Donnerstag, 20. Oktober 2016

„Alte Werte“ und neue Strukturen




Gunnar hielt durch. Auch wenn es ihn fast verzehrte. Er schlief mit keiner anderen Frau. Nicht mit Alexa, die er nur kurz besuchte, und ebenso wenig mit Lara. Führen wir jetzt beinahe ein tadelloses Eheleben? Grins…..
Zudem bin ich glücklich darüber, dass er sich einiger alter Werte besinnt. Den Zusammenhalt der Familie, der, vor den Angestellten und allen anderen, demonstriert werden will. Was uns in der Tat nicht schwer fällt. Auch Gunnar nicht. Aber ich vermute, dass uns beiden eben diese Situation an seine Mutter Christin und auch Thomas erinnert. Meinen Mann sicher mehr als mich. Sie fehlt uns hier. Schließlich ist dieses Zentrum das Vermächtnis von ihr. Wahrscheinlich hat Gunnar tatsächlich anderthalb Jahre gebraucht, um den Tod seiner Mutter zu verarbeiten.
Ebenfalls tut es gut, diese Einigkeit von Gunnar und mir, in Bezug auf Derek zu spüren. So kann er sehen, dass wir nur umso enger zusammen stehen. Wir beide. Gunnar und ich. Und dass ich ihn nicht wirklich benötige in meinem Leben.
Es ist alles gut so, wie es ist.
Selbstredend könnte es NOCH besser sein/werden. Insbesondere, was Gunnar betrifft. Dennoch ist es beinahe ein Wunder, welches für mich etwas ganz Besonderes ist und welches ich nicht gewagt hätte zu erwarten, dass er mit seinen Versuchen der Treue, mir gegenüber, so weit gekommen ist. Ich hoffe nur, dass es weiterhin so bleibt.

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Der Tag im Büro erstreckte sich gestern bis in den Abend hinein. Gunnar und ich waren mit Kirsten, Mike, Derek und dessen neuer Liebster am Suchen eines Fehlers in unserem Computer. Wir alle arbeiteten Kirsten zu. Laurianne betätigte sich als Servicekraft. Brachte uns Essen und Getränke. Gegen halb elf verließen wir alle das Büro, nachdem wir es tatsächlich vollbracht hatten, den Fehler zu finden und die Dinge wieder in Ordnung zu bringen, sodass die Arbeit am Morgen ohne Verzögerung  aufgenommen werden konnte.
Auch am Abend ließen Gunnar und mir die Belange des Zentrums nicht los. Wir sprachen noch einmal darüber, dass wir umgehend, noch vor dem ersten November, die Entlassungen angehen müssen.
„Ich suche Morgen die Namen heraus und lasse die Schreiben aufsetzen.“, sagte ich zu Gunnar.
„Was tun wir jetzt mit Alexas Apartment? Ich rief die Vermieter an. Sie werden uns bevorzugt behandeln, sollten wir es doch noch für wen auch immer brauchen.“, sprach Gunnar ein anderes Thema an.
„Okay.“ In meinem Kopf ging ich noch einmal durch die Räume unsers Apartments. Erinnerte mich an den Blick aus dem Fenster und in diesem Augenblick wurde mir klar, dass mich NICHS an diese Räumlichkeiten bindet.
„Gut.“, machte ich nun einen Gedankensprung zurück zu den Relevanzen des Zentrums. „Die Entlassungen gehen wir so rasch wie möglich an. Mit den Umstrukturierungen habe ich noch so meine Sorgen. „
Gunnar schnaufte. „Ja. Ich ebenfalls. Wenn wir Mike und Imara entlassen, vielleicht sogar noch Derek samt seiner neuen Frau umsetzen oder ganz verlieren, WER übernimmt dann deren Jobs?“
„Genau DAS ist mein Problem. Wir haben niemand adäquates.“
„Also bleiben sie vorerst. Vielleicht liegst du ja auch falsch, mit deiner Verschwörungstheorie von den Dreien. Womöglich stehen sie nur immer wieder zusammen, eben weil sie gut kennen und früher einmal ein hervorragendes Teeam gewesen sind. Denn genau DAS sollten wir nutzen. Wäre es nicht schade um dieses Potential?“
„Ja. Du hast Recht was Derek, Mike und vor allem Kirsten betrifft. Aber Imara müssen wir entlassen. Es bleibt uns nichts anderes übrig. Ich kann das Verhalten ihrer Freundes in unserem Zentrum nicht tolerieren.“
„Soll ich noch einmal mit ihr reden?“, bot sich Gunnar als Mittler an. „Oder vielleicht kommt es besser, wenn du das tust. So von Frau zu Frau.“
Ich presste die Lippen aufeinander und legte die Stirn in Falten. „Wir waren uns einig, dass Mike ihre Aufgaben übernimmt und Imara ersetzt. Wenn er bleibt, brauchen wir sie nicht. Ich will auf meinem, unserem Territorium eine moslemfreie Zone. Das verstehst du doch?“
„Ich weiß und ich stimme dir zu. Stehe selbstverständlich auch in dieser Angelegenheit voll hinter dir.“ Gunnar nickte lächelnd. „Okay. Gehen wir’s an.“