Mittwoch, 9. April 2014

Im Flussssss der Ereignisse



Troels ging.
Gunnar kam.
Keine Fragen.
Kein Argwohn.
Der Übergang fast reibungslos.
Vertrauen in die Richtigkeit von allem, was geschieht.

- Ein Video von Ian.
- Ein Foto von Kevin, der bald Geburtstag hat.
- Jason von weitem gesehen....
- Für die Lektion von Nadjeschda finde ich im Augenblick keinerlei keine Zeit.
- Natürlich NICHTS von Wanja. Er wird schmollen. Aber, was solle ich tun?
- Die Geburtstagfeierlichkeiten von Taylor Cample werden, wie erwartet, auf den Freitag verlegt.

Da ist ein neuer, attraktiver Mann in meinem Blickfeld erschienen. Yanis Dupont. Jung, ästhetisch schön und aufreizend. Auch er wird hier eine Anstellung finden. Wie im gestrigen Briefing festgelegt wurde.
Seinem Lebenslauf nach ist er ein halber Franzose. Die Mutter Schwedin. Ein Einzelkind. Glatt und makellos die Haut. Blaue Augen. Schwarzes Haar. Und modisch gekleidet. Selbstredend.

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Gunnar kam pünktlich zum Lunch. Ging dann zum Office und ich mit Natalja und Ellen zu Sarah. Damit wir uns endlich den Clan-Schwestern zu widmen vermochten. Aber dazu kam es nicht.
Nun, bis dahin war mein Tag soweit in Ordnung. Aber dann brach die advokatische Hölle über mich hinein. Kaum, dass wir Frauen zusammen saßen und darüber debattierten, wie wir vorgehen und wen wir einladen, rief mich Gunnar an und sagte, dass wir sofort nach Stockholm zu unseren Anwälten fahren müssten.
Durchatmen.
Planänderung!
Letztendlich offenbarte man uns, dass wir zwar immerhin eine Schlacht, wenn auch mangelhaft gewonnen hätten. Jedoch der Krieg im Gesamten, wäre noch längst nicht vorüber.
Von den Anwälten aus, fuhren wir weiter zur Bank, um dort einige meiner Geldangelegenheiten zu klären.
Am Abend eröffnete uns Marie, dass sie alsbald mit Henrik nach New Orleans fliegen würde, sich jedoch entschlossen hätte, die Kinder hier zu lassen. DAS war natürlich wieder typisch die „neue Marie“. Eigennützig, durchtrieben und rachsüchtig. Ich hätte es mir eigentlich denken können. Gunnar hatte selbstverständlich nichts dagegen. Er befürwortete ihre Entscheidung sogar.

Der Tag hatte mich derart erschöpft, dass ich frühzeitig, während des Fernsehens, in Gunnars Armen einschlief.
Und als wäre dies alles noch nicht genug, hatte Gunnar heute Morgen mit mir noch ein Anliegen zu klären. Oder besser zwei.
Wo ich doch ohnehin noch mit den Nachwirkungen des gestrigen Tages zu kämpfen hatte.
Bereits gestern Abend, bevor ich einschlief, hatte ich Gunnar gefragt: „Da war NUR Fußball am gestrigen Tag?“, und er hatte mit ja geantwortet. „Nur Fußball, Bier und Männer:“ Sex gab es keinen. Gleichwohl nicht mit mir. Was ohnehin bei meiner Müdigkeit kaum möglich gewesen wäre. Überdies war es mir unangenehm und erschien mir unangemessen, alldieweil mein intimes Zusammensein mit Troels nur wenige Stunden zurück lag.

Bereits das Aufwachen am heutigen Morgen war ungewöhnlich. Kein Schmusen, Liebkosen oder genüssliches Räkeln. Gleich der Sprung aus dem Bett nach einem schnell Kuss auf die Stirn.
„Warst du weg, heute Nacht.“, war sogleich meine Frage.
Gunnar verneinte. „War ich nicht.“
Trotz alledem erschien er mir aufgeregt. Rutsche während des Frühstücks auf seinem Stuhl beinahe nervös hin und her. Bis Ben Holmgren mit zwei Briefen aus der täglichen Post des Zentrums zur Tür herein schneite und sie Gunnar Dienst beflissen übergab. Er öffnete sie, las und lächelte. Hingegen er gleich anschließend eine ernste Miene aufsetzte und auf seiner Unterlippe kaute, als er zu mir herüber sah. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
„Was ist?“, vermochte ich nicht an mir zu halten. „Sind das die Scheidungspapiere?“, platzte ich argwöhnisch heraus.
Gunnar jappste. Lachte gekünstelt und überschwänglich. „Nein. Natürlich nicht.“, sagte er. Aber fuhr sich dann gleich anschließend verlegen schauend mit der Hand übers Kinn.
„Was ist los?“, fragte ich noch einmal.
„Zum einen kann ich dir beweisen, dass die Anschuldigungen von deinem Russen nicht der Wahrheit entsprechen.“
„Mit diesem Brief, den du bekommen hast?“, entgegnete ich voller Ungeduld und Argwohn.
„Nicht wirklich. Aber ich muss Dir zum anderen etwas gesehen und dich fragen, nein, dich um etwas bitten.“
„Geld?“
„Nein.“, sagte Gunnar schmunzelnd.
„Dann kann es sich nur um Frauen handeln.“
Ein Räuspern war zu hören. Unentschlossen und zögerlich sah mir Gunnar entgegen. „Ja.“, kam dann schließlich seine kurze Antwort.
Ich schnaufte. „Wer ist es dieses Mal?! Und was hat dies mit Wanjas Beweisen zu tun?“
Gunnar lehnte sich zurück und strich sich nun mit beiden Händen über das Gesicht.
„Ich schlief bisher nicht mit anderen Frauen, wie dein Russe es behauptete. Nur mit Ellen und Natalja. Das weißt du ja bereits. Aber es gibt da noch zwei andere Frauen...“
Ich hielt den Atem an und sah Gunnar mit Zorn erfüllten Augen entgegen.
Nun schien er unentschlossen. Zögerte.
„Sag’ schon! Wer ist es?“
„Lara De Wit und Ming Bei.“
Nun atmete ich stoßweise. Sank in mir zusammen und in meinem Hirn drehten sich für einen Augenblick die Bilder von Lara und Ming im Kreis. Dann richtete ich mich auf und sah Gunnar unvermittelt und gefasst, beinahe majestätisch erhaben in die Augen. „Bedeutet dies etwa, dass du bisher noch nicht mit ihnen schliefst?“
„Ja. Genau so ist es.“, antwortete er.
„Und wo ist nun der Zusammenhang mit diesen Briefen?“
„Diese Briefe besagen, dass die beiden rundum gesund sind.“
Jetzt ging mir ein Licht auf. Erneut rotierten die Gedanken in meinem Kopf. „Das bedeutet, du hast mit ihnen zwar nicht gefickt, jedoch gesprochen. Woraufhin sie sich untersuchen ließen. Aber WAS erhoffen sie sich nun von dir?“
Gunnar atmete tief durch. „Nichts?“
Ich sah ihn verständnislos an. „Niemand tut etwas ohne eine Gegenleistung zu erwarten.“
„Es wird mit Lara und Ming wie mit Ellen und Natalja sein, wenn du dem zustimmst. Denn ich wollte, dass DU es weißt. Weil ich keinerlei Geheimnis vor dir habe, wie du siehst. Und ich wollte sicher gehen, dass sie gesund sind, bevor ich mit ihnen intim werde.“
„Das hat dich doch sonst nicht gestört. Oder?“
„Es ist vor allem deinetwegen Rea.“
„Meinetwegen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Du gedenkst mit ihnen ungeschützen Verkehr zu haben und möchtest dir sicherlich dabei ebenso wenig eine Krankheit einfangen wie ich. Warum benutzt du kein Kondom wie gewöhnlich und belässt es bei einer kurzen Liaison? Willst du mich tatsächlich noch weiter kompromittieren und mit den beiden ein ähnliches Verhältnis wie mit Ellen und Natalja beginnen?“
„Ja. Daran hatte ich gedacht.“
„Was bedeutet, dass du mit ihnen ausgiebig darüber gesprochen haben musst. Daher frage ich dich noch einmal, was du ihnen versprachst?“
„Nichts. Sie wissen, dass sie nur....“, Gunnar sah mich prüfend an.
„Konkubinen sind?“, beendete ich seinen Satz.
„Ja. Über ihren Platz in meinem Leben haben wir uns ausführlich unterhalten. Da wird es keine Abstriche und keine Ausnahmen oder Kompromisse geben. Das wissen sie. Du Rea, bist meine Frau, die ich liebe. Das andere, ist genau genommen nur Sex und Leidenschaft. Worüber du Bescheid wissen sollst und was sicherlich irgendwann abkühlen wird. Nur jetzt...“
„Hättest du gern meine Erlaubnis?“ Zorn stieg in mir auf, der allerdings und unerwarteterweise verhältnismäßig schnell verrauchte.
„Siehst du nicht, dass ich ehrlich zu dir bin? Ich könnte das alles auch vor dir verbergen.“
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Bedarfst du tatsächlich eines Harems voller Frauen? Am Ende gründen wir nicht die Clan Schwestern, sondern doch noch den Club von Gunnars Frauen.“, sagte ich verbittert jedoch kapitulierend.
Gunnar lachte. „Nein. Nein. So arg ist es nun doch nicht.“
„Wie würdest du es dann bezeichnen, wenn du mit fünf Frauen gleichzeitig zu leben gedenkst?“
„Leben, tue ich mit dir Rea. Mit niemand anderen und das wissen alle sehr genau. Ich will nur, dass du es weißt. Mehr nicht.“
„Und billigst?“
Gunnar wiegte seinen Kopf hin und her. Atmete tief und hörbar. „Ja. So in etwa.“
„Aus welchem Grund fragst du mich überhaupt?“
„Weil ich dich liebe Rea. Über alles liebe. Die anderen werden unser Leben, unsere Liebe nicht weiter berühren. Es wird genauso verlaufen wie bisher.“
„Ich vermag nicht zu glauben, dass du keine von ihnen liebst? Oder tust du es etwa doch?“ Ich erinnerte mich an meine Zeit mit drei Männern und auch daran, wie sehr ich Ian liebte. Zu dieser Zeit sogar mehr als Gunnar.
„Rea. Nein. Ich liebe dich. Das andere muss nicht von all zu langer Dauer sein und ist nur MÖGEN. Womöglich so ähnlich wie mit dir und Troels. Ich bringe ihnen Respekt entgegen und benutze sie nicht nur. Es ist nicht wie in der Sekte. Ich habe dazugelernt. Bemerkst du das nicht.“
Sollte ich jetzt anerkennend nicken? Oder was? Ich stöhnte stattdessen. „Wie viel muss ich eigentlich noch ertragen? Und wie lange wird es dauern, bis du gelernt hast und verstehst, wie ein GEWÖNLICHES Leben funktioniert? Nicht genug, dass ich dich deinen beschissenen Neigungen nachkommen lasse und still Schweigen darüber bewahre. Nein. Nun sind es noch VIER andere Frauen, mit denen ich mich abfinden muss. Was denkst du dir eigentlich?“
„Es wird vorüber gehen. Wie bei dir und den anderen Männern auch. Versprochen.“
„Ja. Natürlich.“ Ich stand auf und warf demonstrativ verärgert meine Serviette auf den Tisch und ging. Obgleich ich bereits aufgegeben hatte mich zur wehren und stattdessen zu akzeptieren, was im Augenblick nicht zu ändern war. Es würde unser Leben,  Gunnar und Meines, nicht wesentlich berühren. Wie er mir versprach.
Hatte sich deshalb diese Lara De Wit so um den Beitritt zu den Clan-Schwestern bemüht? Und war dieser Brief und die Aussage der Unversehrtheit der beiden Frauen in der Tat der Beweis dafür, dass er noch nicht mir ihnen geschlafen hatte?
Ich bin so aufgeregt und durcheinander......weiß nicht, was ich tun soll. Aber im Grunde sind die Würfel bereits gefallen, und ich werde als Gunnars Frau mit seinen Marotten, Kapriolen, Mängeln und Fehlern leben müssen. Gleichwohl ich mir unverständlicher Weise sicher bin, dass er mich tatsächlich liebt.