Montag, 18. November 2013

Genugtuung und eine Geste des guten Willens


Gerade eben genieße ich noch meine Garnelen mit Gemüse und Couscous, als Alicia freudestrahlend zur Tür des Restaurants herein und auf uns zukommt.
Am liebsten hätte ich sie erwürgt!!! Bat sie jedoch zu Gunnars Erstaunen, der sich verlegen mit der Hand am Kinn rieb, sich zu setzten. Was sie auch tat. Ich blieb freundlich. Antwortete sachlich und mit einem Lächeln im Gesicht auf ihre Frage, ob alles okay sei. „Nein. Es ist nicht alles okay. Besonders mit dir, Alicia. Denn du hast in der Nacht vom Freitag zum Samstag mit meinen Mann gefickt, anstatt ihn zu mir nach Hause zu bringen. Und davor schon einmal in Südafrika, während eurer Videoaufnahmen. Ich hoffe, es hat dir gefallen. Denn es war das letzte Mal. Bis Morgen hast du das Studio und deine Hütte geräumt und das Zentrum verlassen. Wenn nicht, lasse ich dich raus werfen. Ich glaube, wir haben uns verstanden. Und jetzt, darfst du gehen.“
Während ich sprach hatten Alicias Augen ungeahnte Größe angenommen und ihr Mund war offen stehen geblieben.
Gunnars kaute auf seiner Lippe und sein Blick huschte nervös hin und her.
Alicia fing sich jedoch sogleich und gab sich noch im selben Augenblick  gelassen.
„Ich dachte, du wolltest dich scheiden lassen?“ Ein freches Grinsen sprang mir entgegen.
Hatte Gunnar tatsächlich mit IHR darüber geredet?
„Nein. Warum sollte ich?“
„Du vergibst ihm also, dass er mit mir gefickt hat?“
Gunnar gedachte offensichtlich einzuschreiten. Jedoch gebot ich ihm mit einer einzigen Handbewegung zu schweigen.
„Ja. Denn mehr war es nicht.“
„Vielleicht liebt er mich doch?“ Sie blinzelte Gunnar einen kurzen Augenblick lang an, der nicht wusste, wo er hinsehen oder was er tun sollte.
„Jedenfalls schien es ihm Spaß zu machen meine Fotze zu lecken.“
Ups damit hatte ich nicht gerechnet. Jetzt musste ich hüsteln. Ich hob beide Brauen, als würde ich an ihren Worten zweifeln und sah ihr direkt in die Augen.
„Also ich glaube nicht, dass du ein Ganzkörperkondom übergestreift hattest. Gunnar ist gewiss nicht so dumm ungeschützt, auf welche Weise auch immer, mit dir zu verkehren.“
„Es ist genug jetzt.“, schaltete sich Gunnar nun doch dazwischen. „Rea hat Recht.“ Er sah Alicia an. „Das was du da sagst, entspricht nicht der Wahrheit. Ich benutzte stets ein Kondom. Sogar Freitagnacht. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Du selbst hast es mir auf meinen Wunsch hin übergestreift.“
Als ich mich umsah, bemerkte ich, wie begierig die Leute im Restaurant das Spektakel verfolgten, als warteten sie nur noch auf das Finale.
„Also war ich nicht mehr als ein Fick für dich?“, fragte Alicia Gunnar und es schien, als würde sie wütend werden.
Der räusperte sich und ich sah, wie die Muskeln seines Kiefers sich bewegten.
„Du wusstest, dass ich verheiratet bin.“
„Ja und?“, unterbrach sie ihn schroff.
Was dachte sich diese Kuh eigentlich? Ich würde alles aufgeben, dass sie sich ins gemachte Nest setzen konnte? Besonders jetzt, wo ich endlich ein zu Hause für mich gefunden hatte.
„Denkst du wirklich, du könntest unsere Ehe zerstören?“ Übernahm ich nun erneut die Führung des Gespräches, alldieweil Gunnar im Augenblick sprachlos schien und lächelte sie in mir ruhend an. Ich war in der Tat nicht das kleinste Bisschen erregt oder zweifelte an meinen Worten oder ganz und gar an Gunnars Lauterkeit. Was nichts anderes bedeutete, als dass ich ihm uneingeschränkt vertraue.
„Nicht DU und auch keine andere!“, waren meine eindeutig, im gesamten Raum zu hörenden, abschließenden Worte.

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Trotz aller Unstimmigkeiten hatten wir am Nachmittag überaus angenehmen Sex.
Ich mochte nicht an Alicia oder die anderen Frauen denken und ließ mich hinein ziehen, in den Strudel aus Ekstase und Leidenschaft. Warum, um der Götter Willen, sollte ich mir diesen Rausch entsagen? Schließlich genoss ich ihn mit meinem Ehemann.

Gunnar und ich sahen gerade fern, als sein iPhon läutete. Es war so etwa gegen halb sechs.
Er stand auf und ging nach nebenan.
Nach einer Weile sah ich nach ihm. Energisch, aber doch eher leise diskutierte er mit irgendwem und gestikulierte heftig dabei.
„Wer ist das?“, fragte ich und biss gelangweilt in einen Apfel.
Er unterbrach das Gespräch um mir zu antworten. „Alicia.“
Nun blieb mir der Bissen im Halse stecken und ich hustete.
„Was will sie denn?“, fragte ich noch immer keuchend.
„Sie möchte mich in einer dringenden Angelegenheit persönlich sprechen. Sagt sie.“
„Braucht sie einen Abschieds-Fick oder was?“, wurde ich wütend.
„Nein. Nein.“, beschwichtigte mich Gunnar. „Es geht um etwas ganz anderes.“
„Vermag sie dir nicht schlicht und einfach JETZT zu sagen was sie wünscht?“
„Sie sagt nein und will, dass ich zu ihr komme.“
Ich fauchte zornig, schüttelte mit dem Kopf und ging zurück zur Couch. „Es ist deine Entscheidung. Tue, was immer du denkst tun zu müssen.“

Gunnar beendete das Gespräch rasch und ging ins Bad. Als er es verließ, war er gestriegelt und parfümiert. Hatte er sich etwa für sie herausgeputzt? Was sollte ich nun DAVON halten?
Gleichgültig. Ich vermochte daran nicht zu ändern.

Es dauerte etwa zwei Stunden, in denen ich angespannt und gereizt auf und ab lief. Vom Fenster zur Couch. Von der Couch zum Fenster. Bis ich Gunnar dann endlich, gegen halb acht, auf unser Haus zukommen sah.
Rasch setzte ich mich, legte die Beine auf den Hocker vor mir und tat gelangweilt, als er das Zimmer betrat.
„Es wird Zeit für das Dinner.“, sagte er. Streifte seine Schuhe ab und hängte seine Jacke an die Garderobe. „Ich habe mir erlaubt es zu ordern. Es wird sicher gleich serviert werden.“
Er setzte sich neben mich. Ich rümpfte die Nase und verzog das Gesicht. „Ich kann sie an dir riechen.“, zischte ich.
„Gunnar tat erstaunt. „Natürlich. Ich komme gerade von ihr.“
„Willst du mir nicht sagen, was sie denn nun so dringlichst mit dir PERSÖNLICH zu besprechen hatte.“
Gunnar kratzte sich am Kopf. „Es ist in der Tat ein wenig heikel.“
„WAS?! Bekommt sie ein Kind?“
„Nein. So schlimm ist es nun auch wieder nicht.“
„Was dann?“
Gunnar zögerte. Räusperte sich, als traue er sich nichts sagen. „Sie möchte, dass du ihr einige Tage Aufschub gewährst, damit sie ihre Arbeit beenden kann.“
Ihre Dreistigkeit erstaunte mich immer wieder und scheint kein Ende zu nehmen!
„Was soll ich ihr also antworten.“, fragte Gunnar.
„Ah. Die Antwort duldet offensichtlich ebenso keinerlei Aufschub?“
Gunnars Gestik zeugte von großer Verlegenheit. Er sah mich abwartend an. Sagte nicht weiter.
„Dann sage ihr, sie kann ihre Arbeit beenden. Soll sich jedoch nicht zu viel Zeit damit lassen.“
Zügig nahm Gunnar sein iPhon aus der Hosentasche, um ihr die „gute Nachricht“ zu übermitteln.
„Bevor wir allerdings zu Bett gehen, würde ich dich bitten zu duschen. Denn ich beabsichtige nicht, die ganze Nacht Alicias Geruch an dir wahr zu nehmen.“

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Gunnar hatte ausschließlich einen Kaffee getrunken und war zur Dienstberatung gegangen. Ich nahm den Weg zum Restaurant, um in aller Ruhe mein Breakfast einzunehmen.
Während ich aß, kam Alicia zu mir an den Tisch, um sich für die Gnadenfrist zu bedanken. Sie schien ein wenig befangen zu sein. Jedoch in ihren Augen konnte ich noch immer dieses Funkeln sehen, mit welchem sie mich vermutlich am aller  lieben vernichtet hätte. (Damit SIE Gunnar haben konnte.)
Hatte sie sich etwa gestern erneut bemüht Gunnar näher zu kommen? Roch er deshalb so ungewöhnlich streng nach ihr? War es ihr etwa ganz und gar gelungen? Die Zeit von zwei Stunden würde dafür sprechen.
Ich wischte die eifersüchtigen Gedanken beiseite und nickte ihr kurz zu. Bevor sie wendete und ging.
Sollte es tatsächlich so sein, konnte ich es ohnehin nicht mehr ändern. Und wollte ich Gunnar nicht vertrauen?
Er hätte mir sagen können, wenn es so gewesen wäre. Wenn sie es tatsächlich gewagt hätte ihn erneut zu verführen. Andererseits dachte Gunnar sicherlich, ich würde ihm zürnen, dass er überhaupt zu ihr gegangen war und schwieg aus diesem Grund.
Hatte er ihr nun widerstanden? Oder nicht?

Währenddessen ich so über Alicia nachdachte, bemerkte ich eine blonde Frau, die mich fortwährend anstarrte. Sie saß am Nebentisch und entsprach exakt Gunnars Beschreibung von seiner alten Sektenliebe.
Ich stand kurzerhand auf und ging zu ihr hinüber.
„Entschuldigen sie bitte.“, sprach ich sie an. „Ihr Name ist nicht zufällig Kate?“
Sie sah mir ein wenig verdutzt entgegen und nickte dann.
Gedachte sie etwa inkognito zu bleiben? Um mich möglicherweise zu überraschen? In diesem Augenblick beglückwünschte ich mich, für mein zu Weilen ungestümes Wesen.
Im nächsten Moment geschah etwas völlig Unerwartetes.
Sie stand auf und fiel mir vor mir auf die Knie.
Alle Augen im Restaurant waren nun unweigerlich auf uns gerichtet. Wie peinlich!
„Bitte. Bitte!“, begann sie. „Helfen sie mir auszusteigen.“
Ich wusste genau, was sie meinte. Alle anderen mussten sie für eine Verrückte halten, wie sie da betteln vor mir hockte. Oder war es nur ein gut inszeniertes Schmierentheater, um mein Herz zu erweichen?
„Man hat mich geschickt. Aber ich will nicht dorthin zurück. Nehmen sie mich auf. Geben sie mir einen Job. Ich arbeite hart. Aber schicken sie mich nicht wieder weg.“
Im selben Moment als sie mein Bein ergreifen wollte, ging ich rückwärts und fiel Jason Anekelea in die ausgestreckten Arme, der mir bereits zu Hilfe geeilt war.
Er trat vor mich und schob mich ein Stück beiseite.
„Stehen sie auf. Zahlen und gehen sie.“, forderte er Kate auf.
Sie tat verschreckt, wie ein kleines Kind und schien damit das Mitleid der Leute erheischen zu wollen. Wie arglistig sie mir doch erschien. War sie tatsächlich so raffiniert und durchtrieben? Oder war es ihr ernst, mit dem, was sie da sagte?
Ich bin über die Maßen verunsichert. Verstehe die Menschen offensichtlich nicht mehr. Ihr Verhalten ist mir weitestgehend suspekt. Besonders das der Frauen.

Am allerliebsten würde ich mich in eine Höhle zurückziehen, dort nie wieder heraus kommen und ausschließlich Gunnar bei mir dulden.