Die Kinder ließ ich bei
der Nanny und richtet meine Schritte dem Verwaltungsgebäude zu. Was für mich
eine willkommene Auszeit von den Kindern war. Wie das allerdings bei Erik
werden sollte, war mir schleierhaft. Aber okay.
Ich begrüßte Kevin im Büro
(!) mit einem Kuss auf den Mund.
„Oho! Vielleicht sollte
Derek öfters abwesend sein.“ Er schmunzelte und am liebsten hätte ich meine Arme
um seinen Hals geschlungen, wie früher und mich auf seinen Schoss gesetzt.
Das Briefing hatte ich für
zwei Uhr angesetzt. Und dann noch rasch die Bestellungen tätigen. Zum Abschluss
noch Rechnungen buchen. Den Lunch nahm ich mit Kevin ein, der glücklich darüber
war.
„Stell dir vor, ich würde
Derek feuern, oder er würde wieder im Sicherheitsteam arbeiten und wir wären
die beiden Chefs des Unternehmens. Deine Lebensgefährtin würde mit schleunigst
wieder nach Hause gehen. Weil sie Angst um dich hätte.“ Ich grinste ihn an und
lachte.
„Stell dir vor, du würdest
dich scheiden lassen und wir beide wären die Chefs dieses Unternehmens. Was
spielt Derek dann noch für eine Rolle?“
„Hmmm.“ Ich presste die
Lippen fest zusammen, greuselte die Stirn und wiegte den Kopf hin und her.
„Womöglich solltest du deine Ziele nicht ganz so hoch stecken. Wäre die Phase
des abermals aufeinander Zugehens nicht toll. So kann sich alles aufs Neue
entwickeln und wer weiß wohin.“, versuchte ich ihm so diplomatisch wie möglich,
mit der integrierten Eventualität auf MEHR, die alles offen lässt,
auszuweichen. Ihn jedoch auch auf eine andere Art und Weise zu binden, aber in gleichzeitig in gewissen
Grenzen zu verweisen. In Hinblick auf schon Baldiges zu desillusionieren.
„Flirten wir nicht gern miteinander?“, fragte ich und zwinkerte ihm
verschwörerisch zu.
Kevin pustete die Luft aus
sich heraus. „Ein wenig mehr Intimität wäre mir manchmal lieber und vor allem,
dass du die Finger von Derek lässt.“ Nun
sah er mich verschmitzt lächelnd an und schien auf (m)eine Antwort zu warten.
„Deiner Lebensgefährtin
wird das nicht gefallen.“
„Ich liebe sie nicht. Das
weißt du doch. Und ich frage mich gerade, ob du Derek tatsächlich so gern hast,
wie es manchmal den Anschein hat. Oder ist es womöglich, wie du vielleicht ins
Geheim bereits selbst vermutest, wegen des Standes, Geldes und der Macht von
seiner Seite aus.“
„Nun, genau das Gleiche
hätte ich von dir denken können. Meinst du nicht? Zudem erniedrigen sich solche
Leute offensichtlich selbst. Dereks Mutter und sein Vater gleichermaßen, raten
ihm zu einer Frau, die, man höre und staune, zu ihm passt. Ja nun. WAS, in der
Götter Namen, bedeutet das jetzt? Und vor allem, weshalb schellt man mich dann rassistisch?“ Ich konnte das Lachen
nicht verbergen. Oft hatte ich mit Kevin dergleichen Spiele gespielt. Und es
ist mir eine Freude, mich ihm gegenüber in meiner Muttersprache auszudrücken zu
dürfen.
Er grinste. Natürlich
grinste er! Aber dann wurde er ein wenig ernster und ergriff unerwarteter Weise
für Derek Partei. „Derek selbst ist keineswegs rassistisch. Ob er sich
allerdings erniedrigen lässt, sei
dahin gestellt. Schließlich sind es seine Eltern, die ihm zu einer anderen Frau
raten.“
„Ja. In der Tat. Es wird
sich zeigen, wie er die Hürden auf beiden Seiten meistert. Und ob er mir nicht
grundsätzlich abschwört, nachdem ich ihn degradiere.“
Kevin räusperte sich und
fuhr sich mit der Hand übers Kinn. „Ist es nicht ein bisschen gewagt, ihn ohne
ersichtlichen Grund des Amtes zu entheben?“
„Er bekommt doch
ausschließlich einen anderen Job, der sich von dem Vorherigem kaum
unterscheide. Würde ich ihn entlassen oder zurück ins Sicherheitsteam
be-fördern, hätte er sicherlich allen Grund zu monieren. Aber so? Sollte er
womöglich zufrieden sein mit dem was er hat. Er scheint ohnehin dem Rat seiner
Eltern zu folgen: Lieber den Spatz in der Hand zu haben, als die Taube auf dem
Dach.“
Kevin grinste und zog die
Brauen hoch.
„Ja. Ja. Ich weiß. Wir
sollten uns nicht auf Kosten Dereks lustig machen.“
„Nein. Sollten wir nicht.“
Seine Mimik allerdings verriet mir etwas anderes, als DAS, was er sagte.
Womöglich war er ganz glücklich darüber, einmal so richtig (mit mir) über Derek
zu lästern. Da unterscheiden sich Männer und Frauen kaum.
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Ich selbst war ebenso
gerade erst im Haus angekommen, als Gunnar gegen sechs Uhr abends zurück ins
Zentrum kam. Was bedeutete, dass er kein ausgedehntes Rendezvous mit Alexa
hatte. Was ich als außerordentlich angenehm empfand. Aber auch verwunderlich.
„Gefickt?“, fragte ich, wie so oft, recht kess,
nach einem etwaigen Date.
Gunnar lachte. „Ja. Ein
bisschen. Aber nur ganz kurz. Für mehr blieb keine Zeit.“
„Du Armer!“, bedauerte ich,
seine Wange streichelnd, meinen Mann. „Und jetzt willst du mit mir zu Erik
fahren, wo dich erneut eine Diät erwartet?“
Gunnar lachte nun gerade
heraus. „Was ist heute los mit dir? So gut gelaunt, brillant und Messer
scharf?“
„Ich hatte Übung. Nahm den
Lunch mit Kevin ein.“
„Und? Geflirtet?“, kam die
Revanche.
„Ja. Und wie!“ Ich warf
meine Arme um seinen Hals und küsste ihn.
Er küsste zurück und
mahnte zur Eile. „Ich hoffe, du hast deine Tasche für ein paar Tage gepackt.
Wir bleiben eine Weile. Und nicht so viel Schminke.“ Gunnar zwinkerte mir zu.
„Das animiert nur die Männer, dir Komplimente zu machen.“
„Aber natürlich doch. Du
musst ja auch so wahnsinnig eifersüchtig auf Viggo und Joseph sein.“
„Warum denn nicht?“
„Idiot.“
.....und im nächsten
Augenblick öffnete sich die Tür und die beiden Kleinen rannten auf ihren Daddy
zu.
„Margherita, sie sind spät
dran. Sind die Taschen gepackt?“, fragte Gunnar die Nanny, die nickte. „Sie
wissen, dass sie uns für einige Tag zu meinem Onkel begleiten?“
„Ja.“ Allerdings stand in
ihrem Gesicht nicht wirkliche Freude geschrieben. Eher Bekommenheit vor DEM,
was da kam. Noch nicht viele Leute außerhalb der Familie, waren bei Erik im
Zauberwald. Und man erzählte sich da so einiges. (Was natürlich nicht stimmt.)
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Am Abend schneite noch
eine Überraschung ins Haus. Adam kam in etwa eine halbe Stunde nach uns an. Ich
begrüßte ihn fast euphorisch.
„Und Diane?“
Er zog die Brauen hoch.
„Sie ist zu Hause geblieben. Hat keine Zeit.“
Umso besser. Dachte ich.
Und küsste ihn gleich noch einmal.
Wir hatten uns alle in der
Tat viel zu erzählen. Vor allem die Männer unter sich. Aber auch Mary und ich. Es
ist so angenehm, sie um mich zu haben.
Inula Castanes und Óðinn Asger waren das erste Mal im Zauberwald und dementsprechend
nicht zu bändigen. Auch sie wurden von Margherita verhältnismäßig
spät zu Bett gebracht. Die magischen Zwillinge spürten die besondere Energie
des Ortes. Gleichwohl am Morgen hatte die Nanny alle Hände voll zu tun. ICH entziehe
mich hier nun wieder ein wenig und lebe mein eigenes Leben. Was nicht bedeuten
mag, dass ich mich zur Gänze von den Kindern entferne. Nein. Ich bleibe, nach
wie vor, ihre Tante Rea.
Gunnar ließ
mich schlafen. War selbst allerdings beizeiten wach und mit den
Männern......draußen. Die Kinder waren auch dabei. Sie wurden von den Männern
gehätschelt, während Margherita endlich die Gelegenheit hatte, einen Augenblick
für sich allein zu sein.
Viggo
betätigten sich nach wie vor als Charmeur. Heute Morgen hatte die Tür zu
unseren Zimmer offen gestanden, während ich meine Kleidung überwarf. Er stand
schmunzelt im Gang und sah unverholen herein. Gunnar hatte ihn gesehen
und.....angesprochen.
„Übertreib’ es
mal nicht.“, hatte er zu Viggo gesagt.
„Welcher Mann
sieht bei so viel Schönheit weg?“, fragte Viggo zurück.
Die beiden
suchten den Körperkontakt. Wie es Männer gelegentlich so miteinander tun, wenn
sie rivalisieren. Schubsten sich ein wenig. Aber lachten dabei.
Gern würde ich
ein wenig spazieren gehen. Allerdings tun mir seit gestern die Füße so entsetzlich
weh, dass ich kaum auftreten mag. Neurophatien. Womöglich hat es auch ein wenig an dem neuen
Sommer-Schuhwerk gelegen, in denen ich jetzt fast ein Jahr lang nicht gelaufen
bin.
Meine Füße
sind so derart empfindlich geworden und schmerzen oft. Sodass es keine Freude
macht zu Gehen.