Donnerstag, 19. Januar 2017

Revanche?



Im Augenblich fällt es mir schwer mich auf das Schreiben zu konzentrieren. Alldieweil ich bezüglich unserer Lieferung so derart angespannt bin, dass sich sogar Kopfschmerzen eingestellt haben.
Ich hätte es wissen müssen, dass ich besser bei diesen Temperaturen nur ein Minium ordere und die Vorräte aus der bestehenden Reserve nehme, um Verluste beim Transport zu vermeiden. Und es hätte gestern noch alles recht komfortabel ausgehen können, wie ich es plante, bei geringer Minustemperatur. Nur war zu der Zeit der Bestellung kein Brot mehr vorrätig gewesen in diesen Mengen, wie wir sie benötigen. Infolgedessen wurde unsere Lieferung einen Tag später versandt und heute, ist es gut zehn Grad kälter. Verdammt! Ich drehe am Rad und warte gespannt bis die Ware endlich kommt.

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Nun, was gibt es des Weiteren zu berichten? Ich schlief mit Derek heute Nacht. Jedoch war die Zeit begrenzt und beschränkte sich ausschließlich darauf, dass wir nebeneinander lagen. Für mehr war keine Zeit. Am Abend, oder besser, in der Nacht, war es bereits zu spät und ich war erschöpft und heute Morgen schliefen wir zwar aus bis halb neun, stiegen jedoch dann umso schneller aus den Federn als ich bemerkte, wie kalt es war. Allerdings vermag ich genau daran eben nichts zu ändern. Trotz alldem bin ich aufs Äußerste angespannt. Zumindest bis dahin, wenn ich weiß, dass nicht zu viel der Ware verdorben ist. Oder besser, gefroren.

Alles lief ganz normal am gestrigen Tag. Gunnar war hier und da. Wir arbeiteten gemeinsam und auch einzeln. Er besuchte zwischendurch Alexa und das Kind und aller Wahrscheinlichkeit nach ebenso Lara, wie er es immer tut und am Abend saßen wir zusammen und sahen fern bis halb zwei. Dann läutete Gunnars Handy. Es war Alexa und sie bat Gunnar zu ihr zu kommen, so wie ich einen Tag zuvor. Was DAS die Revanche?
Gunnar stand auf und ging einige Schritte und hatte sich von mir abgewandt. Ich hörte ihn diskutieren und am Ende wurde Alexas Wunsch erfüllt. Gunnar ging, nach einer kurzen Debatte mit mir, zu ihr hinüber. Nun saß ich allein und dachte nach. WEN rufe ich um diese Zeit an(, damit ich nicht alleine bin)?
Ich dachte an Kevin, den ich am Nachmittag für einige Stunden aufgesucht hatte, alldieweil Janina nicht bei ihm war und er danach verlangte.
Es war nicht unangenehm, mit ihm zusammen zu sein. Nett würde ich sagen. Jedoch nicht mehr und es lag in der Tat an seiner Kränklichkeit. Ich wäre nicht in der Lage gewesen, trotz seiner zahlreichen Anspielungen, mit ihm zu schlafen, oder anderweitig intim zu werden. Wir saßen schlicht und einfach nebeneinander und ich hielt ab und an seine Hand. Küsse mit einbegriffen. Warum auch nicht? Mehr wäre es nicht geworden. Es ist nicht so, dass mir sein Körper, der nur noch bedingt funktionstüchtig, zuwider ist. Andererseits war es schon ein wenig absonderlich, wenn ich daran dachte, wie es nun um ihn stand und wie er beschaffen war mit den Beuteln voller Fäkalien, die an künstlichen Ausgängen hingen. Aber darüber gedenke ich nicht einmal wirklich nachzusinnen. (Insbesondere nicht jetzt und hier.) Oder es mir ganz und gar vorzustellen. Schließlich sah ich es schon, als wir, Kevin und ich, in New Orleans die eine Nacht zusammen schliefen. Und seitdem konnte ich es nicht mehr. War ganz froh, dass es eine Janina in seinem Leben gab, bez. gibt. Gleichwohl ich mit ihm kokettiere. Mag sein. Und mir sogar gelegentlich Gedanken darüber  mache, wie es wäre, mit ihm zusammen zu sein. ER ist nach wie vor meine letzte Bastion, wenn alles andere (alle anderen) versagt.
Aber egal. Letztendlich entschloss ich mich, gegen all meine Bedenken, Derek zu so später Stunde noch anzurufen. Was genau genommen ein Absurdum war. Es läutete und läutete. Nach dem sechsten, oder siebten Mal, legte ich auf. Schnaufte durch und dachte nach. Charlie vielleicht? Aber ich wusste, er erledigte gerade seinen Job um diese Zeit. Dann, mit einem Mal, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Derek rief zurück.
„Rea. Du hattest mich angerufen?“ Am Klang seiner Stimme versuchte ich seine Stimmung zu deuten. War er ärgerlich?
„Tut mir leid, dass ich dich jetzt noch störe.“, entschuldigte ich mich sofort und wartete ab, was als nächstes von ihm zu hören war.
„Kann ich etwas für dich tun?“, fragte er und ich plapperte darauf los, alldieweil ich mich schuldig fühlte, ihn, insbesondere in seiner außergewöhnlichen Lage, gestört zu haben.
„Rea. Ist schon gut!“, hörte ich dann sagen.
Ich atmete kurz durch und fragte ihn dann: „Bist du allein?“
Stille
Oh, oh! Da war sicherlich eine Frau bei ihm. Vermutlich Giselle. Und wieder begann ich mich zu entschuldigen und legte auf.
Keine Minute später läutete mein iPhone erneut.
„Rea. Das ist doch nicht so schlimm.“, intonierte er.
„Das Läuten hat sie sicherlich geweckt. Sage ihr bitte, es tut mir leid.“
„Du legst jetzt nicht auf!“, wurde er resolut. „Sag‘ mir endlich, was ich für dich tun kann? Soll ich zu dir kommen?“
Nun war ich ganz still und ich vermute Derek erriet, nach was ich verlangte. Denn ich hörte, wie er mit jemand redete und mich zwischendurch bat, eine Augenblick Geduld zu haben.
Vielleicht zwei, drei Minuten lang hatte er mit Giselle gesprochen, bis sich seine Aufmerksamkeit und seine Stimme wieder mir zuwandten.
„Soll ich nun zu dir hinüber kommen? Wo ist Gunnar denn?“
„Bei Alexa. Sie hat ihn vor etwa einer halben Stunde angerufen darum gebeten, dass er zu ihr kommt. So wie ich einen Tag zuvor um dieselbe Stunde. Und ja, es wäre mir lieb, wenn du kommst.“
„Okay. Ich bin gleich bei dir drüben.“
Als er ohne viel Lärm zu mir ins Zimmer kam, war es bereits halb zwei in der Nacht. Er umarmte mich. Drückte mich an sich und ich begann erneut mich zu entschuldigen.
„Ist gut jetzt Rea.“ Er hielt mich mit beiden Händen bei den Schultern und sah mich an. „Es ist auch gut für mich, wenn ich auf andere Gedanken kommen kann. Mir nicht immer das Horror -Szenario des Sterbens meiner kleinen Tochter vor Augen führe.“
Meine Arme umfingen ihn und ich drückte ihn fest an meinen Körper heran. „Es wird schon alles wieder gut.“ Was sollte ich auch anders sagen? (Das es mir nicht unrecht gewesen wäre, wenn das Kind aus seinem Leben verschwindet? Nein! Sicher nicht! Die Wahrheit (?) wäre hier im höchsten Maße unangebracht!)
Ich zog mich um, putzte die Zähe und wir gingen gemeinsam zu Bett. Kuschelten uns aneinander, mehr nicht, und schliefen bis halb neun.
Als ich auf die Uhr sah, sprang ich aus dem Bett. Rief Kevin an und fragte, ob schon geliefert wurde.
„Nein.“
Als ich dann noch die Temperaturen bemerkte, wurde ich mehr als nur nervös. Ich machte mir Sorgen.
Derek fragte was mit mir sei und ich erklärte es ihm. Ohne Umschweife war er bereit mir beizustehen. Kein Wort über seine Ängste……..

Derek und ich gingen zum Restaurant. Auf den Weg dorthin rief mich Gunnar an. Er kannte mich gut und ahnte, wie bekümmert ich wegen der ausstehenden Lieferung war und versuchte mich zu beruhigen.
„Wo bist du?“
„Im Restaurant.“
„Allein?“
„Nein. Mit Derek.“, und es war, als atmete Gunnar auf, als er Dereks Namen hörte. Denn er wusste, dass er sich auf ihn verlassen kann.
„Ich bin mit Alexa auf den Weg dorthin.“
Ich stutzte. Erwiderte jedoch vorerst nichts.
Bevor die zwei kamen, trat Charlie zu uns an den Tisch. Begrüßte mich und wir redeten ganz kurz miteinander. Derek blickte ein wenig skeptisch drein. Ich hatte ihm gestern Nacht, noch bevor wir schliefen, in aller Kürze von ihm erzählt. Jedoch und selbstverständlich eben NICHT alles. Nur so viel, dass ich mich einige Male mit ihm unterhalten und getroffen hatte, um zu essen, oder einen Kaffee zu trinken. Mehr musste Derek vorerst auf keinen Fall wissen. Und im nächsten Augenblick kam noch Gunnar hinzu.
Da standen sie nun. Meine drei Männer, und redeten miteinander. Nur ICH war nicht bereit, mich zu Alexa zu gesellen. Bat Derek sogar, dass wir an einem anderen Tisch saßen, als mein Ehemann (und seine Hure!) und seine Geliebte.
Gunnar sowie Derek schauten, betreffs meiner Bitte, ein wenig befremdlich drein. Sagten jedoch nichts und so geschah es dann auch, dass ich mit Derek, als sich Charlie verabschiedet hatte, an einem anderen Tisch saß wie mein Ehemann mit seiner Konkubine.
Als wir mit dem Frühstück fast fertig waren, kam Giselle herein. Sie hatte Derek gesucht.
„Wann fahren wir zu Marilyn?“, fragte sie mit einem Drängen in den Augen und ohne mich speziell zu grüßen. Sie hatte nur vage mit dem Kopf zu mir hin genickt und sich dann umgehend an Derek gewandt.
Der schnaufte. „Jetzt. Sofort. Ich bin gleich soweit. Ich muss nur noch die Sachen für meine Mutter holen. Willst du mit mir kommen?“
 Giselle stimmte ihm schweigend zu.

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Tja nun warte ich an-ge-spannt auf die Lieferung und hoffe, dass es nicht zu umfangreiche finanzielle Einbußen damit gibt. Gunnar ist im Areal unterwegs. Wenn es Winter ist, sind immer Schäden zu begutachten.
Kevin sitzt beinahe neben mir. Zusammen mit Mike. Sie unterhalten sich über Dinge, welche das Zentrum betreffen.
Kevin scheint mit mir böse zu sein. Oder zumindest wirkt er recht unzufrieden und kurz angebunden, was seine Antworten mir gegenüber betreffen und ich vermute ich weiß, woran es liegt und es tut mir ja auch leid. Aber ich konnte nicht mit ihm….schlafen. Denn genau DAS hatte er sich erhofft.