Mittwoch, 15. Mai 2013

Der Tag der „Erscheinungen“ - Ratlosigkeit



Die meiste Zeit verbrachte ich mit Mary, Gunnar und dem Plan des Tages.
Der Rest teilte sich in die „drei Erscheinungen“.
Meine neue Garderobe samt Schuhe und anderen Accessoires.
Die Ankunft eines attraktiven Lakota mit dem klangvollen Namen Tate´okna nita pehin. Welcher mir von Mary vorgestellt wurde.
Und das Ende des „Video-Pornos“ mit der Entlarvung des Maskierten nackten Mannes.

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Als ich die Lieferung meiner Garderobe in Empfang genommen hatte, widmete ich mich dem Tag mit Mary und Gunnar, welcher anstrengender gewesen war, als ich dachte. Zumal die im Hospital verabreichten Medikamente nun ihre Wirkung tun. Was mich ohnehin schwächt. In diesem Zustand begrüßte ich Tate´okna nita pehin.
Man sieht diesen Menschen meist ihr Alter nicht an. Ich würde ihn auf dreißig schätzen. Oder jünger. Oder älter? Sein wahres Alter entzieht sich meiner Kenntnis. Denn als ich Mary danach fragte, lächelte sie nur. Wie so oft.
Sein Haar ist lang. Er trägt es offen und reicht ihm bis zur Hüfte. Es hat einen schwarz-blauen Glanz. Er scheint nicht an vieles Reden gewohnt. Denn er sprach kaum ein Wort.
Was für eine konzentrierte Power von den beiden ausgeht. Von ihm und Mary. Erstaunlich.

Mary und ihr Freund, welchen ich trotz seiner Attraktivität ebenso Unwillig wie Mary gegenüber stehe, speisten mit uns im Restaurant zu Abend. Begleiteten uns zurück zum Haus und verabschiedeten sich so gegen acht. Ich war erleichtert dass sie gingen. Wollte nur noch meine Ruhe.
Jedoch zuvor, als wir noch ein wenig plauderten, hatte ich Mühe die Contenance zu wahrem, alldieweil mich „das Ende der Video-Botschaft“ mit der Demaskierung des nackten Mannes erreichte.
Mein iPhone hatte gesummt. Ich stand auf, ging ein Stück zur Seite und sah mir an, was mich erreichte (erreichen sollte). Es war der Abschluss der S/M Session.
Ich sah Siv und ihre zwei Schwestern. Der andere nackte Mann war ebenfalls noch im Zimmer. Da ich alle Personen sehen konnte, die bisher an dem Szenario teilgenommen hatte, vermutete ich, dass die Aufnahme ab diesen Moment von selbst lief.
Eine von Sivs Schwestern band den maskierten Mann los. Einzig seine Hände waren noch gebunden. Er fiel auf die Knie. Direkt vor Siv, wo man ihm die Maske abnahm und es war tatsächlich Gunnar. Wie ich bereits vermutete.
Nun konnte ich es nicht mehr leugnen. Es nicht mehr schön reden. Ignorieren. Die Wahrheit verzerren. Ich hatte Mühe mich zu beherrschen. Herz und Atem begannen den Rhythmus zu wechseln. Wurden schneller.
„Alles in Ordnung?“, fragte Gunnar.
„Ja. Natürlich.“, antwortete ich ein wenig holprig, legte das iPhone auf den Tisch zurück und befahl meinen Beinen sich in Gang zu setzen. Ich schluckte. War nervös. Setzte mich neben Gunnar, der sofort bemerkte,  dass in meinem Inneren etwas vor sich ging. Er drehte den Kopf zu mir und kniff fragend die Augen zusammen.
„Es ist nichts. Ich bin nur müde und erschöpft.“ Ich lächelte gequält. „Die Medikamente.“, warf ich erklärend hinterher.
Er räusperte sich, nickte leicht mit dem Kopf und schien mir zu glauben.

Als die beiden gegangen waren und wir noch ein wenig nebeneinander saßen und fernsahen, brach eine Panikattacke aus mir heraus. Und eigenartigerweise half und tröstete mich gerade DER Mann, welcher die Ursache des Ganzen gewesen war.
Wie widersinnig doch das Schicksal oft spielen mag.

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Bereits gestern hatte ich beschlossen Gunnar noch NICHT mit dem Ende des Videos zu konfrontieren. Mein Gefühl sagte mir, dass die „richtige Zeit“ dafür noch kommen würde.
Mein aller erstere Gedanke war: Berlin. Kevin suchen. Der Zweite brachte jedoch die sofortige Ernüchterung: Meine Gesundheit lässt keine Reisen zu. Ganz und gar nicht allein.
Mein dritter Gedanke: Handle nicht impulsiv sondern überlegt. Plane!
Mein letzter Gedanke: Troels. Am aller liebsten wäre ich augenblicklich zu ihm gerannt und hätte mich ausgeweint.

Sex gab es indes keinen. Mir war verständlicherweise nicht danach. Obgleich Gunnar nicht abgeneigt schien. Was mir Gestik und Mimik verrieten.
Wie konnte er nur? Sah er nicht, wie schlecht ich mich fühlte?
Möglicherweise ist ihm Sex doch viel wichtiger, als er selbst es zugeben mag.

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Soeben erreichte mich eine Nachricht von Troels.
Es zeigt Gunnar, welcher mich vor etwa zehn Minuten verließ, um zu seiner Mutter ins Office zu gehen. Er steht mit Elena am See. Direkt am Bootssteg und diskutiert.

Ich werde darüber nachdenken, was zu tun ist. Werde eine Reise nach Berlin planen.
Jedoch zuvor, starte ich den wiederholten Versuch Kevin zu erreichen.
Da ich vermute, dass meine Bemühungen diesbezüglich von wenig Erfolg gekrönt sein werden, ist ein Anruf oder ein Nachricht an Ian sicher keine schlechte Idee.

Alles in allem bin ich ein wenig ratlos.