Versinkt die Welt um mich im Chaos und in der Verruchtheit?
Ist es ein weltweites Phänomen, das sich insbesondere
Männer an Wochenenden betrinken und dann wer weiß was tun?
Noch vor wenigen Stunden, am gestrigen Nachmittag, beschwor
mich Gunnar ihm zu vertrauen. Alldieweil sich eine „alte Freundin“ aus
Sektentagen im Zentrum eingemietet hat.
Sie hatte sich ausgiebig nach ihm erkundigt und bestand auf einer Hütte nahe
der Unseren.
„Ich will ehrlich zu die sein.“, hatte er gesagt und mir
erzählt, dass sie im Sektenpfuhl der Liebessklavinnen seine damalige Favoritin
gewesen war. Er wäre gleichwohl bereits bei ihr gewesen, hätte sie gebeten sich
von „uns beiden“ fern zu halten oder besser noch, das Zentrum umgehend zu
verlassen.
„Was will sie?“, hatte ich Gunnar gefragt.
„Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Sie selbst
behauptet, dass sie aussteigen will und ich ihr helfen solle. Aber andererseits
kann es sein, dass sie vom Chief geschickt wurde, um mich aufzuspüren und
zurückzuholen. Denn woher sollte sie sonst das Geld für die Reise und den
Aufenthalt hier haben.“
„Ich befürchte eher, es ist zweiteres.“, hatte ich ihm
geantwortet und den Rest meiner Gedanken beiseite gelassen. Nicht
ausgesprochen. Denn ich war wütend und hätte ihm am aller liebsten meine Wut
über die „nächste Dame“ im Kreis seiner Verehrerinnen, mit welcher ich
konfrontiert wurde, ins Gesicht geschrieen. Aber ich ließ mich beschwichtigen.
Glaubte ihm, dass er nichts mehr mit ihr zu tun haben wolle und sie gebeten
hatte zu gehen.
Es ging mir nicht wirklich gut, am gestrigen Abend. Der Tag
hatte seine Spuren hinterlassen. Mich erschöpft. Mir die Kraft geraubt, und ich
gedachte frühzeitig zu Bett zu gehen.
„Ich gehe mit dir gemeinsam zu Bett. Warte, bist du
eingeschlafen bist und stehe dann noch einmal auf, um ein wenig fern zu sehen.“,
hatte Gunnar verständnisvoll lächelnd zu
mir gesagt und WENIGSTENS war ich zufrieden in seinen Armen in den Schlaf
gesunken. Denn des Nachts gegen zwei, wachte ich auf und er war nicht da. Okay.
Dachte ich und schlief wieder ein. Als er jedoch heute Morgen gegen halb sechs
noch immer nicht neben mir lag, stürzte ich wütend und frierend zu meinem Wagen
und fuhr zu Troels, den ich ebenso wenig in seiner Wohnung vorfand.
Da stand ich nun vor einem leeren Bett und war ratlos.
Letztendlich schrieb ich Troels eine Nachricht, legte sie
auf sein nicht benutztes Kopfkissen und fuhr zurück nach Hause, wo ich mein
Frühstück orderte und fröstelnd unter die heiße Dusche sprang.
Noch während ich mich abtrocknete hörte ich die Tür und
dachte eine Frau des Personals würde meine Speisen servieren. Es war jedoch
Gunnar. Nach Alkohol und wer weiß was
stinkend. Er umfing mich mit seinen Armen, drückte sich von hinten an mich und
hauchte mir: „Sei mir bitte nicht böse“, ins Ohr. Der alkoholisierte Schwall
seines Atems ließ mich hüsteln. „Ich war bei Hjalmar. Wollt nur auf ein Bier
bleiben. Aber du weißt doch wie das ist.“
„Nein! Weiß ich ebne nicht.“, antwortete ich trotzig und
löste mich aus seinen Armen. Er fing mich jedoch sogleich wieder ein, zog mich
an sich und küsste mich auf Wangen und Hals. Denn ich drehte mein Gesicht von
ihm weg, alldieweil mir von dem Hauch seiner Stimme übel wurde.
Schlussendlich ließ er mich gehen und folgte mir ins
Wohnzimmer. Wo er sich flätig auf die Couch sinken ließ und die Beine auf den
Tisch vor sich legte. „Es tut mir leid. Ich hätte früher zurückkommen sollen.
Ich weiß. Komm, lass uns wenigstens gemeinsam frühstücken.“
Ich atmete tief durch und räusperte mich. „Meinetwegen.“
„Ich gehe kurz duschen. Aber genau genommen hätte ich mich
lieber noch einmal schlafen gelegt.“, sagte Gunnar grinsend.
Während er duschte, orderte ich ein zweites Gedeck und
kleidete mich an. Es ging mir noch immer nicht wirklich gut am heutigen Morgen.
Was jedoch sicherlich zum größten Teil auf die mir im Hospital verabreichten
Medikamente zurückzuführen sind.
„Du bist hoffentlich nicht betrunken mit dem Wagen hier her
zurück gekommen?“, fragte ich Gunnar ihn besorgt. Fixierte ihn und nahm einen
Schluck aus meiner Tasse.
„Nein. Natürlich nicht. Ich hatte gestern Abend bereits ein
Taxi genommen, weil ich etwas trinken, jedoch nicht lange bleiben wollte.“
„Komisch. Ich hörte Keines.“
Er zuckte mit den Schultern und nippte ebenfalls an seiner
Tasse.
Ich dachte an Streit. Ihm all meine Gedanken an den Kopf zu
werfen. Daran, ihn mit allerlei anderen Möglichkeiten zu konfrontieren, wo er
gewesen sein konnte. Hätte ihm am aller liebsten anschreien wollen, warum er
nicht einfach bei mir bleiben konnte. Tat es und ließ meiner Wut freien Lauf.
Am Ende schrie ich ihn an, das er verschwinden solle und
ich mich scheiden lassen wolle. Woraufhin er wütend wurde. Zurück ins Zimmer
kam und mit der Faust auf den Tisch schlug. Wo er doch schon Wut schnaubend auf
dem Weg nach draußen gewesen war.
„N-E-I-N! Das wirst du nicht tun!“ Er funkelte mich an.
Ich war total verschreckt und verstört ob seines
Verhaltens. War gänzlich perplex und verwirrt. Schluckte. „Nein. Natürlich
nicht.“, brachte ich nur noch kleinlaut heraus
bevor mir die Stimme versagte und ich zu weinen begann. Aber ich war
noch immer wütend.
„Warum zum Teufel kannst du das Trinken und Party feiern
bei deinem Bruder nicht einfach für einige Zeit lassen?“, warf ich ihn noch
einmal schluchzend entgegen. „Und wer weiß, wo du noch gewesen bist.“
Gunnar lief mürrisch und unruhig vor mir auf und ab. „Waren
wir uns nicht einig darüber, dass du mir vertraust? Erzähle ich dir nicht
ohnehin bereits alles. Du weiß doch von Siv. Oder etwa nicht?“
„Ja. Natürlich. Und von ihren Schwestern. Von Elena und
deiner „alten Freundin aus Sektentagen, die unerwarteter Weise hier auftauchte.
Was ist eigentlich mit dieser Alicia? Oder der Affäre, die man dir mit dieser
Ellen nachsagt?“
Erneut kam er gereizt auf mich zu. Baute sich vor mir auf.
Stützte seine Fäuste pochend und energisch vor mir auf den Tisch und sah mich
herausfordernd an.
„Deine verdammte Eifersucht wird noch alles zerstören!“
„Nein. Deine verdammte Trinkerei, die Partys bei deinem
Bruder und deine Neigungen sind die Ursache allen Streites!“
Ich gedachte mich zu wehren und nicht klein bei zu geben!
Aber zu viel mehr Worten kam es nicht. Er verließ das Haus und ich kann nicht
sagen wohin.
Bereits nach der Rückkehr von meinem morgendlichen
„Ausflug“, waren mir so einige Gedanken durch den Kopf geschossen. Jason. Nein!
Norman? Niemals! Paul vielleicht? Besser nicht.
Wanja. JA. Natürlich. Wanja. Am aller liebsten hätte ich
ihn angerufen und mich zu ihm bringen lassen. Jedoch auf den wagen,
eifersüchtigen Verdacht hin, dass Gunnar „womöglich“ doch bei einer anderen
Frau, und die Auswahl war mit Nichten gering, nächtigte, vermochte ich
dergleichen gewichtige Entscheidungen besser doch nicht zu treffen.
Ich würde/werde abwarten und meine Erkundigen einziehen.
Dann, kann ich immer noch verfügen, was geschehen solle.
Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob Gunnar mir
tatsächlich die Wahrheit sagte. Denn ich hatte in der Tat KEIN Taxi
wahrgenommen. Und wenn mich meine Sinne nicht gänzlich täuschten, frage ich
mich, wo war er dann gewesen?
Und was war eigentlich mit meinen ach so „getreuer“ Troels?