Troels ging.
Gunnar kam.
Keine Fragen.
Kein Argwohn.
Der Übergang fast reibungslos.
Vertrauen in die Richtigkeit von
allem, was geschieht.
- Ein Video von Ian.
- Ein Foto von Kevin, der bald
Geburtstag hat.
- Jason von weitem gesehen....
- Für die Lektion von Nadjeschda
finde ich im Augenblick keinerlei keine Zeit.
- Natürlich NICHTS von Wanja. Er wird
schmollen. Aber, was solle ich tun?
- Die Geburtstagfeierlichkeiten
von Taylor Cample werden, wie erwartet, auf den Freitag verlegt.
Da ist ein neuer, attraktiver Mann in
meinem Blickfeld erschienen. Yanis
Dupont. Jung, ästhetisch schön und aufreizend. Auch er wird hier eine
Anstellung finden. Wie im gestrigen Briefing festgelegt wurde.
Seinem
Lebenslauf nach ist er ein halber Franzose. Die Mutter Schwedin. Ein
Einzelkind. Glatt und makellos die Haut. Blaue Augen. Schwarzes Haar. Und
modisch gekleidet. Selbstredend.
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Gunnar kam pünktlich zum Lunch. Ging
dann zum Office und ich mit Natalja und Ellen zu Sarah. Damit wir uns endlich
den Clan-Schwestern zu widmen vermochten. Aber dazu kam es nicht.
Nun, bis dahin war mein Tag soweit in
Ordnung. Aber dann brach die advokatische Hölle über mich hinein. Kaum, dass
wir Frauen zusammen saßen und darüber debattierten, wie wir vorgehen und wen
wir einladen, rief mich Gunnar an und sagte, dass wir sofort nach Stockholm zu
unseren Anwälten fahren müssten.
Durchatmen.
Planänderung!
Letztendlich offenbarte man uns, dass
wir zwar immerhin eine Schlacht, wenn auch mangelhaft gewonnen hätten. Jedoch
der Krieg im Gesamten, wäre noch längst nicht vorüber.
Von den Anwälten aus, fuhren wir
weiter zur Bank, um dort einige meiner Geldangelegenheiten zu klären.
Am Abend eröffnete uns Marie, dass
sie alsbald mit Henrik nach New Orleans fliegen würde, sich jedoch entschlossen
hätte, die Kinder hier zu lassen. DAS war natürlich wieder typisch die „neue
Marie“. Eigennützig, durchtrieben und rachsüchtig. Ich hätte es mir eigentlich
denken können. Gunnar hatte selbstverständlich nichts dagegen. Er befürwortete
ihre Entscheidung sogar.
Der Tag hatte mich derart erschöpft,
dass ich frühzeitig, während des Fernsehens, in Gunnars Armen einschlief.
Und als wäre dies alles noch nicht
genug, hatte Gunnar heute Morgen mit mir noch ein Anliegen zu klären. Oder
besser zwei.
Wo ich doch ohnehin noch mit den
Nachwirkungen des gestrigen Tages zu kämpfen hatte.
Bereits gestern Abend, bevor ich
einschlief, hatte ich Gunnar gefragt: „Da war NUR Fußball am gestrigen Tag?“, und er
hatte mit ja geantwortet. „Nur Fußball, Bier und Männer:“ Sex gab es keinen. Gleichwohl
nicht mit mir. Was ohnehin bei meiner Müdigkeit kaum möglich gewesen wäre. Überdies war es mir unangenehm und erschien mir unangemessen, alldieweil mein intimes Zusammensein mit Troels nur wenige Stunden zurück lag.
Bereits das Aufwachen am heutigen
Morgen war ungewöhnlich. Kein Schmusen, Liebkosen oder genüssliches Räkeln.
Gleich der Sprung aus dem Bett nach einem schnell Kuss auf die Stirn.
„Warst du weg, heute Nacht.“, war
sogleich meine Frage.
Gunnar verneinte. „War ich nicht.“
Trotz alledem erschien er mir
aufgeregt. Rutsche während des Frühstücks auf seinem Stuhl beinahe nervös hin
und her. Bis Ben Holmgren mit zwei Briefen aus der täglichen Post des Zentrums
zur Tür herein schneite und sie Gunnar Dienst beflissen übergab. Er öffnete
sie, las und lächelte. Hingegen er gleich anschließend eine ernste Miene
aufsetzte und auf seiner Unterlippe kaute, als er zu mir herüber sah. Das
konnte nichts Gutes bedeuten.
„Was ist?“, vermochte ich nicht an
mir zu halten. „Sind das die Scheidungspapiere?“, platzte ich argwöhnisch
heraus.
Gunnar jappste. Lachte gekünstelt und
überschwänglich. „Nein. Natürlich nicht.“, sagte er. Aber fuhr sich dann gleich
anschließend verlegen schauend mit der Hand übers Kinn.
„Was ist los?“, fragte ich noch
einmal.
„Zum einen kann ich dir beweisen,
dass die Anschuldigungen von deinem Russen nicht der Wahrheit entsprechen.“
„Mit diesem Brief, den du bekommen
hast?“, entgegnete ich voller Ungeduld und Argwohn.
„Nicht wirklich. Aber ich muss Dir
zum anderen etwas gesehen und dich fragen, nein, dich um etwas bitten.“
„Geld?“
„Nein.“, sagte Gunnar schmunzelnd.
„Dann kann es sich nur um Frauen
handeln.“
Ein Räuspern war zu hören.
Unentschlossen und zögerlich sah mir Gunnar entgegen. „Ja.“, kam dann schließlich seine kurze Antwort.
Ich schnaufte. „Wer ist es dieses
Mal?! Und was hat dies mit Wanjas Beweisen zu tun?“
Gunnar lehnte sich zurück und strich
sich nun mit beiden Händen über das Gesicht.
„Ich schlief bisher nicht mit anderen
Frauen, wie dein Russe es behauptete. Nur mit Ellen und Natalja. Das weißt du
ja bereits. Aber es gibt da noch zwei andere Frauen...“
Ich hielt den Atem an und sah Gunnar
mit Zorn erfüllten Augen entgegen.
Nun schien er unentschlossen.
Zögerte.
„Sag’ schon! Wer ist es?“
„Lara De Wit und Ming Bei.“
Nun atmete ich stoßweise. Sank in mir
zusammen und in meinem Hirn drehten sich für einen Augenblick die Bilder von
Lara und Ming im Kreis. Dann richtete ich mich auf und sah Gunnar unvermittelt
und gefasst, beinahe majestätisch erhaben in die Augen. „Bedeutet dies etwa,
dass du bisher noch nicht mit ihnen schliefst?“
„Ja. Genau so ist es.“, antwortete er.
„Und wo ist nun der Zusammenhang mit
diesen Briefen?“
„Diese Briefe besagen, dass die
beiden rundum gesund sind.“
Jetzt ging mir ein Licht auf. Erneut
rotierten die Gedanken in meinem Kopf. „Das bedeutet, du hast mit ihnen zwar
nicht gefickt, jedoch gesprochen. Woraufhin sie sich untersuchen ließen. Aber
WAS erhoffen sie sich nun von dir?“
Gunnar atmete tief durch. „Nichts?“
Ich sah ihn verständnislos an.
„Niemand tut etwas ohne eine Gegenleistung zu erwarten.“
„Es wird mit Lara und Ming wie mit
Ellen und Natalja sein, wenn du dem zustimmst. Denn ich wollte, dass DU es
weißt. Weil ich keinerlei Geheimnis vor dir habe, wie du siehst. Und ich wollte
sicher gehen, dass sie gesund sind, bevor ich mit ihnen intim werde.“
„Das hat dich doch sonst nicht
gestört. Oder?“
„Es ist vor allem deinetwegen Rea.“
„Meinetwegen?“ Ich schüttelte den
Kopf. „Du gedenkst mit ihnen ungeschützen Verkehr zu haben und möchtest dir
sicherlich dabei ebenso wenig eine Krankheit einfangen wie ich. Warum benutzt
du kein Kondom wie gewöhnlich und belässt es bei einer kurzen Liaison? Willst
du mich tatsächlich noch weiter kompromittieren und mit den beiden ein
ähnliches Verhältnis wie mit Ellen und Natalja beginnen?“
„Ja. Daran hatte ich gedacht.“
„Was bedeutet, dass du mit ihnen
ausgiebig darüber gesprochen haben musst. Daher frage ich dich noch einmal, was
du ihnen versprachst?“
„Nichts. Sie wissen, dass sie
nur....“, Gunnar sah mich prüfend an.
„Konkubinen sind?“, beendete ich
seinen Satz.
„Ja. Über ihren Platz in meinem Leben
haben wir uns ausführlich unterhalten. Da wird es keine Abstriche und keine
Ausnahmen oder Kompromisse geben. Das wissen sie. Du Rea, bist meine Frau, die ich liebe. Das
andere, ist genau genommen nur Sex und Leidenschaft. Worüber du Bescheid wissen
sollst und was sicherlich irgendwann abkühlen wird. Nur jetzt...“
„Hättest du gern meine Erlaubnis?“
Zorn stieg in mir auf, der allerdings und unerwarteterweise verhältnismäßig
schnell verrauchte.
„Siehst du nicht, dass ich ehrlich zu
dir bin? Ich könnte das alles auch vor dir verbergen.“
Ich schüttelte mit dem Kopf.
„Bedarfst du tatsächlich eines Harems voller Frauen? Am Ende gründen wir nicht
die Clan Schwestern, sondern doch noch den Club von Gunnars Frauen.“, sagte ich
verbittert jedoch kapitulierend.
Gunnar lachte. „Nein. Nein. So arg
ist es nun doch nicht.“
„Wie würdest du es dann bezeichnen,
wenn du mit fünf Frauen gleichzeitig zu leben gedenkst?“
„Leben, tue ich mit dir Rea. Mit
niemand anderen und das wissen alle sehr genau. Ich will nur, dass du es weißt.
Mehr nicht.“
„Und billigst?“
Gunnar wiegte seinen Kopf hin und
her. Atmete tief und hörbar. „Ja. So in etwa.“
„Aus welchem Grund fragst du mich
überhaupt?“
„Weil ich dich liebe Rea. Über alles
liebe. Die anderen werden unser Leben, unsere Liebe nicht weiter berühren. Es
wird genauso verlaufen wie bisher.“
„Ich vermag nicht zu glauben, dass du
keine von ihnen liebst? Oder tust du es etwa doch?“ Ich erinnerte mich an meine
Zeit mit drei Männern und auch daran, wie sehr ich Ian liebte. Zu dieser Zeit
sogar mehr als Gunnar.
„Rea. Nein. Ich liebe dich. Das
andere muss nicht von all zu langer Dauer sein und ist nur MÖGEN. Womöglich so
ähnlich wie mit dir und Troels. Ich bringe ihnen Respekt entgegen und benutze
sie nicht nur. Es ist nicht wie in der Sekte. Ich habe dazugelernt. Bemerkst du
das nicht.“
Sollte ich jetzt anerkennend nicken?
Oder was? Ich stöhnte stattdessen. „Wie viel muss ich eigentlich noch ertragen?
Und wie lange wird es dauern, bis du gelernt hast und verstehst, wie ein
GEWÖNLICHES Leben funktioniert? Nicht genug, dass ich dich deinen beschissenen
Neigungen nachkommen lasse und still Schweigen darüber bewahre. Nein. Nun sind
es noch VIER andere Frauen, mit denen ich mich abfinden muss. Was denkst du dir
eigentlich?“
„Es wird vorüber gehen. Wie bei dir
und den anderen Männern auch. Versprochen.“
„Ja. Natürlich.“ Ich stand auf und
warf demonstrativ verärgert meine Serviette auf den Tisch und ging. Obgleich
ich bereits aufgegeben hatte mich zur wehren und stattdessen zu akzeptieren,
was im Augenblick nicht zu ändern war. Es würde unser Leben, Gunnar und Meines, nicht wesentlich berühren.
Wie er mir versprach.
Hatte sich deshalb diese Lara De Wit
so um den Beitritt zu den Clan-Schwestern bemüht? Und war dieser Brief und die
Aussage der Unversehrtheit der beiden Frauen in der Tat der Beweis dafür, dass er noch nicht mir
ihnen geschlafen hatte?
Ich bin so aufgeregt und
durcheinander......weiß nicht, was ich tun soll. Aber im Grunde sind die Würfel
bereits gefallen, und ich werde als Gunnars Frau mit seinen Marotten,
Kapriolen, Mängeln und Fehlern leben müssen. Gleichwohl ich mir
unverständlicher Weise sicher bin, dass er mich tatsächlich liebt.