Unsere Fahrt zurück verlief ruhig und
ich hatte den Eindruck, als wolle sie nicht enden. Als wollten wir beide das Unvermeidliche
so lange als möglich von uns schieben. Das Ankommen in einer Realität, in
welcher es für Derek und mich keine Zukunft gibt. In diesem Zusammenhang
erinnerte ich mich an meine bisherigen Gefühle, die ich Derek entgegen brachte.
Hatten sie sich durch diese kleine Reise verändert? Und würden sie es wieder
tun, wenn ich erst in Gunnars Armen lag?
Wir hielten in Gävle an, um zu speisen.
Und wieder und wieder Dereks flehender Blick. Nein, an dieser Stelle gedachte
ich mich sicherlich NICHT zu entscheiden.
Andererseits dachte ich darüber nach,
wie es sein würde Gunnar nach dieser ausgedehnten Liaison entgegen zu gehen? Er
kam schließlich aus der Umarmung einer anderen Frau! Die ihn offensichtlich
gedachte festzuhalten. Mit aller Macht an sich zu ziehen und zu binden. Wie
weit war Gunnar darauf eingegangen. Hatte er ihr etwas versprochen oder Gefühle
für sie? Und wenn, WELCHE? Wie tief war seine emotionale Bindung zu ihr
gediegen in diesen letzten Tagen? Hielten sie nun weiterhin Kontakt?
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Meine Ungewissheit hielt nicht lange
an. Denn als wir bei Erik ankamen, war Gunnar bereits dort. Er war kurz vor uns
eingetroffen und nahm mich Freude strahlen in Empfang. „Ich habe dich nicht
erreicht und mir Sorgen gemacht. Warum hast du dein iPhone abgeschaltet?“ Er
drückte mich an sich und schien in der Tat erleichtert mich zu sehen. Mich
wieder zu haben.
„Ihr beide hattet euch offensichtlich
vollends aus der Welt zurückgezogen. Auch dich habe ich nicht erreicht.“, sagte
Gunnar dann noch zu Derek gewandt. Und genau genommen klang es wie ein Vorwurf
an uns beide.
Derek nickte nur und ging an Gunnar
mit fast ausdrucksloser Miene vorüber. Hatte seine Tasche geschultert und
schloss die Tür seines Zimmers hinter sich.
Oha. DAS dachten offenkundig nun
alle. Denn jeder der Anwesenden war Derek mit seinen Augen gefolgt und nun
standen wir alle einen kurzen Augenblick befangen und unbeweglich da. Gunnar
wurde aufmerksam und später fragte er dann: „Hat er sich nun endgültig in dich
verliebt?“ Ein kurzes, bemitleidendes Grinsen huschte über sein Gesicht, was
wohl ausdrücken sollte, dass es ohnehin sinnlos sei, sich in MICH zu verlieben,
WEIL ich ja die SEINE bin. (Wenn er sich da mal nicht ZU sicher war.)
Zum Dinner hatte sich Derek bereits
wieder „gefangen“. Schien heiter und vergnügt. Ging nun doch eher wieder gelöst
mit mir und Gunnar um. (Meine Hochachtung!) ....und alles war wieder beim
„Alten“.
Natürlich quälten mich die Fragen,
welche Gunnars Zeit mit Alexa betrafen. Doch anfangs und in Gegenwart der anderen,
sprachen Gunnar und ich nicht darüber. Erst später, als wir am Abend zu Bett
gegangen waren. Nur,....war ich zu diesem Zeitpunkt viel zu müde für derlei
Diskussionen. Dennoch malträtierte ich mich selbst und versuchte krampfhaft
wach zu bleiben, um meine Neugier zu stillen.
Gunnar tat in jedem Fall, als sei
nichts weiter gewesen und als würde auch zukünftig nicht weiter mit dieser
Alexa sein. Ein wenig Party, Spaß und ein bisschen Ficken. Das sei alles
gewesen. Seine oberflächliche und etwas ausweichende Antwort genügte mir jedoch
nicht.
„Wie oft und wann hast du das letzte
Mal mit ihr gefickt?“, formulierte ich doch noch eine leise Frage.
Gunnar pustete die Luft durch seine
Lippen. Schüttelte kurz abwägend den Kopf und sah prüfend zu mir herüber. „Wir
haben nicht wirklich viel gefickt. Gestern und heute Morgen. Jeweils zwei Mal.“
Noch ein zweifelnder Blick in meine Richtung, bevor er noch einmal sein Tun in Kürze rechtfertigte.
„Es war nur ein schönes Wochenende. Trinken, Tanzen und ausgelassen sein.“
Vor meinem inneren Auge zogen Bilder
von Gunnar und Alexa vorüber wie sie euphorisch tanzten. „Nur ein schönes
Wochenende? Welches du mit mir nicht verbringen konntest.“, flüsterte ich schon
beinahe schlafend. „Deine Auszeiten mit anderen Frauen werden immer länger.“
Nur gut, dass ich an diesem Abend,
gegen Gunnars Empfehlung, noch zwei Gläser Cola getrunken hatte. Zumindest
hatten sie mich bis hier her wach gehalten.
„Nein. So ist das Nicht.“ Gunnar
druckste herum. Es schien ihm nicht wohl in seiner Haut zu sein. „Du, du....“,
stotterte er und zuckte mit den Schultern. Noch ein Schnaufen und ein Räuspern.
Er kratzte sich an der Stirn. „Du gehst eben nicht gern aus. Ich schon.
Und,.......warum sollte ICH es nicht gelegentlich alleine tun?“
„Zählt ficken für dich ebenso unter
Geselligkeit?“
„Ja. Nein. Vielleicht gehört ein
wenig Sinnlichkeit dazu?“
„Die dir nichts bedeutet?“
„Nein.“
„Und was ist mit ihr? Wie viel
bedeutet SIE dir?“
Gunnar schnaufte erneut. „Sie ist
nett. Ich mag sie. Aber nichts weiter. Mit uns hat das nichts zu tun.“
„Und wie viel bedeutest du ihr?“,
bohrte ich weiter.
„DAS spielt keine Rolle. Sie weiß,
dass ich verheiratet bin und ich dass ich dich liebe.“
„Du wirst mich ihretwegen doch nicht
verlassen?“
Nun legte Gunnar seinen
Arm um meine Schulter. Zog mich zu sich heran und drückte mich fest an sich,
sodass ich fast erleichtert stöhnte. Aber dennoch einen Widerwillen in mir
verspürte. „Niemals. Hörst du! Ich werde dich niemals wegen irgendwem
verlassen. Wir werden immer zusammen sein. Du musst dich nicht immer wieder
deshalb sorgen.“
„Das ist leicht gesagt.“
Die Diskussion schien
Gunnar lästig zu werden. „Lass gut sein jetzt. Bitte Rea. Da ist nichts und da
wird nichts sein, was und beide wirklich tangiert. Am besten vergiss es und wir
leben ganz einfach weiter wie bisher.“
„So wie jedes Mal.“
„Ja.“
„Ich dachte, du versprachst stets bei
mir zu sein?“, gab ich noch immer nicht auf.
„Das tue ich doch.“ Gunnar strich mir wieder und wieder mit
seiner linken Hand übers Haar. „Schschsch. Alles ist gut. Ich bin doch nur ab
und an NICHT bei dir. Und wir haben doch oft darüber gesprochen. Wir können
nicht jede einzelne Minute miteinander verbringen. Das ist nicht wirklich gut
für unsere Ehe. Das ist abträglich für jede Ehe. Man muss sich gegenseitig ein
wenig Freiraum lassen.“
Ja. Natürlich. „Ficken zählt für dich
gleichwohl zum Freiraum dazu?“
Gunnar antwortete nicht sofort.
Küsste mich stattdessen liebevoll auf die Stirn. „Schschsch. Alles ist gut.
Sorge dich nicht. Bitte Rea. Da ist nichts. Ich habe nur Liebe für dich.“
„Du wirst sie wieder sehen. Nicht
wahr?“, quälte ich mir noch eine Frage aus dem Bauch.
„Ich weiß es nicht. Vielleicht
arbeiten wir irgendwann wieder zusammen. Und ja. Natürlich hat sie meine
Nummer.“, griff er ungeduldig meiner vermutlich nächsten Frage vor.
„Sie will dich mir wegnehmen.....“
Mein Geist driftete bereits in Morpheus Arme.
„Nein.“ Gunnars Stimme war ruhig und
klar. „Das wird niemals geschehen. Keine Frau ist wie du. Und du weißt doch,
wir beide gehören zusammen.“
Also, was hätte ich nun anderes tun
sollen, wie bisher. Wozu sich unnütz weiter belasten? Diese Diskussion war
bereits zu viel. Am besten alles vergessen. Ignorieren. Sich nicht sorgen und
nicht weiter hinterfragen. So wie Gunnar es mir rät. Bedenkenlos in seinen Armen liegen
und......schlafen. Denn alles andere kostet mir viel zu viel Energie und zehrte
an meiner Kraft.
Vermutlich ist dies das Beste. Und
ich glaube, auch Gunnar wusste/weiß diese Einstellung zu schätzen. Vielleicht
sollte ich sogar diese ewig gleichen Debatten unterlassen, die doch so wie so in
meiner Vergebung endeten. Weil ich an Gunnars Liebe zu mir keinen Zweifel hege und alles andere
ohnehin zu Kräfte raubend ist.
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Kein Sex. Auch nicht heute Morgen.
Wir waren beide früh aufgestanden. Erik hatte seine Schüler geweckt, sie um
sich geschart und ist mit ihnen in den Wald gegangen.
„Mach Frühstück. Wir sind gegen zehn
zurück.“, rief er mir noch zu und schon schloss sich die Tür hinter den
Männern.