Während ich noch
schrieb, am späten Freitagnachmittag, war Gunnar nach Stockholm gefahren, um
Kurt abzuholen, damit wir gemeinsam zu Erik in den Zauberwald aufbrechen
konnten. Ein wenig spät. Ich weiß. Schließlich war es bereits sechs Uhr am
Abend. Jedoch hatte es noch einiges zu tun gegeben, für mich im Büro, um die
Woche abzuschließen und das Selbige ebenso.
Gunnar war
bereits vor Stunden los gefahren. Genau genommen hatte man Kurt noch im
Hospital behalten wollen. Gunnar musste infolgedessen zuvor noch mit den Ärzten
reden, damit diese ihre Zustimmung für die Entlassung gaben.
Als Gunnar dann
endlich mit Kurt ins Zentrum kam, um mich mitzunehmen, fand er mich noch immer in
meinem Büro.
„Komm‘, ich fahr
dich zum Haus.“, sagte Gunnar zu mir. „Dort kannst du deine Sachen packen. Ich
nehme an, das hast du noch nicht getan.“
Kurt kam mit mir
und nahm derweil im Wohnzimmer Patz. Brabbelte etwas vor sich her und war
offenbar froh darüber, endlich diese schändliche Hütte, namens Krankenhaus, wie
ich ihn sagen hörte, hinter sich zu lassen. Gunnar verschwand und ich dachte
mir, er wird zu Alexa gehen, um sich zu verabschieden. Infolgedessen packte ich
meine Sachen allein und unterhielt mich ein wenig mit Kurt.
Aus seinen
Worten hörte ich Widerstand gegen DAS, was ihm widerfuhr. Er nahm die Tatsache
krank zu sein, schlichtweg nicht ernst. War sich der Tragweite der Diabetes bei
Weitem nicht annähernd bewusst und dass es zukünftig für ihn eine
Lebensveränderung bedeutete. Von all dem wollte er nichts wissen. Ihm fehle
nichts. Es wäre doch alles wieder in Ordnung. Argumentierte er.
Gunnar kam
zurück und die beiden Männer gingen zum Wagen vor. Ich zog mir den Mantel über,
die Schuhe an, nahm meine Tasche und schloss hinter mir ab. Als ich allerdings
die hintere Tür des Wagens öffnete, vorn saß Kurt, fand ich Alexa dort vor.
Noch augenblicklich
ließ ich meine Tasche fallen. Patsch! Weigerte mich einzusteigen. Gunnar begann
zu diskutieren. Ich wendete und ging zurück zum Haus. Gunnar kam mir hinterher.
Hielt mich am Arm und wir debattierten weiter. Ich beharrte darauf, eben NICHT
mehr mit zu fahren.
„Das ist nicht
dein ernst.“, fragte Gunnar noch ein wenig ungläubig lächelnd.
„Warum denn
nicht? Ich dachte wir wollten es trennen. Deine Konkubine und mich. Und JETZT
fährst sie mit zu Erik? Was soll das werden?“ Ich war wütend und begann zu
schreien.
„Es ist wichtig
Rea.“ Gunnar wirkte fast verzweifelt. Ich wusste, er ließ NICHT von IHR ab. Und
ich NICHT von meiner Entscheidung, hier zu bleiben.
Gunnar
schnaufte. „Okay. Dann bleib hier, wenn das dein Wunsch ist. Ich komme Morgen
wieder hier her, bringe Alexa mit und DU kommst dann mit mir zu Erik zurück.“
Ich nickte und
ging schweigend zum Haus, wo ich alleine blieb. Denn es war mitnichten meine
Absicht gewesen, Derek anzubetteln, der vermutlich so wie so andere Pläne hatte
und bei Giselle oder sonst wem war.
Was Jason
betraf, fehlte mir der Mut. Ich hatte keinerlei Verlangen wie Lara zu enden. Und
ich gedachte auch niemand anderes zu bitten, bei mir zu sein.
So sah ich eine
Weile lang fern und ging dann schlussendlich, gegen halb eins, zu Bett.
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Heute Morgen gab
es unerwartet viel zu tun im Zentrum. Nur gut, dass ich bereits zeitig
aufgestanden war, alldieweil ich dachte einkaufen gehen zu müssen. Allerdings
allein, nach Stockholm, wollte ich dann doch nicht gehen und dachte darüber
nach, wen ich mit mir nehmen konnte. Rief dann
schlussendlich Ryan an, ob er jemand passendes für mich finden konnte. Als
Bodyguard so zu sagen.
Am Ende
entschied ich mich für Greg Hagen. Er hatte mir noch Sasha Fließe, Troels und Clive
Gråbøl vorgeschlagen, nachdem ich ihm meinen Widerwillen Derek gegenüber zum
Ausdruck gebracht hatte.
„Schließlich
hat er ebenso Verpflichtungen. Mutter, Frau und Kind.“
Ryan
hatte sich ausschließlich daraufhin geräuspert und nicht weiter nachgefragt.
Ebenso
hätte ich mich für Paul Bradley oder Josh Summerhead entscheiden können, die
mir Ryan gleichermaßen als Begleiter offerierte. Meine Wahl fiel jedoch auf
Greg Hagen.
Warum? Ja,
warum? Weil ich neugierig auf ihn war. Insbesondere nach unserem ersten
Gespräch, als wir zusammen an einem Tisch im Restaurant gegessen hatten.
Vermutlich war es so. Und nein, ich hegte keinerlei Gelüste auf ihn. Schließlich
bin ich nicht mein Mann. Es war ohnehin bereits schwierig genug, diesem Greg zu
erklären, worin seine Aufgaben bestanden und das ich keinerlei privates Interesse
an ihm hätte. Diese Äußerung war, meiner Einschätzung nach nötig, nach ein paar
eindeutigen Anspielungen. Denn wirklich vertraulich, gedachte ich mit ihm nicht
zu werden.
Greg
Hagen verstand erstaunlich zügig, dass ich offenbar NICHT DIEJENIGE war, für
die mich wohl viele hielten.
Später,
als wir zurück im Zentrum waren, hatte ich ihn gebeten mir noch weiter
behilflich zu sein. Mit mir ins Lager und hinüber in das zweite Areal zu gehen.
Dort war ich teilweise sogar gezwungen mit anzupacken und Greg war erstaunt
darüber. Dann noch viel mehr, als er erfuhr, wie krank ich eigentlich war. Er
staunte nur so und bestätigte mir noch einmal mit ernstem Ton, dass alles, was
man über mich erzählte, nicht der Wahrheit entsprach.
Anstatt
Begierde, sah ich nun Respekt in seinen Augen. Ich lächelte ihm milde zu. Bat
ihn dann sogar noch mit mir zu speisen. Er sagte zu.
Wirkliche
Ruhe, gab es für mich allerdings auch dort nicht.
Als
erster kam Troels und trug mir Beschwerden der Gäste an. Es ging um Lisa
Anekelea. Bei dieser Gelegenheit, bat ich Troels Jason zu uns an den Tisch zu
holen. Mit Jason allein hätte ich nicht geredet und mich somit dem eifersüchtigen
Wahnsinn seiner Frau ausgesetzt. Jedoch SO, saßen noch zwei andere Männer mit
an meinem Tisch. Das konnte, selbst in Lisas Augen, weder auffällig noch Intimität
mit ihrem Manne gelten.
Ich
redete kurz mit Jason in gewohnter gebieterischer, selbstbewusster Art. Und
erneut sah ich Gregs anerkennende Blicke aus dem Augenwinkel.
An
diesem Tag war mir Greg ziemlich nahe gekommen und hatte viel Geschäftliches,
Privates und sogar Intimes von mir gehört. So konnte er sich zumindest eine
ganz eigene Meinung von mir bilden. Fern ab vom allgemeinen Klatsch und
Tratsch.
Und zu
guter Letzt, kam auch noch Gunnar an unseren Tisch. Er sah mich an und dann zu Greg.
Stutze und ich wusste, was er dachte.
„Ich
bin nicht du.“, sagte ich nur und er wusste, was ich meinte.
„Du
hast Alexa zurück gebracht?“, fragte ich ihn in einem herrischen Ton.
„Ja.“
„Einen
Augenblick noch. Ich esse fertig, dann können wir fahren.“
Gunnar
räusperte sich und ich wusste, DAS bedeutete nichts Gutes. Ich sah es an seinem
Blick und seinem Verhalten, dass da noch etwa in petto lag. Fragte folge dessen
hastig nach.
„Was ist?
Hat sich etwas geändert? Fahren wir nicht?“
Er
schmunzelte ein wenig und senkte den Kopf und sah mich dann wieder, verschmitzt
lächelnd an. „Doch, doch. Aber ich wollte dir sagen, dass Alexa wieder mit uns
kommt.“
Ich
rang nach Luft. Wollte nicht begreifen. Was sollte das nun?
Greg
saß noch immer an unserem Tisch und schien nun gehen zu wollen. Vielleicht war
es ihm unangenehm in einen Streit zwischen Eheleuten zu geraten. Und da ich ihn
nicht beachtete, hatte er keine Chance, mich etwas zu fragen, oder sich von uns
zu verabschieden. Infolgedessen wurde er Zeuge unserer ehelichen
Auseinandersetzung. Da diese offenbar eine Zeit lang andauerte, was ich aus der
Aufregung heraus kaum bemerkte, kam dann sogar noch Alexa dazu und es wurde
noch heikler. Allerdings dachte ich eben nicht daran, mir eine Blöße zu
geben. Und genau dazu war es gut, dass Greg noch nicht gegangen war. Denn ich
hatte nicht die geringste Absicht vor ihm zu entgleisen. Trotz der angespitzten
Lage. (Was mir wohl noch mehr Ehrfurcht bei ihm einbrachte.)
Nach
kurzen lauten Sätzen beruhigte ich mich stets ganz beherrscht von selbst.
Gunnar und ebenso Alexa gegenüber stellte ich klar, das man mich weder belächeln
noch mich tätscheln konnte wie ein Kind. Ich blieb ruhig und sachlich. Sprach
über alles, was es meiner Meinung nach zu sagen gab und Greg hörte mit.
(Vielleicht war das auch gut.)
Gunnar
gab nicht nach mich zu bedrängen, das sich mit ihnen kommen soll. Obgleich ich
doch mehr als deutlich war mit meinen Worten, dass ich unter diesen Umständen eben
NICHT beabsichtige, hier weg zu gehen, sofern uns Alexa begleitet.
Auch mit
Alexa hatte ich geredet. Darüber wie SIE sich fühlt, als zweite Frau, wo sie
doch wusste, dass Gunnar mich nie verlies.
Ich
fand es gut, die beiden mit diesem Thema zusammen zu konfrontieren. So erhielt
ich zumindest die Gelegenheit ihre Mimik und die Blicke, welche sie
austauschten, zu studieren. Ob da etwas war, was mir vielleicht Sorge bereiten
sollte. Aber ich konnte nichts wirklich Besorgniserregendes finden.
Gunnar
ließ gleichwohl vor Alexas Augen keinen Zweifel daran, dass ICH, seine Ehefrau
war und sie auch bleiben würde. Kind oder nicht.
MIR
jedoch suchte er die vor allem magische Bedeutung des Kindes klar zu machen.
„Ist
sie jetzt Mutter Maria mit dem heiligen Kinde?“, ließ ich eine Spitze fallen. Gunnar
reagierte nicht. Alexa presste die Lippen aufeinander.
Um all dem
ein Ende zu bereiten, kapitulierte ich. Gab Gunnars Wunsch schlussendlich nach.
Mein Augenmerk richtete sich jedoch bereits auf die kommenden Feiertage,
Familienfeste und die Geburt von Gunnars Kind, wo ich mir in meinem Inneren
vorbehielt, womöglich doch allein, oder mit wem auch immer, weit weg zu
verreisen. Denn ich hatte genug von den Demütigungen!
(Von meiner derzeitigen
Erschöpfung, aufgrund der Anstrengungen heute Morgen, und meiner angeschlagenen
Gesundheit einmal ganz abgesehen.)
Alexa,
mit ihrem dicken Bauch, saß selbstverständlich vorn neben Gunnar. Ich hinten. Was
ich eher Zähne knirschend hingenommen hatte. Allerdings ließ ich mir weder vor
Gunnar, noch vor Alexa irgendetwas anmerken. Ich lächelte geruhsam und weise
vor mich hin, als müsse alles so sein, wie es eben gerade so war.
Was
hatte ich denn für eine Wahl? Gleich, wie ich mich auch entschied, schoss ich
mich selbst ins Aus. Worüber ich bereits im Restaurant, in Gregs und Alexas Gegenwart,
mit Gunnar sprach. Gab ich Gunnars
Wunsch nach, kam es einer Demütigung gleich und Alexa hatte gewonnen. Gunnar so
wie so. Sein Ziel blieb nach wie vor die große Familie, wo alle friedlich
zusammen waren. Selbstredend MIT Alexa.
Er selbst hatte es zugegeben. Wenn Alexa das magische Kind erst geboren hat, gehört
sie selbstverständlich zu uns (uns?!).
Nur mit
ihr war es anders, als mit Marie. Und immer wieder mein Erstaunen darüber, dass
Gunnar zwei Kinder mit meiner Halbschwester hat, was ich ebenfalls zu tolerieren
habe. Zudem sie uns genau zu den Tagen der Geburt des dritten Kindes besuchen
werden.
Gunnar
Äußerte in diesem Zusammenhang ebenfalls, dass es KEIN Zufall gewesen sein konnte,
dass Alexa das erste Kind verlor.
„Ich
mach‘ mir jetzt keine Vorwürfe mehr. Es musste wohl so sein.“, hatte er gesagt.
Und vermutlich hatte er sogar Recht damit und all meine magischen Wünsche, von
damals und heute, verpufften im Nichts.
Setzte
ich mich nun allerdings durch und folge Gunnars Wunsch eben NICHT, überlies ich
Alexa das Feld. Das ewige Dilemma. Wo ich stets nur die Arschkarte zog. In
beiden Fällen. Man möge mir meine Ausdrucksweise verzeihen.
Also,
gleich welchen Weg ich wähle, er ist beschissen. Selbst, wenn ich das Äußerste
nähme. Mich von Gunnar zu trennen,….was ich mitnichten will.
So, nun
vergrabe ich mich in meinem Zimmer bei Erik im Zauberwald und schreibe.
Entziehe mich (bisher) allem……….was selbstverständlich nicht so bleiben wird.
Und
dann erneut, gute Miene zum bösen Spiel. Oder kann ich mich zum Selbstschutz womöglich doch überwinden, schlicht und einfach sogar ein
wenig glücklich damit zu sein, wie hier, auch MIT Alexa, alles ist?
Gunnar
kommt ab und an herein. Schaut nach mir. Liebkost mich gelegentlich und frag
mich, ob alles in Ordnung sei. Ich nickte. Bleibe ernst dabei. Er schaut mich
an mit zweifelndem Blick. Ich werde wütend und erwidere: „Was soll ich anderes
sagen?! Du weiß genau, dass es mir nicht gefällt, wenn Alexa in meiner Nähe ist
UND, dass es sie überhaupt für dich gibt.“ In diesem Moment vermochte ich mich
nicht mehr zu beherrschen. Nun gut, in Alexas Gegenwart hätte ich meine Worte
abgemildert, oder dergleichen nicht erwähnt. Gunnar jedoch sollte es wissen.
Er sah
mich entsetzt an und zog die linke Braue nach oben. Seine Reaktion war mir so
was von egal! Ich war und bin zornig! Würde am liebsten einen Mord begehen!