Samstag, 16. November 2013

Verruchte, versoffene Welt



Versinkt die Welt um mich im Chaos und in der Verruchtheit?
Ist es ein weltweites Phänomen, das sich insbesondere Männer an Wochenenden betrinken und dann wer weiß was tun?
Noch vor wenigen Stunden, am gestrigen Nachmittag, beschwor mich Gunnar ihm zu vertrauen. Alldieweil sich eine „alte Freundin“ aus Sektentagen im Zentrum  eingemietet hat. Sie hatte sich ausgiebig nach ihm erkundigt und bestand auf einer Hütte nahe der Unseren.
„Ich will ehrlich zu die sein.“, hatte er gesagt und mir erzählt, dass sie im Sektenpfuhl der Liebessklavinnen seine damalige Favoritin gewesen war. Er wäre gleichwohl bereits bei ihr gewesen, hätte sie gebeten sich von „uns beiden“ fern zu halten oder besser noch, das Zentrum umgehend zu verlassen.
„Was will sie?“, hatte ich Gunnar gefragt.
„Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Sie selbst behauptet, dass sie aussteigen will und ich ihr helfen solle. Aber andererseits kann es sein, dass sie vom Chief geschickt wurde, um mich aufzuspüren und zurückzuholen. Denn woher sollte sie sonst das Geld für die Reise und den Aufenthalt hier haben.“
„Ich befürchte eher, es ist zweiteres.“, hatte ich ihm geantwortet und den Rest meiner Gedanken beiseite gelassen. Nicht ausgesprochen. Denn ich war wütend und hätte ihm am aller liebsten meine Wut über die „nächste Dame“ im Kreis seiner Verehrerinnen, mit welcher ich konfrontiert wurde, ins Gesicht geschrieen. Aber ich ließ mich beschwichtigen. Glaubte ihm, dass er nichts mehr mit ihr zu tun haben wolle und sie gebeten hatte zu gehen.

Es ging mir nicht wirklich gut, am gestrigen Abend. Der Tag hatte seine Spuren hinterlassen. Mich erschöpft. Mir die Kraft geraubt, und ich gedachte frühzeitig zu Bett zu gehen.
„Ich gehe mit dir gemeinsam zu Bett. Warte, bist du eingeschlafen bist und stehe dann noch einmal auf, um ein wenig fern zu sehen.“, hatte Gunnar verständnisvoll  lächelnd zu mir gesagt und WENIGSTENS war ich zufrieden in seinen Armen in den Schlaf gesunken. Denn des Nachts gegen zwei, wachte ich auf und er war nicht da. Okay. Dachte ich und schlief wieder ein. Als er jedoch heute Morgen gegen halb sechs noch immer nicht neben mir lag, stürzte ich wütend und frierend zu meinem Wagen und fuhr zu Troels, den ich ebenso wenig in seiner Wohnung vorfand.
Da stand ich nun vor einem leeren Bett und war ratlos.

Letztendlich schrieb ich Troels eine Nachricht, legte sie auf sein nicht benutztes Kopfkissen und fuhr zurück nach Hause, wo ich mein Frühstück orderte und fröstelnd unter die heiße Dusche sprang.
Noch während ich mich abtrocknete hörte ich die Tür und dachte eine Frau des Personals würde meine Speisen servieren. Es war jedoch Gunnar. Nach Alkohol und wer weiß was stinkend. Er umfing mich mit seinen Armen, drückte sich von hinten an mich und hauchte mir: „Sei mir bitte nicht böse“, ins Ohr. Der alkoholisierte Schwall seines Atems ließ mich hüsteln. „Ich war bei Hjalmar. Wollt nur auf ein Bier bleiben. Aber du weißt doch wie das ist.“
„Nein! Weiß ich ebne nicht.“, antwortete ich trotzig und löste mich aus seinen Armen. Er fing mich jedoch sogleich wieder ein, zog mich an sich und küsste mich auf Wangen und Hals. Denn ich drehte mein Gesicht von ihm weg, alldieweil mir von dem Hauch seiner Stimme übel wurde.
Schlussendlich ließ er mich gehen und folgte mir ins Wohnzimmer. Wo er sich flätig auf die Couch sinken ließ und die Beine auf den Tisch vor sich legte. „Es tut mir leid. Ich hätte früher zurückkommen sollen. Ich weiß. Komm, lass uns wenigstens gemeinsam frühstücken.“
Ich atmete tief durch und räusperte mich. „Meinetwegen.“
„Ich gehe kurz duschen. Aber genau genommen hätte ich mich lieber noch einmal schlafen gelegt.“, sagte Gunnar grinsend.
Während er duschte, orderte ich ein zweites Gedeck und kleidete mich an. Es ging mir noch immer nicht wirklich gut am heutigen Morgen. Was jedoch sicherlich zum größten Teil auf die mir im Hospital verabreichten Medikamente zurückzuführen sind.

„Du bist hoffentlich nicht betrunken mit dem Wagen hier her zurück gekommen?“, fragte ich Gunnar ihn besorgt. Fixierte ihn und nahm einen Schluck aus meiner Tasse.
„Nein. Natürlich nicht. Ich hatte gestern Abend bereits ein Taxi genommen, weil ich etwas trinken, jedoch nicht lange bleiben wollte.“
„Komisch. Ich hörte Keines.“
Er zuckte mit den Schultern und nippte ebenfalls an seiner Tasse.
Ich dachte an Streit. Ihm all meine Gedanken an den Kopf zu werfen. Daran, ihn mit allerlei anderen Möglichkeiten zu konfrontieren, wo er gewesen sein konnte. Hätte ihm am aller liebsten anschreien wollen, warum er nicht einfach bei mir bleiben konnte. Tat es und ließ meiner Wut freien Lauf.

Am Ende schrie ich ihn an, das er verschwinden solle und ich mich scheiden lassen wolle. Woraufhin er wütend wurde. Zurück ins Zimmer kam und mit der Faust auf den Tisch schlug. Wo er doch schon Wut schnaubend auf dem Weg nach draußen gewesen war.
„N-E-I-N! Das wirst du nicht tun!“ Er funkelte mich an.  
Ich war total verschreckt und verstört ob seines Verhaltens. War gänzlich perplex und verwirrt. Schluckte. „Nein. Natürlich nicht.“, brachte ich nur noch kleinlaut heraus  bevor mir die Stimme versagte und ich zu weinen begann. Aber ich war noch immer wütend.
„Warum zum Teufel kannst du das Trinken und Party feiern bei deinem Bruder nicht einfach für einige Zeit lassen?“, warf ich ihn noch einmal schluchzend entgegen. „Und wer weiß, wo du noch gewesen bist.“
Gunnar lief mürrisch und unruhig vor mir auf und ab. „Waren wir uns nicht einig darüber, dass du mir vertraust? Erzähle ich dir nicht ohnehin bereits alles. Du weiß doch von Siv. Oder etwa nicht?“
„Ja. Natürlich. Und von ihren Schwestern. Von Elena und deiner „alten Freundin aus Sektentagen, die unerwarteter Weise hier auftauchte. Was ist eigentlich mit dieser Alicia? Oder der Affäre, die man dir mit dieser Ellen nachsagt?“
Erneut kam er gereizt auf mich zu. Baute sich vor mir auf. Stützte seine Fäuste pochend und energisch vor mir auf den Tisch und sah mich herausfordernd an.
„Deine verdammte Eifersucht wird noch alles zerstören!“
„Nein. Deine verdammte Trinkerei, die Partys bei deinem Bruder und deine Neigungen sind die Ursache allen Streites!“
Ich gedachte mich zu wehren und nicht klein bei zu geben! Aber zu viel mehr Worten kam es nicht. Er verließ das Haus und ich kann nicht sagen wohin.

Bereits nach der Rückkehr von meinem morgendlichen „Ausflug“, waren mir so einige Gedanken durch den Kopf geschossen. Jason. Nein! Norman? Niemals! Paul vielleicht? Besser nicht.
Wanja. JA. Natürlich. Wanja. Am aller liebsten hätte ich ihn angerufen und mich zu ihm bringen lassen. Jedoch auf den wagen, eifersüchtigen Verdacht hin, dass Gunnar „womöglich“ doch bei einer anderen Frau, und die Auswahl war mit Nichten gering, nächtigte, vermochte ich dergleichen gewichtige Entscheidungen besser doch nicht zu treffen.
Ich würde/werde abwarten und meine Erkundigen einziehen. Dann, kann ich immer noch verfügen, was geschehen solle.

Ich bin mir nicht wirklich sicher, ob Gunnar mir tatsächlich die Wahrheit sagte. Denn ich hatte in der Tat KEIN Taxi wahrgenommen. Und wenn mich meine Sinne nicht gänzlich täuschten, frage ich mich, wo war er dann gewesen?
Und was war eigentlich mit meinen ach so „getreuer“ Troels?