Samstag, 12. November 2016

Die verschwundene Geliebte




Natürlich war Derek nicht ganze Zeit bei mir. Am Freitagnachmittag war er im Fitnessraum und besuchte sein Kind. Kam dann erst gegen sechs wieder zu mir. Gunnar hatte ich bis dahin nicht gesehen. Ich vermutete, dass er bereits mit Alexa nach Stockholm gefahren war. Ob er noch einmal zurückkommen würde an diesem Abend, war eher zweifelhaft. Aus diesem Grund hatte ich bereits Derek gefragt, ob ER Zeit fände, bei mir zu sein, falls Gunnar doch nicht mehr kommt.
Freude strahlend stimmte er zu und ich denke, er hat bis heute den Traum nicht aufgegeben, mich doch noch für sich zu gewinnen. In unserem letzten Gespräch loteten wir allerdings ebenso die Wahrscheinlichkeit aus, was geschehen würde WENN eine gewisse Lourianne Greli doch zu ihm zurückkommen WÜRDE. Und ich fragte ihn, ob er sie dann tatsächlich heiraten will.
„Ja. Wenn ich DICH schon nicht haben kann, wäre sie meine nächste Wahl.“
„Obwohl du doch viel lieber ungebunden bist.“, was eine Feststellung war. Ich zwinkerte Derek zu.
Wir schmunzelten beide.
Nun ja, alles in allem ist es überaus unwahrscheinlich, dass diese Frau je hier her zurückkommen wird. Wenn doch, wird man sehen.

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Allerdings hatte ich meine Rechnung an diesem Tag OHNE Gunnar gemacht. Er kam tatsächlich, entgegen aller Erfahrungen in dergleichen Dingen mit ihm, am Abend zurück. Alexa hatte ihn zwar zu dieser Abschiedsfete begleitet. Schließlich war auch SIE dort eine Weile ihrem Job nachgegangen. Fand es aber dann doch zu anstrengend und  nötigte Gunnar (sie) nach Hause zu fahren, was er bereitwillig tat. Bis neun ist er sogar noch bei ihr geblieben.
Derek und ich waren gerade vom Restaurant zurückgekommen, als Gunnar in meinem Haus erschien. Die Enttäuschung für meinen Liebhaber schien immens. Denn sie stand ihm zweifelsohne ins Gesicht geschrieben.
„Tut mir leid Alter, wenn ich dir die Tour versaue.“, sagte Gunnar zu Derek im Gossen Jargon. Faste seinen rechten Arm, zog ihn mit Kraft zu sich heran und klopfte ihm burschikos auf die Schulter. (Eine Entschuldigung unter Männern eben.)
Sie lösten sie rasch wieder voneinander. Derek sah Gunnar desillusioniert an. „Es ist deine Frau.“, entgegnete er. Nahm seine Jacke, zog sie an und kam noch einmal zu mir hin und verabschiedete sich von mir mit einem sanften Kuss und einem gequälten Lächeln.  Jedoch nicht ohne mir ins Ohr zu hauchen, wie schade er es fand, dass der Abend nun für uns beide verloren war. Ich stimmte ihm zu und sah in seine sehnenden Augen und es tat mir so leid…und so weh! Aber dennoch, Gunnar war mein Ehemann und mir selbstredend wichtiger als mein Liebhaber, der im Grunde nicht viel anders war, was die Frauen betraf, wie mein Ehemann.
Derek wies Gunnar noch darauf hin, dass ich meinen Arm bewegen sollte, damit er flexibel bleibt und die Schmerzen sich auf Dauer damit verringern. Eine nette Geste, wie ich fand. Er war besorgt um mich. Ich begleitete ihn zur Tür……………

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Gesundheitliches
Merke: Am Abend nicht mehr so viele Süßigkeiten essen!!!

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An diesem Abend hatte ich doch tatsächlich Schwierigkeiten, mich von Derek auf Gunnar umzustellen. Es dauerte eine Weile und ich war ganz froh, dass wir einfach nur eine DVD schauten und ich mich schlicht und einfach an Gunnars Seite schmiegen konnte.
Kein Sex am Abend. Wie immer, war ich zu erschöpft dafür. Aber dafür dann am Morgen. Recht schnell und zügig. Rauf. Runter. Fertig. Hier vermute ich, es ging Gunnar wirklich nur um die kurzweilige Befriedigung seines Verlangens.
Aber egal. Ich registrierte es kaum. Vergas…..Was selbstredend nicht bedeuten soll, dass solcherlei Verhalten bereits zur Normalität geworden ist. Irgendetwas trieb Gunnar an. Ich spürte es. Fragte ihn danach und er vermochte mir KEINE genau Auskunft darüber zu geben. Obwohl er es selbst bemerkte, dass da etwas war.
„Es geht um Alexa.“, sprach es, sprang in seine Kleidung und husch…..weg war er.
„Gunnar, bitte rufe mich doch zwischendurch einmal an. Damit ich Bescheid weiß!“, rief ich ihm noch hinterher und wusste, dass ich eine Unterhaltung über genau dieses Thema vielleicht besser am gestrigen Abend hätte führen sollen. Es war mir schlicht und einfach entfallen, obwohl vorgenommen…..

Gunnar kam rasch zurück und wir gingen frühstücken. Ich sah ihn fragend an.
„Es war nichts. Denke ich.“, sagte er nachdenklich und kratze sich am Kopf. „Sie war nicht da. Ich rief sie an. Sie sagte, sie sei im Restaurant und würde essen. Legte dann aber ohne weitere Erklärung auf.“
Gunnar sah nachdenklich aus.
„Da stimmt etwas nicht. Komm wir gehen auch dorthin.“
Als wir dort ankamen, war sie allerdings nicht zu sehen.
Gunnar griff erneut zu seinem Handy und ließ mich einfach stehen. Wendete sich von mir ab und ging noch einmal zur Tür. Vermutlich, um draußen nach ihr zu sehen. Ob sie vielleicht gerade weggegangen war. Nur war sie uns auf dem Weg nicht begegnet. Infolgedessen ging ich allein zu unserem Tisch, setzte mich und bestellte meinen Hirsebrei mit Früchten und eine kleine Tasse Kaffee.
Kurz darauf kam Gunnar Kopf schüttelnd herein und nahm neben mir Platz.
„Eigenartig. Sie sagte, sie sei heute in das andere Restaurant gegangen. Im Areal zwei. Das hat sie noch nie getan.“
„Vielleicht wollte sie nur ein Stück gehen.“
Wieder ein Kopfschütteln von meinem Mann. „Nein. Sie ist eher jetzt froh, wenn sie eben NICHT mehr laufen muss. Ich vermute sie fuhr dorthin. Nur warum? Sonst wartete sie doch immer hier auf uns, oder kam, wenn wir bereits hier waren an unseren Tisch.“
Ich tat einen tiefen Atemzug. „Gunnar, ich weiß nicht, was deine Mätresse so für Probleme hat.“
„Nenn sie nicht so!“, fuhr mich Gunnar doch recht unerwartet feindselig an. Besann sich jedoch sogleich, griff nach meiner Hand und entschuldigte sich in leisem Ton. „Tut mir leid.“, sagte er und war doch mit seinen Gedanken ganz woanders. Seine Augen, Mimik und Gestik verrieten es mir.
Und so ganz ins Geheim lachte ich in mich hinein. Womöglich hatte es kein Ritual gebraucht. Gedanken hatten offenbar genügt, um diese Frau aus dem Fokus meines Mannes zu bringen, oder ihn sogar auf sie ärgerlich zu stimmen. Denn irgendetwas ging hier vor. Das spürte auch ich ganz genau.

Gunnar fand keine Ruhe. Rutsche während unseres gemeinsamen Frühstückes nervös auf seinem Stuhl hin und her. Zwar sprachen wir miteinander und er gab mir auch gelegentlich einen Kuss, so wie er es für gewöhnlich immer tat, dennoch war er mehr als nur abgelenkt.
Das Müsli noch nicht einmal aufgegessen, sprang er auf, zog seine Jacke über und schickte sich an, Richtung Tür zu gehen.
„Ich geh‘ mal nachschauen, was da los ist. Wir sehen uns dann.“, sagte er zu mir und entschwand.
Ich ging allein zum Haus zurück. Denn Derek sah ich hier auch nirgendwo. Er schlief sicher noch, oder war bereits seine Muskeln stählen. Wahrscheinlich sogar, war er bei Giselle und seinem Kind. Wäre ICH an seiner Stelle gewesen am gestrigen Abend, hätte mich mein Weg zum nächst besten Mann geführt. Wer weiß……

Auch als Gunnar zurückgekommen war, löste sich die Spannung nicht. Denn er konnte nicht verstehen, warum Alexa zum anderen Restaurant gegangen war.
„War noch jemand dort?“, fragte ich.
Gunnar war schroff. „Wer soll dort gewesen sein?“, sagte er ein wenig unwirsch zu mir. Ich stutzte.
„Was ist los?!“, schrie ich ihn fast an und hoffte, dass er zu sich kam.
Er atmete schwer. Pustete ein, zwei Mal. „Ich weiß es nicht. Da war niemand.“, Sein Ton war nun sanfter. „Sie saß allein am Tisch. Wollte gerade gehen.“
„WAS sagte sie denn, warum sie dort war.“
Gunnar reagierte weiterhin gereizt. Schien mich kaum wahr zu nehmen. “Ausflüchte. Alles Ausflüchte.“, sagte er grüblerisch.
„WAS nimmst du denn wahr?“, bohrte ich weiter, um ihn so ganz offensichtlich, meine Hilfe anzubieten (vorzutäuschen).
Eine kurze Pause entstand. Gunnar schien sich zu beruhigen. Sein Atem ging langsamer. Der Blick in die Ferne gerichtet, hing er an einem imaginären Punkt. Was mir sagte, dass er ins Zwischenreich ging.
Was für ein Theater wegen dieser Kuh. Dachte ich derweil recht erdgebunden.
Stille.
Nach einer Weile dann doch ein Satz. „Ich sehe einen Mann. Er ging, kurz bevor ich kam.“
„Gunnar. Sie ist schwanger von Dir. Liebt dich. Warum sollte sie mit einem anderen frühstücken gehen?“ Ich hielt meine Stimme ganze bewusst verhalten. Damit ich Gunnar nicht störte, während er in seinen Gedanken eine Reise vollzog.
Und wieder ein tiefes Schnaufen…nach einer Weile. „Ich weiß es nicht.“, antwortete er mir auf die Frage, welche ich ihm bereits vor Minuten gestellt hatte.
Ich griff nach Gunnars Arm. Sah ihm zaghaft in die Augen. „Komm, lass‘ gut sein. Es wird schon nichts weitere sein. Sie ist gesund und dem Kind scheint es ebenfalls gut zu gehen. Also, warum weiter über etwas nachdenken, was möglicherweise keinerlei Bedeutung hat.“, versuchte ich meinen Mann zu beruhigen und abzulenken.
Nach einigen Minuten hatte ich Erfolg.
„Okay. Vielleicht hast du Recht. Es wird schon nichts sein…….“