Montag, 27. Februar 2017

Körperbeherrschung und erstaunliche Liebesfähigkeit



Derek war wieder einmal enttäuscht. Denn ich verbrachte ausschließlich den Nachmittag und den Abend, jedoch nicht die Nacht mit ihm, wie ich, wie wir es eigentlich dachten. Gunnar kam widererwarten schon am späten Abend zurück. Und er war, man höre und staune, nicht betrunken.
„Es waren nur drei oder vier Bier, den ganzen Nachmittag über. Nicht mehr.“, sagte er stolz.
Sex gab es keinen, bis hier her. Weder für Gunnar noch für mich. Am Abend war ich zu erschöpft und heute Morgen passte es irgendwie nicht.
Während wir uns auf den Tag vorbereiteten, sprachen wir noch einmal über den Vorfall vom Tag zuvor. Vor allem über die Ursache dessen. Also, wie es begann. Und an dieser Stelle kam erneut Alexa ins Spiel.
„Natürlich würde sie es gern sehen, wenn wir heiraten.“
„Doch aber nicht zu diesem Preis? Das würde selbst sie nicht wollen, nehme ich an. Und bei dir, Gunnar, bin ich mir sicher, dass du nicht einmal darüber nachdenken wirst. Weil du genau weißt, dass es niemals eine Option für uns sein kann. Es ist eine absolute Unvorstellbarkeit und würde alle Beteiligten fünfhundert Jahre zurück versetzen.“, begann ich mich erneut in diese Thematik hinein zu steigern, alldieweil ich das alles so unmöglich fand. Gleichwohl auch nur darüber zu reden.
Gunnar bremste mich aus. „Beruhige dich. Ich nehme an, Alexa wird nicht einmal darüber reden. Hat den Vorfall und seinen Anlass womöglich schon längst aus ihren Gedanken gestrichen.“
„Nun, das wirst du sicher bald erfahren. Nehme ich an.“
„Ja. Da ich gestern Abend meinen Sohn nicht zu Bett bringen konnte, werde ich jetzt gleich einmal nach ihm sehen.“
„Und nach Alexa selbstverständlich.“, merkte ich ein wenig missmutig an.
Gunnar nickte lächelnd. „Ja. Und ich dachte“, hier schnitt Gunnar eine forschende Grimasse, „vielleicht suche ich gleich anschließend Lara auf.“
Ich räusperte mich. „Wenn du denkst. Du hältst es offenbar doch nicht aus.“
„Was willst du denn?“ Gunnar breitete die Arme aus. „Ich bin gestern nicht in der Stadt geblieben. Kam und wollte auch zurück zu dir und war noch nicht einmal betrunken. Hielt mich um deinetwillen mit dem Alkohol zurück.“
Er hatte Recht. Ich entschuldigte mich. Meine Augen fluteten reumütige Blicke nach außen hin. Ich schlang meine Arme um seinen Hals und kuschelte mich fest an meinen Ehemann. Ihm schien das zu gefallen. Denn auch er schloss seine Arme um meine Hüften und genoss die Nähe unserer Umarmung mit einem genüsslichen „Hhmmmmm….“

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Während ich ins Büro gegangen war, hatten sich Gunnar zu seinen zwei anderen Frauen begeben. Zumindest nahm ich das an. Denn ich hatte gehört, wie Gunnar, kurz bevor wir das Haus verließen, mit Lara via Handy gesprochen hatte. Sie fragte, ob er komme könne.

Wie ich so in meinem Büro auf meinem Drehstuhl saß, vor mich hin sinnierte und genau genommen dabei an Derek dachte, kam Kevin herein gerollt.
„Briefing? Oder was?“ Er schien irgendwie gereizt.
„Am Nachmittag.“, erwiderte ich ohne mich viel zu bewegen, oder meine Beine vom Hocker zu nehmen. „Gunnar ist noch nicht bereit.“
Kevin zog mit fragendem Blick die Brauen hoch. „Erfahre ich auch warum?“
Ich musste lächeln. „Aber ja. Da er gestern beim Fußball war…..“
„….ist er heute noch betrunken.“, vervollständigte Kevin meinen Satz und lachte.
„Nein.“, widersetze ich mich. „Er kam gestern Abend nüchtern zurück.“
Nun machte Kevin große Augen. „Ach was?“
„Ja. Er sagte, es wäre ihm wichtig bei mir sein. Er hätte an mich gedacht und mich vermisst.“
„Und das glaubst du ihm? Denkst du wirklich, nach fünf Jahren verzehrt er sich noch nach dir wie am ersten Tag?“
„Nein.“ Ich winkte ab und stellte nun doch die Füße auf den Boden. Drehte mich ein Stück zu ihm hin. „Das nicht. Aber wenn ich die letzten fünf Jahre mit Gunnar überschaue, ist er zwar nun nicht mehr ganz so leidenschaftlich wie zu Beginn. Das mag vielleicht sogar so sein. Jedoch wurde unsere Beziehung seither beständig stabiler. Er gibt sich mehr Mühe denn je, seine vielen Eigentümlichkeiten, insbesondere der sexuellen Art, auszubügeln, die er von Sektenzeiten mitgebracht hat. Und das in Eigeninitiative. Was ich ihm doch einiger maßen hoch anrechnen muss. Meinst du nicht auch?“
„Ein besseres Plädoyer hätte auch ich nicht erstellen können, um meinen Klienten zu verteidigen. Du bist gut darin.“, spöttelte er.
Ich antwortete nicht darauf. Wusste, dass er diese Worte aus der Eifersucht heraus sprach. Denn am aller liebsten würde ER mit mir zusammen sein. Das war mir klar.
Kevin schien zu schmollen. Rollte hinaus. Mit einem lauten Wumms schloss sich die Tür hinter ihm. Und ich….rief Derek an.
„Hey.“, säuselte ich mit betörender Stimme ins iPhone. „Wie geht es dir?“ Am liebsten hätte ich fragen wollen: `Wo bist du? Kommst du her?´
„Es geht mir gut.“, antwortete er und als hätte Derek meine unausgesprochenen Fragen gehört, beantwortete er sie. „Ich sitze hier im Büro und starre auf die Monitore. Wenn du magst, komme ich kurz mal rüber zu dir.“
Ich grinste vor mich hin. War glücklich mit seinen Worten.
„Aber ich muss vorher noch mal zu meiner Mutter gehen. Ist das okay? Oder besser danach?“
Wow! Dachte ich so. Nach zwei Jahren der fortwährenden (Demütigung) Frustration, Dieser und Jener Kränkung, konnte er noch immer ein charmanter Gentlemen sein. Alles in allem war Derek doch DER gute Mensch, den ich anfangs in ihm sah. Auch wenn es zwischendurch zu Spannungen, zu so manchen Kontroversen kam. Offenbar scheint die Liebe, die wir zueinander empfinden, doch groß genug zu sein, uns wieder und wieder, nach Streitigkeiten und Konflikten, zu verbinden.


Derek kam und ging. Er arbeitet noch immer Doppelschichten mit Seven. Erst Morgen kommen Sarah und Ryan zurück. Dann wird es wieder leichter für ihn.
Kurz darauf erschien Gunnar, um mich zum üblichen späten Lunch abzuholen.
Ich schmunzelte. Er roch geduscht. Gedachte zu wissen, wo er gewesen war und was er getan hatte. Jedoch lag ich falsch damit.
„Nein! War ich nicht.“, antwortete Gunnar auf DAS, was ich dachte, alldieweil er meine Gedanken las.
Ich stutzte. „Du warst nicht bei Lara?“, fragte ich ihn.
„Ich war bei Alexa und dem Baby und als ich zu Lara kam, war Charlie dort. Ihr schien es nicht recht zu sein. Die Situation überforderte sie scheinbar und dann wurde es dramatisch. Sie warf sich mir an den Hals, währenddessen Charlie erwähnte, dass sie verabredet waren. Was sollte das? Dachte ich mir, löste ihre Arme und ging.“
„Tja nun? WO warst du dann?“
„Joggen. Eine Runde um den See und dann im Fitnesscenter.“
Ungläubig kniff ich die Augen zusammen. „Tatsächlich?“ Ich kratzte mich am Kinn.
Gunnar lachte. „Ja. Glaubst du mir etwa nicht? Warum sollte ich lügen?“
„Ich dachte, du brauchst den Sex.“, sagte ich leise und sah ihn abwartend an.
Gunnar schmunzelte. „Und ICH dachte, ich kann ihn mit Muskel stählender Bewegung kompensieren. Einen Versuch war es allemal wert. Schließlich bin ich auf dem Weg dir treu zu sein.“
DAS erstaunte mich doch über die Maßen. „Du versuchst es tatsächlich. Oder?“ Ich sah Gunnar zweifelnd an.
Der lachte entwaffnend. „Ja. Seit geraumer Zeit. Ich dachte du wüsstest das?!“
„Nach fünf Jahren Ehe, wo andere Paare auseinander gehen, liebst du mich noch immer so, wie zu Beginn und versucht nun in der Tat mir treu zu werden. Obwohl wir beide um deine Sekten- und Altlasten wissen.“, suchte ich mich noch einmal bei meinem Ehmann zu vergewissern, damit ich sicher gehen konnte, dass ich verstand.
Ein entwaffnendes „Ja“ kam bei mir an. „Liebst du mich nicht auch mehr denn je?“
„Ja. Natürlich!“, gab ich Gunnar wahrheitsgemäß zurück. „Aber ist es nicht bei Männern umgekehrt? Kühlt ihre Liebe, zur DER Frau, welche sie einst so heiß begehrten, nicht beständig ab?“
„Vielleicht bin auch ich anders als andere?“ Gunnar gab mir einen bedeutsamen Blick. Trotz alledem zweifelte ich noch.
Nun schüttelte er mit dem Kopf. „Vertrau‘ mir doch einfach mal! Das sagte ich dir doch schon.“
Nun gut. Dachte ich. Dann soll es eben so sein.
Er nahm mich in den Arm. Drückte mich fest an sich und so eng umschlungen verließen wir mein Büro. Die Anwesenden schauten sich um. Offensichtlich erstaunte es sie, uns so zu sehen. Und ein Seitenblick zu Kate verriet mir, dass sie missgünstig war. Keshia Berggren hingegen blickte eher verlegen zu Boden.
Alles in allen kann man sagen was man will. Ich bin eine tolerante Frau meinem Mann gegenüber. Liebe (unendlich) und nehme hin. Noch erstaunlicher ist jedoch, und das führe ich ebenso auf meine Beharrlichkeit zurück, dass ich Gunnar dazu bewegen konnte und kann, sich seinen Neigungen und Bedürfnissen zu stellen, mit mir darüber zu besprechen und einzuwilligen, etwas dagegen zu tun.