Den ganzen Tag
über, bis in den Abend hinein, war ich mit Charlie zusammen. Wir sahen fern und
unterhielten uns. Vertieften, so zu sagen, meine nächtlichen Bemerkung.
„Meintest du das
wirklich ernst, dass du dich womöglich in mich verliebt hast?“
„Ja.“
„Einfach nur
ja?“
„Ja.“
Er kratzte sich
am Hals, direkt unterm Kinn und lächelte mich an. „Okay.“
Und dann kam ein
leichtes Spiel von was wäre wenn?
Am Ende führte
es nicht wirklich wohin. Nur dazu, dass wir beide wussten, dass es tatsächlich
erst(-er) werden könnte, WENN es weiter geht mit uns beiden. Die Frage, die
immer im Raum stand, war meine Ehe. War Gunnar. Schließlich war ich
verheiratet. Und ein zweiter Derek wollte er nicht sein.
Halb elf kam
Derek vorbei. Charlie öffnete die Tür und bat ihn herein.
„Heute ohne
deine Freunde?“, fragte ich ihn.
„Ja.“ Derek
nickte verlegen. Kniete dann direkt vor mir nieder, nahm meine Hand und küsste
sie. „Es tut mir so leid. Verzeih mir bitte. Ich weiß nicht, was in mich
gefahren war, dich so zu beleidigen. Ich war nicht ich selbst.“
„Was hattest du
denn eingeworfen?“, fragte Charlie aus dem Hintergrund.
„Keine Ahnung,
was sie mir gegeben hatten.“
Für einen kurzen
Augenblick hielt ich den Atem an. OH! „Was meinst du damit? Was sie dir gegeben
hatten.“
„Sie hatten mir
tatsächlich etwas in den Drink. Dachten es wäre dienlich für den Mut, welchen
ich bräuchte, dir das anzutun.“
Ich nickte.
Hatte ihm schon längst vergeben, wenn ich ihn so vor mir knien sah mit Reue in
den Augen. „Nennst du diese Männer tatsächlich deine Freunde?“, fragte ich
Derek in einem ruhigen Ton, der nicht vorwurfsvoll klang und klingen sollte.
Der sah mir in
die Augen. Hob und senkte den Kopf dabei. Jedoch nicht zu sehr bejahend. Doch
eher aus der Feststellung einer gemeinsamen Vergangenheit heraus, die er mit
diesen Männern hatte.
„Wie du meinst.“
Sanft strich ich Derek mit meiner Hand über seinen Kopf. Ich konnte die
Haaransätze an meiner Handinnenfläche spüren und sie auch sehen. Er hatte
seinen Schädel sicherlich tagelang nicht rasiert. Alles andere an ihm, war makellos
perfekt.
Nun, um es
abzukürzen, Derek wollte nicht mehr gehen. Und da er sich nicht gedachte
aufzudrängen, stand er mehrmals an der Tür und war bereit hindurchzugehen. Tat
es jedoch nicht.
Den Rest des Abends
redeten/diskutierten die beiden Männer miteinander. Sie konnten sich nicht
entscheiden, wer nun bleibt und wer gehen sollte. Und auch ICH traf diese
Entscheidung nicht. Am Ende blieben beide.
Für Charlie
offenbar eine durchaus ungewohnte Situation, die er bravourös meisterte. Dasselbe
gilt für Derek.
Wir entschieden
uns dafür, alle drei in einem Bett zu schlafen. Es geschah nichts weiter, als
das wir nebeneinander lagen. Und es war einfach nur erstaunlich und angenehm,
diese beiden fabelhaften Männer (denn in diesem Augenblick waren beide einfach
nur unbeschreiblich!), rechts und links an meiner Seite liegen zu haben. Das
hob Gunnars Demütigungen der letzten Tage auf.
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Der Morgen
darauf, wurde noch bemerkenswerter.
Als ich
erwachte, sah ich in Charlies Augen.
„Du bist eine
überragende, eine großartige und beeindruckende Frau. Weißt du das Rea?“
Ich war
verwundert. Konnte darauf nichts sagen. Hatte damit nicht gerechnet und konnte
mir nicht wirklich denken, wohin diese Reise führt.
Auch Derek war bereits
erwacht und stimmte Charlie wohlwollend zu.
„Ich hatte keine
Vorstellung, welche Größe du besitzt.“, sprach Charlie weiter. „Man erzählt
sich so viel Sonderbares, Billiges und auch Anstößiges über dich. Diese Leute
kennen dich nicht UND sie sind im Unrecht damit. Da ist nichts Ruchloses, Schändliches
an dir. Ich sehe nur eine Königin mit einem großen Herzen.“
„Wow!“ Ich war
erstaunt. „Vielen Dank. Ich freue mich, dass du das so siehst. Aber wie…..“
Charlie ließ
mich die Frage nicht zu Ende formulieren. „Da ist nur Erhabenheit, gepaart mit
Herzlichkeit. Ehre, Würde, ohne jeglichen Makel.“
„Übertreibe es
nicht, mein Lieber. Das bin ich doch nicht wirklich. Ich bin wie jeder Mensch,
weder gut noch böse und kann mich in jedem Augenblick entscheiden, WIE
ich sein will.“
„Sieh nur, wie
schnell du Derek vergeben hast.“
„Ja. Weil ich
ihn liebe.“, kam meine prompte Antwort durch mein Herz gesprochen in die Außenwelt.
Ohne Scham oder Eitelkeit zu fühlen.
Charlie
lächelte. Er war nicht eifersüchtig. „Und für mich beginnst du gerade erst so
zu fühlen.“
Was war nur los
an diesem Morgen? Dachte er wirklich SO von mir? Das war überaus erstaunlich!
(Nach so kurzer Zeit.)
„Wir drei liegen
in diesem Bett und es ist nichts Schmutziges passiert.“
„Ja. Sähe das
jemand, würde man wer weiß was denken.“, steuerte Derek s-einen Satz dazu.
„Die Menschen
sind zumeist charakterlich verdorben, so wie die zutiefst patriarchal geprägte
Gesellschaft um sie herum.“
Charlie lächelte
und sprach weiter. „Aber du Rea, erhellst das Ganze durch deine Anwesenheit und
machst uns beide glücklich. Ohne Missgunst, Neid und Anstößigkeit. Ohne Gier
und Lüsternheit. Ich habe so etwas noch nie erlebt. Ohne Sex zu haben, mit
einer Frau und vor allem noch einem Mann in einem Bett zu liegen, ohne dass es schäbig
wirkt.“
Die beiden Männer
strahlten mich an, als hätten sie Ambrosius getrunken. Ich war über die Maßen
überrascht…..und glücklich (dass Charlie so eine hohe Meinung von mir hat…und
wohl auch Derek).
Ich orderte das
Frühstück und noch bevor es kam, klopfte es an der Tür und Kevin rollte zu uns herein.
Wunderte sich über die Dreisamkeit und grinste.
„Oh! Heiße
Nacht?“
Und wie aus
einer Kehle antworteten wir drei mit einem „NEIN.“
„Komm, setzt
dich doch mit zu uns. Wir frühstücken gemeinsam.“, sagte ich zu Kevin. Derek
rückte einen Stuhl zur Seite, damit Kevins Rollstuhl in die Lücke passt.
„Ja. Ich bin
eigentlich wegen der Bestellung gekommen. Sie MUSS JETZT raus. Gunnar ist
offensichtlich noch nicht wieder zurück.“
„Er wird heute
kommen.“, und kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, öffnete sich die Tür
und Gunnar kam herein.
Rums! Ließ er
seine Tasche fallen und sah lächelnd in die Runde. Die Züge seines Gesichtes
drückten Verwunderung aus. „WOW!“, sagte er und nickte lächelnd. „Darf ich mich
zu der Party dazu gesellen, oder werde ich nicht gebraucht?“
„Nun“, ergriff ICH
das Wort (wie es mir in diesem Augenblick gleichwohl gebührte), „womöglich
magst du zu Alexa und deinem Sohn Ragnar gehen. Die brauchen dich in diesem Augenblick
womöglich dringlicher als ich.“
Ich machte eine
kleine Pause. Beobachtete Gunnars Mimik und Gestik ganz genau und sprach dann
weiter.
„Aber es wäre
schön, wenn du im Ganzen bleibst. Denn wenn sich diese Runde für heute auflöst,
würde ich DICH brauchen.“
Die vier Männer
starrten mich allesamt an mit offenen Mündern. Als hätten sie einen Geist
gesehen.
Es waren wohl
nicht so sehr die Worte, die ich sagte, sondern das WIE. Mit Erhabenheit…………die
offenbar, schlicht und einfach nur, meiner Natur entspricht.