Freitag, 10. Februar 2017

Stärke zeigen



Gunnar ist mit Alexa und seinem Kind zu Erik gefahren. Was ich erst erfuhr, nachdem ich Gunnar angerufen hatte. Es scheint klein Ragnar offenbar nicht gut zu gehen. Ich ahne nur, was mein Mann vermutet (jetzt, wo erst ein anderes Kind gestorben ist). Jedoch, ICH bin NICHT Schuld daran.

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Kevin macht sich Sorgen. Ich bat ihn indes noch ein , zwei Tage abzuwarten, bis er mich besuchen kommen kann.

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Derek hatte gestern Abend, etwa gegen neun Uhr abends, einen grotesken Auftritt, welchen ich ihm in dieser Form nicht zugetraut hätte. Kreuzt hier betrunken auf mit seinen Negerfreunden, die sich offenbar daran ergötzten, ihm dabei zuzusehen, wie er sich mir gegenüber gebärdete. Eine offenbare Genugtuung für diese (Brut) Flegel.
„Hast wohl jetzt einen neuen Loverboy? Schön weiß und blond.“ Welch‘ Terminologie der untersten Klasse(!), mit der er da sprach. Das kannte ich nicht von ihm. (Ausgesprochen mit der typischen Gestik der rappenden Schwarzen). Es bewahrheitet sich immer wieder. Der Umgang formt den Menschen. Das war genau DAS, was ich Derek immer zu sagen versuchte.
„Tue mir DAS nicht an Derek! Mir geht es nicht gut.“, erwiderte ich nur und schon hustete ich drauf los. Charlie hielt sich zurück. Saß (noch!) auf der Couch. Hatte mich, auf eigenen Wunsch hin, die Tür öffnen lassen. „Was tust du überhaupt hier? Sagte ich dir nicht, dass ich erkältet bin und du dich besser fern halten solltest?“
„Ist heute nicht Donnerstag?“
„Ja schon. Aber sieh dich doch an. Kommst hier her mit deinen Freunden und stellst mich bloß.“
„Sie waren nur so freundlich mich hier her zu bringen.“, parodierte er meine feinere Ausdrucksweise, was ein Gelächter in den hinteren Reihen auslöste. Es war offensichtlich ein augenscheinlicher Gaudi für die Herren Freunde, mich auf diese Art und Weise beschämt zu sehen.
Wie konnte Derek es wagen?!! Betrunken hin oder her! Dergleichen hatte er noch niemals getan. WAS bewog ihn nur dazu, so etwas zu tun? War es die Eifersucht (auf Charlie), die ihn trieb? Hatten ihn seine Freunde (?) bewusst abgefüllt, angeheizt und dann hier her gebracht, um das Resultat ihres Wirkens zu bewundern? Dieses Szenario konnte schlicht und einfach NICHT von Derek ausgehen. Ich wusste genau, dass es ihm späterhin leidtun würde, was er sich heute und hier leistete.
In der Zwischenzeit war Charlie aufgestanden und zu mir an die Tür gekommen. Stand einen guten Meter hinter mir.
Einer von Dereks Freunden feuerte Derek an. „Zeig‘ dem Weißbrot, wo’s lang geht!“ Und noch bevor Derek einen Schritt weiter gehen konnte, trat Charlie direkt neben mich. Hob die Hände und versuchte die Situation zu entschärfen. Vor allem mich aus dem Feld zwischen den Fronten zu nehmen.
„Du holst dir noch den Tod, wenn du da weiter stehen bleibst.“, sagte er in ruhigem Ton und schob mich zur Seite. Weg von der geöffneten Eingangstür. Was plausibel erschien, wo ich doch erkältet war. So kam es zwischen Derek und mir zu keinen weiteren Konfrontationen.
Aber, da ich hörte, dass sich die Situation an der Tür nicht beruhigte, und es ging hier nicht um Derek, sondern mehr um seine Freunde, die offenbar tatsächlich auf Streit aus waren, rief ich den Sicherheitsdienst an. Ryan schickte mir Jason, den Hünen Jack Thompson, Clive Gråbøl, den jungen Russen Artemij und Dereks Partner im Job Sven Aberg. Bei dieser Art von Männern war es offenbar nötig Stärke zu zeigen. (Was für ein Männer-Scheiß!) Wie konnte sich Derek nur mit solchen Leuten abgeben und sie noch als Freunde bezeichnen? Das war genau DER TYP Mensch, der den anderen,  der aus der Gosse kriecht, wieder nach unten zieht.


Ich bewunderte Charlie in diesem Moment für seine ruhige und besonnene Art, die er auch in meiner Gegenwart an den Tag legt. (Und ebenso für den Verzicht auf sexuelle Aktivitäten. Was auch an dieser Stelle ein wenig ungewohnt für mich ist, da Gunnar mich oft drängt, oder nicht erst fragt.) Waren nicht Derek bisher genau diese Charakterzüge zu eigen? Hatte ihm der Tod seiner kleinen Tochter Marylin so derart aus der Bahn geworfen? Ihm so zugesetzt, dass es für den Augenblick sogar sein Wesen veränderte? Seine Manieren verlor!
Als sich diese schrecklichen Umstände aufgelöst hatten, saß ich mit Charlie noch eine Weile auf der Couch und sah fern. Ich hatte ihm mit nur einer Handbewegung klar gemacht, dass ich über diesen Vorfall nicht mehr zu reden wünschte und er akzeptierte das ohne Murren. Suchte sich andere Themen  (die nicht minder heikel waren), über die wir reden konnten.
„Ich glaube es ist besser Gedanken über unsere Zukunft vorerst auszusparen.“, sagte ich schließlich zu Charlie in einem Gespräch, welches Züge einer gemeinsamen Zukunft hätte annehmen können. DAS ist Diplomatie. (Und genau genommen nahm ich das/sein Gerede nicht wirklich ernst.) Frau impliziert somit dem Mann, dass sie nichts von ihm erwartet und auf dieses Weise entsteht keinerlei Druck für ihn. Und ebenso für die Frau ist es sicherer. Keine Erwartungen. Kein falschen Hoffnungen wecken, wo Frau sich dann verpflichtet fühlen müsste. Zudem bleibt der Jagdinstinkt beim Manne erhalten. Zu anderem entscheiden, kann Frau sich noch immer.
„Ja.“, stimmte Charlie mir schmunzelnd zu. „Den Moment leben. Und dann sehen wir weiter, was vielleicht daraus wird.“

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Mir scheint es heute schlechter zu gehen als gestern. Charlie meint, dass ich mich offenbar schon wieder viel zu sehr um andere Belange kümmerte, als um meine Genesung. Womit er Recht haben mag. Allerdings war ich wohl auch zu sparsam mit der Medikamentierung. Infolgedessen heute gleich am Morgen Ingwertee mit Honig, welchen ich bisher nur abends trank, damit kein Fieber kommt.
Zumindest schlief ich heute acht Stunden. Beinahe wäre es die Hälfte geworden, so wie gestern. Denn von vier bis fünf des Nachts keuchte und schniefte ich erbärmlich. Gedachte schon aufzustehen. Ließ es, der Göttin sei Dank.
Charlie selbst zeigt bisher keinerlei Symptome. Er sagt, es wäre nicht ausgeschlossen, dass sie noch kommen. Wir werden sehen.

Alles in allem ließ mich Gunnar doch recht im Regen stehen. Sein Kind ist ihm wichtiger als ich. Womöglich auch, so nach und nach, die Mutter? Wer weiß. Ich kann es nicht sagen. Im Augenblick scheint es fast so. Er lässt mich einfach allein. Nichtsdestotrotz weiß er, dass, aller Wahrscheinlichkeit nach, Charlie, oder irgendein anderer bei mir ist. Was sicherlich NICHT so wäre, ohne meine äußerliche Attraktivität………….Die finanzielle Seite, bedenke ich hier besser nicht. Sicher ist auch Geld ein Indikator, der für viele Menschen ausschlaggebend ist. Bei Charlie bin ich mir in keinster Weise sicher, was seine wahren Motivationen sind, dass er nun (für mich fast merkwürdiger Weise) an meiner Seite ist. Bereits das Kennenlernen schien mir forciert zu sein. Daher bin ich besser achtsam im Umgang mit ihm. Was im Einzelnen bedeutet, dass ich über nichts Geschäftliches reden darf. Und auch zurückhaltend mit Privatem sein  sollte. Aber WAS bleibt dann noch zum Unterhalten, wenn ich gleichwohl die Politik aussparen muss. Denn auch hier ist Umsicht angesagt. Seine Überzeugungen scheinen meinen zwar recht ähnlich zu sein. Aber woher weiß ich denn, ob er mir nicht nur nach dem Munde redet?
Zudem ist auch er mit Informationen über sich und sein Leben sehr sparsam.

Bin ich eigentlich irgendwann einmal auch in einer schlichten, unproblematischen, harmlosen Situation??? Es scheint immer etwas geboten zu sein…….
Göttin noch mal! Ein wenig Ruhe täte mir gut!