Die Magie
dieses Ortes und der Menschen hier, färbt auch auf mich ein wenig ab.
Es ist
angenehm, mit diesen ausgeglichenen Zauberern und alten Seelen, wie Mary,
Rodney, Adam und Erik, zusammen zu sein.
„Denkst du
an Camille?“, fragte Mary grinsend.
Ich
lächelte zurück. „Ja. Manchmal.“
„Wenn du wieder
in New Orleans bist, wirst du sie besuchen.“
„Ich denke
daran.“
„Ich sehe
eine Schlange in dir aufsteigen.“, sagte sie dann plötzlich zu mir. „Sie ist
derzeit überaus präsent und dein zweites Gesicht. Die Bärenschwester steht ein
wenig hinten an. Aber das ist nicht schlimm. Über dir sehe ich auch noch eine
Eule. Sie wacht über dich.“
„Oh! Dann
habe ich offenbar DREI Tierhelfer, die mir zur Seite stehen.“
„Nicht
nur. Hast du es schon vergessen, was da noch ist? Ich glaube, ich sagte es dir
schon. Oder war es Sara gewesen?“
Ich legte
die Stirn in Falten und sah Mary mit großen Augen an. „Was meinst du denn?“,
fragte ich sacht.
Sie lachte
sanft. „Tief in die drinnen schlummert noch eine alte Weise. Großmutter
Schildkröte, „keha“ genannt. Und ich kenne eine alte Frau, bei uns in den Black
Hills, die würde dich gerne einmal treffen. Wenn du uns das nächste Mal
besuchst, möchte sie dich sehen.
„Ist sie
wie Sarah Black Moonfeather? Oder vielleicht wie ihre Schwester Grandma Kathy?
„Ja. So
ähnlich.“
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Die Kinder
sind beinahe zur Normalität geworden. Geradeso, als gehörten sie zu Gunnar und
mir. Was von Gunnars Seite gleichwohl so sein mag, als Vater der beiden. Nur
ich hatte bisher damit meine Schwierigkeiten. Wer hätte es gedacht, dass ich
mich doch verhältnismäßig rasch (wenn ich denn muss) an den Umgang mit den
Zwillingen gewöhne? Nun, alles in allem ist es für mich wichtig, dass eine
Nanny bei uns ist. So ganz allein, bewältige ich das selbstverständlich nicht.
Und Alexa hatte und werde ich die beiden nur ungern überlassen. Obgleich sie die
Kinder anscheinend mag. Was man von mir, im Allgemeinen, was Kinder betrifft,
nicht unbedingt sagen kann. Allerdings hat sich mein Verhältnis zu Inula
Castanes und Óðinn
Asger doch ungemein geändert. Insbesondere in den letzten Tagen. Auch
mich scheinen sie zu mögen.
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Heute
haben wir die „Neumondin“. Für mich die Zeit der Menses und extrem belastend. Für
Gunnar sicherlich noch mehr. Insbesondere hier, wo ihm keine andere Frau zur
Verfügung steht. Ein Wunder, dass er das so schafft. Was allerdings an dem Ort
und dem immer wieder positiven Einfluss von Erik liegen mag.
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Kevin rief
mich an. Ein Mann hätte sich bei ihm
vorgestellt und suche einen Job.
„Er
scheint sehr gebildet, sprachgewandt und selbstbewusst zu sein und seine
Ausstrahlung ähnelt ein wenig der Deinen.“
„Was bedeutet
das denn bitteschön?“, sagte ich zu Kevin. Was natürlich sarkastisch gemeint
war.
„Er kommt
ein wenig majestätisch rüber. Mit seiner aufrechten Haltung, seinem erhobenen
Kopf und seiner direkten Art. Gerade so, als wäre er es gewohnt, Chef zu sein.“
„Wie sieht
er denn aus?“, fragte ich.
„DAS war
ja klar, dass du das fragst.“
„Jetzt
verstehe das doch bitte nicht falsch. Ich meine ja nur.“, entschuldigte ich
mich bei Kevin.
„Er ist
groß und scheint recht muskulös zu sein. Was ich unter seinem Anzug nicht gut
sehen konnte.“ Man merkte Kevin an, dass er mir diesen Mann nur ungern
beschrieb. „Dunkle, kurze Haare und ein längliches Gesicht. Seine Augen habe
ich mir jetzt nicht so genau angesehen.“, erwiderte er doch recht abeneigt.
„Qualifikationen?“,
fragte ich sogleich, um Kevin ein wenig von seinen eifersüchtigen Gedanken
abzulenken.
„Er hat
eine Bewerbung hinterlassen. Sagte, dass er in den nächsten Tagen wieder kommt
und hofft DICH zu sehen.“
„Wie
bitte? Mich? Ist es ihm nicht genug, wenn er mit dir über eine Einstellung
spricht?“
„Anscheinend
nicht. Er ist schon irgendwie seltsam außergewöhnlich und bestimmend obendrein.
Legt den Termin, wann er wieder kommt, selbst fest und wünscht dazu noch die
Chefin zu sehen. Das fand ich alles doch recht anmaßend. Ich meine, WAS, um
Himmels Willen, bildet der Kerl sich eigentlich ein?“ Oho! Kevin erboste sich.
Das verhieß nichts Gutes.
„Ja. Das
finde ich auch.“, stimmte ich ihm schnell zu. „Aber andererseits macht es ihn
interessant. Und ich glaube er weiß das auch.“
„Genau DAS
scheint der Sinn dahinter zu sein. Vielleicht will er das ja. Schon mal daran
gedacht?“
„Ja. Gut
möglich. Nur von DEM, was du mir bisher von ihm berichtetest, hat er bereits bei
mir sein Ziel erreicht. WIE finden wir das?“
Ich hörte,
wie Kevin sich räusperte. „Zielstrebig, in jedem Fall und arrogant?“
„Vielleicht?
Aber, welchen Grund hat er, sich auf diese Art und Weise Vorzustellen und anzubieten?
Ist es tatsächlich nur der Wunsch nach einem Job?“
„Wieso
fragst du? Denkst du vielleicht noch an etwas anderes?“
„Ich kann
es nicht sagen. Nur als du von ihm sprachst, beschlich mich so ein merkwürdiges
Gefühl. Darauf sollte ich hören, denke ich. Ich werde ihn mir selbst ansehen.“
„Okay.
Dann bekommt er ja was er möchte. Denn er wollte dich unbedingt persönlich
kennen lernen.“
„Seine
Wünsche sind vorerst irrelevant. Ich muss ihm in die Augen sehen. DAS ist für
mich das Wichtigste. Als WAS erwartet er denn eingestellt zu werden?“
„Im Büro
selbstverständlich. Es war, als hätte er gewusst, dass wir, so ganz ins Geheim,
nach einem passenden Mitarbeiter suchen.“
Ich dachte
kurz nach. „Gedenkt er etwa Imaras Stelle einzunehmen?“
„Womöglich
schon. Wir hatten doch ohnehin Magnus Karlsson erwogen. Aber woher WUSSTE er
davon? Und Magnus hat sich bisher noch nicht bei dir gemeldet?“
„Nein.
Aber ich habe da so eine Idee, mit diesem Mann. Er wird mich treffen.“
„Und dann?“,
fragte Kevin.
„Vielleicht
sollte ich dabei nicht gänzlich alleine sein. Wir haben doch im Augenblick
magischen Freund zu Besuch, welche mir in diesem Fall sicherlich zur Seite
stehen können mit einer Beurteilung.“ Ich musste grinsen und Kevin hörte ich
lachen.
„Ahhh! Du
meinst deinen indianischen Besuch?“
„Ja. Und
Erik vielleicht noch dazu. Er wird ein Team vorfinden, welches ihm auf den Zahn
fühlen wird. Oder besser gesagt, ihm in die Seele sieht.“
„Das ist
gut. Das ist sehr gut. Ich freue mich drauf und bin schon gespannt. Werden sie
dir auch tatsächlich helfen?“
„Ja. Ich denke
schon. Adam ganz bestimmt. Mary und Rodney sicherlich ebenso. Ob Erik die Zeit
aufbringt, vermag ich nicht zu sagen. Aber Gunnar ist Erik in magischen Belangen
doch beinahe ebenbürtig. ER wird auf jeden Fall bei mir sein.“
„Vielleicht
sollten wir ihm nicht wirklich so viel Aufmerksamkeit schenken und diese Ehre
SO offensichtlich erweisen?“
„Ja. Da
hast du allerdings Recht. Er könnte denken, dass wir in ihm etwas Besonders
sehen, genau SO, wie er es wünscht. Aber womöglich durchschaut er uns so wie
so.“
„Wir
werden sehen. Rede doch gleich mit Erik und den anderen darüber. Wenn du schon
einmal bei ihnen bist.“
„Okay.
Werde ich tun.“
Am Ende
sagten sie allesamt zu und wir schmiedeten einen Plan.
Alle
anderen gleichermaßen schienen von dieser Energie erfasst. Aber von WELCHER?
War es DIE zu ergründen, wer dieser mysteriöse Mann war? Oder war es eine Andere,
welche er aussandte (um interessant zu erscheinen? Womöglich war er das auch.
So zumindest mein Gefühl.)? Da war etwas! Und das spürten wir alle.
„Es
geschieht nichts zufällig.“, sage Rodnay und zwinkerte zu mir hin.
Sie
schienen in der Tat allesamt daran interessiert zu sein mir beizustehen UND
gleichermaßen für mich in diesen Mann hinein zu sehen. Was ICH gewiss ebenso
vermochte. Aber unser aller Diagnose war besser als nur die Meine.
Womöglich
war es auch nur ein Spiel für sie. Was nun durchaus NICHT abwertend zu sehen
ist. Denn solchen Menschen sind es nicht. Sie denken stets nur das Beste.
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Gunnar
sehe ich kaum. Er ist die ganze Zeit mit den anderen Männern beschäftigt. Es
scheint ihm zu gefallen.
Gelegentlich
muss ich den Frauen in der Küche helfen. Was nicht bedeutet, dass die Aufgaben
für Männer und Frauen klar verteilt sind. Erik, der sonst kocht und bäckt, hat nur im Augenblick wenig Zeit. Er kümmert
sich um die Männer. Ist viel mit ihnen draußen. Keine Ahnung, was sie da so
alles treiben.
Aber auch
Viggo hilft ab und an beim Schälen der Kartoffeln. Beim Gemüse putzen und Entzünden
des Feuers. Und Joseph brät das Fleisch für die Herren.
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Während
ich heute Morgen begann den Post zu schreiben, rief mich Kevin noch einmal an.
„Wir haben
hier Probleme mit dem Geld. Und die Lieferung für unsere Apotheke ist noch
nicht eingegangen.“
Ich stöhnte.
„Soll ich kommen?“
Stille....eine
kurze Zeit. „Ein wenig Hilfe könnte ich schon brauchen. Da hast du Recht. Zumal
es um die Reparaturkosten für deinen Wagen geht. Wieso lässt du das über die
Firma laufen?“
„Wieso
denn nicht?“
Infolgedessen
sagte ich Gunnar Bescheid, der selbstredend nicht erfreut darüber war.
„Du kommst
aber gleich wieder?“, mahnte er.
„Genau DAS
habe ich vor.“
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Im Büro
angekommen, sah ich mir die Bewerbung an. Überfolg seine Biographie und als was
er zu arbeiten wünscht. Er gab an Kanadier zu sein. Seine Eltern sind
allerdings Russen. Geboren wurde er jedoch in Tel Aviv. Was mich stutzig
machte. Aber okay. Das musste noch nichts bedeuten. Oder vielleicht auch alles.
Wer weiß? Er spricht Hebräisch, Französisch und Russisch, neben Englisch. Eine
ganze Menge (für einen Mann), finde ich. In Kanada hat er Geschichte studiert.
„Weißt du
was?“, sagte ich zu Kevin, der neben mir saß und mich mit einem durchdringenden
Blick beobachtete, während ich die Seiten las. „Ich werde ihm vorschlagen im
Sicherheitsteam zu arbeiten.“
Kevin
grinste. „Das ist gut. Mal schauen, was er dazu sagt.“
„Aber
andererseits sagt mir mein Gefühl, dass es noch gefährlicher wäre, ihn dort
arbeiten zu lassen.“, rutschten mir die Worte, so ganz intuitiv, heraus.
Ich sah,
wie Kevin die Augen zusammen kniff und die Arme ausbreitet. „Jetzt sag’ mir
endlich, was das mit diesem Gefühl auf sich hat.“
Ich blies
die Luft durch meine angespitzten Lippen. „Ich habe da so eine Ahnung, dass es
KEIN Zufall ist, dass er bei uns nach einem Job nachfragt.“
Kevin schüttelte
leicht mit dem Kopf. „An WAS denkst du dabei?“
„Mit
denken hat es nichts zu tun. Wir sollten ihn auf Probe einstellen (auf die
Probe stellen) und überaus aufmerksam sein. Ich werde diesen Mann von unserer Detektei
durchchecken lassen. Möglicherweise finden Hannes und Vincent irgendetwas, was
meinen Verdacht bestätigt.“
„WELCHEN
Verdacht. Verdammt noch mal.“ Kevin grinste. „Sei doch bitte nicht so kryptisch
und geheimnisvoll!“
„Er kann
nur ein Maulwurf sein.“
„W-A-S?
Von wem?“
„Genau DAS
gilt es herauszufinden.“
Kevin
legte die Stirn und Falten. Kratzte sich am Kopf und wechselte rasch das Thema.
„Okay. Dann machen wir das so. Und jetzt zum Geld.“ Er grinste, rollte an mir
vorüber zu seinem Arbeitsplatz hin und griff kurz nach meiner Hand. Drückte
sie.
„Aha.
Deshalb sollte ich kommen.“ Ich zwinkerte ihm zu. „Na komm. Küss mich schon. Es
ist ohnehin niemand mehr hier außer uns beiden.“, sagte ich und beugte mich zu
ihm hinunter. Und er nahm diese Gelegenheit mehr als wahr. Legte seine Hand um
meinen Nacken und hielt mich fest.
„Komm.
Setzt dich doch auf meinen Schoß.“ Ein verlangendes Schmunzeln überzog sein
Gesicht.
Ich ließ
mich zu ihm auf den Rollstuhl fallen.
Er hielt
mich eine Weile und sah mir tief in die Augen dabei. Dann küssten wir uns
wieder.
„Ich
glaube, ich sollte noch rasch die Überweisung tätigen von meinem Konto aus. Um
die fehlende Bestellung kümmert ihr euch Morgen. Das war heute nicht mehr
möglich. Aber vielleicht ist sie bis dahin schon da. Und danach.....gehe besser.“,
sagte ich dann.
„Auch so
ein Intuition?“
„Allenfalls
kommt gerade deine Lebensgefährtin hier vorbei. Wäre doch peinlich, wenn sie
mich auf deinem Schoß vorfindet.“
Kevin
lachte. „Na wenn schon.“
Seine
Worte verwunderten mich. „Du legst es doch nicht etwa darauf an?“
Nun
schnaufte er ein wenig und wurde ernst. „Nein. Selbstverständlich nicht.“
Über Derek
sprachen wir nicht.
Ich
erledigte noch einige Kleinigkeiten. Nahm noch ein paar Kleidungsstücke mit und
fuhr zurück in den Zauberwald. Auf der Fahrt dorthin, rief mich Derek an. Er
informierte mich darüber, dass er mir nächste Woche wieder zur Verfügung stand.
Er blieb sehr kühl, was ich von ihm nicht kannte.
„Was ist
mit dir?“, fragte ich gerade heraus.
Er
räusperte sich, was mir sagte, dass er nicht allein sein konnte.
„Vielleicht
reden wir später darüber, wenn du zurückgekommen bist.“, schlug ich ihm vor.
„Ja. Das
werden wir tun.“, blieb er kurz und bündig.
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Gunnar
erwartete mich bereits. War weder böse, noch fragte er nach. Umarmte mich nur
und drückte mich an sich. „Ich liebe dich.“, flüsterte er mir ins Ohr.