Samstag, 11. Februar 2017

Das „richtige Ende“



Derek schießt sich selbst ins Aus.
Gunnar spielt Vater, Mutter, Kind.
Und Charlie…..kenne ich kaum. Ich vertraue ihm nicht.

                      

Gesundheitlich scheint es nun endlich (!) wieder bergauf zu gehen mit mir. Gestern Morgen war offenbar der viel besagte Höhepunkt, wo ich Schweiß gebadet aufwachte und auch späterhin am Tag nicht viel zu Stande brachte, weil ich schlicht und ergreifend ausgelaugt, schlapp, kraftlos und von der Erkältung so derart mitgenommen war, dass mir die Beine zitterten beim Gehen. Heute, geht es mir schon ein wenig besser. Den Göttern sei Dank.

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Es gibt nicht viel über „Aktivitäten“  meinerseits zu sagen. Ich war zu Haus. Nicht einmal im Restaurant. Ließ mir die Speisen bringen.
Gunnar rief mich gestern an. Schon nach ein paar Sätzen war ich wütend. Legte auf und warf das iPhone auf den Boden. Charlie sah mich nur verwundert an. Sagte nichts. Ich denke er wusste, warum ich das tat.
Charlie redet nicht schlecht über Gunnar. „Er wird schon seine Gründe haben.“, sagt er dann, wenn ich mich über ihn beschwere. Vor allem, dass er mich alleine lässt.
Von Derek ließ seit seinem Auftritt nichts mehr von sich hören. Ist mir auch egal. Wie er es mit seiner Mutter hält, ist mir nicht bekannt.
Gestern Abend ein schneller Sex mit Charlie auf der Couch. Er fragte mich einige Male, ob ich mich schon in der Lage dazu fühlte.
Da ich Angst vorm Schlafengehen hatte, wurde es recht spät. Ich gedachte nur nicht erneut ein, oder zwei Stunden keuchend im Bett zuzubringen. Dann lieber noch ein wenig fernsehen schauen.

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Heute Morgen ein Anruf von Gunnar.
„Wieso tust du das?“
„Was?“
„Einfach auflegen.“
Und schon begann die Diskussion (um diese verdammte Alexa und warum er mit ihr verreist, auch wenn es NUR zu Erik ist), die ich gleichermaßen kurzerhand mit der Bemerkung: "Nett, dass du mit ihr Vater, Mutter. Kind spielst.", beendete wie gestern.
Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen……….

Aber dann……..begann Charlie ein Gespräch mit mir, welches mich erstaunte, aufhorchen und vorsichtig werden ließ.
„Darf ich dich etwas fragen?“
Ich kräuselte die Stirn. Zog ein Lächeln auf. „Nein.“
Charlie biss sich auf die Lippe. „Autsch!“ und grinste.
„War ein Witz.“, sagte ich sogleich. „Frag‘ mich nur.“
Nun sah er mich prüfend an, als wäre er sich nicht mehr sicher, ob er fragen solle. Tat es aber dann.
„Hast du nicht vor kurzem einige Leute entlassen?“
OH! WAS sollte DAS denn werden? Über Geschäftliches hatte ich sicherlich nicht vor mit Charlie zu reden. Aber gut. Ich ließ mich darauf ein, antwortete direkt, in der Annahme dass ich wusste, worauf er hinaus wollte, und kürzte ab.
„Hast du Angst entlassen zu werden? Brauchst du nicht. Vielleicht hast du es bemerkt. Es waren nur Muslime und Schwarze.“
Auf meine Direktheit war er offenbar nicht gefasst. Er stutzte. Lächelte verlegen. Neigte den Kopf.
„WOW. Okay. Bist du rassistisch oder was?“
„WER will das wissen?“ Bei dieser Frage sah ich Charlie direkt an.
Er zog die Brauen hoch und lehnte sich ein Stück zurück. „Ich.“
„Die Frage ist, WER ist ICH?“
Das schien in nun gänzlich zu verwirren. Er kniff die Augen zusammen und antwortete nicht-s. Infolgedessen redete ich weiter. Mein Tonfall wurde dabei milder. Nicht mehr so aggressiv.
„Charlie, ich weiß, du arbeitest schon über zwei Jahre bei uns. Aber im Übrigen weiß ich nichts von dir. Und es ist schwierig für mich, in meiner Position über Geschäftliches, meine persönlichen Einstellungen zu reden, oder ein politisches Statement abzugeben. Verstehst du das? Sieh doch nur, wie rasch das von Statten ging, dass du jetzt hier an meiner Seite bist. Denkst du, das fiele mir nicht auf? Du kennst mich doch nun auch schon seit über zwei Jahren. Warum ist es dir nicht schon früher in den Sinn gekommen, mich anzusprechen? Usw… Verstehst du, was ich sagen will?“
Charlie hatte sich sehr aufmerksam zugehört. „Ja. Ich verstehe dich. Das bedeutet also, du vertraust mir nicht?“
Ich schnaufte und wurde eindringlicher. „In meiner Position kann und DARF ich niemandem vertrauen. Du weißt, dass es hier schon einen Anschlag auf mich und Gunnar gab. Was weiß ich denn schon über deine Vergangenheit? Nichts. Womöglich ist jemand an dich heran getreten, hat dir vielleicht sogar Geld geboten, um wer weiß was zu tun. Alles ist möglich. Du musst mir mein Misstrauen schon verzeihen. Du bist schlicht und einfach ZU RASANT an meine Seite getreten. In mein Haus, mein Bett gekommen. Das ist eigentlich, auf diese Weise, noch nie passiert.“
„Oh! DAS zu hören stärkt mein Selbstvertrauen.“ Er schmunzelte vor sich hin. „Bin ich jetzt etwas Besonderes……für dich?“
„Ja. In der Tat. Jedoch die Umstände taten sicherlich ihr Übriges.“
„Da hatte ich ja echt Glück.“
Er ließ nicht raus. Nichts blicken, was dahinter stand. Was seine Motivation hätte sein können. Und genau DAS lies mich weiterhin vorsichtig sein. Er ließ mich nach wie von in dem Glauben, dass es ausschließlich um meinetwillen sei, dass er nun bei mir ist. Konnte ich das glauben? Nein. Dementsprechend versuchte ich die Unterhaltung umzudrehen. In eine ganz andere Bahn zu lenken. Selbst etwas über ihn herauszufinden.
„Denk‘ doch einmal nach. Du warst Mitglied in einem Biker-Club. WAS soll ich darüber denken?“
„Oh Gott!“ Charlie schnaufte. Schüttelte mit dem Kopf. „Fällt mir das immer wieder auf die Füße? Na und?  Ich bin raus.“
Er konnte mir viel erzählen. Aber war es tatsächlich so? „Welche Interessen verfolgte eigentlich dein Club?“ Nun holte ich in eine Richtung aus, die ER sicherlich als unangenehm empfand und gedachte dazu zu schweigen. So wie ich vorher. Vielleicht verstand er jetzt?!
Ein Räuspern mit trotziger Gestik wie erwartet von ihm. „Wir sind nur….gefahren. Nicht weiter. Haben geschraubt und repariert.“
„Ich meine, wie finanziert sich so ein Club?“
„Durch die Beiträge der Mitglieder.“
Ich musste lächeln. „Tatsächlich?“
„Ja.“
Okay. Er würde nichts verraten. Gleich, ob es nun etwas zu verraten gibt oder eben nicht. So wie ich vorher. Hier komme ich nicht weiter. Also ließ ich es und kam auf seine eigentliche Frage zurück.
„Hattest du tatsächlich Angst entlassen zu werden?“, klopfte ich auf den Busch und wusste, dass ich damit nichts erreichen, sondern eben nur DAS hören würde, was ich sollte.
„Hätte ja immerhin sein können.“
„Nein. Du wirst selbstverständlich nicht entlassen. Versprochen.“ Ich zwinkerte ihm zu und wusste, die Unterhaltung war in eine Sackgasse geraten. Was an unser beider Misstrauen lag. An unserer Schweigsamkeit und vielleicht sogar Loyalität dem gegenüber, an was wir glauben. Hinter was wir stehen. Was uns wichtig ist. Die Lage war zu angespannt für ein ent-spanntes Gespräch. Und vielleicht sogar, um Wahrheiten auszusprechen.
„Wie wäre es, wenn wir beide für ein paar Tage verreisen?“, versuchte Charlie die Lage zu entkrampfen. Dafür war ein abrupter Richtungswechsel immer gut.
„Im Augenblick wohl eher nicht. Aber weiß du was?“ Nun hatte ich die Gelegenheit, vielleicht doch noch einmal nachzusetzen. „Wie wäre es denn mit Kalifornien? Nachholen, was wir versäumten und ich hatte mir in meiner Phantasie ein abenteuerliches Szenario ausgemalt.“
„OH! Das macht mich aber jetzt neugierig.“ Er grinste. „Das will ich aber hören. Sag‘ schon.“, forderte er mich zum Reden auf.
„Okay. Es war einfach so, dass ich in meiner Vorstellung das Bild vor Augen hatte, mit DIR auf einem Bike in den kalifornischen Sonnenuntergang zu reiten. Ein recht absonderlicher, törichter, fast kindlich naiver Gedanke. Ich weiß.“
Charlie lachte gerade heraus. „So verrückt ist das gar nicht.“
„Ach was?“ Nun wurde ich aufmerksam-er. „Wie das? Bist du dort etwa tatsächlich mit einem Bike gefahren? Wäre meine fast absurde Vorstellung etwa in der Tat Wirklichkeit geworden, hätte ich dich dort nur besucht?“
Charlie wiegte den Kopf hin und her. JETZT hatte ich ihn am richtigen Ende gepackt! Endlich! JETZT würde er womöglich reden. Zumindest etwas mehr als bisher.
Und tatsächlich! Ich hatte es geschafft. Er erzählte mir von Kalifornien, dass er dort ein Chapter des Clubs besuchte und tatsächlich mit ihnen gefahren sei. Aber auf detaillierte Fragen antwortete er nicht. Ebenso wenig darauf, warum er so urplötzlich, ohne ein Wort zu sagen, verschwunden war. An dieser Stelle erntete ich NUR eine bedauernde Geste. Nichts weiter. Was mir gewissermaßen impliziert, dass er doch noch Mitglied des Clubs ist, womöglich einen Auftrag erhalten hatte und darüber schweigen muss. Warum sonst die Geheimniskrämerei? Aber vielleicht spann ich mir das alles auch nur zusammen…….Wer weiß.