Gunnars Hang zur Unbefangenheit und zum Nudismus, sind mir
genau genommen nur wenig verständlich. Ich dachte sein Vater sei ein gestrenger,
selbstsüchtiger Mann. Hat er womöglich ebenso seine „geheimen“ Vorlieben und Gelüste,
die er niemandem verrät? Denn meist ist es die Erziehung und das kindliche
Umfeld, was Menschen prägt.
Jedoch schien Nacktheit und ungezügeltes, sexuelles
Verhalten innerhalb der Sekte, zu der Gunnar damals in New Orleans gehörte, in
gleichem Maße „normal“ zu sein.
Hatte Gunnar etwa im Teenie- Alter die Flucht vor etwas ergriffen
und kam vom Regen in die Traufe? Hatte ICH da etwas völlig falsch gedeutet und miss-verstanden? Mit
mir spricht man auch nicht wirklich über derartige Familiengeheimnisse.
Aber, wozu sich den Kopf zerbrechen? Es ändert ohnehin
nicht daran. Weder an Gunnar, noch an seinen Vorlieben oder seinem Verhalten.
Er ist nun einmal wie er ist.
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Mir fehlt, wie ich des Öfteren feststellen konnte, eine
„beste Freundin“, mit welcher ich so mancherlei besprechen könnte.
Natürlich ist da Sarah Sjögren. Aber sie ist immerhin nur
eine Angestellte.
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Müsste ich meine Gefühle im Augenblick beschreiben, wäre
Unsicherheit das oberste von allem.
Da ist so viel was mich ängstigt. Krankheit, Zukunft, ja
sogar mein Ehemann. Zuweilen Wanja, da ich nie weiß, was sein nächster Schritt
sein wird. Unerfüllte Liebe kann in manchen Fällen zu gesteigerter
Unberechenbarkeit führen.
Die unglückselige Unerreichbarkeit von Kevin. Aber was will
ich schon mit ihm? Eine Allianz der Versehrten? Wo der eine den anderen nicht
zu stützen vermag? Oder täusche ich mich?
Der sichtliche Egoismus und die scheinbare Ignoranz von
Ian?
Im Gegensatz dazu die Gleichmütigkeit von Troels. Wie hält
er das aus? Mich beständig bei Gunnar zu wissen.
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Dahl Lundqvist statte mir einen eher inoffiziellen Besuch
ab, bei welchem er mich darüber in Kenntnis setzte, dass eine gewisse Alicia
Rice das Studio blockiere, ohne auch nur einen müden Penny dafür zu zahlen.
Gunnar hätte ihn aufgefordert darüber still zu schweigen. Was er angesichts
seines Jobs jedoch nicht könne. Seine Mutter, Christine würde aller
Wahrscheinlichkeit nach ebenso darüber Bescheid wissen.
Es schien mir, als würde er ganz bewusst diese Information
an mich weiter geben.
Ich bedankte mich höflich und er ging.
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Die Gerüchteküche des Zentrums vermeldet mir durch Sarah
Sjögren, dass mein Ehemann eine Affäre mit einer gewissen Ellen Parker hätte. Sie
wurde Anfang November von Dahl Lundqvist eingestellt, nachdem zwei andere
gefeuert wurden, um die Kosten mindestens einer Stelle einzusparen. Sie wäre
mit weniger als einem Gehalt der beiden zufrieden und glücklich einen Job
gefunden zu haben.
Man hätte Gunnar vor einigen Tagen in ihre Hütte gehen
sehen.
Würde ich jedem Gerücht auch nur im Mindesten einen
gewissen Wahrheitsgehalt zugestehen, sollte ich mich besser scheiden lassen.
Oder, nicht mehr darüber nachdenken und mich ebenso durch die Reihen des
Personals ficken. Nur hatte ich vor kurzem erst beschlossen genau DIES eben
nicht zu tun. Weil es sich schlicht und einfach nicht gehört!
Wer ist diese Frau überhaupt?
Ist sie auch nur eine Sekunde meiner Aufmerksamkeit wert?
Bislang nahm ich sie noch nicht einmal wahr.
Jedoch sind es zuweilen viel mehr die stillen,
unscheinbaren Frauen, die Geheimnisse
hüten und denen man es mit Nichten zutrauen würde Ehen zu zerstören oder ein
ausschweifendes Leben zu führen.
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Am Nachmittag hatte Gunnar grinsend gewitzelt und darüber
geredet, mich am Abend zufrieden stellen zu wollen. So wie ich ihn am Tag
zuvor. Möglicherweise hatte er diesbezüglich ein „schlechtes Gewissen“. Jedoch
war er am Abend für einige Zeit wer weiß wo unterwegs, und als er zurückkam,
war ICH zu müde. Demzufolge vermochte ich ausschließlich den „Kuschelfaktor“ zu
genießen, der gleichermaßen nicht zu verachten ist.
Und heute Morgen kamen die „vampiristischen Schwestern“
samt Arzt. Erneut keine Gelegenheit dafür.
Ja natürlich beeinflussten mich am gestrigen Tag noch immer
die Fotos dieser vermaledeiten Mail. In gewisser Weise und für einige Zeit
hatte sie ihr Ziel erreicht.
Jedoch am Ende sprach ich doch mit Gunnar über alles. Die
Gerüchte, die Fotos und ich war letztendlich glücklich darüber es getan zu
haben.
Das Wichtigste sei Vertrauen zueinander. Betonte er wieder
und wieder. Schließlich würde er mir sogar
darüber berichten, wenn er zu Siv gehen würde, um eine Session mit ihr zu
veranstalten. Denn seine Neigungen könne er nicht mehr leugnen. Und da ich sie
nun bedauerlicherweise nicht zu befrieden vermag, wäre diese doch schließlich
eine akzeptable Lösung, für welchen ich nun selbstverständlich Verständnis
aufbringen müsse. So zumindest seine bittende Frage und sein flehender Blick.
In welchem Maße kann ich Gunnar wirklich vertrauen?