Mittwoch, 8. Februar 2017

Das Wesentliche



Charlie ist zurück. Kam gestern am frühen Abend bei uns vorbei.
„Bleib lieber draußen, sonst steckst du dich noch an.“, sagte ich zu ihm und hob die Hände zum Zeichen, dass er besser auf Abstand bleiben sollte.
„Kein Problem.“, erwiderte er. Grinste, kam zu mir hin und gab mir einen Kuss auf die Wange. (Ich hatte Bedenken deshalb.) Selbst Gunnar hatte Alexa darüber informiert, dass er nun für ein paar Tage besser nicht zu ihr kommt, damit sich klein Ragnar nicht noch eine Erkältung einfängt. Er ist bereits genug gestraft. Die Blasenentzündung will nicht weichen.
Charlie blieb nicht lange. Er wollte nur Hallo gesagt haben. Alle Fragen bezüglich des Anlasses seines so plötzlichen Verschwindens beantwortete er mit einem stillen Lächeln.

Ich hatte mich schon darauf gefreut Gunnar ein paar Tage für mich zu haben. So wäre zumindest aus dieser ganzen Misere noch etwas Gutes entstanden. Wenn ich es nun schon nicht mehr ändern konnte.
„Ich bleibe an deiner Seite.“, hatte er lächelnd gesagt und mich an sich gedrückt. DAS ließ doch hoffen. Ich freute mich darauf.
Allerdings viel zu früh, wie sich am des Nachts herausstelle. Alexa rief an. Dem Baby ging es schlechter.
Wir diskutierten kurz und kamen selbstredend überein, dass das Kind wichtiger wäre. Denn die beiden hatten vor, noch in derselben Nacht nach Stockholm ins Hospital zu fahren. Offenbar war der Zustand des Kindes kritisch zu sehen.
Gunnar duschte und wies mich an Charlie anzurufen. Sprach dann selbst mit ihm. Charlie kam und blieb.

„Vielleicht wäre es besser gewesen, heute nicht im Restaurant frühstücken zu gehen. Sondern zu Hause zu bleiben.“, sagte ich zu Charlie und tat einen kräftigen Nieser.
Der antwortete nicht. Stattdessen sprach ich weiter. „Jetzt sind wir schon einmal hier, da kannst du mich auch gleich in Büro begleiten. Ich bleibe nicht lang. Mir geht es ohnehin bescheiden.“
Büro war offensichtlich das Stichwort für ihn. Denn er begann mit mir über die von mir angebotene Ausbildung zu reden.
„Ich wäre schon daran interessiert.“
„Ach ja? Fabelhaft!“ Das freute mich. „Aber das Büro ist kein neues Jagdrevier.“, zwinkerte ich ihm zu und warnte ihn vor Kate und Casandra Fish. Und in diesem Zusammenhang fragte ich noch einmal nach, ob er die Gesundheitstests in Kalifornien nicht gefährdet hätte.
Er schien sich darüber zu amüsieren. „Nein.“
„Also keine anderen Frauen?“, gedachte ich mich noch einmal zu vergewissern.
„Nein.“
„Aber warum bist du nur ohne ein Wort gegangen? Und was tatest du dort? Hat es womöglich doch etwas mit dem Biker Club zu tun, aus dem du ausgetreten bist?“
„HO, ho, ho! Zu viele Fragen auf die ich dir nicht antworten kann.“
Ich setzte noch einmal zum Sprechen an. Charlie bremste mich aus.
„Lass es lieber.“

So, nun bin ich im Büro. Während ich schreibe, schaut sich Charlie schon einmal um. Redet mit Kevin und einigen anderen. Seine Absicht, die von mir vorgeschlagene Ausbildung anzutreten, scheint lauder zu sein.

Gunnar wird nun, da nun einmal bei klein Ragnar ist, so lange dort bleiben, bis es mir besser geht. Was bedeutet, dass ich in dieser Zeit mit Charlie zusammen sein werde. Ich fragte ihn bereits danach, ob er ein paar Tage mir und für mich erübrigen könne.
„Wenn meine Chefin mir dafür eine Freistellung gibt.“ Er grinste und ich musste es auch.
„Aber selbstverständlich doch.“

Derek war nur die eine Nacht in Gewahrsam der Polizei. Kurt hatte sich am anderen Morgen sogleich um seine Freilassung gekümmert. Danach war Derek nicht mehr zu erreichen.
Er scheint er wohl erst jetzt wahrhaftig begriffen zu haben, dass er seine kleine Tochter Marilyn für immer verloren hat. Er lässt sich völlig gehen. Was man von ihm hört ist nicht wirklich vorteilhaft. In jedem Fall ist er vorerst seiner Fahrerlaubnis verlustig gegangen und muss sich für den Vorfall verantworten. Allerdings scheint er mir nun völlig abgesackt zu sein. In niederste Tiefen. Er meldet sich nicht und zu erreichen vermag ich ihn nach wie vor ebenso wenig. Herr Gott noch mal! Was soll das denn?
Aber womöglich kommt er dann Morgen einfach bei mir vorbei. Schließlich wäre Donnerstag…….


........ und WIE geht es mir im Wesentlichen?
Miserabel. Würde ich sagen.