(….was
zurecht impliziert, dass es nicht nur EIN oder mehrere,
sondern unzählige zerstörte Frauenleben gibt. Kein Wunder, in dieser patriarchalen
Welt.)
Diese Frau, mit
der ich mich gestern noch traf, um mit ihr zu sprechen, ist in der Tat nicht zu
beneiden. Ihr Name ist Anne-Gret Gustavson. Sie ist fünfundfünfzig Jahre alt
und geschieden. Hat keinen Mann und bedauert das sehr. Ist doch recht einsam. Kümmert
sich allerdings herzallerliebst um Tiere. Leidet sogar mit ihnen und das am
liebsten Tag und Nacht, was sie kaum schlafen lässt und ihr Selb redend
übermäßigen Kummer macht. Wie es mir scheint, sogar noch Depressionen verpasst.
Warum tut sie sich das nur an? Schließlich vermag sie nicht die ganze Welt zu
retten! Wer kann das schon? Die, welche die Macht dazu hätten, tun es nicht. Im
Gegenteil. Sie sind verantwortlich für diesen ganzen Schlamassel!
Was erlegt sie
diese Frau da nur auf? Sie kann kaum schlafen vor Schmerz, den sie verspürt,
wegen der unzähligen Tiere, die gequält werden von den Menschen (zumeist
Männer). Sie scheint mir überhaupt an dem Zustand der Welt zu zerbrechen. Es
fiel mir schwer, sie aufzumuntern und ich glaube, an ihrer Grundeinstellung und
-stimmung vermag niemand etwas zu ändern. Manche Menschen leiden eben gern.
Überdies fühlt
sie sich übergewichtig. Sieht einer Magen OP entgegen, die sie unbedingt durchstehen
will. Am besten sofort. Diabetes hätte sie wohl obendrein. Nur irgendwie glaube
ich das Ganze nicht wirklich, nachdem was sie mir erzählte. Nicht, dass es
nicht so wäre. Aber sie selbst könnte so viel an ihrem Zustand ändern. Tut es
aber nicht.
Natürlich hat
sie Angst davor, sich selbst und ihren Fähigkeiten zu vertrauen. Wer hat das
nicht? Ich selbst bin nicht frei davon. Sonst wäre ich schon längst wieder
gesund.
Wie mir Anne-Gret
erzählte, versucht sie schon ihr ganzes Leben zu sein, wie es von ihr erwartet und
wie es von der Gesellschaft vorgegeben wird. Immer schön schlank und hungrig
sein. Am Ende ist ihr Körper, nach vierzig Jahren, total gestört. Was ich
überaus bedrückend finde und es war gut, dass ich gezwungen war, nach fast zwei
Stunden die Unterhaltung zu beenden. Oder besser, auf heute zu vertagen.
Allerdings gedenke ich nicht noch einmal so viel Zeit zu verwenden, wenn es
möglich ist. Wir werden sehen. Dieses Mal kommt sie zu mir ins Haus. Gestern trafen
wir uns in meinem Büro. Und mir wähnt, ich werde sicherlich noch über ihr
Kindheitstrauma erfahren, das mit Missbrauch zu tun hat.
Traurig das
Ganze. Was für ein zerstörtes Leben!!!
--------------------------------
Ich war nach dem
Gespräch mit dieser Frau nach Hause gegangen. Gunnar blieb noch für eine Weile
im Büro und kam, bis zum Abend, immer
wieder einmal vorbei. Ging dann noch einmal zu Alexa und seinem Kind hinüber und
anschließend kuschelten wir beide bis in die Nacht hinein auf der Couch.
Spät abends entschied
ich mich noch einmal zu schreiben und eine Bestellung zu tätigen.
„Must du denn
jetzt noch arbeiten?“, fragte er dann und half mir schlussendlich. Blieb, ohne
Unterbrechung, bis zum Morgen bei mir. Und im Augenblick ist er am Arbeiten.
Drängt allerdings darauf, endlich zu Tisch zu gehen. Wie immer, sind wir spät
dran.
Manchmal, aber
nur manchmal, habe ich Hoffnung, dass Gunnar doch noch ein brauchbarer Ehemann
wird. Nur WAS tue ich mit dieser Frau? Seiner Geliebten. Alexa. UND dem Kind?
Wird es ewig unser beider Leben überschatten? Oder WO führt das hin?
Dieses geteilte
Leben, gefällt mir nicht!