „Es ist schön und gut, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen. Aber sie rutscht ab. Nimmt sich alles so derart zu Herzen, was sie nicht ändern kann. Hat Angst vor dem Gebaren der Großmächte. Natürlich wissen wir, wer dahinter steckt und was sie vorhaben. Die einzige wirksame Waffe, gegen diese dunklen Mächte vorzugehen, ist auf einer anderen Ebene. Woran Erik und noch einige andere an verschiedenen Orten dieser Welt arbeiten. Ja. Da toben tatsächlich Schlachten. Man glaubt es kaum. Manchmal sind es aber auch nur Fußballspiele.“ Gunnar lächelte schief nach seiner (beinahe) Ansprache. Sein Vater hatte schon längst den Raum verlassen. Ihm, war das alles zu suspekt. Er hatte ab gewunken. Damit konnte er, als Realist, nichts anfangen. Bei ihm zählten Fakten. Themen der Geschichte und der Wissenschaft waren ihm vertrauter, als dieser Unfug, von dem er nichts hören wollte.
Hanna war Künstlerin. Sie hatte mir ihre Bilder gezeigt. Die etwas Älteren waren Farben froh. Überwiegend helle Töne. Von rosa über beige bis hin zu hellem blau. Aber die Bilder des letzten halben Jahres waren düster. Mit Rot und schwarz. Ebenso nicht mehr so fein und künstlerisch gearbeitet. Da war Wut dahinter. Verzweiflung schien es fast. War das alles nur auf die bröckelnde Beziehung mit Lutz zurück zuführen?

-------

Morgen, in aller Frühe, fliegen wir nach Stockholm.
„Wir schauen uns kurz die Appartements an und fahren dann weiter zu Erik.“, gab Gunnar als den zu folgendem Plan an.
Nun, dies wird definitiv zur Folge haben, dass ich Derek wieder sehe.
„Auf dem Rückweg, schauen wir bei Thomas vorbei.“, warf ich ein ohne weiter darüber nachzudenken. Hatte selbstredend mein schönes Häuschen dort im Sinn.
Gunnar schmunzelte, alldieweil er meine Gedanken las. Was nun nicht weiter schlimm gewesen war. An mein perfektes kleines Heim zu denken, war nun in der Tat nichts Verwerfliches.