Nun, wie es stets so ist, kam ich nicht
wirklich dazu darüber nachzudenken, was ich tue....und wohin ich gehe. Vorerst
zumindest. Ich saß noch bis zum Lunch mit meinem Notebook und surfte im
Internet.
-------
Wanja wusste genau, dass ich mich im
Zentrum befand. Traf mich infolgedessen nicht zufällig, sondern mit Absicht,
als ich auf dem Weg zum Restaurant war.
Und es erstaunt mich immer wieder,
wie Gunnar mich hier so allein lassen kann. Obwohl er doch weiß, dass Wanja mir
hier im Zentrum jeden Augenblick begegnen kann. Ist er sich meiner in der Tat
SO sicher?
Mag sein, dass Erik und seine
Zauberlehrlinge ein Auge auf mich haben. Dennoch wagt er diesen Schritt, um der
Befriedigung seiner Bedürfnisse Willen. Und bin ich durch deren Anwesenheit tatsächlich
in Sicherheit? Und vor allem vor WAS? Muss ich mich vor Wanja wirklich fürchten?
Ja. Vielleicht. Wanja gedachte sich berechtigter Weise an Gunnar zu rächen.
Was MICH das Zentrum gekostet hat. Es ist jetzt das Seine. Dennoch macht er
meinetwegen diverse Zugeständnisse.
Weswegen ich jedoch überaus sauer bin,
sind meine Finanzen UND, dass man meinen Vater bedroht. Ihm zu verstehen gibt,
mir nicht zu helfen. Wanja selbst, hält sich in diesem Fall zurück. Allerdings
denke ich schon, dass er der Initiator ist.
Andererseits verstehe ich seine
Vorgehensweise. Zumindest ist er nicht feige und gibt seine Rache offen vor mir
zu.
--------------
Ganz selbstverständlich steuerte ich
auf unseren abgestammten Tisch im Restaurant, auf dem Potest in einer Ecke zu
und nahm dort mit Wanja Platz. Dachte dann daran, was passieren könnte, wenn
Gunnar kommt.
„Meinst du, es ist gut, wenn wir hier
sitzen?“, fragte ich dann.
Wanja grinste. „Dieser Platz ist dir
jetzt nicht mehr alleine vorbehalten. Genau genommen dem, welchem diese
Immobilie gehört.“
„Oh!. Ja. Natürlich. Du hast
selbstredend völlig Recht. Verzeih.“
„Wo ist er eigentlich? Dein Mann.“
Ich biss mir auf die Unterlippe und
senkte verschämt den Blick.
„Ahhh! Betrügt er dich wieder?“
Ich nickte.
Wanja bedrängte mich nicht. Begleitete
mich lediglich zum Haus. Obwohl ich mir sicher war, er dachte, ich käme mit zu
ihm.....tat ich es nicht.
Derek schien dies alles beobachtet zu
haben und klopfte, gleich nachdem Wanja gegangen war, an meine Tür. Aber auch
IHN ließ ich nur neben mir sitzen. Als hätte ich jegliches Interesse an anderen
Männern verloren. TROTZ dass Gunnar gerade eben aller Wahrscheinlichkeit nach
mit anderen Frauen fickt.
Was ist nur mit mir geschehen?
-------
Wieso liebst du ihn nur so sehr?“,
fragte Derek so ganz nebenher und ich zuckte mit den Schultern. „Ich vermag es
nicht wirklich zu erklären. Dennoch ist es so.“
Derek fuhr sich mit der linken Hand
übers Kinn. „Gewohnheit vielleicht?“, sagte er nachdenklich und schien Gleichmut
zu demonstrieren.
„Womöglich ist davon auch ein
bisschen dabei.“, gestand ich ihm. „Er
weiß um meine Schwächen. Kennt mich so gut. Kümmert sich um mich. Hält ebenso
zu mir, wie ich zu ihm.“
Ein schweigendes Stirnrunzeln kam mir
entgegen.
„Sieh doch, als ich so krank wurde
blieb er bei mir. Die meisten andere wären gegangen.“
„Okay. Mag sein. Aber auch ich wäre
in jedem Fall geblieben. Das ist doch bewusst.“ Derek zwinkerte mir zu und was
er damit aussagen wollte war mir klar. Und dann dachte ich an Wanja. Er kannte
mich noch aus der Zeit, als ich gesund gewesen war und trotz dieser Krankheit ist
er noch immer bestrebt mich für sich zu gewinnen. Was allemal FÜR IHN spricht!
Derek blieb bis acht Uhr abends. Ich
hatte auf Gunnar gewartet und hoffte, dass er zumindest zum Dinner zurück sein
würde. Wenn er bereits den gesamten Tag wer weiß wo war und wer weiß was tat.
(Ich stellte mir gerade vor, wie ich ihn nach seinen Erlebnisse fragte, wenn er
zurückkam.) Aber er kam nicht. Rief stattdessen an, dass er bei seinem Bruder
in Stockholm sei und womöglich sogar erst am nächsten Tag zurückkommen würde.
Ich wurde so derart wütend, dass ich
ihn anschrie. „Was denkst du dir eigentlich?! Den ganzen Tag habe ich auf dich
gewartet und hoffte, du würdest wenigstens am Abend bei mir sein. Wenn ich
schon deine gelegentlichen Ausschweifungen und deine Fremdfickstunde still
schweigend toleriere!“
„Verzeih. Das war nicht so geplant.“,
entschuldigte er sich. „Wenn du magst, komm doch zu mir.“
Ich ließ Gunnar kaum ausreden und
polterte erneut drauf los. „Dir ist doch bewusst, dass ich derartige
Unternehmungen hasse. Ich halte das nicht mehr durch. Das weißt du genau! Und
außerdem sagt es mir in keinster Weise zu. Ich hasse es! Punkt!“
„Okay.“, klang er kleinlaut. „Dann
bin ich Morgen, gegen Mittag wieder da.“
„Ach, verflucht! Mach doch was du
willst!“ Ich legte auf und warf das iPhone in die nächste Ecke.
Derek sah mich schweigend an und
hatte die Stirn in Falten gelegt.
WAS sollte ich nun tun? Zu Wanja
gehen? Oder bei Derek bleiben?
Ich blieb mit Derek zusammen. Ging
mit ihm ins Restaurant und dann in seine Hütte. Denn er wollte nicht wirklich in
unserem Haus mit mir übernachten. Es hätte ja immerhin sein können, dass Gunnar
doch noch zurückkehrt. Was allerdings unwahrscheinlich war. Dennoch mochte er
es nicht und ich folgte ihm.
Es ging dabei nicht um Gunnar. Denn
ER hatte Derek schon längst akzeptiert und ließ mich bewusst bei ihm zurück,
weil.....er ihm eigenartiger Weise vertraute.
Wir sahen lange fern an diesem
gestrigen Abend. Saßen nebeneinander und jeder schien irgendwie seinen eigenen
Gedanken nachzuhängen. Derek küsste mich in unregelmäßigen Abständen immer
wieder und drückte mich an sich. Und dann begann auch er: „Warum heiratest du
mich nicht?“
Er war jedoch weder fordernd noch
drängend. Eher kleinmütig, zaghaft und sanft. Es klang eher wie eine
Empfehlung, als eine Aufforderung. Ich lächelte ihn an und verwies auf Gunnar.
Derek ließ mich los und begann mit
beiden Armen zu gestikulieren, und auch der Ton seiner Stimme wurde schärfer.
„Wo ist er denn? Siehst du ihn? Warum lässt er dich allein?
Ich verzog das Gesicht und Derek
bemerkte meinen Unmut. Alldieweil ich nicht schon wieder eine solche
Unterhaltung zu führen gedachte, wo es um meine Gefühle Gunnar gegenüber ging.
Er gab schlussendlich nach und als wir zu Bett gegangen waren, stellte er noch
eine letzte Frage: „Du liebst mich doch? Oder?“
Ich nickte lächelnd und schmiegte
mich an seinen ästhetisch ansprechenden, muskulösen Körper. Denn ich war
erschöpft. Demzufolge gab ich Derek zu verstehen, dass ich jetzt, noch vor dem
Einschlafen, keinen Sex mehr haben möchte. „Morgen früh.“, hauchte ich und
driftete ins Land der Träume. Der Rest, war mir egal.
-------
Ausschlafen, bis zehn.
Ich dachte Wanja um diese Zeit im
Restaurant nicht mehr begegnen zu müssen. Denn er würde zweifelsohne sauer
sein, dass ich die Nacht mit Derek und nicht mit ihm verbrachte hatte. Wenn
Gunnar mich schon alleine ließ.
Allerdings hatte es Wanja
offensichtlich auf eine Konfrontation abgesehen. Denn er kam zu uns an den
Tisch, und ich sah seine Augen funkeln. Mit einem gewaltigen Hieb sauste seine
geschlossene Faust auf den Tisch. „Dieser Platz ist dem Besitzer vorbehalten.
Steht auf und sucht euch einen anderen Tisch.“
Mir stockte der Atem. Eine derartig
heftige Reaktion hatte ich von Wanja nicht erwartet. Schweigend stand ich auf
und sah mich nach einem anderen Platz zum Frühstücken um. Derek war wütend, was
ich nicht sofort bemerkte. Er stand ruckartig auf und ging auf Wanja zu.
„Pfeif deinen Hund zurück!“, brüllte
der.
Ich legte Derek die flache Hand auf
die Brust und drückte dagegen. „Komm. Lass gut sein. Es ist doch nicht so
wichtig WO wir frühstücken.“
Derek gab sich kämpferisch. Aber
dennoch besonnen. Sah Wanja noch einmal feurigen Blickes an und ging in
Beschützer Pose mit mir zu einem anderen Tisch.
Es war still zwischen geworden,
zwischen Derek und mir und erst im Haus gab ich meinem Gedankenfluss freien
Lauf und fragte jedoch leise an: „Ich werde zu Wanja gehen. Was meinst du?“
„Nein! Das wirst du nicht!“
Oho! Nun war Derek ebenfalls
verärgert. Offensichtlich in seiner Ehre angekratzt. Ich weiß es nicht. Und er
sagte auch nichts mehr darüber.
-------
Gunnar ist noch immer nicht
zurückgekommen. Ich erhielt gleichwohl keinerlei Nachricht von ihm. Nun gut. Es
mag noch nicht ganz Mittag sein........
Und ich spiele immer noch mit dem Gedanken
schlicht und einfach zu Wanja zu gehen!