Donnerstag, 21. November 2013

Du brauchst dich nicht zu sorgen – ein beinahe Monolog



Es ist eigenartig, beängstigend und erstaunlich zugleich, wie unser aller Zusammenleben in ruhigen Bahnen sich beinahe selbstständig fügt.
Keine agiert gegen die andere. Ist missgünstig oder ganz und gar Streit lüstern.
Was mir bisher so unvorstellbar und unmöglich erschien, geschieht einfach.
Drei so dermaßen unterschiedliche Frauen und ein einziger Mann.
Und ich, mitten drin.

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Christine war außer sich vor Sorge um Thomas und war den gesamten Tag bei ihm. Daher war Gunnar in der Pflicht die Leitung des Zentrums vollständig zu übernehmen.
So ganz ins Geheim vermutete ich jedoch, dass er mit all den Verantwortungen, zuzüglich seiner drei Frauen, überfordert war.
Er zitierte mich ins Office, um zu helfen. Als ich eintrat, war Kate bereits dort und sortierte irgendwelche Papiere. Marie schien Gunnar zu suchen und kam mit den Kindern ebenfalls ins Büro. So hielten Gunnar, seine drei Frauen und Dahl Lundqvist die Geschäfte des Zentrums am laufen.
Während wir gemeinsam speisten, wurde Gunnar gezwungen Prioritäten zu setzen und Regeln aufzustellen. Denn Marie hatte ihn gefragt, ob er nicht die kommende Nacht bei ihr verbringen könne.
„Marie“, begann er, „Du weißt, dass ich dich mag. Auch, das du und die Kinder hier bei mir seid, ist mir eine übergroße Freude. Aber du kannst meine Liebe nicht erzwingen. Verstehst du? Wenn du mit mir schlafen, oder ficken willst, ist das eine andere Geschichte. Dazu bin ich durchaus bereit. Wenn du damit zufrieden bist, mit mir und uns allen hier so zu leben, ist es okay und du kannst bleiben. Aber du musst verstehen, dass ich Rea liebe und sie niemals verlassen würde.“
„Ich weiß.“, warf sie ein wenig verdrießlich drein blickend ein. „Das war mir durchaus bewusst, als ich hier her gekommen bin und ich akzeptiere das auch. Und ja, ich will mit dir ficken. Wenn du Zeit hast, womöglich gleich heute Abend.“
Gunnar antwortete nicht direkt und sah nun zu Kate, bevor er wieder Marie ansah.
„Kate kennst du von New Orleans. Aus den Zeiten der Sekte. Du weißt, dass ich sie gern mochte. Lieber als alle anderen. Es war schon eine Art Liebe mit ihr. Zudem“, bei diesen Worten sah er schmunzelnd zu ihr hinüber, „scheint sie zum Teil sogar meine Neigungen zu teilen. Wir haben Spaß miteinander. Am Trinken und feiern. Insofern ist es für mich unproblematisch mit ihr zusammen zu sein. Zu schlafen, zu ficken, oder was auch immer. Lass mir ein wenig Zeit Marie. Heute Abend werde ich bis zehn Uhr bei dir und den Kindern sein und dann gehe ich zurück zu Rea. Was wir tun, vermag ich noch nicht zu sagen. Das überlasse ich dem Zufall. In jedem Fall würde ich mich glücklich schätzen, mich in dieser Zeit um meine Kinder kümmern zu können.“
Nun richtete Gunnar seine Aufmerksamkeit auf Kate. „Was dich betrifft, war ich erst letzte Nacht bei dir. Ich werde nicht jede Nacht zu dir kommen. Verstehst du, dass du das nicht erwarten kannst. Rea ist meine Frau, und ich werde die meiste Zeit mit ihr verbringen. Ich bin überaus glücklich darüber, dass sie so tolerant ist und diese doch im Augenblick für uns alle ein wenig schwierige Situation bravourös meistert.“ Nun zwinkerte er mir zu und sah dann wieder zu Kate. „Wir alle hier sind bereit, dir Kate,  den Einstieg in das Leben außerhalb einer Sekte zu ermöglichen und so angenehm wie möglich zu gestalten. Sei dankbar für diese Unterstützung, auch Rea gegenüber,  und vergiss das nie.“

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Noch immer regen sich in mir Zweifel und Ängste, dass sich Gunnars Liebe zu mir verändert oder ganz und gar versiegt, und ich vermute, dass dieses Gefühl gleichwohl noch eine lange Zeit bleiben wird, sollte ich mich tatsächlich weiterhin als eine von Gunnars Frauen begreifen und hier im Zentrum bei ihm verbleiben.
Meine Besorgnis äußerte ich selbstredend Gunnar gegenüber und er begann seinen „beinahe Monolog“.
„Du brauchst dich in der Tat meiner Liebe wegen nicht zu sorgen Rea. Dein Kümmernis entbehrt jeglicher Grundlage. Sieh doch. Ich liebe Marie nicht. Gleichwohl sie eine überaus attraktive Frau ist und ich sie gern mag. Aber ich kann unterscheiden zwischen Liebe und Sex. Überdies ist sie die Mutter meiner Kinder und eine wahrlich fabelhafte Frau. Kate mochte ich tatsächlich damals sehr. Wir teilten viel miteinander und hatten eine Menge Spaß beim Sex.“
„Und du wünschst es dir, dass es wieder so wird. Nicht wahr?“, warf ich ein.
„Nein. Bestimmt nicht SO. Aber möglicherweise können wir einige Ereignisse von damals reaktivieren. Wir beide sind sicher nicht mehr gänzlich die Gleichen wie vor Jahren. Aber es wäre möglich, wie die letzte Nacht zeigt, noch immer Spaß miteinander zu haben. Bitte sei mir nicht böse, denn ich bin sicher, dass diese Beziehung zu Kate erneut nicht von Dauer sein wird. Auch wenn ich sie mag und sogar auf irgendeine Art und Weise liebe, ist es keinesfalls wie mit dir Rea. Und in erster Linie wollen wir, will ich ihr helfen ein Leben außerhalb einer Sekte aufzubauen, was für sie lebbar sein wird, nachdem, was sie bisher erfahren hat.“
„Wer bist du? Robin Hood? Der Rächer der Armen und Weisen?“
„Jetzt werde bitte nicht sarkastisch.“
„Du liebst sie also noch immer und obendrein gefällt dir offenbar das Ficken mit ihr viel besser als das mit mir.“
„Vielleicht erinnerst du dich an Kevin und Ian. Du hast sie in meiner Gegenwart geliebt und mit ihnen gefickt.“
In diesem Augenblick wollte ich etwas entgegen. Jedoch kam ich nicht dazu. Denn Gunnar sprach ohne Unterbrechung schlicht und einfach weiter.  
„Mit Kate ist es eine andere Art von Liebe, wie ich sie zu dir empfinde Rea. UNSERE Liebe hat eine gänzlich andere Dimension. Nicht so flüchtig oder Sex orientiert wie die zu Kate. Obgleich ich sie schon mag. Und ich kann hier ebenso zwischen mögen und Liebe unterscheiden. Denn ich liebe DICH Rea! Verstehst du mich?!“
„Was ist mit Kate? Mir scheint, sie liebt dich noch immer?“
„Möglicherweise. Wenn es die Wahrheit ist, was sie sagt, ist es gut möglich, dass sie denkt für immer bei mir bleiben zu können. Im Augenblick ist ihr Gehirn noch Sekten gewaschen. Was kommen wird, vermag ich nicht zu sagen. Warten wir es ab.“
„Weißt du Gunnar“, unterbrach ich ihn, „schaue ich auf meine derzeitigen Lebensumstände, ist kaum ein Unterschied und ich hätte ebenso bei Felicio bleiben können.“
„Nein Rea. Ich liebe dich über alles. Nichts wird uns jemals trennen. Weder Marie und die Kinder, noch Kate. Schon ganz und gar nicht andere Frauen wie Siv, Alicia oder Elena. Die Letzteren waren nicht mehr als Gelegenheiten.“
„Sind. Nicht waren.“, berichtigte ich ihn.
„Ja. Mag sein. Alicia wird uns schon Ende der Woche verlassen.“
„Und was ist mit der australischen Claire und dieser Ellen? Sind das ebenfalls Gelegenheiten?“
Gunnar lächelte. „Bisher noch nicht. Allerdings beabsichtige ich daraus auch keine werden zu lassen.“
„Ich denke, dass dir drei Frauen genügen müssten. Oder etwas nicht?“
„Daum geht es nicht. Überdies werden Marie und Kate unser beider Leben kaum beeinflussen.“
„Um was geht es dann?“
„Ich finde es schlicht und einfach großartig meine Kinder zu sehen und um mich zu haben. Einer anderen Frau zu helfen, UND mich um dich kümmern und dich lieben zu dürfen. Zudem noch eine Menge Spaß und Freude daran zu finden. Wenn ihr Frauen euch untereinander vertragt. Nach dem gestrigen und heutigen Tag bin ich mir sicher, dass das Experiment gelingt. Marie ist zwar entzaubert, aber noch immer deine Freundin. Überdies verhält sie sich auch wieder genau so. Kate steht dem Leben eher arglos und naiv gegenüber. Sie ist in keinem Fall feindselig. Sondern eher freundlich, zugänglich und vielseitig interessiert. Obendrein hat sie viel zu lernen. Siehst du nicht was hier geschieht? Es ist ein Wunder, dass wir hier alle gemeinsam vollbringen. Und du, hast daran deinen Anteil Rea. Kate hilft Marie mit den Kindern. Marie hilft dir. Ihr alle helft einander. Ist das nicht fabelhaft?!
Du brauchst dich in der Tat nicht zu sorgen. Jetzt sitze ich mit dir hier und sehe fern. Dann gehen wir, wie für gewöhnlich, gemeinsam zu Bett. Möglicherweise werde ich zukünftig, wenn du eingeschlafen bist, sodass du es nicht weiter bemerkst, zu Kate oder auch zu Marie hinüber gehen. Oder Kate zu Hjalmar mitnehmen. Sie trinkt und feiert ebenso gern wie ich. Du magst das leider nicht. Ich weiß.“
„Für jedwede Gelegenheit hast du nun eine Frau.“
Gunnar lachte. „Ja. In der Tat. Eine Mutter für meine Kinder, die ich zwar nicht liebe, aber der ich jedoch zumindest Sex und meine Gegenwart schenken kann, wenn sie es wünscht. Was ich finde, das Mindeste ist, für das Geschenk zweier so wundervoller Kinder. Eine andere Frau, die meine Freizeitaktivitäten und meine Neigungen teilt. Mit der ich sicher jede Menge Spaß haben werde, obgleich ich sie nicht so liebe wie dich Rea. Sie ist wie ein guter Freund für alles, der ich obendrein noch helfen kann. So helfen wir uns gegenseitig. Und in dir Rea, habe ich eine Frau, die meine gesamte Aufmerksamkeit und Liebe bekommt. Um die ich mich kümmere und sorge. Der ich Sicherheit und Geborgenheit geben kann, und zweifelsohne noch viel mehr, was sie glücklich macht.“
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Ich bemerke, dass ich in den vergangenen Tagen bereits erneut ZU VIEL schrieb.
Es gelingt mir bedauerlicher Weise nicht, mich kurz zu fassen. Gleichwohl es ein immerwährender Vorsatz ist. Da ich mich jedoch im Augenblick mehr in die Geschäfte und Belange des Zentrums einbringe, fehlt mir genau genommen die Zeit zum Schreiben. Zudem scheint man meine Bitten um eine Freundin erhört zu haben. Nur, weisen die Götter in der Tat einen überaus kuriosen Humor auf, wenn sie mir stattdessen „zwei Nebenfrauen“ schenken.

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Gunnar war erschöpft am gestrigen Abend. Kein Wunder nach der Nacht mit Kat, dem wenigen Schlaf und den Aufregungen des Tages. Wir gingen frühzeitig zu Bett und schliefen heute Morgen bis halb acht.


Vor etwa einer Stunde ist Gunnar mit Kate nach Stockholm gefahren, um mit ihr und für sie einzukaufen.
„Begleitest du uns?“, hatte er gefragt.
Um ein Haar hätte ich bissig  geantwortet: Du bist wohl verrückt geworden?! Alldieweil ich bemerkte, wie er sie während unseres gemeinsamen Frühstücks ansah und ihre Hand hielt. Besann mich jedoch dann, senkte den Blick auf meinen Teller vor mir und sagte leise „Nein.“