Gunnar und
ich trennten uns am gestrigen Morgen ohne ein gemeinsames Frühstück. Gleich
nach dem Aufstehen, ging, bew. fuhr jeder in sein Büro. Da im Augenblick nichts
Wichtiges weiter zu tun war, erledigte ich meinen Post.
Als ich
gerade damit in den letzten Zügen lag, kam Derek herein. Kevin war schon längst
da gewesen und wir hatten uns recht zugetan (mit einem Kuss) begrüßt.
Vielleicht war es sogar besser, dass es Derek nicht sah. Es hätte ihn womöglich
irritiert
(grins).
Aber Spaß
beiseite.
„Wir
sollten reden?“, sagte ich zu Derek, nachdem er mich so la, la ebenfalls mit
einem Kuss auf den Mund begrüßt hatte. „Meinst du nicht?“
Er nickte
schweigend und mit einem kurzen Blick war er zu Kevin hinüber geschweift.
„Gehen wir
ins Restaurant.“, sagte ich zu ihm. Was genau genommen kein Bitte, sondern ein
Aufforderung war, die keinen Widerspruch duldete.
Kevin sah
uns hinterher und grinste.
„Weißt du,
mein Vater......es tut mir so leid.“ Derek schnaufte nach seiner eingehenden
Entschuldigung. „Im Augenblick habe ich alle Hände voll zu tun, die beiden
auseinander zu halten. Sonst gibt es Streit.“, suchte er sich in Erklärungen zu
winden. „Ich dachte, mit der Reise wäre alles geklärt und mein Vater hatte mir
versprochen nach dieser von hier fort zu fliegen. Allerdings gefällt es ihm
hier. Nun wird er vermutlich auch noch Naoko hier her nachholen. Samt meiner
Geschwister.“
Ich
räusperte mich und legte die Stirn in Falten. Blieb jedoch still, sah ihn an
und hörte ihm weiterhin aufmerksam zu (bevor ich Fragen stellte).
„Keine
Angst. Ich mach’ das schon.“, sagte er rasch. Da er meine bedenkliche Miene
bemerkte. Und genau genommen wollte ich nichts von seiner Familie hören. Sondern
doch eher, wie es um uns beide stand. Liebte er mich noch? Oder hatten seine
Eltern gesiegt? Oder stand er tatsächlich nur unter enormen Druck?
Ich ließ
ihn noch eine Weile lang von der anderen Seite seiner Familie
erzählen. Dann griff ich nach seiner Hand und wechselte abrupt das Thema.
„Können wir diese Woche womöglich ein wenig Zeit und eine Nacht zusammen
verbringen? Oder geht das nicht?“, fragte ich ihn. Alldieweil mir Gunnar
bereits angekündigt hatte, dass er wenigstens eine Nacht mit Alexa zusammen
sein wollte (?), und womöglich eine andere mit seinem Halbbruder Taylor dessen
Geburtstag nachzufeiern es galt.
Derek
schien bestürzt. „Wie kannst du das nur fragen? Aber natürlich geht das, mein
Herz.“
„So
natürlich ist das nicht. Angesichts deiner Familie und deren Einfluss auf
dich.“ Blieb ich recht kühl/unberührt und kam damit zum Kern unseres Problems.
„Manchmal denke ich, deine Liebe zu mir ist am erkalten.“, konfrontierte ich
ihn knall hart mit meinen Gedanken.
Meine
Worte schienen ihn zu schockieren. Seine Augenlieder zuckten. Die Pupillen
huschten hin und her und es brauchte eine Weile, bevor er mir antworten konnte.
„Rea, WIE
kannst DU DAS nur denken?“
„Wie
nicht?“, fiel ich ihm ins Wort.
Er
schluckte. Gestikulierte mit den Armen. „Es tut mir leid, wenn du das denkst.
Aber das ist nicht so.“
„Wie
dann?“
„Ich habe
nur derzeit viel um die Ohren.“, erklärte er sich weiter, ohne explizit auf
meine Frage einzugehen. Aber dann doch: „Versteh’ doch bitte. Es ist schwer,
mich dem Willen meiner Eltern zu widersetzen und dabei noch ohne Streitereien
auszukommen. Denn DAS will ich nicht. Ich bin froh, dass meine Mutter bei mir
ist und ich ihr helfen kann. Bei meinem Vater liegt die Sache ein wenig anders.
Aber beide sind der Meinung, dass ich mit einer verheirateten Frau keine
ernsthafte Liaison, oder Bindung haben, oder mich ganz und gar in sie verlieben
sollte. Nur läuft das meinen Gefühlen zu wider. Meine Eltern, speziell meine
Mutter, will ich jedoch auch nicht verletzen. Rea, versteh’ doch. Ich weiß
NICHT, was ich machen soll.“
Oh! Oh!
Die Sachlage schien ernst. Derek war in einem Zwiespalt geraten. Saß zwischen
zwei Stühlen. Oder besser....Drein. Allerdings vermochte ICH ihm in diesem Fall
gleichwohl NICHT zu helfen. Trotz alledem fragte ich: „Kann ich irgendetwas für
dich tun?“
Derek
schnaufte. „Um Verständnis bitte ich dich. Wenn nicht alles so läuft, wie wir,
oder du es dir vorstellst.........im Moment. Was wirklich NICHT bedeutet, dass
meine Liebe zu dir erkaltet wäre.
NEIN!!!! DAS ist sie NICHT! Glaube mir bitte! Ich weiß nur nicht, wie ich im
Augenblick die ganze Situation handeln soll.“
„Das
heißt, du bist.....überfordert.“ Ich musste grinsen. Und Derek nun ebenfalls......ein
wenig......erleichtert. Allerdings übte er sich noch in Zurückhaltung mit einem
all ZU sichtbarem Zukunftsoptimismus und einem offenen Lachen aus vollem Herzen.
„Ja.
Offensichtlich hast du die Lage völlig richtig eingeschätzt.“ Ich empfand es
als so überaus angenehm, ihn endlich, in meiner Gegenwart, wieder lachen zu
sehen.
Ich war
(nicht nur in diesem Augenblick) gern mit ihm zusammen. Fühlte mich seit je her
wohl mit ihm zusammen und wäre am aller liebsten, gleichwohl seinem Vater, mit
ihm für einige Tage verreist. Abstand gewinnen, von all den Sorgen und
Widrigkeiten, die uns im Wege standen.
Mein Blick
muss so sehnsüchtig gewesen sein und so liebevoll, dass Derek ebenso voller
Liebe aus seinem Herzen sprach. „ Rea, wenn DU nur willst, schaffen wir das.
Fall’ mir bitte nicht in den Rücken. Steh’ zu mir. Ich könnte Hilfe gebrauchen.
Tust du das für mich?“ Derek hielt nach wie vor meine Hand und drückte sie.
Ich sah
tief in seine Augen und schüttelte leicht mit dem Kopf. „Und WIE soll ich das
tun?“
„Sei mir
einfach nicht böse, wenn ich gelegentlich missgelaunt bin und ich nicht immer
sofort Zeit für dich habe, wenn es gerade bei dir passt. Dazu muss ich meinen
Eltern, speziell meinem Vater, noch trotzen.“ Eine kurze Pause entstand. Derek
senkte seinen Kopf und hob ihn wieder. „Hier wäre“, nun sah er mich
durchdringend, mit großen Augen an,
„hier IST DEIN liebevoller Beistand gefragt. Auch du musst unbeirrt
bleiben und mir vor allem vertrauen. Verstehst du das? Ich liebe dich Rea! Ich
liebe dich wirklich. Daran hat sich NICHTS geändert.“ (Diese Worte kannte ich
doch vom Tag zuvor und von mir, ihm gegenüber ausgesprochen, im Büro.)
Uff!
Dachte ich so. „Okay.“, sagte ich. „Dann werde ich das tun, so gut ich es vermag.“
Derek
setzte nun ein doch eher zufriedenes Lächeln auf.
„Weißt du
was?“, fragte er nach einer Weile. „Auch ich dachte schon, dass es aus ist mit
uns beiden.“
„Weil du
in Gedanken bereits ganz woanders warst“, führte ich seinen (eventuellen!)
Gedanken weiter.
Derek zog
die Brauen hoch. „Wo denn?“
„Giselle,
Rice Golding, Padine Gander, oder wie sie alle heißen, die deine Mutter für
dich auserkoren hat.“
„Hey! Hey.
Nein.“, widersprach er mir und wurde ernster. „Nein. Soweit dachte ich
tatsächlich noch nicht.“
„Ach
komm’. Sei still. Oder gib es zu.“
Er
schnaufte. „Meinetwegen. So ein paar irrige Gedanken hatte ich tatsächlich nach
einem Gespräch mit meiner Mutter. Es tut mir leid.“
„Ja. Eben.
Der Einfluss der Eltern auf dich ist in der Tat immens.“
„Ja. Das
kann schon sein?“ Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse und bat noch einmal
um Verzeihung.
„Wie wollen wir das ändern?“, fragte er nach
einer Weile der Stille.
Ich zuckte
mit den Schultern. Aber Derek schien die Antwort bereits zu kennen.
„Indem wir
öfters zusammen sind. Uns nicht beirren lassen.....und damit demonstrieren,
dass es uns ernst mit unserer Liebe ist.“
„Gute
Idee!“ Ich schmunzelte.....und setzte ein zufriedene Lächeln auf.
Geht doch!
Dachte ich so........
--------------------------
„Na?
Wieder versöhnt?“, fragte Kevin, als ich mit Derek zurück ins Büro kam.
Wir beide
nickten gleichzeitig und grinsten. Kevin räusperte sich. ER hätte es womöglich
sogar lieber gesehen, wenn ich mich ihm, anstatt Derek zugewandt hätte.
Ich
blieb bis vier im Büro, wo, unter anderem, noch einmal die Flüchtlings - Angelegenheit
erörtert wurde, welche wir, dank unserer Anwälte, zu unseren Gunsten
entschieden hatten, und ging dann gemächlich zurück zu meinem Haus.
Selbstredend begegneten mir viele Leute. Aber ist es nicht so, dass man nur DIE
sieht, wahrnimmt, welche man sehen möchte? Wie beispielsweise Jason Anekelea.
Troels oder auch diesen hünenhaften Neuen. Wie hieß er doch gleich? Clive Gråbøl. Sogar dieser russische Jude, Sasha
Fliess, begegnete mir. Er ist, mit seinen 1,93, nicht weniger hünenhaft und
kaum zu übersehen. Ja nun, wie gefällt er mir? Wird sich jetzt manche
fragen. Hier kommt ein klares JEIN. (JEIN’s sind nicht
klar. Ich weiß. Genau das meinte ich ja!) Einerseits spricht er mich durch
seine Größe und seinen muskulösen Körperbau an. Hässlich ist er ebenso nicht.
Aber andererseits........(gehen mir hier etwa die Argumente aus??? DAS ist
bedenklich!) Aber genug davon.
Ich blieb allein
bis zum Abend. Wartete auf Gunnar. Er kam jedoch nicht und rief ebenso wenig
an. Was nun nichts Ungewöhnliches war.
Als mein iPhon
läutete, war ich erstaunt, dass es Derek anstatt Gunnar war.
Unter einem
geschäftlich, fadenscheinigen Grund rief er an und kam allerdings nach zwei,
drei Sätzen sogleich zur (eigentlichen) Sache.
„Ist Gunnar bei
dir?“
„Nein.“
„Nein?“
„Wieso fragst du
denn?“
„Weil ich seinen
Wagen sah.“
„Wo denn und
wann?“, fragte ich ihn.
„Als ich so gegen
halb sechs das Bürogebäude verließ, stand sein Wagen ein wenig abseits, gleich
dahinter.“
Ich tat einen
tiefen Atemzug und räusperte mich hörbar. Derek schien meine Antwort jedoch
abzuwarten. „Dann weiß ich wo er ist und vor allem WAS er tut.“ Und ich vermute
Derek rief just genau aus diesem Grunde an, um mich darauf hinzuweisen.
Wir redeten noch
eine Weile. Schmiedeten Pläne und er fragte, warum Gunnar so oft hier im
Zentrum war.
„Wegen seiner
Kinder, sicherlich.“
„Ah. Ja.
Natürlich stimmt. Da hast du selbstverständlich Recht.“
Ich wartete, und
wartete. Die Zeit wurde mir lang. Denn Gunnar erschien erst gegen halb zehn. Anrufen
(und stören), wollte ich ihn nicht. Er kam zur Tür herein, entschuldigte sich, der
Verspätung wegen, und wollte mich küssen. Ich verweigerte es ihm. (Was weiß ICH
denn, WEN seine Lippen gerade vorher berührt hatten?!)
Gunnar stutze und
schien in meinem Kopf zu forschen.
„Ah. Du weißt es
also schon. WER hat es dir erzählt?“ er lächelte mich an. „WER hat mich
verraten?“
„Dein parkender
Wagen. Derek hat ihn beim Verlassen des Gebäudes gesehen.“
„War ja klar,
dass er mich verrät. Er ist ja auch ein so unbescholtener Netter, der kein
Wässerchen trüben kann. Und Berechnung unterstelle ich ihm hier selbstverständlich
nicht.“ Gunnar zwinkerte mir zu und ich wusste, was er dachte und auch, dass es
Derek gegenüber nicht böse gemeint war. Denn es war genau DAS, was ich selbst
bereits vermutet hatte. (Zwei Männer, die konkurrieren.) Dass der Eine doch, so
ein kleinwenig, auf den anderen eifersüchtig war.
Gunnar sah, was
ich dachte und nickte mir zu. „Genau.“
„Ihr Männer
müsste immer nur konkurrieren.“, bemerkte ich noch, bevor ich dazu überging,
(wieder einmal!) die Eifersüchtige zu mimen. Aber ich mimte nicht nur. Ich
fühlte mich in der Tat nicht gut bei dem Gedanken, dass mein Ehemann von wer
weiß wem kam.
Wir diskutierten
trotz alledem (erneut) eine Weile darüber und ich erfuhr, WER die drei Frauen
waren, mit denen er die letzten (drei?) Stunden zusammen war. Lara, Ailin Zai,
die kindliche Chinesin und die junge, Schokoladen braune Waris. (Das selbe
Trio, mit welchem ich ihm das letzte Mal schon sah.)
„Rea, du kennst
mich doch nun nicht erst seit heute. Du weißt um meine Leidenschaften und
Begierden. Aber auch, dass ich mir große Mühe gebe, sie zu überwinden. Oder sie
zumindest einzuschränken.“ Gunnar buhlte und buhlte und am Ende hatte er mich
wieder einmal überzeugt, nicht weiter böse mit ihm zu sein und die ganze Sache
so rasch wie möglich zu vergessen. Ein schales Gefühl, blieb allemal.
Vor dem Ende
unserer Debatte, hatte Gunnar mich gefragt, WIE OFT wir das noch durch kauen
müssten. Ich wüsste doch Bescheid und auch, dass es unsere Beziehung, unsere
Ehe nicht im Geringsten tangiere. Und schon gar nicht seine Gefühle zu mir. Die
blieben doch die Gleichen. Es wäre doch NUR SEX!
Mir war durchaus
bewusst, was er da sagte und auch, dass er Recht damit hatte. Nur war es jedes
Mal, wenn ich von derlei hörte, wie ein Stick in mein Herz. (Derek oder nicht.)
Was mich darin bestätigte, dass ich Derek mitnichten aufgeben darf (und werde!).
Was das Kämpfen (um ihn) allerdings betrifft, bin ich mir nicht so sicher. Ich
tut, was ich kann, damit er mir nach wie vor treu und loyal verbunden ist.
Nicht mehr und nicht weniger. Und ich denke, es wird mir gelingen. Einen
Besseren wie Derek, werde ich, aller Wahrscheinlichkeit nach, ohnehin nicht
mehr finden. Er ist in der Tat ein herzensguter Mensch.
Da wir nicht
wirklich gestritten, sondern uns ausschließlich unterhalten hatten, gingen wir
beide, so gegen halb zwölf, mit einem Gefühl der innigen Liebe zueinander zu
Bett.
------------------------------
Da Gunnar
seinen Kindern am gestrigen Abend dem Sex mit drei Frauen vorgezogen hatte,
ging er am heutigen, frühen Morgen, sogleich nachdem
Aufstehen, zu Marie hinüber, noch bevor er sich in seinen Wagen setzte und
wieder davon fuhr nach Stockholm.
Mir ganz
persönlich war es der Morgen zu früh, um aufzustehen. Ich blieb
noch eine Weile liegen und schlief noch einmal ein. Mein iPhone weckte mich. Es
war Derek.
„Wo
bleibst du denn. Es ist bereits halb zehn.“
„Oh Gott!
Ich habe wohl verschlafen.“, erschrak ich mich. „Gibt es etwas Wichtiges, was
meine Anwesenheit erfordert?“
Ich hörte
Derek lachen. „Kevin vielleicht. Er hat schon das X-te Mal nach dir gefragt.
Und am liebsten wäre er wohl, anstatt meiner, losgegangen, um nach dir zu
sehen.“
So kurz
nach dem Erwachen vermochte ich nur mühsam seinen Worten zu folgen. Daher
dauerte es einige Sekunden bevor ich begriff, dass Derek vor meiner Haustür
stand.
Er
klopfte.
„Komm
herein.“
Und NEIN,
wir schliefen NICHT miteinander. Wir frühstückten nur und unterhielten uns.
„Weißt du
was?“, sagte ich dann zu ihm. „Wenn heute nichts weiter Wichtiges anliegt,
nehme ich mir frei.“ Ich zwinkerte ihm zu und lächelte. „Als Chefin darf ich
das.“