Freitag, 10. Mai 2013

Wagnisse, Ratschläge und Geständnisse – Wir müssen reden!



Ich blieb allen, selbst meinen eigenen Erwartungen zum Trotz allein.
Ging Mary aus dem Weg. Begegnete Haarkon und ließ mir von seinem Wintergraten erzählen. Ging zu Elena, um Klarheit zu schaffen. Welche ich nicht bekam. Sie zeigte mir die kalte Schulter und speiste mich mit wenigen abfälligen Worten und einem hämischen Grinsen ab. Genug der (Selbst-) Erniedrigung. Dachte ich.
Am Ende saß ich erneut vor meinem Notebook. Wollte mit Ian skypen, der keine Zeit für mich hatte. Bot auf Auktionen und rief Kevins Frau an.
Mein Finger zitterten und Herz klopfte wie wild. Mein Atem ging schnell und flach. Natürlich. Eine weibliche Stimme. Was hatte ich sonst anderes erwartet. Kevin vielleicht?
Im Hintergrund lief der Fernseher. Fußball? Hörte ich da in der Tat Fußball?
Kevin? Da muss Kevin sein. Mein Herz überschlug sich beinahe. Sprechen konnte ich ohnehin nicht. Wozu auch? Was hätte ich fragen sollen?
Schlussendlich wurde aufgelegt.
Nur mühsam beruhigte sich Herzschlag und Atem.
Es bleibt mir keine andere Wahl. Ich muss nach Berlin. Kevin suchen.
Nur wann und wie?

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Mary lässt nicht nach, Gunnar davon zu überzeugen, man müsse mir dringlichst mein Notebook entreißen. Denn auf anderem Wege wird man es nicht bekommen.
Es wäre der Grund für meine Unstetigkeit, Kränklichkeit, Unrast, Nervosität, Gereiztheit, meine Unzufriedenheit, meine Unlust anderen Sachen gegenüber.
Was bildet sie sich eigentlich ein?
Ich weiß genau, warum ich sie nicht mag.

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Als Gunnar tatsächlich nach dem Spiel noch am gleichen Abend zurückkam, zeigte er ein befremdliches Verhalten. War nervös. Räusperte sich andauernd und kaute auf seiner Unterlippe.
„Was ist mit dir?“, fragte ich schließlich.
Er blies die Backen auf und ließ die Luft durch die angespitzten Lippen hörbar entweichen. Erneutes Räuspern. Hüsteln.
„Was ist los?“, wiederholte ich meine Frage.
Er kratzte sich nervös den Kopf. Fuhr sich beinahe hektisch mit der Hand übers Kinn und zog seine linke Augenbraue nach oben, während er mich fixierte.
Ich schüttelte mit dem Kopf. Zuckte mit den Schultern. „Wenn du nicht magst, dann lass es.“
„Ich würde schon mögen.“, sagte er zögerlich. „Diese Lügerei schlägt mir ohnehin auf den Magen.“
„Lügerei?“, fragte ich erstaunt. „Was meinst du damit?“
„Genau genommen würde ich erneut Geld von Dir verlangen müssen.“
„Geld? Wofür?“
Gunnar schnaufte. „Wir müssen reden. Die Wahrheit. Die absolute Wahrheit. Alle beide!“
Nun schluckte ich und kam ins schleudern. Troels? Er wusste es ohnehin. Warum sollte ich es ihm dann nicht geradeheraus gestehen?
Genau genommen war es mir zu so später Stunde gleichwohl nicht wirklich nach ausufernden Diskussionen.
„Ja. Du hast Recht. Hatte Gunnar meine Gedanken bereits wie beiläufig gelesen. „Aber wir klären das besser jetzt. Morgen bin ich vielleicht mutlos.“ Gunnar sah mich erwartungsvoll an. “Ich weiß, dass du es weist, und es ist besser das jetzt unverzüglich, bestimmt und präzise zu klären. Es sind nicht viele Worte nötig. Keine Schnörkel. Keine Umwege.“
Die ganze Zeit über hatte ich ihn angestarrt.  Mein Mund stand offen. Meine Augen weit aufgerissen. Wusste er tatsächlich, dass ich sah, wie er diese Elena  fickte?
Dieses plötzliche Wahrheitsbedürfnis schien ansteckend zu sein. JETZT war ein guter Zeitpunkt ihm meine kleine Verfehlung mit Troels zu gestehen. Was er ohnehin bereits wusste.

Gunnars Worte flossen schier unaufhörlich aus seinem Mund. Dabei lief er aufgeregt hin und her. Ich stand nur da und sah ihm dabei zu.
Hjalmar hätte ihm geraten mir die uneingeschränkte Wahrheit zu offenbaren. Was mich nun einigermaßen überraschte. Von IHM hätte ich dies nun bei Weitem NICHT erwartet.
Dass er das Model fickte, wusste ich nun bereits. So gestanden wir uns gegenseitig unsere „Delikte“, wobei man nicht sagen könnte, welcher „schwerer“ wog.
Das Wort „Selbstläufer“ traf auf uns beide zu. Jedoch Gunnar hatte ebenso gute Argumente für sein tun wie ich, oder Troels es bereits vermutete hatten.
Es ging um „Erpressung“!
Das Model sprach tatsächlich die Wahrheit, als sie sagte, dass Gunnar mit ihr in New York gefickt hätte. Der „Selbstläufer“ war die Entschuldigung. Mann nimmt mit, was einem kostenlos dargeboten wird. Sie hat es schier darauf angelegt. Mir kaum eine Wahl gelassen. Es ging alles sehr schnell und war eigentlich nur "Befriedigung".“, Er senkte den Kopf. „Männer sind da anders. Wir sind in der Lage Sex und Liebe voneinander zu trennen. Es hatte nichts mit Liebe zu tun. Es war nur ein Fick. Sie bedeutet mir nichts.“
Gunnar ging einige Schritte auf mich zu. Legte seine Arme um meine Schulter und drückte mich fest an sich. Was ich bereitwillig geschehen ließ. „Ich habe mich dazu hinreißen lassen. Bitte verzeih.“, sagte er leise.
Er erzählte mir, dass diese Geschichte bewusst von diesen kriminellen Elementen inszeniert und aufgezeichnet worden war, die in unserem spirituellen Zentrum einen „Begleit-Service“ einzurichten gedachten.
Gunnar wollte mich nicht brüskieren. Wollte mir diese „Verfehlung“ nicht (ein-)gestehen. Hatte er mir doch geschworen, mich nie zu betrügen.
Nun war es schlussendlich doch ausgesprochen worden. Niemand vermochte ihn jetzt noch zu erpressen.
Diese Elena hat trotz ihrer „Hintermänner“ offensichtlich ihre eigenen Pläne. Er müsse nicht zahlen, wenn er sie fickt. Hatte sie Gunnar erzählt, und sich ihm so erneut angeboten. Da er nicht zum wiederholten Male Geld von mir erbitten mochte, nahm er ihr „Angebot“ an. Glaubte ihr. Was selbstredend gelogen war. Er hätte ohnehin zahlen müssen.
Es besteht kein Zweifel, SIE, Elena beabsichtig in der Tat mich meines Ehemanns zu berauben.
Ein kühner Plan. Der nicht aufgehen wird. Denn Gunnar versicherte mir, trotz ihrer Jugend und Schönheit, dass er keinerlei Interesse an ihr habe. Was nun erneut mein Vertrauen in Gunnar fordert.
In diesem Zusammenhang merkte Gunnar meinen Versuch mit drei Männern gleichzeitig zu leben an. Welchen er ebenso hatte erdulden müssen. ER fühle sich seiner Verfehlung wegen schlecht und hätte sich entschuldigt, was für mich offensichtlich SO normal gewesen wäre.
ER muss nun jedoch in gleichem Maße Vertrauen in mich setzen. Was andere Männer betrifft. Troels ist (nicht) nur ein „guter Freund“.  Es wäre verwerflich zu sagen, dass er die „Lücke füllt“, wenn Gunnar nicht bei mir ist.  Es würde gleichwohl mit Nichten der Wahrheit entsprechen. Der Sex mit ihm ist überaus angenehm. Jedoch ebenso unter dem Begriff „Selbstläufer“ zu definieren. Und gelegentlich fühle ich ihm gegenüber eine gewisse Verpflichtung. „Er hat sich in mich verliebt.“, gestand ich leisen Tones.
Gunnar lächelte. „Kein Wunder. Wer täte dies nicht.“
Troels ist ein lieber, warmherziger Mensch. Wird stets ein Freund bleiben. Gleichgültig was geschehen mag.

Es war alles gesagt. Ausgesprochen. Gestanden.
Erleichterung. Für uns beide.
Konnte wir nun die Uhren zurück auf „Null“ stellen. Von vorne beginnen?
Da war immerhin noch diese Siv, die ebenfalls nicht nachgeben wollte. Zudem sie mit Genuss seinen Neigungen folgt. Was durchaus NICHT zu unterschätzen ist. 
Nicht zu vergessen der „magische Fick“. Das Kind, welches Marie in sich trägt, könnte Gunnars sein.
Am aller liebsten würde ich diese Elena erneut des Platzes verweisen. Bedauerlicherweise kann ich ihr weder etwas unterstellen noch beweisen und es gibt somit keine Möglichkeit sie raus zuwerfen. Vorerst zumindest. Von allein wird sie jedoch nicht gehen. Vermute ich. An ihrer Stelle, wäre ich ebenso wenig bereit meine Pläne zu ändern. Alsdann ist in diesem Fall Gunnars „Treue“ gefragt. Ebenso mein Vertrauen in ihn.

Vor Erschöpfung plagte mich bereits die Übelkeit und wir gingen schlussendlich gegen drei Uhr nachts zu Bett.
Es erforderte lediglich wenige Sekunden, bis ich eingeschlafen war.

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Viel zu früh klingelte der Wecker am heutigen Morgen.
Frühstück im Haus. Ich ließ es bringen. Massage. And now I’ll rest a little. Während Gunnar bei seiner Mutter in Office weilt und anschließend schwimmen gehen wird.
Möglicherweise werde ich ihn heute Nachmittag nach Stockholm begleiten.