Freitag, 12. April 2013

Wie genau definiert man eigentlich “Treue”?



Gunnar reiste schlussendlich, nach tagelangem Drängen seiner Brüder doch noch nach New York. Gerade jetzt, wo es am Schönsten war.
Ich war tapfer. Brachte ihm zum Flughafen. Weinte nicht.
Stattdessen aß ich beim Thailänder, dass mir die Augen tränten.
Während ich aß, hatte ich Troels über die aktuelle Situation informiert.
„Dann kommst du zu mir?“
„Ich dachte, du kommst zu mir?“
„Es wäre besser, wenn ich mich nicht zu lange in eurem Haus aufhalte.“
Natürlich hatte er Recht. Vorsicht konnte nicht schaden.
„Weißt du, dass dein Russe hier ist?“
„W-a-s? Oh!“

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Auf dem Rückweg dachte ich über Jason Anekela nach.
Er war verheiratet. Nun, ich hatte noch nie eine Affäre mit einem liierten Mann.
Jedoch konnte dies durchaus ebenso gut eine „Vorteil“ sein. 
Er wäre selbstredend auf „Verschwiegenheit“ bedacht.
Könnte keinen „Anspruch“ auf mich erheben. Keine „Streitereien“ beginnen.
Aus diesem Blickwinkel erscheint ein kleines Intermezzo mit Mister Attraktiv  durchaus reizvoll.
Andererseits, hatte ich nicht beschlossen treu zu sein?
Würde ich es mit Troels sein können?
Wanja?
Überaus viele Möglichkeiten in meiner unmittelbaren Nähe. Ohne, das ich auch nur einen Fuß in ein Flugzeug hätte setzen müssen.
Und so ganz nebenbei war da noch meine Monatsblutung. Aus diesem Grund war sich Gunnar offensichtlich verhältnismäßig sicher mich  hier „allein“ lassen zu können.

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Natürlich und wie so oft, kommt es anders als man denkt.
Troels erwartete mich bereits. Er öffnete mir die Tür und zog mich zu sich herein. Küsste mich. Umarmte mich. Drückte mich an sich.
„Ich würde so gern, mit dir, jetzt..“, begann ich. „Aber vielleicht schwimmst du nicht so gut im Roten Meer.“ Ich biss mir auf die Lippe und sah Troels mit einem unschuldig verschämten Blick in die Augen.
Er lachte. „Das ist nicht weiter schlimm.“
„Wir haben schon zu lange nicht miteinander geschlafen.“, wandt ich ein.
„Komm.“ Er nahm mich bei der Hand und zog mich hinter sich her.
Ich blieb  stehen.
„Was hast du?“
„Ich würde gern noch zu Wanja gehen. Hören, was er mir zu erzählen hat. Über den Brand, seine Familie und den Tot seines Vaters. Ich sah ihn seit Langem nicht mehr.“
Troels räusperte sich und ich bemerkte, wie seine Stimmung kippte. „Dann geh.“, waren seine abschließenden Worte.

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Ich fühlte mich gleich vom ersten Augenblick an wohl in Wanjas Gegenwart. Wusste instinktiv, dass ich bleiben würde.
Er war überglücklich mich zu sehen. Trug mich auf Händen, im wahrsten Sinne des Wortes. Küsste mich überschwänglich. „Ich bin so froh, dass du gekommen bist.“
Wanja ist mir so vertraut. Alles an ihm. Es gab eine Zeit, wo ich wohlbehütet und entspannt in seinen Armen schlafen konnte, wie bei keinem anderen. Jedoch gab es ebenso delikate Zeiten der Diskussionen, des offenen Betruges und der Kontrolle.
Er bat mich ebenso zu bleiben. Nur seine Antwort auf meine Bedenken des „Roten Meeres“ wegen, war eine völlig andere: „War das je ein Problem für uns?“
In diesen Augenblick sah er in meine besorgten, und zweifelnden Augen. „Du musst dich nicht fürchten. Das weißt du doch. Oder? Wir können diese Gelegenheit doch nicht verstreichen lassen.“, fügte er noch hinzu.“
Unbestritten war ich bereit mit ihm zu schlafen. Ja. Sogar mit ihm zu ficken. Jedoch erinnerte ich mich im gleichen Maße an die respektable Größe seines Schwanzes, welche ich in diesem Augenblick nicht wirklich in mir brauchen konnte.
Wäre Gunnar nicht weg gegangen, hätte er mich nicht einmal in Wanjas Nähe kommen lassen. Er hatte Recht. Selbst Troels konnte ich von Zeit zu Zeit sehen wenn Gunnar im Zentrum war.
Also blieb ich. (Vorerst!)
Und ein Bodyguard wurde hier nicht mehr benötigt. (Dachte ich.)

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Wanja erzählte mir von dem Brand seines Hauses. Sprach von Alpträumen, in denen er von Dämonen heimgesucht und aufgefordert wurde zu gehen. Fragte mich Allerlei über Gunnar und ich sprach unverblümt seine Neigungen an.
„Hättest du da nicht ebenso bei mir bleiben können?“ Er lachte. „Kein Mann ist wirklich SO, wie er anfangs vorgibt zu sein.“
„Wieso? Bist du schwul? Oder vielleicht masochistisch? Aber ER betrügt mich wenigstens nicht!“
Wanja lachte erneut. „Immer noch so naiv meine Schöne?“ Er zwinkerte mir zu und legte dabei die Stirn in Falten.
„Nein! DAS wirst du mir jetzt nicht einreden!“, widersprach ich ihm energisch.

Ich wollte den Abend mit Wanja genießen.  Nur fand mein Geist keine Ruhe.
Ich dachte an Troels und es bekümmerte mich ihm weh zu tun.
Ich dachte an Gunnar, der mich in gutem Glauben zurück gelassen hatte.
Tat ich fürwahr „das Richtige“?

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Am Ende siegte mein Gewissen.
Ich vertröstete Wanja. Der mich nicht gehen lassen wollte.
Ging zu Troels, der nicht mehr daran geglaubte mich an diesem Abend wieder zusehen, und beglückte ihn mit DEM, was ich in der Nacht zuvor von Gunnar gelernt hatte. Sein Schwanz war noch nie in meinem Mund gewesen.
Jedoch um aufrichtig zu sein, wäre ich viel lieber bei Wanja verblieben.
Aber es war ebenso diplomatischer gewesen, die erste Nacht mit Troels zu verbringen. Denn Gunnar würde mehrere Nächte nicht bei mir sein. Troels hatte in diesem Augenblick den „größeren“ Anspruch auf eine Nacht mit mir.  Wogegen Wanja zuvor einen beträchtlicheren Anspruch auf meine Gesellschaft hatte. Dass ich ihm zuhörte. Seine Sorgen mit ihm teilte.
Dergleichen „Schachzüge“, die jedoch viel mehr aus dem Herzen zu kommen scheinen, sind mir noch nicht fremd geworden. Vor einiger Zeit waren sie für mich die Alltäglichkeit.
Und WAS ist nun mit der „Treue“?

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Heute Morgen, während ich mit Troels und Mads frühstückte, kam Ryan überaus „bewusst herein geschneit“. Denn ich hatte mich am Abend zuvor, als Troels sich von der Nachtschicht entbinden lassen wollte naivere Weise „weit aus dem Fenster gelehnt“. Hatte Ryan selbst gebeten jemand anderen an Troels Stelle einzusetzen.
„Warum nimmst du nicht gleich eine Glocke und gibst bekannt wo und mit wem du dich triffst.“, hatte Troels kopfschüttelnd zu mir gesagt. „Jetzt werden sich die Gerüchte erneut überschlagen.“
Ryan grinste mich unverfroren an und fragte Troels WANN er denn wieder „verfügbar“ wäre.
Welch eine Anmaßung! Dachte ich und wurde wütend, (obgleich ich als „Chefin“ doch viel eher die Contenance zu wahren hatte) und ging einfältiger Weise auf seine (offene) Provokation ein.
„Was denkst du? Das ich mit Troels gefickt habe?“, glitt ich ins Gossenjargon ab.
Ryan schmunzelte. „Etwa nicht?“, antwortete er verwegen.
Nun schmunzelte ich und sah Troels an. „Haben wir gefickt?“
Wir beide sahen uns grinsend an und ich wiegte den Kopf hin und her. „Ich glaube wir können ihm sagen, dass wir nicht gefickt haben. Und wenn es so wäre?“ Ich zuckte mir den Schultern und sah Ryan grinsend an.
„Wieso er?“, wurde Ryan noch dreister. „Reden“, dabei zwinkerte er mir verschwörerisch zu, „ könntest du genauso gut mit mir?“
Er verblüffte mich für einen Augenblick. Jedoch fing ich mich sogleich und verblieb mit meinen Worten in der tiefsten Gosse. „Du würdest es tatsächlich lieber sehen, wenn ich mit DIR ficke.“ Ich sah ihm direkt und abwartend in die Augen.
„Hhu!“ Er räusperte sich und stricht sich grinsend mit der Hand über das Kinn. „Würdest du?“, fragte er provozierend.
Ich sah Troels an, der mich gewähren ließ, und dann Ryan. „Nein. Selbstverständlich nicht!“
„Warum? Was ist so anders an ihm?“
Seine Vorwitzigkeit schien kein Ende zu nehmen.
Ich kannte Männer wie Ryan. Wusste wie sie tickten. Und so konnte ich viel sagend nichts sagen. Ohne ihn zu verletzen und ihm obendrein noch zu schmeicheln.
Als er gegangen war mussten wir beide lachen. Troels und ich.
„Du hättest dir wahrlich einen Besseren Chief für dein Sicherheitsteam aussuchen können.“
„Was nun vorerst nicht mehr zu ändern ist.“
Troels wurde ernst. „Du gehst jetzt zu dem Russen. Oder?“
„Nein. Zuerst gehe ich duschen und schreiben. Dann zur Massage, Kosmetik und Friseur. Wenn du magst, kannst du mich als mein „Bodyguard“ begleiten.“ Ich zwinkerte ihm zu und er lächelte mir zustimmend entgegen. „Erst später werde ich zu Wanja gehen.“
„Du hast ihm die kommende Nacht versprochen. Oder?“
Upps! „Ja.“, antwortete ich wahrheitsgemäß.
Troels räusperte sich und atmete tief hörbar ein. Ich sah, wie sich die Muskeln an seinem Kiefer bewegten.
„Wenn er dich bedrängt, kommst du besser zu mir. Versprichst du mir das?“
Ich sah ihm ein wenig ungläubig an.
„Nur für den Fall, meine ich. Es kann nicht wirklich gut sein Sex zu haben wenn du blutest.“
Ich stimmte ihm zu und versprach ihm was er wollte.
„Was ist?“, fragte ich ihn, alldieweil er mich so durchdringend ansah.
Er schmunzelte. Antwortete nicht augenblicklich.
Meine Mimik und Gestik forderte ihn erneut auf mir zu antworten.
„Jeg elsker dig.“