Donnerstag, 9. Februar 2017

Der Weg des geringsten Widerstandes



Es leuchtet mir selbstverständlich ein, dass sich Gunnar zwischen mir und seinem Baby, der Ansteckungsgefahr wegen, entscheiden muss. Zu Beginn hatte er sich schließlich eindeutig zu mir bekannt. Versprach, an meiner Seite zu bleiben. Als das Kind jedoch selbst noch erkrankte, sah das dann völlig anders aus. Es hat Vorrang vor mir.
Selbstredend komme ich allein zurecht. Bin erwachsen. Natürlich doch. Gleichgültig scheint zu sein, wie ich mich dabei fühle.
Diese Nacht schlief ich kaum, der vermaledeiten Erkältung wegen. Ich bin drei Uhr zu Bett gegangen und gegen sieben wieder aufgestanden. Erstickungsgefahr, könnte man sagen.
Und ja, Charlie hatte sich bereit erklärt bei mir zu bleiben. Was er auch tat. Ungeachtet dessen, dass ich ihn anstecken könnte, hielt, nein, hält er die ganze Zeit lang mit mir aus. Nur heute Morgen war er kurz noch einmal in Stockholm gewesen, um die Testreihe abzuschließen, welcher er sich um meinetwillen unterzog.
Besonders führsorglich, so wie Gunnar zumeist, ist Charlie nicht wirklich. Allemal bringt er mich zum Lachen.  Was jedoch nicht bedeutet, dass er mich nicht zu umsorgen vermag. Er tut es nur ein wenig  pragmatisch und misst dem offensichtlich nur wenig Bedeutung zu. Er tut einfach......als wäre es das Normalste der Welt.
Seine Ratschläge scheinen oft simple zu sein. Jedoch nicht dumm. Er äußert sie in knappen Sätzen. Lächelt dabei. Und denke ich über den Sinn dahinter nach, weiß ich, er hat Recht mit dem was er sagt. Seine Weisheiten sind so einfach gestrickt. An das Leben und die Erfahrung angelehnt. Er sagt einfach nur, was er denkt. Aus dem Bauch heraus. Fast kindisch. Was nicht bedeutet, dass er nicht überlegt. Nein. Aber sie klingen schlicht und einfach verständlich. Einige davon sind mir bereits bekannt. Wie beispielsweise: „So viel wie nötig. Nicht so viel wie möglich.“, sagte Charlie mit einem Grinsen im Gesicht.
Oder: „Am besten ist der Weg des geringsten Widerstandes.“
Damit hat er Recht.
Ich stellte bereits die ganzen Jahre über fest, dass ich von jedem Mann, den ich kennenlerne, etwas annehme und womöglich, lerne und sogar beibehalte. Das Annehmen von bestimmten Gewohnheiten erstreckt sich vielleicht nur über die kurze Zeit der Faszination, die das/jedes  Neue ausmacht und mit sich bringt. Aber egal. Es ist trotz alledem recht angenehm und willkommen.

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Nun, was gibt es zu sagen über Charlie und mich? Nicht viel. Denke ich. Er ist einfach nur DA. Was schon eine enorme Erleichterung ist. (Sex gab es bisher keinen. Ich fühle mich nicht in der Lage dazu.)
Aber auch ER hatte Fragen.
„Was ist das eigentlich mit dir und deinem Mann? Es wird so einiges erzählt.“
„WAS erzählt man sich denn?“, fragte ich nach.
„Das er fremd geht und deshalb Derek als deinen Liebhaber duldet. Er vertraut ihm wohl, was die zwei Jahre zeigen, in denen du dich mit Derek triffst. Ist Gunnar denn überhaupt nicht eifersüchtig?“
„Vermutlich nicht.“
„Dann ist er sich aber auch sicher, dass du ihn über alles liebst und nie verlassen wirst.“
Ich pustete die Luft durch meine Lippen. „Das mag sein.“
„Ein wenig vage oder? Deine Antwort meine ich.“
„Und wenn schon.“, rechtfertigte ich mich mit leicht gespielten trotzigem Ton.
„Na ja. Ich meine nur.“, sagte er und ich wusste, was er meint. Der Bezug lag auf ihm selbst. Denn es sollte so viel bedeuten wie, auch wegen mir wirst du deinen Mann nie verlassen. Und auch damit hat er Recht.

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Heute Morgen beim Frühstück, welches ich dieses Mal im Haus einnahm. Es war mir nicht danach nach draußen und ins Restaurant zu gehen. Ich ließ mich die wenigen Speisen bringen.
„Nur Wasser und Brot? Möchtest du nicht wenigstens einen Tee dazu trinken?“
„Nein. Wasser genügt.“
„Ist ja schlimmer wie im Knast. Was hast du denn verbrochen?“ Charlie Gesicht zeigte ein breites Grinsen.
„Hast du damit etwa Erfahrung? Oder was?“
„Hey! Das war doch nur ein Witz!“
„Nun, was habe ich verbrochen? Offenbar zu viel Liebe und Gutmütigkeit. Duldsamkeit und Verständnis für meinen Ehemann sind anscheinend meine Verbrechen.“
Ich sah Charlie dabei an und ich wusste, dass er wusste, was ich meine.

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Und was wird aus dem Donnerstags-Mann?
Vielleicht ist es nicht das Schlechteste ein wenig auf Abstand zu ihm zu gehen. Ihm Raum zu geben für seine Trauer um sein Kind. (Was selbstredend ein Vorwand ist.)
Es ist anzunehmen, dass ich aus Erfahrung aufgrund all der Dingen, die auf dieser Welt geschehen (und nicht zwangsläufig in den Medien erscheinen), auf meine alten Tage noch rassistisch werde. Was natürlich nicht ganz so heikel wäre als antisemitisch. Da stehen immerhin sechs Millionen im Raum.......... Aber hat man vielleicht einmal die ganzen Neger gezählt und aufgelistet, die in der Zeit der Sklaverei gestorben sind? Wohl kaum und ich nehme an, das sechs ( 6 – eine magische Zahl! Die wählt man nicht einfach so. Vielleicht  informiert man sich auch hierzu einmal in der Kabbala. Staunen vorprogrammiert. Vielleicht sogar noch interessanter der Talmud, in dieser Hinsicht.) Millionen bei weitem überschritten wurden, nähme man sich die Zeit sie zu zählen, wie man es mit anderen tut. Nun addieren wir noch die beinahe ausgerotteten nordamerikanischen Ureinwohner hinzu. Und die unnötigen Kriege, die von den Amerikanern (....und WER ist Amerika? WER steuert es?....ist hier interessant) geführt worden sind. Was dann? Dann neigt sich die Waage nach der anderen Seite, wenn es um Bösewichte geht. Aber DAS ist Politik, welche hier nur in Maßen eingebracht werden soll-te. Ebenso die so genannte Verschwörungstheorie, die keine ist. Alldieweil sich bereits vieles, was noch vor Jahren als diese galt, bewahrheitet hat. Aber will DAS jemand sehen? Fällt DAS jemanden auf? Nein. Man steckt den Kopf in den Sand und lebt, bequemer Weise, weiter in der dafür eingerichteten Matrix. Hollywood, und hier schaue man sich die Produzenten und Regisseure genau an, verhöhnt die Menschheit regelrecht. Es wird alles offen gelegt und gezeigt und als SiFi verkauft. (Verkauft trifft es hier genau. Denn darum geht es aus-schließlich in diesem System, wo nur der Profit zählt und nicht der Mensch!) Die Menge jubelt. Glaubt….was sie soll. Und nur den Wenigsten fällt das auf.
Aber zurück zum Donnerstags-Mann.
Was wird denn nun aus ihm? WO ist er denn geblieben? Dachte ich so bei mir und rief ihn an. Und tatsächlich meldete er sich sogleich mit den Worten: „Heute ist Donnerstag. Ich weiß.“
„Was du NICHT weißt, scheint mir bedeutender zu sein.“
Stille. Infolgedessen sprach ich weiter. „Es geht mir nicht gut. Ich bin erkältet. Und vielleicht bleibst du besser fern, damit du dich nicht bei mir ansteckst.“
„Ist Gunnar bei dir?“
„Nein. Die Gesundheit seines Kindes geht selbstredend vor. Das Baby kränkelt ohnehin bereits. Da entschied sich Gunnar bei ihm und Alexa zu bleiben. Sie fahren täglich zum Hospital.“
„Das heißt du bis allein?“
„Nein.“
„Nein was? Oder besser WER ist bei dir?“
Oho! Ist Derek etwa eifersüchtig? Scheint offenbar so zu sein. Sollte ich ihm verraten, WER bei mir ist? Warum nicht? Er wird es ohnehin erfahren.
„Charlie.“
„Ich dachte, er sei verschwunden?“
„Er ist offenbar zur rechten Zeit zurückgekommen.“
„Dann brauchst du mich ja nicht.“, war seine ernüchternde Feststellung und ich wusste nicht, resultierte sie aus der Eifersucht oder der Enttäuschung?“
„Wer sagte denn das. Charlie ist einfach nur da. Nichts weiter. Da musst du dir nichts dabei denken.“
„Er ist einfach NUR da? DAS soll ich dir abnehmen?“
Ha! Also doch eifersüchtig!
„Ja. Das kannst du.“, erwiderte ich in einem selbstsicherem Ton.
„Ohhhh nein. Wieso sollte ich das tun?“
„Weil ich ihn nicht liebe. So wie dich. Verstehst du das?“
„Fragst du mich jetzt, ob ich zu dir komme?“
„Nein. Es ist nicht nötig, dass du dich bei mir ansteckst.“
„Aber Charlie ist das wohl egal?“
„Scheint wohl so. Aber ich fragte ihn gleichwohl vorab. Das bin ich den Menschen schuldig, die in meine Nähe kommen. Sie zu warnen vor den Vieren. Ich bin schließlich nicht jemand, der damit so verantwortungslos umgeht wie die meisten anderen.“
„Okay. Ich bin heute Abend bei dir. Nehme die Viren in Kauf.“
Oho! DAS war jetzt problematisch. Was tun?
„Du musst deine Trauer, deine Auszeit jetzt nicht unbedingt unterbrechen und dir auch noch eine Erkältung einfangen. Das ist nicht nötig.“
„Ach, bevorzugst du jetzt weiße Biker Boys. Ist auch nicht dein Niveau. Oder?“, wurde er mürrisch.
„Derek, ich überhöre schlicht und einfach die Letzen beiden Sätze und schreibe sie den derzeitigen Umständen zu, in denen du dich befindest.“, wurde ich ernster und resoluter. Das war unter der Gürtellinie. „Es geht einfach nur darum, dass ich nicht allein bin und das weißt du auch. Und da er sich nun schon einmal freiwillig der Gefahr der Viren ausgesetzte, musst du es nicht auch noch tun. Es geht mir um deine Gesundheit. Verstehst du mich? Ohnehin sorge ich mich um dich.“
„Wieso das denn? Weil ich rauche? Weil ich trinke? Weil ich eingefahren bin? Wenn auch nur für eine Nacht. Weil meine Freunde Neger sind und eine Gestik an sich haben, die anscheinend typisch für Neger ist und die du nicht leiden kannst?“
War Derek etwa betrunken? Oder was? Dass er so offen Vorwürfe aussprach. Das hatte er noch nie getan.
„Was ist los mit dir? Bist du verrückt geworden? Erinnerst du dich vielleicht daran, dass ich dich liebe?“ Wie hätte ich anders reagieren sollen auf derlei Anschuldigungen? (Obgleich ich wusste, dass sie wahr sind.)

Ich gedenke Derek nicht (vollständig) zu verlieren. Deshalb mein Eifer. (Jetzt, wo ich ihm, wie es scheint, auf magische Weise das Kind genommen habe. (Was allerdings nicht sicher ist, dass ICH überhaupt etwas damit zu tun habe! Vielleicht war es auch einfach nur Zufall. Obwohl es Zufälle nun nicht gibt.) Und Giselle mich als Hexe betitelt hat. Glaubt er ihr? Nimmt er an, dass ich mit dem Tod seines Kindes etwas zu tun hätte? Fragen kann ich ihn selbstverständlich nicht danach. Jedoch auch ER war einige Zeit bei Erik als Schüler und weiß über manch‘ magische Dinge Bescheid.) ER ist die Ausnahme von der Regel unter den Negern. Zumindest für mich und seine derzeitige Labilität ist selbstverständlich dem Tod seiner kleinen Tochter zuzuschreiben. Dennoch begibt er sich in der Tat eigenartiger Weise nur allzu gern in niedere Gefilde der dunklen Art, wo er doch nach Höherem streben könnte (wo die Mutter doch eine Weiße ist). Die Voraussetzungen dafür hat er allemal. Schade um ihn, falls er sich nicht besinnt. Und ich finde am Ende hat Gunnar noch Recht. Ich werde niemals wirklich mit ihm zusammen sein können. Aufgrund seines Umgangs, seiner Einstellung, Lebensweise und seiner Freunde.