Donnerstag, 11. September 2014

In meinem Sinne......



Es kommt Bewegung in die alt, eingefahrenen Gleise. Wer hätte das gedacht. Und das alles geschieht doch gleichwohl in meinem Sinne.

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Aufgrund der Anwesenheit von Henry Duvall im Zentrum, gedachte ich die Sicherheitsmaßnahmen zu verstärken. Oder zumindest mit Ryan darüber zu sprechen. Aus diesem Anlass winkte ich im Restaurant, während sich Gunnar mit Natalja unterhielt, Jason Anekelea zu mir heran.
„Wir müssen über meine Sicherheit reden.“
Jasons Gesichtausdruck zeigte Unwilligkeit. „Phhhu. Am besten du redest darüber zuerst mit Ryan. Er hat es nicht so gern übergangen zu werden.“
Ich stutzte. „Was soll DAS denn bitte bedeuten?“
Er schwieg, senkte betreten den Kopf und scharrte mit den Füßen.
„Okay.“, sagte ich und begab mich zu Tisch, wo meine Augen nach Gunnar Ausschau hielten. Er war mit Natalja ein Stück weiter nach hinten gegangen und die beiden gestikulierten wild. Natalja ließ Gunnar dann einfach stehen und setzte ihre Arbeit fort. Gunnar kam mit nachdenklicher Miene zu mir und setzte sich mir gegenüber.
„Gibt es Probleme?“, fragte ich
„Nein. Nein. Alles okay.“
Gleich darauf kam Natalja mit den Speisen zu uns an den Tisch und bediente.

Gunnar begleitete mich nach dem Lunch zu Ryan. Ich hatte ihm von dem Auftauchen  Henry Duvalls erzählt. Daraufhin war er noch nachdenklicher geworden. „Was kann er wollen?“

Bei Ryan im Sicherheitszentrum angekommen nahm ich im Chefsessel Platz und sah mir die Monitore an. Sie erinnerten mich an die, der Detektive und ein kurzes, kaum merkliches Lächeln huschte über mein Gesicht. In der Zwischenzeit berichtete Gunnar von Henry Duvall.
„Ja. Wir wissen davon. Ich habe schon Maßnahmen ergriffen. Keine Angst.“
„Na wunderbar.“, sagte ich lächelnd und drehte mich und den Stuhl einmal um die eigenen Achse.
„Was gibt es sonst noch von Belang?“ Ich grinste ihn an und wies in Richtung der Monitore. „Da kann man doch gewiss so einiges sehen.“
Wir alle lachten und Ryan gab sich gespielt verlegen. Denn eigentlich war er mitnichten der Typ dafür Geheimnisse Preis zu geben. Er bewies stets seine Loyalität.
„Also. Ich höre.“, bohrte ich weiter. Denn mit uns konnte, musste er schließlich über jedwede Kleinigkeit reden. Das war seine Pflicht.
Gunnar lachte. „Lass ihn doch noch ein paar Geheimnisse für sich behalten.“
„Warum?“, gab ich nicht nach.
Ryan räusperte sich und sah zu Gunnar. „Nun ja. Euer Freund im Rollstuhl ist des Öfteren so klamm heimlich hinter den Frauen her.“
„Ach was?“ Ich grinste. „Belästigt er sie?“
„Nein. Nein.“, wehrte Ryan noch augenblicklich ab. „ER beobachtet heimlich und spricht sie zuweilen auch an.“
„Und weiter?“
„Die Frauen sind meist gewillt mit ihm zu reden. Haben wohl Mitgefühl. Und so hässlich ist er ja auch nicht.“
„Nein. In der Tat. Das ist er nicht.“
„Was gibt es denn sonst noch so zusehen auf den Monitoren?“
Ein beschämtes Kratzen am Kopf. „Phhhu. Ja. Da sieht man schon mal die Gäste des Nachts in die Quartiere der Angestellten gehen und natürlich auch umgekehrt. Und es betrifft Männer wie Frauen.“
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Also wird noch immer Prostitution hier betrieben?“
„Na ja. Ich denke nicht ganz.“, räumte Ryan vorsichtig ein. „Die Frauen tun das jetzt auf eigene Faust und kassieren ab.“
„Also kein Zuhälter mehr, der dazwischen steht?“
„Nein. Ich glaube nicht.“
„Kann man dies denn nicht grundsätzlich hier im Zentrum verbieten?“
„Das wird nicht wirklich möglich sein.“, mischte sich nun Gunnar mit ins Gespräch ein.
„Warum denn nicht? Könnten wir nicht hier im Zentrum generell Regeln diesbezüglich aufzustellen?“
„Die Frauen tun das in ihrer Freizeit. Da kann man ihnen nichts vorschreiben. Und den Gästen so wie so nicht.“, gab mir Gunnar zu verstehen.
„Einige Gäste nutzen das schon ganz gerne, und wenn die Frauen, oder Männer das aus eigenem Antrieb tun, kann man wohl nichts machen.“, bekräftigte Ryan noch einmal Gunnars Aussage.
„Ich kann das nicht verstehen!“, echauffierte ich mich. „Das ist doch offene Hurerei.“
„Es nimmt ja nun auch nicht überhand.“, verteidigte Ryan das Tun. „Und im Allgemeinen geht es hier ja gesittet und ruhig zu. Dafür sorgen wir schließlich.“ Er lächelte mich zufrieden an. Dennoch, ich selbst vermochte damit eben NICHT glücklich zu sein.
„Nun ja.“, gab ich trotz alledem vorerst auf, „Es ist immerhin genügend Stoff für Gerüchte, die ich mit Sarah erörtern kann.“
„Sarah weiß das schon.“, platze Ryan ein wenig unüberlegt heraus und wir beide sahen ihn fragen an.
„Ach was. Wie das?“
Ryan grinste und ich mutmaßte, dass sich offenkundig die beiden etwas näher kennen gelernt hatten. Konnte das sein?
Ich greuselte die Stirn und sah ihn prüfend an. „Sarah und du? Ihr seid....“ Ganz bewusst beendete ich den Satz nicht, um ihm Gelegenheit zu geben sich dazu zu äußern oder mich ganz und gar zu berichtigen.
Ryan räusperte sich und ich sah, dass er sich wandt. „Ja. Seit einer Woche etwa.“

Gunnar ging zum Office und ich nahm den Weg nach Hause. Kehrte kurz noch bei Hannes und Vincent ein, die mir Gunnars Treue für diese Nacht und bis dato bestätigten. Lenkte meine Schritte dann letztendlich doch noch zur Bank am See und verweilte dort einen kurzen Augenblick.
Gedanken versunken starrte ich in die Ferne. Zum anderen Ufer hinüber, als mich von hinten eine Hand an der Schulter berührte. Ich erschrak und sprang auf.
Es war Henry Duvall.
„Was wollen sie?!“, fauchte ich ihn an.
Er hob die Hände und ging einige Schritte zurück. „Keine Angst. Bitte. Ich will ihnen doch nichts tun.“
„Was wollen sie dann?“
Für zwei, drei Sekunden blieb er dort stehen und sah mich einfach nur an.
„Ich habe die Sekte verlassen.“
Ich lachte fast hysterisch. „Das glaube ich ihnen nicht!“
Wieder standen wir uns einige Sekunden lauernd gegenüber.
„Wie dem auch sei. Es ist so. Glauben sie es oder nicht.“
„Und wodurch kam nun der Sinneswandel?“, ließ ich mich doch noch auf eine weitere Frage ein.
„Durch sie?“
Ich war perplex. Stand da mit offenem Mund und sah ihn entgeistert an.
Ein kurzes Lächeln umspielte seine Mundwinkel und dann stand er einfach nur wieder da und der ruhige, friedliche Blick seiner Augen nahm mich gefangen und machte mich starr. Und da sah ich bereits einen Mann vom Sicherheitsteam auf uns zukommen. Er rannte und als er bei uns angekommen war, legte er diesen Henry Duvall ein wenig unsanft die Hand auf seine Schulter und sprach ihn an.
Henry Duvall ließ sich dies gezwungener Maßen gefallen und zwinkerte mir kurz mit beiden Augen noch einmal zu. Drehte sich um und ging ohne ein weiteres Wort davon.
Ich bedanke mich fast flüchtig bei dem Mann und wollte schon gehen.
„Verzeihen sie bitte.“, sprach er mich an und ich drehte mich zu ihm herum.
„Ja. Ist noch etwas?“
Er räusperte sich und begann: „Ich wollte sie um Rat fragen.“
„Mich?“, erwiderte ich mit erstauntem Gesichtsausdruck.
„Ja. Sie kennen doch Natalja.“
Ich dachte kurz nach. „DIE Natalja, welche von meinem Ehemann ein Kind erwartet?“ Im selben Moment noch bemerkte ich, dass meine Wortwahl entgleisend verstanden werden konnte. Diese Vertraulichkeit hätte ich so nicht aussprechen dürfen.
„Ja.“, kam seine Antwort sehr schnell.
„Nun, wenn das so ist, und wir so derart intime Dinge besprechen, wäre es gut, wenn sie sich mir zunächst einmal vorstellen.“
„Oh! Verzeihen sie bitte.“ Er lächelte nun offen und verbeugte sich leicht. Bei seiner Größe sah das ziemlich drollig aus. „Nathan. Nathan Cutter.“
„Hallo Nathan.“ Ich reichte ihm die Hand und bedanke mich noch einmal kurz. „Wie kann ich ihnen behilflich sein?“
Er kratzte sich verlegen am Kinn und lächelte etwas schief. „Ich dachte sie kennen sie ganz gut und könnten bei ihr ein Wort für mich einlegen.“
Ich horchte auf. Hatte er etwa ernsthafte Absichten mit Zuckerfötzchen? Wie das?
„Was dachten sie denn, in welcher Form ich sie erwähnen sollte?“, gab ich mich unwissend.
„Ich hatte schon lange ein Auge auf sie geworfen. Aber traue mich nicht sie anzusprechen.“
Ich konnte mir ein Lachen nicht verbeißen. DAS gab es also tatsächlich auch noch!!!
Womöglich wegen Gunnar. Schoss es mir dann durch den Kopf. „Bezüglich meines Ehemannes?“, fragte ich ihn.
„Ja. Das auch.“
„Bedeutet das, sie weiß noch nichts von ihren Ansinnen?“
Nun lächelte er. „Nein. Vielleicht vermutet sie es. Ich schaue sie immer wieder an und dachte sie bemerkt mich vielleicht irgendwann.“
„Aber?“
„Aber, bis jetzt gab es leider keine Reaktion von ihrer Seite.“
„Und sie meinen ICH sollte sie ihr empfehlen?“
„Vielleicht wären sie so nett.“ Er grinste. „Und womöglich würde uns das allen beiden helfen. Ihnen wie mir.“
Ich schmunzelte ob seiner Erwägungen. „Das könnte in der Tat so sein.“
Einen kurzen Augenblick dachte ich darüber nach, fragte ihn dann doch noch einmal nach dem Kind. Er bekräftigte wiederholt, dass er wüsste, dass es Gunnars Kind sei und zudem gab er mir zu verstehen, dass es nicht von Belang für ihn sei. Wenn er nur mit IHR zusammen sein könnte.
Erneut reichte ich Nathan meine Hand zum Abschied. „Ich lasse es sie wissen, wenn es zu Natalja etwas Neues gibt.“ Ein leichtes, wohlwollendes Augen zwinkern gab ich ihm noch mit auf den Weg und machte ging nach Hause.
Ich dachte noch einmal über Nathans Worte nach und befand, dass er Recht damit hatte. Seine Ambitionen konnten uns beiden von Nutzem sein.
Gunnar würde ich selbstredend nichts davon erzählen.
Infolgedessen setze ich mich an mein Notebook und schrieb.....

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......ging dann zu einem späten Kaffee latte ins Restaurant und blieb dort sitzen bis zum Dinner. Rief Hannes noch einmal an und fragte nach Gunnars Aktivitäten. Von ihm wurde mir bestätigt, dass er tatsächlich am Arbeiten sei.
Womöglich ergab sich nun eine Gelegenheit die Sache mit Natalja anzugehen.
Jedoch langweilte mich das Warten schnell und ich ging diese Angelegenheit lieber ein wenig zügiger an.
Mit einem Lächeln winkte ich Natalja zu mir und bat sie Platz zu nehmen.
Fragend schien sie etwas erschrocken drein zu blicken. Ich beruhigte sie und nahm ihre Hand. „Vielleicht hörst du mir für ein paar Minuten zu.“
Sie schien meiner Anweisung zu folgen und wartete ab. Demzufolge begann ich mit der Unterhaltung. Und dies allegro und direkt.
„Ein junger Mann hat mich nach dir gefragt. Er traut sich nicht dich anzusprechen. Hat jedoch schon einige Zeit ein Auge auf dich.“
Ein Blick des Erstaunens traf mich und ich wusste nicht, war er nur gespielt? 
„Wer soll das sein?“
Hatte sie tatsächlich nichts bemerkt???
„Nathan Cutter.“, gab ich seinen Namen ohne weitere Umschweife Preis.
„Der Name sagt mir nichts.“, antwortete sie mir viel zu rasch.
„Er ist einer der Sicherheitsleute. Sehr groß und stark. Nach seinem Alter fragte ich ihn nicht. Jedoch schätze ich ihn so auf Mitte bis Ende dreißig. Er scheint mir durchaus ein netter Kerl zu sein.“, fügte ich noch an.
Es sah so aus, als würde sie nachdenken. Blickte versonnen vor sich hin und schüttelte dann mit dem Kopf.
„Er ist SEHR groß. Mehr als zwei Meter. Hat keine Haare und ein wirklich nettes Lächeln.“, setzte ich mit Worten der Beschreibung nach.
„Er gefällt dir also?“ sagte Natalja auf einmal überraschend zu mir. Sie lächelte dabei  fast hinterhältig, wie mir schien, was ich nicht von ihr kannte, und fixierte mich.
Was bildete sie sich denn ein??
„Nein! DU gefällst IHM. Und ICH soll DICH fragen, ob DU womöglich Interesse an ihm hättest.“, ging mir die Geduld aus. Weil sie offensichtlich nicht verstehen wollte.
„Ich kenne ihn doch nicht.“, wich sie erneut aus.
Verdammte Gans! Vaca estúpida! Will sie mich verarschen???
Dann eben anders!
Ich schnaufte. `Das bedeutet wohl, du willst niemand anderen kennen lernen und weiterhin an Gunnar festhalten. Als.....WAS eigentlich?´, wollte ich schon zornig  werden. `Als seine Hure, die sein Kind empfing? In der Hoffnung, dass er sich von mir trennt und dich zur Frau nimmt?`, hätte ich sie am aller liebsten gefragt. Jedoch konnte ich mir solches Benehmen nicht leisten und besann mich statdessen. Sah sie an, lächelte, so gut ich es vermochte und wiegte den Kopf ein wenig hin und her.
“Nun, vielleicht möchtest du ihn ja kennen lernen.”
“Wäre es nicht gut, erst mit Gunnar darüber zu reden?”, fragte sie und ich funkelte sie wütend an. Lächelte doch dann milde und verbiss mir die Zynik. “Selbstredent. Das wäre vernünftig. Tue das nur.”
Anscheinend schien sie es nicht eillig damit zu haben, einen anderen Mann kennen lernen zu wollen. Denn sie stand, ohne weitere Fragen zu stellen, umgehend auf und setzte ihre Arbeit fort.
Vielleicht will sie auch tatsächlich nur Gunnar nicht verärgern......und ich deute ihre Gestik falsch.

Etwa kurz nach halb sechs rief mich Gunnar an. Fragte wo ich sei.
„Wo bist du? Ich wollte dich zum Dinner im Haus abholen.“
„Ich bin bereits hier im Restaurant.“

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Es wurde ein geruhsamer Abend mit Gunnar.
Kein Sex.
Er selbst war jedoch des Nachts für zwei Stündchen bei Malika, bei welcher ich heute Morgen zur Massage war. Ich sprach sie daraufhin jedoch nicht an. Obwohl Gunnar dieses Mal überaus leidenschaftlich und ebenso zärtlich mit ihr gefickt hatte, wie mir berichtet wurde. Sodann sei sie mit einem zufriedenen Lächeln in seinen Armen eingeschlafen und Gunnar wäre umgehend zu mir zurückgekehrt.
Und wie stets hatte ich nichts davon bemerkt........

Beginnt jetzt alles wieder von neuem? Teilt er jetzt wieder ständig mit einer seiner Konkubinen das Bett? Oder bleibt es die Ausnahme, wie er mir versprach.
Jedoch versprochen wurde bereits einiges, ohne, dass er es hielt.

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Gunnar ist nichts desto trotzt zärtlich und liebevoll wie immer mit mir.
Es gibt keinen Unterschied in seinem Verhalten zu mir. Ob er nun bei einer anderen Frau gewesen war oder nicht. Er ist stets voller Liebe und umsorgt mich hingebungsvoll.

Zudem MUSS ich offensichtlich verstehen, dass Malika seiner Zuneigung zuweilen ebenso bedarf wie ich. Von Zuckerfötzchen, Lara und manch anderer Fotze ganz und gar zu schweigen.

Überdies sollte ich trotz aller Zurückhaltung Nataljas mit Nathan Cutter sprechen und ihn ermutigen zu ihr zu gehen.
Jetzt! Oder gleich nach dem Lunch. Und ich hoffe im Restaurant, oder auf dem Weg dorthin, nicht wieder Henry Duvall zu begegnen. Selbst Gunnars Gesichtszüge während unseres gemeinsamen Frühstücks zeigten Abscheu gegen ihn.