Sonntag, 1. März 2015

Die Suche nach der Schuld – Ich bin dein und du bist mein



Ich hielt es nicht aus. Bin zu Wanja gegangen. Es war mir unerträglich zu wissen, dass er so derart wütend auf mich war.
Als ich dort ankam, öffnete er gekränkt, beinahe zornig und beiläufig die Tür. „Was willst du?“, fragte er. „Ich muss trainieren und eigentlich schon längst in Österreich sein. Oder willst du nun doch mit mir kommen?“, gab er verdrossen von sich und packte seine Tasche nebenher.
Daraufhin flogen Gedankenfetzen durch mein Hirn und ich sagte intuitiv: „Aber was würde dann aus meinem Hospitaltermin wenn ich mit dir nach Österreich fliegen würde?“
Wanja hielt in inne und starrte mich verwundert an. Kniff die Augen zusammen und legte den Kopf ein wenig schief. „Hab’ ich da richtig gehört?“
In diesem Augenblick war ich selbst damit beschäftigt über meine Aussage zu staunen und antwortete nicht gleich. Sah ihn nur verdattert an.
Er breitete die Arme aus und hob die Schultern. „Also was? Kommst du jetzt doch mit? Oder ist es wieder nur ein Fake? Oder begleitest du mich wieder nur für eine Weile und gehst dann doch zurück zu deinem verlogenen Betrüger von Ehemann“
Deutliche Worte. In der Tat.
Ich konnte mich nicht bewegen. Nichts sagen und schon gar nicht entscheiden in diesem Augenblick.
„Tzzhh.“ Wanja schüttelte den Kopf. „Das Übliche. Ich dachte es mir. Unentschlossenheit. Sich alle Wege offen haltend.“
Ich dachte an Gunnar. Nein! Das konnte ich nicht tun? Ich musste, ich wollte auf ihn warten.
Verflucht! Würde Wanja denn wieder kommen?
Am besten frage ich ihn. Dachte ich und tat’s.
Er schnaufte. „Denkst du etwa, ich gebe jetzt auf?“
Ich war ein wenig erleichtert. Wusste, dass ich ihn wieder sehe. Jedoch....WAS bedeutete das? Warum fühlte ich SO?
Natürlich war mir bewusst, dass ich ihn noch immer liebte. Ohh....wie zügig der Gedanke kam. Sollte ich ihn vielleicht doch begleiten? Also fragte ich Wanja: „Und was wenn ich mit dir komme, aber dann doch wieder zurück zu Gunnar gehe?“, formulierte ich sacht.
Er lachte. Sah mich freudlos an. „Dann komm.“

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Es war bereits halb zwei. Gunnar hatte versprochen bis zum Lunch wieder hier zu sein. Ich erreichte ihn auch nicht per iPhone. Also, was tun? Einfach mit Wanja gehen?
Er drängte. Sein Flugzeug stand schon bereit zum Abflug und wartete nur auf ihn.
Nun kam auch noch Derek ins Spiel, als ich im Haus meine Tasche packte.
„Was soll DAS denn werden?“
„Das siehst du doch.“
„Du willst doch nicht etwa mit dem Russen gehen?“
Kopflos rannte ich hin und her. Wusste nicht, was ich tun und was ich alles auf die Schnelle einpacken sollte. Und dann verlangte Derek noch eine Erklärung von mir?!
Mir fiel Gunnar ein und ich wies darauf hin, dass er noch immer nicht anwesend war.
„Ja. Natürlich. Das sehe ich.“, bemerkte Derek streng. „Willst du etwa deshalb gehen?“, was nur eine rhetorische Frage war. Denn er sprach sogleich weiter. „Wie oft schon hast du ihm verziehen? Und wenn du ihm schon abschwören willst, dann tue es meinetwegen, und nicht, um mit dem Russen zu gehen.“
„Ich schwöre Gunnar nicht ab. Ich komme zurück.“
„W-A-S?!“
„Ich brauche nur eine kleine Auszeit. Verstehst du mich?“
„Es ist Vergeltung, was du da tust.“, erwiderte er ruhig. „Gunnar hat dich erneut betrogen und nun willst du es ihm gleich tun. Und die Abreise des Russen beschleunigt deine Entscheidung. Würde er nicht gehen, wärst du bei mir geblieben und würdest, wie bisher, brav auf deine Ehemann warten.“
Ich pustete laut hörbar die Luft aus meinem Mund. „Eine gute Analyse. Du hast völlig Recht. Und es steht mir zu, das es ihm gleich zu tun!“
„Ja. Natürlich. Das stimmt. Aber bleib doch lieber bei mir!“, begann Derek beinahe zu flehen.
Und noch während ich mich rechtfertigte und bereits wieder unentschlossen wurde, stand Wanja in der Tür. „Kommst du jetzt?“
„Nein. Wird sie nicht.“, antwortete Derek an meiner statt.
Wanja verzog das Gesicht. „Wenn sie entscheidet mitzukommen, was willst du tun? Sie aufhalten?“
„Wenn es sein muss!“, erwiderte Derek entschlossen.
Ach du meine Güte. Dachte ich so. Was nun? Gleichgültig wie ich mich auch entscheiden würde, war es für einen von ihnen der, oder ein Anlass auf den anderen los zu gehen.
„Derek, lass mich bitte gehen.“
„Siehst du. Sie will.“, sagte Wanja triumphierend und noch im selben Moment hörte ich Gunnars Stimme. „Was ist denn hier los?!“ Er drängte sich durch die Tür, an Wanja vorbei und stand jetzt urplötzlich im Raum.
Ich lächelte schief und.....begriff, dass sich nun ALLES von selbst erledigt hatte.
Derek hatte zum Reden angesetzt. Jedoch Gunnar übertönte ihn. „Du willst mich schon wieder einmal verlassen?“, warf er mir entgegen.
„Vielleicht.“, sagte ich leise. „Aber ich käme zurück.“
Gunnar lachte. „Du wirst nirgendwohin gehen.“
Nun mischte sich Wanja ein.
Oh Gott! Dachte ich. Drei Männer, die sich streiten. Das konnte nicht wirklich gut ausgehen. Ich hatte es gründlich versaut!
„Ich verstehe. Du hast Wut auf mich.“, lenkte Gunnar ein. „Und das zu Recht.“
„Aha.“ Ich funkelte Gunnar mit zornigen Augen an.
„Komm. Lass uns einfach essen gehen.“
Allesamt, einschließlich mir, standen da wie erstarrt und sahen Gunnar an.
Der erste war Wanja, der sich rührte und seine stimme wieder fand. Er lachte und tippte sich an die Stirn. „Mach’ doch was du willst. Ich gehe jetzt.“ Und nun blieb ich wieder und doch wie angewurzelt stehen.
So ein Shit!
Selbst Derek stöhnte und ich..... ließ alles fallen und folgte meinem Ehemann.

Was würde nun geschehen? Würde er mich schelten? Würde Gunnar auf mich zornig sein?
Aber nein. Er lächelte beinahe überlegen........über meinen verzweifelten „Versuch“ es ihm heimzahlen zu wollen. Über meine Unentschlossenheit und meine Unfähigkeit etwas zu tun.
Woher wusste er überhaupt so genau was in mir vorging? Natürlich. Er hatte in aller Eile meine Gedanken gelesen und wusste anscheinend genau, dass ich nicht fähig war, ihn auf welche Weise auch immer, zu verlassen.
Er war und ist sich meiner offenkundig doch überaus sicher!....und zürnte mir infolgedessen nicht. (Sondern lachte mich aller Wahrscheinlichkeit nach in seinem Inneren aus.)

Während ich aß, wagte ich kaum aufzusehen. Ich fühlte mich schuldig. Schon wieder einmal, und erneut.....wegen Wanja.
Aber war nicht Gunnar der Schuldige? Und schon im nächsten Moment trumpfte ich auf. Ich warf ihm seine ständigen Verfehlungen vor. Seine Entgleisungen, seine Verstöße und zum Schluss sogar noch Unzuverlässigkeit. Was er monierte.

Ich kann nicht sagen, ob es Gunnar erst damit war. Aber nach meiner Ansprache schien eine gewisse Last auf sein Gewissen zu drücken. Was ich angesichts seiner Taten nur fair und gerechtfertigt fand. Und von meinen Schuldgefühlen war kaum noch etwas zu spüren. Zumindest war es mir gelungen, diese nieder zu ringen. Warum sollte ICH mich auch schuldig fühlen? Meine unentschlossenen Taten entsprangen schließlich alle samt der Verzweiflung über Gunnars Ehe verstößliche Delikte!
Aber nun genug davon.

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Der halbe Nachmittag verging damit, dass wir uns gegenseitig über alles berichteten, was wir in der Zwischenzeit erlebt hatten.
Es wurde mir auch klar, dass mich Gunnar nicht verspottete. Denn er wusste genau, was er mir mit seinem Verhalten (für Schmerzen) zufügt. Er konnte nur in Anwesenheit der anderen Männer, und insbesondere in Wanjas Gegenwart, keine Blöße geben. Wie Männer eben so sind!
Müssen Männer eigentlich stets ihre Überlegenheit demonstrieren? Und zu welchem Zweck überhaupt,.....und zu welchem Preis?

Nun, alles in allem war es so, dass Gunnar den gestrigen Tag mit ficken verbrachte.
Neben der mir bereits bekannten Ailin Zai kamen zwei neue (und sehr junge) Asiatinnen ins Spiel. Sulin Lü und Vianne Chu. Dann fuhr er zu seinem Bruder nach Stockholm, wo er eine junge, achtzehnjährige, farbige Halbschwedin kennen lernte. Keshia Berggreen, die aber hier im Zentrum arbeitet. Wie bequem für ihn! Gunnar scheint es zu lieben, auf die jungen Dinger Eindruck zu machen. Anscheinend hat er die gesamte Nacht und den Vormittag mit ihr verbracht und sie dann sogar noch in seinem Wagen mit hier her genommen. So in etwa waren seine zuweilen wagen Aussagen. Denn so wirklich präzise schien er mir nicht alles ausführlich erklären zu wollen.
Nur war dies alles ohnehin schon genug, sodass ich bedauerte, nicht mit Wanja gegangen zu sein. Zu meiner großen Genugtuung hatte ich zumindest die meiste Zeit mit Derek verbracht und.......mit ihm gefickt....und wenn ich mir dies alles so auf der Zunge zergehen ließ, würde ich am aller liebsten wieder zu ihm gehen. (oder Wanja hinterher reisen). Aber dann fiel mir ein, dass wir Morgen früh den Termin bezüglich der Namensänderung im Stadshused haben.
„Nimm das alles doch nicht so wichtig. Nicht so ernst.“, sagte Gunnar schließlich, als er meine Bedrücktheit sah. „Vergiss es und lebe einfach JETZT weiter....mit mir. Meine Ehefrau.“, sagte er und ein sanftes, ehrliches Lächeln überzog sein Gesicht. „Und auch wenn du es mir nicht glauben magst....ich liebe dich über alles!“
„Ich dachte, du wolltest dir Mühe geben, nicht zu oft fremd zu ficken.“, bemerkte ich noch voller Trotz.
Er atmete tief. Sog die Luft laut hörbar in sich ein. „Ich weiß. Du hast Recht. Ich gebe mir immer wieder aufs Neue Mühe, nachdem mich die Reue packt. Aber da ist auch, und ich weiß, noch viel zu oft, ein Gefühl der Spannung, der Lust und des Wollens, welches mich übermannt.“ Er schnaufte. „Vielleicht wird es immer so sein. Ich weiß es nicht. Oder womöglich nur zu Zeiten. Kann auch sein, dass es sich irgendwann ganz auflöst und ich am Ende ganz und gar der Deine bin.“ Ein leichtes, bedauerndes, reumütiges Zwinkern flog mir entgegen und ich nahm es an.
„Aber dein, bin ich so wie so bereits auf ewig. Das weißt du ja.“
....und im nächsten Augenblick ließ ich alle Skepsis, alle Sorgen, alle Zweifel und Einwände fallen und lehnte mich bedenkenlos und erleichtert an meinen Ehemann.

Natürlich sind es immer wieder kehrende Verletzungen, die nur schwerlich zu vergessen, oder besser zu übergehen sind. Das Verzeihen ist noch eine ganz andere Kategorie. Und hat er nicht erst letzte Woche mit Lara gefickt?
Er nickt und weiß „Bescheid“. Rechtfertigt sich........