Es ist eigenartig, beängstigend und erstaunlich zugleich,
wie unser aller Zusammenleben in ruhigen Bahnen sich beinahe selbstständig
fügt.
Keine agiert gegen die andere. Ist missgünstig oder ganz
und gar Streit lüstern.
Was mir bisher so unvorstellbar und unmöglich erschien,
geschieht einfach.
Drei so dermaßen unterschiedliche Frauen und ein einziger
Mann.
Und ich, mitten drin.
-------
Christine war außer sich vor Sorge um Thomas und war den
gesamten Tag bei ihm. Daher war Gunnar in der Pflicht die Leitung des Zentrums
vollständig zu übernehmen.
So ganz ins Geheim vermutete ich jedoch, dass er mit all
den Verantwortungen, zuzüglich seiner drei Frauen, überfordert war.
Er zitierte mich ins Office, um zu helfen. Als ich eintrat,
war Kate bereits dort und sortierte irgendwelche Papiere. Marie schien Gunnar
zu suchen und kam mit den Kindern ebenfalls ins Büro. So hielten Gunnar, seine
drei Frauen und Dahl Lundqvist die Geschäfte des Zentrums am laufen.
Während wir gemeinsam speisten, wurde Gunnar gezwungen
Prioritäten zu setzen und Regeln aufzustellen. Denn Marie hatte ihn gefragt, ob
er nicht die kommende Nacht bei ihr verbringen könne.
„Marie“, begann er, „Du weißt, dass ich dich mag. Auch, das
du und die Kinder hier bei mir seid, ist mir eine übergroße Freude. Aber du
kannst meine Liebe nicht erzwingen. Verstehst du? Wenn du mit mir schlafen,
oder ficken willst, ist das eine andere Geschichte. Dazu bin ich durchaus
bereit. Wenn du damit zufrieden bist, mit mir und uns allen hier so zu leben,
ist es okay und du kannst bleiben. Aber du musst verstehen, dass ich Rea liebe
und sie niemals verlassen würde.“
„Ich weiß.“, warf sie ein wenig verdrießlich drein blickend
ein. „Das war mir durchaus bewusst, als ich hier her gekommen bin und ich
akzeptiere das auch. Und ja, ich will mit dir ficken. Wenn du Zeit hast,
womöglich gleich heute Abend.“
Gunnar antwortete nicht direkt und sah nun zu Kate, bevor
er wieder Marie ansah.
„Kate kennst du von New Orleans. Aus den Zeiten der Sekte.
Du weißt, dass ich sie gern mochte. Lieber als alle anderen. Es war schon eine
Art Liebe mit ihr. Zudem“, bei diesen Worten sah er schmunzelnd zu ihr hinüber,
„scheint sie zum Teil sogar meine Neigungen zu teilen. Wir haben Spaß miteinander.
Am Trinken und feiern. Insofern ist es für mich unproblematisch mit ihr
zusammen zu sein. Zu schlafen, zu ficken, oder was auch immer. Lass mir ein
wenig Zeit Marie. Heute Abend werde ich bis zehn Uhr bei dir und den Kindern
sein und dann gehe ich zurück zu Rea. Was wir tun, vermag ich noch nicht zu
sagen. Das überlasse ich dem Zufall. In jedem Fall würde ich mich glücklich
schätzen, mich in dieser Zeit um meine Kinder kümmern zu können.“
Nun richtete Gunnar seine Aufmerksamkeit auf Kate. „Was
dich betrifft, war ich erst letzte Nacht bei dir. Ich werde nicht jede Nacht zu
dir kommen. Verstehst du, dass du das nicht erwarten kannst. Rea ist meine
Frau, und ich werde die meiste Zeit mit ihr verbringen. Ich bin überaus
glücklich darüber, dass sie so tolerant ist und diese doch im Augenblick für
uns alle ein wenig schwierige Situation bravourös meistert.“ Nun zwinkerte er
mir zu und sah dann wieder zu Kate. „Wir alle hier sind bereit, dir Kate, den Einstieg in das Leben außerhalb einer
Sekte zu ermöglichen und so angenehm wie möglich zu gestalten. Sei dankbar für
diese Unterstützung, auch Rea gegenüber, und vergiss das nie.“
-------
Noch immer regen sich in mir Zweifel und Ängste, dass sich
Gunnars Liebe zu mir verändert oder ganz und gar versiegt, und ich vermute,
dass dieses Gefühl gleichwohl noch eine lange Zeit bleiben wird, sollte ich mich
tatsächlich weiterhin als eine von Gunnars Frauen begreifen und hier im Zentrum
bei ihm verbleiben.
Meine Besorgnis äußerte ich selbstredend Gunnar gegenüber
und er begann seinen „beinahe Monolog“.
„Du brauchst dich in der Tat meiner Liebe wegen nicht zu
sorgen Rea. Dein Kümmernis entbehrt jeglicher Grundlage. Sieh doch. Ich liebe
Marie nicht. Gleichwohl sie eine überaus attraktive Frau ist und ich sie gern
mag. Aber ich kann unterscheiden zwischen Liebe und Sex. Überdies ist sie die
Mutter meiner Kinder und eine wahrlich fabelhafte Frau. Kate mochte ich
tatsächlich damals sehr. Wir teilten viel miteinander und hatten eine Menge
Spaß beim Sex.“
„Und du wünschst es dir, dass es wieder so wird. Nicht
wahr?“, warf ich ein.
„Nein. Bestimmt nicht SO. Aber möglicherweise können wir
einige Ereignisse von damals reaktivieren. Wir beide sind sicher nicht mehr
gänzlich die Gleichen wie vor Jahren. Aber es wäre möglich, wie die letzte
Nacht zeigt, noch immer Spaß miteinander zu haben. Bitte sei mir nicht böse,
denn ich bin sicher, dass diese Beziehung zu Kate erneut nicht von Dauer sein
wird. Auch wenn ich sie mag und sogar auf irgendeine Art und Weise liebe, ist
es keinesfalls wie mit dir Rea. Und in erster Linie wollen wir, will ich ihr
helfen ein Leben außerhalb einer Sekte aufzubauen, was für sie lebbar sein
wird, nachdem, was sie bisher erfahren hat.“
„Wer bist du? Robin Hood? Der Rächer der Armen und Weisen?“
„Jetzt werde bitte nicht sarkastisch.“
„Du liebst sie also noch immer und obendrein gefällt dir
offenbar das Ficken mit ihr viel besser als das mit mir.“
„Vielleicht erinnerst du dich an Kevin und Ian. Du hast sie
in meiner Gegenwart geliebt und mit ihnen gefickt.“
In diesem Augenblick wollte ich etwas entgegen. Jedoch kam
ich nicht dazu. Denn Gunnar sprach ohne Unterbrechung schlicht und einfach
weiter.
„Mit Kate ist es eine andere Art von Liebe, wie ich sie zu
dir empfinde Rea. UNSERE Liebe hat eine gänzlich andere Dimension. Nicht so
flüchtig oder Sex orientiert wie die zu Kate. Obgleich ich sie schon mag. Und
ich kann hier ebenso zwischen mögen und Liebe unterscheiden. Denn ich liebe
DICH Rea! Verstehst du mich?!“
„Was ist mit Kate? Mir scheint, sie liebt dich noch immer?“
„Möglicherweise. Wenn es die Wahrheit ist, was sie sagt,
ist es gut möglich, dass sie denkt für immer bei mir bleiben zu können. Im
Augenblick ist ihr Gehirn noch Sekten gewaschen. Was kommen wird, vermag ich
nicht zu sagen. Warten wir es ab.“
„Weißt du Gunnar“, unterbrach ich ihn, „schaue ich auf
meine derzeitigen Lebensumstände, ist kaum ein Unterschied und ich hätte ebenso
bei Felicio bleiben können.“
„Nein Rea. Ich liebe dich über alles. Nichts wird uns
jemals trennen. Weder Marie und die Kinder, noch Kate. Schon ganz und gar nicht
andere Frauen wie Siv, Alicia oder Elena. Die Letzteren waren nicht mehr als
Gelegenheiten.“
„Sind. Nicht waren.“, berichtigte ich ihn.
„Ja. Mag sein. Alicia wird uns schon Ende der Woche
verlassen.“
„Und was ist mit der australischen Claire und dieser Ellen?
Sind das ebenfalls Gelegenheiten?“
Gunnar lächelte. „Bisher noch nicht. Allerdings
beabsichtige ich daraus auch keine werden zu lassen.“
„Ich denke, dass dir drei Frauen genügen müssten. Oder
etwas nicht?“
„Daum geht es nicht. Überdies werden Marie und Kate unser beider
Leben kaum beeinflussen.“
„Um was geht es dann?“
„Ich finde es schlicht und einfach großartig meine Kinder
zu sehen und um mich zu haben. Einer anderen Frau zu helfen, UND mich um dich
kümmern und dich lieben zu dürfen. Zudem noch eine Menge Spaß und Freude daran
zu finden. Wenn ihr Frauen euch untereinander vertragt. Nach dem gestrigen und
heutigen Tag bin ich mir sicher, dass das Experiment gelingt. Marie ist zwar
entzaubert, aber noch immer deine Freundin. Überdies verhält sie sich auch
wieder genau so. Kate steht dem Leben eher arglos und naiv gegenüber. Sie ist
in keinem Fall feindselig. Sondern eher freundlich, zugänglich und vielseitig
interessiert. Obendrein hat sie viel zu lernen. Siehst du nicht was hier
geschieht? Es ist ein Wunder, dass wir hier alle gemeinsam vollbringen. Und du,
hast daran deinen Anteil Rea. Kate hilft Marie mit den Kindern. Marie hilft
dir. Ihr alle helft einander. Ist das nicht fabelhaft?!
Du brauchst dich in der Tat nicht zu sorgen. Jetzt sitze
ich mit dir hier und sehe fern. Dann gehen wir, wie für gewöhnlich, gemeinsam
zu Bett. Möglicherweise werde ich zukünftig, wenn du eingeschlafen bist, sodass
du es nicht weiter bemerkst, zu Kate oder auch zu Marie hinüber gehen. Oder
Kate zu Hjalmar mitnehmen. Sie trinkt und feiert ebenso gern wie ich. Du magst
das leider nicht. Ich weiß.“
„Für jedwede Gelegenheit hast du nun eine Frau.“
Gunnar lachte. „Ja. In der Tat. Eine Mutter für meine
Kinder, die ich zwar nicht liebe, aber der ich jedoch zumindest Sex und meine
Gegenwart schenken kann, wenn sie es wünscht. Was ich finde, das Mindeste ist,
für das Geschenk zweier so wundervoller Kinder. Eine andere Frau, die meine
Freizeitaktivitäten und meine Neigungen teilt. Mit der ich sicher jede Menge
Spaß haben werde, obgleich ich sie nicht so liebe wie dich Rea. Sie ist wie ein
guter Freund für alles, der ich obendrein noch helfen kann. So helfen wir uns
gegenseitig. Und in dir Rea, habe ich eine Frau, die meine gesamte
Aufmerksamkeit und Liebe bekommt. Um die ich mich kümmere und sorge. Der ich
Sicherheit und Geborgenheit geben kann, und zweifelsohne noch viel mehr, was
sie glücklich macht.“
-------
Ich bemerke, dass ich in den vergangenen Tagen bereits
erneut ZU VIEL schrieb.
Es gelingt mir bedauerlicher Weise nicht, mich kurz zu fassen.
Gleichwohl es ein immerwährender Vorsatz ist. Da ich mich jedoch im Augenblick
mehr in die Geschäfte und Belange des Zentrums einbringe, fehlt mir genau
genommen die Zeit zum Schreiben. Zudem scheint man meine Bitten um eine
Freundin erhört zu haben. Nur, weisen die Götter in der Tat einen überaus
kuriosen Humor auf, wenn sie mir stattdessen „zwei Nebenfrauen“ schenken.
-------
Gunnar war erschöpft am gestrigen Abend. Kein Wunder nach
der Nacht mit Kat, dem wenigen Schlaf und den Aufregungen des Tages. Wir gingen
frühzeitig zu Bett und schliefen heute Morgen bis halb acht.
Vor etwa einer Stunde ist Gunnar mit Kate nach Stockholm
gefahren, um mit ihr und für sie einzukaufen.
„Begleitest du uns?“, hatte er gefragt.
Um ein Haar hätte ich bissig geantwortet: Du bist wohl verrückt geworden?!
Alldieweil ich bemerkte, wie er sie während unseres gemeinsamen Frühstücks
ansah und ihre Hand hielt. Besann mich jedoch dann, senkte den Blick auf meinen
Teller vor mir und sagte leise „Nein.“