Ich bin müde, und vor allem wütend auf mich selbst, mich
gestern einer Situation ausgesetzt zu haben, welche meiner Gesundheit nicht
wirklich zum Wohle gereichte.
Nach dem Lunch saßen wir noch eine lange Weile mit
Christine und Thomas zusammen im Restaurant. Unter dem Vorwand meine
Medikamente einnehmen zu müssen, verließ ich die Runde frühzeitiger und ging
allein zurück zum Haus. Bei dieser Gelegenheit gedachte ich bei Norman
vorbeizuschauen, um mich für die Höflichkeit der Sorge zu bedanken, welche er
mir entgegengebracht hatte.
Norman ist wahrlich keine attraktive Erscheinung. Ich kann
ihm gerade so in die Augen sehen wenn wir uns gegenüber stehen. Jedoch ist da
dieser Charme der Iren, der ihn umfängt. Welchem ich bereits bei Ian erlag.
Nun, ich trat nicht ein, blieb ausschließlich einige
Minuten mit ihm vor der Tür stehen und ging dann rasch und fröstelnd weiter zu
unserem Haus.
Da Gunnar nach einer guten Stunde mir noch immer nicht nach
Hause gefolgt war, rief ich ihn an.
„Warum besuchen wir nicht jetzt gleich Alicia im Studio?
Schließlich lud sie uns beide ein, ihr bei der Arbeit zuzuschauen.“ Gunnar bat
mich zu ihm zu kommen, damit wir gemeinsam ihrer Einladung folgen konnten.
Alicias Musik trifft in der Tat NICHT meinen Geschmack.
Ihre Art zur Gänze ist mir zu stark vom Mainstream durchdrungen. Die Form ihrer
Musik spürt vor Kitsch und barbiehafter
Teenie-Orientiertheit. Kein Herzblut. Ohne Stiel. Keine Eleganz.
Wir blieben etwa bis fünf Uhr im Studio. Traten dann
gemeinsam den Rückweg zu unseren Hütten an und Gunnar fragte sie, wie ich
vermute (?!) aus Höflichkeit, ob sie uns nicht noch ein wenig Gesellschaft
leisten würde. Dankend und ausnutzend bis zum Überfluss, nahm sie diese
Einladung an. Denn letztendlich blieb sie unhöflicher Weise bis weit nach
Mitternacht in unserem Haus.
Ich kann nicht sagen, warum Gunnar nicht den Mut aufbrachte
ihr mit mehr Vehemenz entgegn zu treten, um ihr zu bekunden, dass sie gehen
solle. Denn er wusste, dass wir heute bereits am frühen Morgen einen Arztbesuch
zu absolvieren hatten. Nun, ich vermag nicht gänzlich zu behaupten, er hätte es
nicht versucht. Nur reagierte sie mit Nichten darauf und schwatze unentwegt
weiter.
Was zum Kuckuck interessiert mich die Lebensgeschichte
dieser Frau?!
Welche taktlose Unverfrorenheit sie unterdessen an den Tag
legte, verwunderte mich zusehends. Ich weiß nicht genau, was sie sich erhoffte.
Kann es nur vermuten. Was die Dreistigkeit noch unterstreicht. Nicht nur, dass
sie mit Gunnar vor meinen Augen flirtete, nein, sie schien mich sogar um ein
Darlehn ersuchen zu wollen. Ich befand mich in einer misslichen Lage.
Einerseits gedachte ich diese Unterhaltung zu verlassen und mich
zurückzuziehen. Andererseits konnte/wollte ich sie mit Gunnar nicht allein
lassen, bei der auffälligen Vehemenz, mit der sie Gunnar Avancen entgegenbrachte.
Wieder und wieder versuchte ich ihr auf höfliche Art
beizubringen, dass es doch spät genug wäre, wir müde seine und frühmorgens
einen Arzttermin hätten. Was sie wenig beeindruckte, denn sie sprach
ununterbrochen weiter. Klagte über ihre finanzielle Lage, und als ich es müde
war sie zu bemitleiden, erwähnte sie noch von ihrem Vater und Onkel missbraucht
worden zu sein, sodass sich mein Mitgefühl erneut auf sie richtete, und Gunnars
selbstredend ebenso.
Ich hielt aus und durch bis halb zwei. Dann wurde ich
ungehalten und gab ihr unmissverständlich zu verstehen, dass sie unsere Zeit am
heutigen Abend nun zur Genüge strapaziert hätte. Gegen zwei hatte sie dann
endlich, endlich, endlich das Haus verlassen.
Die Problematik bei dergleichen Unterhaltungen ist, dass
sie nachhallen. Das Hirn besetzen. Sich einnisten und mich für eine Weile nicht
mehr los lassen.
Am Ende bin ich noch heute über mich selbst verärgert,
alldieweil ich nicht energisch genug war und sie mit bestimmter Höflichkeit vor
die Tür setzte.
Ich vermag nicht mit Sicherheit zusagen, ob Gunnar mit ihr
eine Affäre hatte oder sogar noch hat. Oder auch nicht. Auf meine wiederholte
Frage hin, verneinte er scharf und vehement, sodass ich weitere Fragen in
diesem Zusammenhang besser unterließ.
In jedem Fall vermochte ich nichts in beider Verhalten
diesbezüglich und augenscheinlich festzustellen, dass darauf hinwies. Außer,
dass sie permanent mit Gunnar kokettierte.
Was für ein Glück für diese Alicia, dass man mich Höflichkeit
lehrte. (Am liebsten wäre ich ihr an die Gurgel
gegangen!)
In diesem Fall gereichte sie mir doch eher bedauerlicher
Weise zum gesundheitlichen Nachteil.
Adam hat heute Geburtstag!!!
Happy
birthday!