Donnerstag, 27. Oktober 2016

Der Wunsch, den Tag, Tag sein zu lassen




Gunnar und ich waren bei Kurt gewesen. Er bat uns, um seine Fotoalben, um in Erinnerungen zu schwelgen. Wir brachten ihm einige davon. Fuhren nach dem Besuch im Hospital noch einmal zurück in Kurts Wohnung, weil Gunnar es so wollte. Auch er vermochte sich der alten Bilder nicht zu entziehen, die trotz seiner langjährigen Abwesenheit noch Rückblenden zuließen. So verloren wir uns bis tief in die Nacht hinein in altem Papier, Erinnerungsstücken und Abbildungen seiner näheren Ahnen. Selbst er war noch als kleinere Junge auf den Fotos zu sehen. Wir saßen zusammen und lachten über diese Momentaufnahmen, die auf einem Blatt Papier festgehalten wurden.
Die Zeit verging wie im Flug. Ich bemerkte die späte Stunde ausschließlich an meinen Augen, die die Zeitabdrücke immer undeutlicher werden ließen.
„Wir müssen gehen.“, sagte ich dann und sah auf die Uhr. Es war bereits zwei Uhr nachts.
Wir fuhren heim. In diesem Augenblick sehnte ich mir das aller erste Mal unser Apartment wieder herbei. Die Schlüssel hatten wir bereits abgegeben. Also keinen Zugriff mehr.
Erschöpft fiel ich in mein Bett. War ausgekühlt von der unbeheizten Wohnung und fror bis zum Morgen.

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Genau genommen hatten wir uns vorgenommen, aufgrund des überaus späten zu Bett Gehens, heute auszuschlafen. Nur wurde daraus bedauerlicher Weise nichts. Wir wurden von der lauten Maschinengeräuschen und wir waren noch nicht einmal dem Bett entstiegen, als Kevin anrief und fragte, wann wir kommen würden. Zur selben Zeit hatte Alexa Gunnar angeläutet, um ihn sogleich, an diesem frühen Morgen, an sich zu binden. Das Versprechen abzuringen, unverzüglich zu ihr zu gehen. Er vertröstete sie auf später. Er hätte jetzt Wichtigeres zu tun. Sagte er.
Noch müde und mit gemächlichen Schritten gingen wir zum Restaurant, wo ich ein recht rasch zubereitetes Frühstück zu mir nahm. Dinkel- und Haferflocken mit Sojamilch und getrockneten Früchten. Gleich anschließend zu Kevin hinüber ins Büro.

Heute ist nun wieder Alexas Tag. Bereits gestern ließ sie Gunnar keine Ruhe. Rief ihn andauernd an, als wir im Hospital und in Kurts Wohnung waren. Sie wollte ihn unbedingt noch einmal sehen an diesem Tage. Nur wurde nichts daraus.
Noch in diesen Moment ringe ich mit mir, ob ich nicht noch in diesen Minuten nach Hause gehen und den Tag, Tag sein lassen soll.
Gunnar geht es wohl ähnlich. Allerdings liegt noch einiges an Arbeit an und zumindest einer von uns beiden sollte an Kevins Seite bleiben und die Geschäfte führen.
Zudem hat sich Gunnar nun noch entschlossen, sich wieder dem Kampfsport zuzuwenden. Er frage gestern bei Situ Long an, ob er ihn unterrichtet. Er sagte zu. Nun, dann möge er beginnen, seinen Körper und seinen Geist zu trainieren. Denn dieser Mann ist nicht nur darauf aus, Gunnar das Zuschlagen zu lehren. Sondern ebenfalls alles andere, was dazu gehört. Warum nicht. Gunnar war in jedem Fall einverstanden. Und eigentlich würde es Zeit für einen Besuch bei Onkel Erik, dem Druiden. Insbesondere an diesem Wochenende, wo die Zeit der Ahnen ist. Denn er hat uns beide, Gunnar und mich eingeladen, und es wäre doch fabelhaft Kurt mit uns dorthin zu nehmen. Vielleicht nimmt er sich JETZT endlich einmal Zeit dafür.