Es war alles so gut gelaufen, obwohl
ich Gunnar kaum sah.
Er schien glücklich zu sein. Ich war
es auch. Und sogar heute Nacht hielt er sein Versprechen, keine „Irrwege“ zu
gehen. Obwohl er am Abend für kurze Zeit verschwunden war. Aber heute Morgen
war ich allein zum „Abschieds“-Fühstück mit all den anderen gegangen.
Gunnar hatte zu mir gesagt, dass er
für einige Minuten weg gehen müsse. Aber er kam nicht zurück. Infolgedessen
hielt zumindest ich die vereinbarte Zeit des Treffens zur Verabschiedung ein
und begab mich in die dafür vorgesehene Räumlichkeit.
Gunnars Chefin sah mich am Büfett und
kam gleich zu mir. Sie lächelte milde und ihr Tonfall war beinahe mitfühlend.
„Wie geht es ihnen heute?“, fragte sie und ihre Hand strich sanft über die
Außenseite meines linken Armes.
Ich stutzte einen Augenblick und sah
sie mit großen Augen verwundert an. Offensichtlich hatte man ihr von meiner
Krankheitsgeschichte erzählt. Sonst würde sie nicht in dieser Art fragen und
offensichtlich hatte ihre innere Haltung zu mir ebenfalls eine Wandlung erfahren.
Sie war eher herzlich als kalt. Infolgedessen hatte sie gleichwohl eine
ehrliche Antwort verdient. Zumindest fand ich das.
„Nun.“, ich holte einen tiefen
Atemzug und ließ die Luft langsam durch meinen geöffneten Mund entweichen,
„nicht wirklich so berauschend.“, sagte ich und lächelte sie an.
„Sie scheinen ihren Mann sehr zu
lieben.“
„Ja.“
„Hat er es auch verdient?“ Sie
zwinkerte mir zu und wartete auf eine Reaktion.
Ich sah ihr ins Gesicht und kniff die
Augen zusammen. „Sagen sie es mir.“
„Oh. Nein. Ich sollte mir nicht
anmaßen über Gunnar zu richten. So gut kenne ich ihn schließlich nicht.“
Wir füllten unsere Teller mit dem was
jede jeweils für ihre Gesundheit am besten hielt und gingen gemeinsam zum
Tisch. Ich sah Gunnar nicht und auch diese Alexa war offenkundig (noch) nicht
anwesend. Was für ein „merkwürdiger Zufall“!
Trotz aller Offensichtlichkeit und
doch beinahe unmissverständlichen Andeutungen von Gunnars Chefin, suchte mein
Hirn nach Ausreden für das Verhalten meines Mannes. Er wird sich sicherlich nur
verabschieden. Gaukelte es mir vor und überspielte die doch eher wollüstigen
Bilder.
Natürlich „betraten sie die Bühne“
nicht gemeinsam. Gunnar kam als erster eiligen Schrittes herein. Duckte ab und
tat so, als dürfe/würde ihn keiner sehen und setzte sich auf den Platz neben
mich. Er gab mir keinen Kuss. Faselte stattdessen eine fadenscheinige
Entschuldigung und er war trotz alledem nah genug, sodass ich ein feminines
Parfüm an ihm wahrnehmen konnte. In der Kürze der Zeit hatte er sich
zweifelsohne nicht duschen können nachdem......was auch immer er getan hatte.
Ein Kuss und ein paar Worte des Abschiedes dauern schließlich keine vierzig
Minuten!
Nun das gleiche Spiel des Auftrittes
mit dieser Alexa. Zügig, fast rennend betrat sie den Saal. Stoppte in voller
Fahrt. Setzte ein betretenes Lächeln auf und hoffte „unter dem Radar“
durchhuschen zu können. Gleichwohl sich nur wenige nach ihr umdrehten, sah ich
doch auch andere zynisch, vermutend oder wissend grinsen. Und dann immer der
schneller Blick zu mir. Als wollten sie prüfen, beobachten wie ICH auf diese
Offensichtlichkeit reagierte und es schien gerade so, als könnten sie es nicht
erwarten, eine offene Szene der Eifersucht mitzuerleben. Aber diesen Gefallen
tat ich ihnen selbstverständlich nicht. Obwohl ich zugeben muss, dass ich über
die Maßen verletzt gewesen war. Wie konnte er nur? Aber andererseits konnte ich
nicht wirklich wissen, was er getan oder nicht getan hatte. Also schob ich den
Argwohn vorübergehend beiseite. Dennoch vermochte ich ein wenig schlechte Laune
nicht zu verbergen. Ich konnte Gunnar nicht in die Augen sehen. Saß einfach nur
neben ihm, als wäre er irgendein Fremder, der zufällig neben mir saß.
Ich musste mich dringlichst besinnen.
Zusammen reißen. Dachte ich mir. Wozu einen Streit vom Zaun berechen. Gunnar
war bei mir und wir würden in Kürze gemeinsam zurück nach Hause fliegen. Ohne
diese Alexa. Wer weiß, wann, oder ob er sie überhaupt wieder sehen würde. Also
schwieg ich tunlichst und versuchte mich an einem gekünstelten Lächeln.......
Sogar jetzt, auf dem Rückflug,
verspüre ich keinerlei Bedürfnis mit ihm über diese Alexa zu reden. Das Bild
diese Frau in Gunnar Gedanken aufleben zu lassen und all das, was er womöglich
an Intimitäten mit ihr erlebt hat. Nein. Ich schwieg weiter. Machte gute Miene
zum bösen Spiel und betreibe Smalltalk, je nach Nötigkeit.
WO ist JETZT seine Ehrlichkeit? Er
versprach mir stets die Wahrheit zu sagen! Sollte ich womöglich doch noch
einmal ....“nach-fragen“?
Und so manches Mal wünschte ich mir,
Gunnar würde ebenso ein diary führen wie ich hier. Dort könnte ich dann
zumindest „nach-lesen“, was geschah und welche Gefühle er für wen hegt.
Und nein, mit Wanja sprach ich noch
nicht wieder. Da ist wo ein zwiespältiges Gefühl in mir, was mich daran
hindert. Mit Derek ist es dasselbe. Bei ihm fühle ich mich sogar schuldig. Wäre
ich nicht zu Gunnar geflogen, hätten wir sicherlich eine fabelhafte Zeit
miteinander haben können.