Sonntag, 5. Mai 2013

Freund oder Feind?



Ich muss der Selbstgeißelung anheim gefallen sein. Nein. Ich ließ mich von freundlichen, gefälligen, (heimtückischen) Worten umgarnen. War erneut naiv und vertrauensselig. Ein „neuer Anfang“ mit nettem Palaver. Wer könnte sich dem entziehen?
Anstatt mit Mary zu reden, was zweifelsohne besser für mich gewesen wäre, folgte ich einer Einladung von Emilia Stephansdottir zum „Frauenkreis“. Nach einer Weile des Zuhörens, denn ihr Mund stand kaum eine Minute still, wurde ihr Ton eindringlicher, das Gesagte zweideutiger und ihre Vergleiche foppten meinen Verstand. Will sie mich etwa zum Narren halten? Mit ihren Allegorien, ihrer kleinen erzählten Parabel, forderte sie mich geradezu heraus und hatte somit die (trotzige) Kämpferin erneut in mir geweckt. Einen Zustand heraufbeschworen, der meiner gesundheitlichen Situation nicht wirklich förderlich war.
Zuvor hatte ich bereits ein dreistündiges, aufreibendes Seelengespräch mit Marie hinter mir gelassen, in welchem ICH die Zuhörerin war.
Erwecke ich tatsächlich den Eindruck eine Müllkippe zu sein oder so geistlos,  versteckte „Andeutungen“, Doppelsinnigkeiten nicht zu erkennen? Ich fühlte mich erneut brüskiert. Blieb nur kurze Zeit und sprach in aufgebrachtem Ton anschließen mit Gunnar darüber.
„Als Kleinkind kann man dich nun in der Tat nicht mehr bezeichnen. Oder mich. Denn wir beide sind Eins. Gleichwohl wir als Individuen nicht adäquat, und ebenso nicht immer einer Meinung sein mögen. Was überdies nicht notwendig ist. Im Gegenteil.“ Er schmunzelte. „Ja. Zweifelsohne eine geschickt erzählte Geschichte. Und kennt man den Hintergrund des Denkens und ihrer Überzeugungen, weiß man genau, was mit dem Schoß des Vaters ausgesagt werden soll.“
Gunnar holte tief Luft und musste lachen.
„Willst du mich jetzt ebenso für dumm verkaufen?“, fühlte ich mich durch sein Lachen provoziert.
Er hob die Hände und schüttelte den Kopf. „Beruhige dich. Ich bin auf deiner Seite. Oder besser, deine andere Hälfte. Es wäre tatsächlich vorteilhafter gewesen, ein Gespräch mit Mary zu führen, anstatt dich in Streitgespräche verwickeln zu lassen, die Dich aufwühlen und belasten.“
Er hatte Recht!
Nur war mir  bei dem Gedanken an eine Unterhaltung mit Mary gleichermaßen unwohl und durch das versteckt platzierte, provozierende „Gleichnis“ in Emilias Geschichte war ich in der Lage meinem Frust den Weg nach draußen zu ebnen.  Das „Tüpfelchen auf dem „I“ für diesen Tag. Nur war es eben nicht von Vorteil, es in ihrer Gegenwart zu tun. Ohnehin weiß SIE alles besser. Welche Chance würde ich haben ihr mit Worten zu begegnen?
Dennoch, aller Verspottung und Empörung zum Trotz, bin ich zuversichtlich und glaube an ein „positives Ende“. Irgendwann. Ich bin zweifelsohne eine unerschütterliche Optimistin. Oder besser, auf einen hoffnungsvollen Weg dorthin.
Die Karten sind längst verteilt. Das Spiel hatte begonnen und nimmt seinen Lauf.
Nur fehlt mir genau genommen der Sinn für dergleichen Bühnenstücke. Zumal, im Augenblick.
So werde ich mich (unter Vorbehalt) doch besser den Gesprächen mit Mary widmen. Genau so, wie Gunnar es mir antrug.

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Mary kam so gegen acht zu uns. Gunnar ließ uns allein. Nahm einige Sixpacks und ging zu Chris, Jonathan und Taylor.
Kurz zuvor sprach ich mit Ian, um ihm meine Glückwünsche zu seinem Geburtstag entgegen zu bringen. Selbstredend war die Zeit mit ihm limitiert. Was hatte ich erwartet. Ein Versprechen. Ein Gruß. Ein Kuss aus der Ferne. Mehr war da nicht. Was mein Herz über die Maßen traurig stimmte.

Mary begann beinahe überfreundlich und war durchaus entgegenkommend. Redete über sich selbst und stellte mir Fragen. Forderte mich gewissermaßen auf, darüber zu sinnieren, was für MICH Magie und Spiritualität bedeutet.
Alles in allem dauerte unser Gespräch in etwa zweieinhalb Stunden bis ICH abbrach. Alldieweil es mir mit der Zeit schlicht und einfach zu anstrengend geworden war. Sie war ebenso bereit die Unterhaltung auf meinen Wunsch hin umgehend zu beenden.
Die ganze Zeit über bleib sie zwar bestimmt jedoch gütig und warmherzig. Dennoch ändert es nichts an meiner Skepsis ihr gegenüber.
Sie ist eine Frau, und ich verstand mich bislang mit Frauen in keinster Weise.
Männer kann ich nunmehr erfahrungsgemäß einschätzen. Das Verhalten von Frauen ist mir nach wie vor suspekt. Ich sehe sie als Rivalinnen, Widersacher und nicht zuletzt als „den Feind“. Marie ist hierfür ein überaus anschauliches Beispiel in wie weit man langjährigen „Freundinnen“ vertrauen kann.

Restlos erschöpft bat ich Gunnar zu mir zu kommen und wir gingen unverzüglich zu Bett. Sex gab es erst am heutigen Morgen. Jedoch war er nicht wirklich befriedigender Natur.
„Da ist zu viel in deinem Kopf“, sagte Gunnar, als ich mich frustriert zur Seite drehte. „Richte deine Aufmerksamkeit stets auf DAS, was du gerade tust. Damit du es genießen kannst.“

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Gunnar ging vor etwa einer Stunde zum Office. Gleichwohl ich nicht weiß, was er am Sonntagmorgen dort zu suchen hat. Die Intension des „Nachspionierens“ kam mir für einige Sekunden in den Sinn. Ich ließ es jedoch zu Gunsten meiner Notebook-Zeit. Da diese ohnehin beständige Missbilligung findet.
Ein Mausklick nach dem anderen. Dann, durch ein Zittern meiner Hand, ganz zufällig, drückte ich unverhofft auf eine „falsche“ Taste, folgte dem „Pfad“ weiter und was sah ich da? Wanja. Im deutschen Fernsehen. Dieses ungeheuerliche Lügenschwein! Sagte er mir nicht, dass er verunfallt mit einem gebrochenem Bein im Krankenhaus liege?! Was hat dies nun wieder zu bedeuten?
Sollte ich ihn anrufen?