Donnerstag, 5. Januar 2017

Unangemessenheiten



Ich kann nicht sagen, ob ich es bedauern oder gut heißen soll, dass ich es, trotz der kontinuierlichen Erziehungsversuche meiner Eltern, eben NICHT vermag, mich in jedem Fall und bei jedem Zusammentreffen mit der Konkubine meines Mannes, oder auch ihm selbst, wenn sie zusammen sind und oft mit Kind, angemessen verhalte. In meiner Position ist jedoch derart auffällig inadäquates (ungehöriges trotziges, unversöhnliches, halsstarriges, unangepasstes, widerspenstiges, renitentes,  unwilliges, verbohrtes, fast zickiges) Benehmen in der Tat deplatziert. Heute Morgen zum Frühstück passiert.  Überhaupt war ich bereits seit gestern Abend (ein wenig) verärgert. Nicht nur auf meinen Mann. Sondern ebenso auf Derek. Denn beide sind noch, wenn auch auf unterschiedliche Weise, mit einer anderen Frau samt ihren Kindern verbunden. Ich finde es im Ganzen so wie so eine ganz sonderbare (skurrile, kuriose, absonderliche, eigentümliche, fast bizarre) befremdliche Situation, in welche ich mich befinde und, an welche ich mich eben NICHT gewöhnen kann. So sehr ich es auch manches Mal versuche. Es gelingt mir nicht. Und im Nachhinein schäme ich mich meines Benehmens. Genau genommen sollte ich demonstrieren, dass ich darüber stehe. Aber ich kann es nicht jedes Mal.

Zur Erklärung ist zu sagen, dass ich mit Derek an meinem Tisch im Restaurant gesessen habe und dann kam Gunnar mit Alexa, samt ihrem Kind herein, geradewegs auf uns zu und setzten sich, wie selbstverständlich, an meinen Tisch. Später, als ich bereits gegangen war, kam sogar Giselle mit ihrem Kind dazu.
Nicht dass ich ausfallend geworden wäre. Nein. Durchaus nicht. Ich war eher ruhig. Zumindest noch im Restaurant. Konnte Gunnar (und erst recht dieser Schlampe nicht) in die Augen sehen. Wendete mich ab. Ignorierte die beiden. Selbst, als Gunnar mit mir sprach und zum Schluss noch andeutete, dass es mit Derek doch nichts anderes sei. Genau dieses Satz war das Tüpfelchen auf dem I gewesen, um mich aufgebracht und unangemessen reagieren zu lassen. Ich stand wortlos auf und setzte mich schlicht und einfach allein an einen anderen Tisch.
Nun gut, ich konzentrierte mich auf die Speisen und versuchte mich zu beruhigen. Und dann begann der Reigen der Männer, welche immer wieder die gleiche Frage stellten. „Darf ich mich setzen?“
Der erste war Troels. Zu dieser Zeit war ich noch recht wütend. „Nein!“ Er kräuselte, ohne ein Wort zu sagen, die Stirn und ging weiter.
Der Zweite war Sascha Fließe. Ihn sah ich zumindest an. „Nein.“, entgegnete ich schon ein wenig milder. Er lächelte leicht, nickte und ging ebenfalls weiter.
Der dritte war Greg Hagen. Er ging vorsichtig vor. „Hallo.“, begrüßte er mich, verbeugte sich leicht und seine Augen verrieten den Wunsch, sich zu mir setzen. Was seine Stimme mir schon im nächsten Moment bestätigte. „Darf ich mich setzen?“
Ich zögerte und musste dann lächeln und bot ihm den Platz mir gegenüber an. Er setzte sich. Wir unterhielten uns eine Weile und ich frühstückte in seiner Gegenwart zu Ende. Stand auf, verabschiedete mich von ihm und ging allein ins Büro. Ohne mich auch nur einmal umzudrehen. Dennoch wusste ich, dass dort, in der Nische, an meinem Tisch, mein Ehemann mit seiner Mätresse und ebenso mein Liebhaber mit einer anderen Frau samt ihren Kindern saßen. Ich ärgerte mich. WAS hätte ICH dort oben verloren? Das fünfte Rad am Wagen zu sein? Nein! Niemals! DAS musste nicht sein.

Der Unmut setzte sich späterhin noch fort. Es entbrannte ein heftiger Streit zwischen Gunnar und mir in meinem Büro. Er hielt mich mit beiden Händen fest und bedrängte mich, mich zu beruhigen. Seinen Worten Folge zu leisten. Jedoch dazu hatte ICH keinerlei Lust. Ich wiedersetze mich, riss mich los und stritt weiter.
Mike kam, wie oft, geistesabwesend herein. Sah auf und von einem zum anderen. Stutzte. „soll ich später wieder kommen.“
„Nein!“, erwiderten wir beide im Chor.

Selbstredend wusste ich, dass ich meiner Konkurrentin am Morgen erneut das Feld überlassen hatte. Aber welche Variante ich auch wähle, ich fühle mich mit keiner wohl. Stets bin ICH die, die verliert. Egal, ob ich nun lächelnd versuche darüber zu stehen, oder mich trotzig gebärde. Ich vermag mit keiner der beiden Varianten wirklich zu leben und glücklich zu sein. NUR, mit Gunnar allein. Allerdings ist genau DAS offenbar nicht möglich. Mein Ehemann ist eben wie er ist.
Nichtsdestotrotz kann ich mir bei ihm doch recht sicher sein, dass er mich tatsächlich nie verlässt. Immer bei mir bleibt. Liebt er mich wirklich so sehr? Oder ist es nur mein Geld und meine unendliche Duldsamkeit? Was ich allerdings nicht einmal denken mag. Warum auch? Schließlich bin ich keine hässliche Frau. Ganz im Gegenteil.
Derek hingegen würde mich ohne zu zögern heiraten, wie er sagt. Dessen bin ich mir schon einigermaßen sicher. Gleichwohl er doch sonst niemanden ehelichen will. Und auch hier vermag ich eben NICHT mit Sicherheit zu sagen, ob meine Stellung und mein Vermögen nicht ebenso ein Grund dafür sind.
Nur wie lange würde es mit ihm halten? Denn auch ER ist NICHT für ewig frei von Betrügereien mit anderen Frauen, vermute ich. Und ich habe in der Tat nicht vor, noch einmal jemand anderen zu ehelichen. Gleichwohl ich doch, gerade in dergleichen Situationen, daran denken mag. Das Dumme ist nur, dass eigentlich alle in Frage kommenden Kandidaten, mit Frauen und Kindern behaftet sind. Sowie Jason, oder womöglich sogar Kevin. Sasha Fliess ist mir zu ölig. Zu aalglatt. Und wer weiß was noch. Zudem schläft auch ER mit einer anderen. Aber WAS erwarte ich denn?
Auch wenn ich gedenke mich an diesem Reigen nicht zu beteiligen, kann ich nur sagen, ich habe ohnehin keine Chance und bin bereits mitten in Diesem. Ob ich nun will oder nicht. Aus diesem Grunde hat sich wohl Elisabeth die I. entschlossen, zölibatär zu leben. An der Spitze ist es stets sehr einsam und jedermann schaut auf einen.

-------------------------------

Nun gut, noch einmal kurz zu gestern Abend und warum ich mich über Derek, oder vielleicht sogar über mich selbst ärgerte.
Alles ist dieses Mal gut gegangen. Bestellungen, Einkäufe, Lieferungen. Ein Grund aufzuatmen. Nach der Arbeit und dem Dinner, ging ich mit Gunnar nach Hause. Er allerdings war noch einmal zu Alexa und seinem Kind gegangen und offenbar auch zu Lara. Er kam ziemlich spät. Es war so gegen neun.
Wir sahen zusammen fern, bis weit nach Mitternacht.
Derek hatte Licht gesehen und klopfte noch einmal bei uns an, um zu fragen, ob alles in Ordnung sein. Gunnar bat ihn herein und auch seinen Partner Sven Aberg.
„Aber nur ein paar Minuten.“, warf ich ein. „Wir wollen sie doch bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit im Zentrum nicht stören.“
„Es wird schon nichts sein.“, sagte Gunnar und verdrehte die Augen.
Derek willigte ein und die beiden Männer unterhielten sich, ein wenig abseits stehend, miteinander. Ich smal talkte derweil mit Sevn Aberg. Ein netter Mann. Hübsch anzusehen. Nur etwas klein.
Im nächsten Augenblick läutete Gunnars iPhone. Es war Alexa zu dieser späten Stunde und er diskutierte recht heftig mit ihr. Offenbar wollte sie, dass Gunnar zu ihr kommt. Und er selbst erklärte mir dann, dass sie doch zwei Tage und Nächte pro Woche mit ihm zusammen sein wollte. Insbesondere jetzt, wo sie sein Kind geboren hat.
Phhhuu. Was sollte ich sagen. Ich willigte selbstredend (und Zähne knirschend) ein. Zuckte mit den Schultern und meine Mimik war kühl.
Daraufhin redete Gunnar mit Derek, der schon fast gegangen war. „Kannst du hier bei Rea bleiben?“, fragte er ihn.
Ohne weitere Umschweife, oder viel nachzudenken, sagte er: „Ich regle das schon.“ Er setzte einen anderen Mann an seiner Statt ein, um die Schicht für ihn zu beenden.
Gunnar ging und Derek blieb.
Es war bereits gegen halb drei, als ich mit Derek zu Bett gegangen bin und wir wurden noch einmal, auf meinen Wunsch hin, intim miteinander. Derek war recht zögerlich. Führte, zu seiner Verteidigung, die Zeit ins Feld. „Es ist schon spät. Vielleicht Morgen. Meinst du nicht?“
Ich bestand darauf und er tat……….nach was ich verlangte. Obwohl mein Gefühl mir sagte, dass er an diesem Tag, oder sogar an diesem Abend, womöglich bereits mit einer anderen zusammen war. Und als ich ihn danach fragte, bestätigte er es mir. Nur war ich viel zu müde, so mitten in der Nacht, um an dieser Stelle noch böse zu sein. Und warum? Schließlich war er nach wie vor ein freier Mann.
Trotz alledem war ich verärgert. Oder doch eher hin und her gerissen. Einerseits wollte ich mit ihm schlafen. (Es ist SOOO angenehm mit ihm!) Andererseits verabscheute ich den Gedanken, dass sein Schwanz kurz zuvor noch in einer anderen war. Und gerade als wolle ich es mir selbst bestätigen, dass alles in Ordnung war mit uns, wurden wir am Morgen noch einmal intim miteinander. Was soll’s? Dachte ich so. (Soll ich mich etwa geiseln?)
„Kannst du noch mal?“, witzelte ich. Es war bereits acht.
Derek lachte. „Ja was denkst du denn? Aber wollen wir nicht lieber aufstehen?“ Und wir taten……

--------------------------

Ach ja. Die Frau. Anne-Gret.
Wir trafen uns gestern noch einmal und unterhielten uns. Nach eineinhalb Stunden brach ich ab, alldieweil mir war, als drehen wir uns im Kreis und sprachen immer wieder über das Selbe.
Nun gut. Sie bat mich, wie erwartet, um einen Job. Nur ist sie doch eher eine Invalide oder eine Rentnerin. Vielleicht eine Rehabilitandin. Doch eher eine Versehrte im Geist und in der Physis. Also WAS tun mit ihr. Sie liebt Tiere über alles und an dieser Stelle hatte ich eine Idee. Hundesitterin. Sie wäre die erste hier. Und auch sicherlich gebraucht. Denn viele der Gäste bringen ihre Hunde und Katzen mit hier her. Also, warum nicht dieser Frau die Möglichkeit geben, sich etwas verdienen zu können und dabei noch Freude zu empfinden, wenn sie sich mit Tieren umgibt. Eine Chance für sie.