Mittwoch, 18. Januar 2017

Wir müssen reden…….



……..sagt die Geliebte meines Mannes zu mir. Was für ein törichter Unsinn! Absurd und befremdlich. Aber egal. Es geschah. Nur gab ich nicht viel darauf und es kam nicht wirklich dazu.
Ich bin der Demütigungen, Gunnars anderer Frauen wegen, schon längst leid. Dennoch, welche Wahl bleibt mir denn? Nichts liegt mir ferner, wie mich von meinem Ehemann zu trennen. Warum sollte ich das tun? Ich liebe ihn! Und den anderen Frauen überlasse ich gewiss NICHT das Feld, welches mir gehört! Nein! Niemals!

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Gunnar hatte gestern via Handy nach dem Dinner mit Alexa gesprochen. Dann kam er zu mir mit einem flehenden Blick der Entschuldigung. Er tat einen tiefen Atemzug, als würde die Überwindung mich zu fragen Mühe kosten.
„Ich würde gern zu Alexa hinüber gehen.“
Wut baute sich in mir auf. „Gerade jetzt, wo es so schön gewesen ist mit und zweien. Hat sie denn ein Recht darauf?“
Gunnar setzte zum Sprechen an. Jedoch ließ ich ihn nicht einmal damit beginnen. Stattdessen gab ich meinem Zorn freien Lauf. Jedoch eher mit sanften Worten der Argumentation.
„Beansprucht sie jetzt tatsächlich zwei Nächte pro Woche für sich?“
Gunnar breitete die Arme aus und lächelte. „Es wäre gerecht.“
„Gerecht?! Gerecht wäre, wenn ich sie zum Teufel jagte. Denn WIR sind es, die miteinander verheiratet sind. Sie hat NICHTS IN unserer Beziehung zu suchen, diese dumme Gans. Warum schickst du sie nicht fort. Warum sagst du ihr nicht, dass du MICH liebst und ICH Deine Frau bin?“
„Wow! Wow! Wow!“ Gunnar nahm eine abwehrende Haltung ein. „Das sage ich ihr  sehr oft. Sie weiß es doch.“
„Warum drängst sie sich dann ständig zwischen uns? Sie hat dir ein Kind geboren. Gut. Mag sein. Ihre Aufgabe scheint mir erfüllt. Nun kann sie gehen!“
Nun zog Gunnar die linke Augenbraue nach oben und sah mich zweifelnd an. Räusperte sich und wartete, ob ich noch mehr zu sagen hatte.
Ich schwieg. Kochte vor Zorn. Schüttelte dann mit dem Kopf. War desillusioniert, weil ich wusste, er würde gehen. Gleich, was ich auch sage.
„Geh‘ doch. Geh doch zu ihr.“
Gunnar lächelte. Kam zu mir hin, nahm meinen Kopf zwischen seine Hände und küsste mich auf den Mund.
„Braves Mädchen.“ Dann sah er mich an. „Ist doch alles gut. Ich liebe dich doch und wenn du magst, bin ich morgen früh wieder hier, um dich abzuholen.“
Ich ließ ihn ziehen. Und gleich welches Argument ich auch ins Feld geführt hätte, es wäre ohne Sinn gewesen. Also ließ ich  schlicht und einfach das Diskutieren sein.  Wozu hätte es noch gedient?

So saß ich nun allein auf meiner Couch und grübelte darüber nach, welchen Zug ich als nächsten tat. Oder welchen Mann ich bitten sollte, zu mir zu kommen und ich kam mir eigenartig bei diesem Gedanken vor. Wie muss sich erst Derek die ganze Zeit über gefühlt haben, immer dann gerufen zu werden, wenn Gunnar gedenkt, nicht bei mir zu sein. 
Es wurde später und später. Ich konnte mich nicht entscheiden, WEN ich nun anrufen sollte. Charlie, Derek oder womöglich Kevin? Es mutete mir ohnehin, ganz besonders in diesen Augenblicken, absonderlich an, mich an einen anderen Mann als meinen eigenen zu wenden. Andererseits gedachte ich gleichwohl eben NICHT allein zu sein.
Da mir nun die Entscheidung so schwer zu fallen schien, rang ich mich letztendlich dazu durch, so gegen halb zwei Uhr nachts, Gunnar anzurufen, um ihn zu fragen, ob er nicht doch wieder zu mir herüber kommt.
Diese Action allerdings, mutete noch viel skurriler an, als mir einen anderen zu suchen. Es kam einer Demütigung gleich. Einem Betteln um Liebe und Zusammensein. Hatte ich das nötig? Nein. Dennoch tat ich es. Alldieweil ich mir in diesem Moment, und nicht nur in DIESEM, nur Gunnar an meiner Seite wünschte. Niemand anderen. Und tatsächlich,…….er kam.

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Beim Frühstück heute Morgen, kam Alexa zu uns an den Tisch. Gunnar hatte sie angerufen und sie offenbar zu uns gebeten.
„Wir müssen reden.“, überfiel sie mich sogleich.
Ich hüstelte. Verschluckte mich fast. Entrüstete mich. „Die Geliebte meines Mannes bittet MICH um eine Audienz? Soll ich dem zustimmen? Oder nicht?“, sprach ich in den Raum, OHNE sie auch nur anzusehen.
Gunnar lachte leise auf und verzog das Gesicht.
WIE hätte ich sonst reagieren können?
Fast majestätisch und mit einem Blick der Erhabenheit in meinen Augen, wies ich mit meiner Hand auf den freien Stuhl, welcher mir gegenüber stand. Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Gunnar die Brauen hob und abzuwarten schien, was nun weiter geschah. Er hatte die Arme ineinander verschränkt und sich ein wenig zurück gelehnt. Offenbar, um dem Szenario besser folgen zu können.
Alexa setzte sich. Und im Laufe des Gespräches, in welches sich Gunnar konsequent einmischte, wurde überhaupt nichts geklärt, denn ich hatte fairer Weise Charlie an unseren Tisch gebeten, der offenbar rein zufällig ebenso gerade das Restaurant betrat und auf unseren Tisch zugekommen war.
Charlie schien nun ein wenig verlegen zu sein. Sah immer wieder zwischen uns dreien hin und her und ich glaubte zu bemerken, dass sein Blick mehr und mehr auf Alexa hängen blieb, als auf uns andere. Gefiel sie ihm? Ha! DAS wäre doch etwas? Mein Liebhaber mit der Geliebten meines Mannes. Das Kind? Irgendwo dazwischen. Oder sollte ich es etwa an-nehmen als das Meine? Was für eine Absurdität. Das ließe sie vermutlich ohnehin nicht zu.
Aber okay. Das waren ausschließlich Hirngespinste. Kopfkino. Aber auch Derek hatte schon einmal erwähnt, dass ihm Alexa doch einigermaßen attraktiv erschien. Kein Wunder also, dass sie Gunnar tatsächlich gefiel und er sich in sie verliebte. Ich finde sie scheußlich. Mund und Nase zu groß. Die Lippen wie aufgespritzt. Ihre Augen größer als die Meinen. Ist es DAS was Männer mögen und es fällt mir immer öfter auf, dass Frauen, mit ähnlichem Gesicht wie Alexa, von Männern bevorzugt werden. Warum?
Meine Züge sind viel feiner. Eleganter. Ästhetischer.  Distinguierter. (Nobler, aristokratischer, edler.)  
Letztendlich kam es nicht zum miteinander reden, zwischen Alexa und mir. Was mir nicht unrecht war.
Was wollte sie tun? Mit mir eine Verhandlung führen? Über die Tage, Nächte und Stunden, die Gunnar bei ihr oder mir verbringen kann? Welch‘ Infamität! Welche Erbärmlichkeit! Welche Schmach! Vor allem für mich…….

Die Runde löste sich auf in Gefälligkeit.
Gunnar begleitete Alexa zurück in ihre Hütte, sah noch einmal nach seinem Kind und kam dann zu mir ins Büro.
Charlie ging schlafen. Denn er hatte die Nacht über gearbeitet und hätte ohnehin keine Zeit für mich erübrigen können, ohne seinen Job zu vernachlässigen. Was ich ihm als Chefin selbstverständlich nachgesehen hätte.
Aber egal. Ich hatte das Richtige getan, heute Nacht. Die Richtige Entscheidung getroffen. Gunnar war darüber nicht erbost. Was genau genommen meine Befürchtung war. Nein. Er war eher geschmeichelt, dass ICH es bevorzugte mich zu demütigen, ausschließlich um ihn zu fragen, ob er nicht doch lieber bei MIR sein will.

Und irgendwie tut mir Kevin leid, wenn ich ihn mir so ansehe und ich fühle mich schuldig dabei.
Selbstredend dachte ich daran, die Nacht mit ihm zu verbringen.
Was hielt mich zurück? Die Witterung? Seine Kränklichkeit? Zu sehen, was aus ihm geworden ist? Vielleicht gleichermaßen die Erwartungen, welche er in mich gesetzt hätte. Insbesondre bezüglich intimer Handlungen, welche ich womöglich nicht bereit gewesen wäre ihm zu erfüllen.