Samstag, 7. November 2015

Die Wogen haben sich geglättet



Gunnar suchte im Laufe des Tages immer öfter meine Gegenwart. Was wiederum Alexa zu verärgern schien.
„Ich bin doch offen und ehrlich zu dir.“ Gunnar grinste mir entgegen und ich wusste genau, was jetzt folgte. „Und ich sage dir, JETZT gehe ich ficken.“
Ich stöhnte und bat ihn noch einen Augenblick abzuwarten.
„Wo ist Derek eigentlich?“, fragte er dann.
Da ich schwieg und mit den Augen rollte, konnte Gunnar es sich denken.
„Nun, was hat er denn gedacht, als er hier her gekommen ist? Dass ich ihm, trotz Alexa, so ganz freiwillig und vor allem zukünftig, meinen Platz einräume?“ Gunnar schüttelte unverständlich mit dem Kopf und legte die Stirn kurz in Falten. „Er hat doch tatsächlich mehr von dir erwartet. Und ich nehme nicht an, dass du ihm Hoffnung machtest. Wer hätte es gedacht, dass er doch noch zum ernst zu nehmenden Gegner wird. Ich dachte, er wäre auch mir gegenüber loyaler. So wie bisher. In diesem Fall hat er sich wohl ein wenig vertan. Dieses Mal. Aber da geht es offensichtlich den Männern wie den Frauen, wenn es um Liebe geht. Und Derek liebt dich anscheinend tatsächlich sehr.“
„Wie Alexa dich womöglich.“, blieb ich gelassen.
„Ja. Kann schon sein. Im Augenblick schmollt sie ebenfalls.“ Gunnar blickte fast verträumt vor sich hin und lächelte. Sie hat sich gleichermaßen mehr erwartet von dieser Situation. Ist schon eigenartig. Oder? Jetzt unterhalten wir beide uns über die jeweiligen Lover.“
Genau genommen hatte er Derek als meinen „Stecher“ bezeichnet und ich mahnte ihn, dass er sich nicht so gewöhnlich äußern solle. „So etwas sagt man nicht.“

Kurz zuvor hatte ich mit Derek gesprochen. Jedoch gab er mir im Augenblick offensichtlich keine Chance, mich mit ihm auszusöhnen. Er war nicht dazu zu bewegen, wieder einzulenken. Schmollte weiter vor sich hin und begab sich lieber allein in die Stadt.

Marie war mit den Kindern draußen und Henrik war mit Mr. Turner auf dem Grundstück unterwegs, um was auch immer zu tun.
Ach, Marie hatte gestern zum Lunch so einen wunderbaren Gumbo gezaubert. Einfach einzigartig!
Und als mich Gunnar dann auch noch verließ, um mit seiner Alexa zu ficken, blieb ich allein im großen Zimmer sitzen. Jedoch nicht lang. Kevin kam herein gerollt und grinste. „Wenn sich zwei streiten, hat der Dritte endlich einmal Glück.......dich allein zu erwischen.“
Na, das war doch eine wirklich lohnende Strategie von ihm. Nun musste ich selbst ein wenig schmunzeln.
„Und mein Bett ist immer für dich offen.“ Kevin zwinkerte mir zu und grinste spitzbübisch. „Wenn du magst, kommst du heute Nacht zu mir.“
Warum nicht, dachte ich so und nickte ihm wohlwollend zu. Versprach ihm jedoch nichts. Alldieweil ich nicht wusste, ob ich es einhalten konnte.
„Wollen wir spazieren gehen?“
„Warum nicht.“

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Nun ja, ich hatte ganz und gar vergessen zu erwähnen, dass  in diesem Trubel um Derek, Gunnar und mich, kein einziges Wort um Alexas (angebliche!!!) Schwangerschaft gefallen war.
War DAS etwa das Geheimnis, mit welchem sie glaubte am Ende doch noch über mich zu triumphieren? Oder war es doch nur eine Farce?
Bei der nächsten Gelegenheit, würde ich sie daraufhin ansprechen!

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Zu erwähnen seinen noch die zahlreichen Nachrichten von Ian. Obgleich er doch so beschäftigt war.
Troels hatte mich ebenfalls angerufen. Selbstredend sprachen wir von seiner Anette. Sie dachte wohl so allmählich daran wieder arbeiten zu gehen. Wollte vergessen, was geschehen war. Nur wird sie das aller Wahrscheinlichkeit nach niemals wirklich können.
Diesbezüglich sprachen wir von den derzeitig Besorgnis erregenden Ereignissen in Schweden. Es muss mancher Orts fürchterlich sein. Dennoch regt sich ebenso gezielter Widerstand, was wir beide begrüßten. Und in diesem Zusammenhang sicherte ich meine und Gunnars Unterstützung für die Schwedendemokraten zu. Was Troels doch überaus erfreulich fand.
„Dann sehen wir uns alle vier, wenn ihr eure Reise beendet. Kommt einfach in der Parteizentrale in Stockholm vorbei.“

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Nun war Derek der schmollende Part und war den gesamten Tag und ebenso den Abend verschwunden. Ich hielt mich überwiegend an Kevin, dem das außerordentlich gut gefiel und sicherlich ebenso GUT TAT. Selbstverständlich ließ ich es wieder zu, mit meinem Ehemann zu schmusen. Warum auch nicht?
Marie, Henrik und die Kinder hielten sich zumeist in der Küche auf.
Was Alexa betraf, wartete ich nur noch auf die passende Gelegenheit.
Während des Dinners war es dann soweit.
So ganz beiläufig formulierte ich die Frage, was nun mit ihrer (angeblichen) Schwangerschaft geschehen sei. „Ist es etwa doch ein Irrtum gewesen?“
Alexa horchte auf und sah mich grinsend an. „Nein. Ich bin schwanger von deinem Mann.“
DAS war in der Tat ein Schlag ins Gesicht. Gunnar sah es mir an, dass ich schluckte. Hatte er es deshalb bisher nicht mehr erwähnt?
„Willst du sie dann doch heiraten?“, richtete ich meine Frage in Gunnars Richtung.
Der atmete tief und schwer. „Nein. Natürlich nicht Und das weiß sie auch.“
„Weiß sie das?“ Ich sah Alexa an und wartete. Sie schwieg. Was mir sagte, dass sie noch immer hoffte, Gunnar mit ihrem Balg, sollte es denn tatsächlich keine Finte sein,  für sich zu gewinnen.
Kevin hatte bereits während meiner ersten Frage an Alexa große Augen und Ohren gemacht. Er schmunzelte und strich sich mehrmals mit seiner rechten Hand übers Kinn. Sagte jedoch dazu nichts. Dachte sich offenbar seinen Teil. Denn mir war klar, dass ER ebenfalls wieder hoffte.

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Wie sollte ich mich nun weiter verhalten? So tun, als ob nicht wäre? Mich an meinen Ehemann kuscheln und weiterhin mit ihm schmusen? Obwohl Alexa auf der anderen Seite saß mit Gunnars Fötus in ihrem Bauch?
Ich vermisste Derek. Er war zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht zurückgekehrt.

In den folgenden Stunden des Abends fiel es mir überaus schwer, gelassene und gepflegte Konversation zu betreiben. Oder die Ruhe und Harmonie zu bewahren. Am liebsten wäre ich ausgetickt! Oder davon gelaufen. WAS sollte, WAS konnte ich jedoch tun? Nichts. Diese Schlacht schien Alexa schon beinahe gewonnen zu haben. NUR, war es noch nicht aller Tage Abend. Ich war überaus zuversichtlich, dass mir dazu noch etwas Geeignetes einfallen würde.
In jedem Fall stellte ich Gunnar zur Rede. Als ich endlich einmal die Gelegenheit dazu hatte, mit ihm allein zu sein.
„Du hast es gewusst. Nicht wahr?“
„Was hast du? Schließlich wusstest du es ebenfalls. Oder etwa nicht?“
„Wir beide dachten, nein, wir waren uns sicher, es sei eine List!“
„Selbst JETZT können wir nicht sicher sein, ob sie die Wahrheit sagt.“, räumte Gunnar in ruhigem und sachlichen Tone ein. „Also würde ich dir raten, es vorerst als Winkelzug zu betrachten.“
„Hast du keinerlei Beweis von ihr verlangt?“
„Natürlich. Was glaubst du denn. Sie zeigte mir die Aufnahmen vom Schwangerschaftstest, der von jeder beliebigen anderen Frau hätte sein können. Erst, wenn ich mit ihr bei einem Arzt gewesen bin, kann ich mehr dazu sagen und mir sicher sein. Vorher halte ich es nach wie vor für einen Trick. Selbstverständlich werde ich dich dann über das Ergebnis informieren, wenn du es möchtest.“
„Natürlich will ich das! Und WAS wirst DU dann tun? Solle es sich als wahr erweisen. Willst du etwa, dass sie es bekommt?“
„Natürlich bin ich nicht unbedingt dafür. Aber wenn sie es will, kann ICH nichts tun.“
„Außer bezahlen und dass du dann erpressbar bist.“
„Was schlägst du denn vor, was ich tun soll?“
„Mach es ihr klar, dass du es nicht willst!“
„Das habe ich bereits getan. Sie will es aber.“
„Will sie die Heirat von dir erzwingen?“
„Das kann sie nicht. Ich habe ihr eindeutig zu verstehen gegeben, dass ich mich von dir niemals trennen werde. Gleich was geschieht. Da kann sie mit Fünflingen aufwarten. Selbst dann würde ich meine Meinung nicht ändern.“
Wie schön zu hören! Zumindest hält Gunnar am Ende doch (aus Liebe?) loyaler Weise zu mir.
Dann fiel mir spontan noch etwas ein.
„Weißt du was? Ich werde Morgen einen Schwangerschaftstest besorgen. Dann kann sie dir nicht mehr ausweichen und noch am selben Tag an Ort und Stelle beweisen, dass sie schwanger ist.“ Ich grinste Gunnar an.
„Du hast Recht. Daran hatte ich nicht gedacht.“
„Also, tun wir es?!“
Gunnar nickte mir zu.
Dann gingen wir schlafen. Zu dritt.
Kevin war selbstredend enttäuscht. Dachte er doch, dass ich diese Nacht in seinem Bett verbrächte.
Wie üblich zu dieser späten Stunde, war ich dermaßen müde, dass ich sofort einschlief und Gunnar mit Alexa tun ließ, was auch immer er tun musste.

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Irgendwann des Nachts wachte ich auf und dachte darüber nach, ob es nicht so allmählich an der Zeit für mich wäre, wieder einmal die „Hexe“ heraus zu kehren. Wenn Gunnar es Hexerei einsetzen konnte, um Wanja zu vertreiben, warum sollte ich dann zögern? Sollte sich Alexas Schwangerschaft tatsächlich als wahr erweisen, wusste ich, was ich zu tun hatte!

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Am Morgen dann das Gleiche, mit Gunnar und Alexa. Im Anschluss ging er mit ihr ins Bad, während ich noch schlief. Als beide zurück ins Zimmer kamen, kroch Gunnar noch einmal zu mir ins Bett. Natürlich ließ ich mich letztendlich zu einem intimen Ineinander überreden. Obgleich ich anfangs zickig war.
Dementsprechend war Maries Kommentar, als wir gemeinsam die Küche betraten.
„In trauter Dreisamkeit?“ Sie grinste.

Ein wenig später unterhielt ich mich mit ihr.
„Was soll ich denn tun Marie? Du selbst plädiertest letzten Endes für Gunnar und sagtest, dass er mich liebt.“
Marie zuckte mit den Schultern. „Ist doch auch so. Oder etwa nicht? Aber trotz alledem sahest du mit Derek ebenso bezaubernd aus.“ Nun zwinkerte sie mir zu und ich hob die Schultern.
„Was?“, fragte sie. „Ich kann dir diese Entscheidung nicht abnehmen.“
„Es wird vorerst keine Entscheidung geben. Sondern, es bleibt alles wie es ist. Basta!“
„O-k-a-y. Aber Derek sah nicht unbedingt aus, als ob ihm das so gefiele.“
„Was will er denn? Hat er nicht bereits eine Beförderung par excellence bekommen? Und die Hoffnung darauf, dass wir, wann immer wir es wollen, im Zentrum zusammen seinen können? Gleichwohl für eine längere Zeit.“
„O-k-a-y. Es scheint ihm aber nicht genug zu sein.“, räumte Marie ein.
„Er wird sich damit wohl vorerst zufrieden geben müssen. MEHR gibt es nicht.“
„Und Kevin?“
„Was soll mit ihm sein?“
„Er macht sich wieder Hoffnungen. Nicht wahr?“
„Ha!“ Ich lachte. „Und Ian ebenfalls.“
„WAS??!“ Marie lachte aus vollem Halse und ich....stimmte mit ein.
Endlich war es zwischen uns, wie in alten Zeiten!
„Na ja, den Russen hast du aber jetzt schon verloren, wo er Vater geworden ist.“
Ich schnaufte. „Im Augenblick scheint es wohl SO zu sein. Nur, kann sich alles,  erfahrungsgemäß, in jeder Sekunde verändern.“
„Ja. Das ist wohl wahr.“
Und schon stand Derek in der Tür. Hatte er etwa gelauscht? Das wäre in der Tat nicht gut gewesen.
Ich ging strahlend auf ihn zu, blieb dann vor ihm stehen und wartete auf seine Reaktion. Dabei sah ich ihm in die (geröteten) Augen. „Wollen wir shoppen gehen?“ Dabei dachte ich selbstverständlich an den Schwangerschaftstest.
Derek lächelte leicht. „Okay. Jetzt gleich?“
Ich nickte und zwinkerte ihm zu. „Wäre womöglich gut, bevor die Geschäfte schließen.“, was natürlich nur eine Metapher war. Denn ich sah Kevin nahen und gedachte ihn nicht zu ermuntern, uns begleiten zu wollen.
Allerdings regnet es und ich wollte ebenso vorab hier schreiben. Infolgedessen instruierte ich Derek rasch, der mir lächelnd in mein Zimmer folgte.
Im Vorbeigehen winkte ich Kevin kurz und gab ihm einen Kuss. Er grinste.
Was Heiterkeit ausmachen kann! Sie vertreibt die düstersten Eifersuchtsgedanken.
Allerdings erwähnte Kevin gleichwohl nichts Weiteres zu Marisas Schwester Janina und wie er gedenkt, mit dieser Beziehung weiterhin zu verfahren. Womöglich wäre es gut, ihn danach zu fragen. Insbesondere jetzt, wo er den Job im Zentrum angenommen hat.

In jedem Fall war ich so derart erleichtert, dass mir Derek die Gelegenheit gab, mich mit ihm auszusöhnen. Er lenkte ein. Was für ein Glück! Jedoch war ICH nicht mutig genug dieses unselige Thema anzuschneiden. Ich erfreute mich schlicht und einfach nur daran, mit Derek wieder fröhlich und glücklich zu sein. Was er selbstverständlich wohlwollend zur Kenntnis nahm. So ging ich schlussendlich einfach davon aus, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung sei. Was mir Derek am Ende soeben noch bestätigte.
„Es tut mir leid. Ich benahm mich wie ein Teenager. Natürlich hattest du Recht. Ich nehme, was du mir bereit bis zu geben und bin selbstverständlich glücklich dabei.“ Er lächelte ein wenig schief und seufzte. „Ich liebe dich Rea, und kann nichts dagegen tun.“
(Phhu! Das war erledigt!!!)