Freitag, 24. Mai 2013

Verwunderung – Veränderung – Versprechungen – „Alles wird gut!“



Bis in etwa 19.00 Uhr war meine Welt in Ordnung. So wie sie sich mir darbot.
Schmusen, schmusen und noch einmal schmusen.
Wohlfühlen. Kuscheln. Lachen. Meinen Gunnar genießen, und er mich.
„Vertraue mir.“, sagte er immer wieder. „Es wird alles gut.“, sprach es und steckte seine Zunge in meine Spalte, sodass ich vor Vergnügen kwitschte.
Ich vermochte ihm gleich anschließend Ähnliches widerfahren zulassen. Ein kleiner Biss in die Eichel. Ein flüchtiges Quetschen der Hoden. Meine Fingernägel kniffen seine Brustwarzen und Gunnar schien im siebten Himmel.
Dinge, welche ich vermag ihm zu geben. Extravaganter wird es dennoch nicht werden. Was natürlich nicht bedeuten soll, dass Gunnar an  „gewöhnlichem oder alltäglich normalem“ Sex keine Vergnügen mehr findet. Was mir ganz persönlich im Grunde genommen viel lieber wäre. Ich benötige keine übersteigerten Extravaganzen.
Es war schlicht und einfach nur ein Nachmittag voller Spaß,  Freude und Glückseligkeit. 
Für uns beide!

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So etwa gegen fünf Uhr fuhr er dann nach Stockholm. Zu seinem Fußballspiel.
Ich widmete mich der Schönheitspflege. Ließ mir Gesicht und Dekoltee massieren, cremen und mich stylen.
Um meinen neuen Look auszuführen und vorzuzeigen, gedachte ich am Abend im Restaurant zu speisen und vorher einen kleinen Abstecher zu Troels zu wagen. Ausschließlich um ihm einen „Guten Tag/Abend“ zu wünschen.

Ich klopfte an seine Tür, die augenblicklich von einer sehr jungen, attraktiven Frau (Mädchen) aufgerissen wurde. Ein unhöfliches „Ja!“ sprang mir entgegen. „Was ist?“
Ich tat, doch viel mehr ungewollt, einen guten Schritt zurück und stutzte.  „Entschuldigen sie. Ich wollte mit Troels sprechen. Ist er hier?“, fragte ich und wähnte in naiver Manier, es könne Mads Gespielin sein.
„Troels wer?? Kenne ich nicht.“ Klatsch. Die Tür schloss sich vor meiner Nase und ich stand einigermaßen idiotisch drein schauend davor.
Was hatte DAS nun zu bedeuten?
Christine! Fiel mir unversehens ein.
Wenn jemand eine Erklärung dafür haben könnte. Dann sie.
Alsdann begab ich mich auf den Weg zu ihr ins Office. Informierte sie kurz via iPhone darüber, dass ich unterwegs zu ihr war.
„Wir treffen uns im Restaurant.“, sagte sie.
Vortrefflich! Dachte ich. Denn mir knurrte bereits der Magen.

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Bei einer Thai-Curry Suppe und Knächekröd erklärte mir Christine, dass Gunnar die Geschäfte schlicht und einfach übernommen (ihr aus der Hand genommen) hätte.
In einem zügig einberufenen Meeting traf er sich mit einem Sprecher der (kriminellen  russischen Organisation) Privat Placement Holding Gesellschaft, sowie mit Henry Duvall, dem Oberhaupt der christlichen Sekte und es wurden schnelle Lösungen gefunden. Übereinkünfte getroffen und Handlungen beschlossen, welche schnellstmöglichst in Kraft treten sollten. 
Gunnar hatte sich mit einem Freund Hjalmars zusammengesetzt und die Finanzen geprüft und überrechnet. Das Zentrum schrieb bisher viel mehr rote als schwarze Zahlen. Gleichwohl DIES gedachte er zu ändern. Zehn Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wie er sagte. Er wäre überaus stolz auf seine Lösungen, seinen Plan gewesen. Erzählte mir Christine.
Während ich mein Dessert verspeiste, lauschte ich den Worten meiner Schwiegermutter aufmerksam. Was sie mir an weiteren Neuigkeiten über kurzfristige Veränderungen zu berichten hatte.
Es wäre weiterhin schnell festgestellt worden, sagte sie, dass man auf Grund der neuen Vereinbarungen kein, oder nur noch wenig Sicherheitspersonal benötigte. Natürlich würde man sie nicht einfach so entlassen. Sondern „umlagern“.
„Was bedeutet UMLAGERN?“, fragte ich zwischen.
„Das heißt“, schaltete sich Thomas Dearing ein, „dass die Leute unseres Sicherheitsteams jetzt als Türsteher in einschlägigen Diskotheken, als Bodyguards für die Oberhäupter der kriminellen Organisationen, oder als Ordnungshüter oder Hausmeister in einem ihrer Bordelle arbeiteten.“
Ich schüttelte mit dem Kopf. „Und was ist nun genau unser Part der Übereinkunft?“
Christine lächelte ein wenig zynisch. „Es ist genau DAS, was wir für unser spirituelles Zentrum NICHT wollten. Einen Begleitservice für reiche alte Männer und ebenso Callboys für Frauen. Einige Mitglieder unseres Sicherheitsteams, wie beispielsweise Cheveyo Kuruk Kele oder Victor Danilov (der Felico-Verschnitt) wurden befragt, ob sie als solche hier weiter arbeiten würden und hatten eine schnelle Entscheidung treffen müssen. Wir bekommen Prozente und sparen Personalkosten.“
Sie nahm einen Schluck von ihrem Tafelwasser, zog die Augenbrauen nach oben und redete weiter: „Für dieses Model „Elena“ wurde extra bezahlt. Sie wurde frei gekauft. Könnte man sagen. War Teil der Vereinbarung. Was Gunnar überaus wichtig schien.“
„Christine.“, sagte Thomas zu seiner Lebenspartnerin gewandt. „Sieh doch die gute Absicht deines Sohnes hinter seiner Handlung. Ein Mädchen weniger, was sich prostituieren muss und durch ihn eine echte Chance auf eine gute Zukunft erhält.“
„Wer ist nun eigentlich genau genommen noch hier?“, fragte ich ein wenig verwirrt.
Christine sah Thomas an. Der atmete tief ein und aus. „Lass mich überlegen.“, sagte er. „Also Ryan ist nach wie vor Chief des noch bestehenden, jedoch stark reduzierten Sicherheitsteams. Der Indianer und der Bulgare haben sich als Callboys verdingt. Dieser amerikanische Italiener Joseph Bariello und Chris Everett ebenfalls. Deines Sohnes  Saufkumpane Taylor, Chris und Jonathan sind gleichwohl noch hier. Sarah Sjögren hat er dir gelassen.“, spöttelte er und sah in meine Richtung. „Selbst Jasons Anekeleas Frau samt Kind wurde unter Protest umgesiedelt. Probleme gab es auch mit Mark Kekoa, welcher auf deine Rückkehr warten wollte.“
Jason. Dachte ich. Diesen überaus gut aussehenden Mann hätte ich nur zu gern weiterhin um mich haben wollten. Seine Frau, diesen eifersüchtigen, keifenden, kleinen Giftzwerg. Doch eher nicht.
„Ryan hatte alle Hände voll zu tun Jason nach Eurer Ankunft zur Ruhe zu bringen und von Dir, Rea, fern zu halten.“, warf Christine ein. „Der arme Mann wollte sich ob der Behandlung seiner Frau während seiner Abwesenheit beschweren.“
„Recht hat er!“,  bemerkte ich leise.
Christine schmunzelte.
„Es geht hier um Geld.“, sprach Thomas weiter. „Wie überall auf dieser Welt. Wir konnten bedauerlicherweise nicht auf Dauer einen Zaun errichten und unsere spirituelle Einrichtung ewig als eine Enklave hüten. In einer unmenschlichen, auf Gewinn orientierten Gesellschaft. Diese Realität da draußen, vor welcher wir uns abzugrenzen gedachten, hat uns letztendlich eingeholt.“ Er verzog den Mund und seine Züge verrieten mir Unmut ob der neuerlichen Entwicklung unseres Zentrums.
Genau DAS mochte ich an Thomas. Er sprach aus, wie es tatsächlich war. Verschönte nichts. Schmückte nichts aus und erfand nichts hinzu.
„Und was genau gab es nun für einen Pakt mit dem Teufel? Ich meine diese Sekte.“,  versuchte ich mich gleichermaßen im zynischen Humor.
Thomas lachte. „In einem der freien Häuser wird eine kleine Kapelle eingerichtet. Am Sonntag wird gebetet für das Seelenheil und die Woche über mit Callboys und Models gefickt. Wie drinnen so draußen. Wie außerhalb des Zentrums, so jetzt ebenso innerhalb unserer imaginären Mauern. Deren wir nun nicht mehr bedürfen, da sich die Symbiose in einem vorschreitenden Stadium befindet und immer rascher voranschreitet. Aber der Profit ist überzeugend. Nicht wahr?“, waren seine vorläufig abschließenden sarkastischen Worte.
Ich war über die Ereignisse ebenso wenig erfreut. An dem, was Thomas sagte, war etwas Wahres dran. Dies konnte ich mit Nichten leugnen.
Urplötzlich kam mir Troels in den Sinn. „Was ist mit Troels und Mads.
Christine lächelte. Sah mich jedoch nicht an. Wartete darauf, dass Thomas mit seinen Erläuterungen fortfuhr. Was er gleichwohl tat. „Ich glaube“, er kratzte sich am Kinn, „ er arbeitet jetzt als Hausmeister mit seinem Bruder in einem Bordell.“
„W-A-S?“ Es schauderte mich.
Ich stand auf, ging ein Stück beiseite und rief seine Nummer an.
„Ja.“, meldete er sich.
„Wo bist du?“, fragte ich.
„Wo bist DU?“, fragte er zurück.
„Hier im Zentrum und suche dich.“
„Ich dachte, du seiest bei Erik und wüsstest von den Veränderungen.“ Das letzte Wort des Satzes hatte er besonders ironisch betont.
„Nein. Wusste ich nicht. Ich war in Berlin und bin erst gestern zurückgekehrt.“
Stille
„Entspricht es in der Tat der Wahrheit, dass du in einem Bordell arbeitest?“ Ich vermied bewusst das Wort „Hausmeister“. Was demütigend gewesen wäre. Wie ich fand.
„Ja.“, war seine knappe Antwort.
„Ich hole dich zurück.“,  versprach ich ihm.
„Ich bin mir da nicht sicher, ob du dich in diesem Fall durchsetzen kannst. Dein Mann wirkte sehr entschlossen.“
„Was soll das denn bedeuten? Du wirst bald wieder hier sein.“
Aufgebracht nahm ich am Tisch neben Christine und Thomas wieder platz.
„Beruhige dich Rea. Dein Mann tut das alles ausschließlich in bester Absicht. Selbst ein spirituelles Zentrum will als Unternehmen geführt werden und muss sich rentieren. Oder etwas nicht?“, fragte er in Christines Richtung.
„Es wird ein spirituelles Zentrum bleiben. Dafür sorge ICH.“, sagte sie bekräftigend und ein wenig bissig. „Meinen Traum, lasse ich mir nicht von dieser morbiden Welt zerstören.“
„Das alles geschah während meiner Tage in Berlin?“, fragte ich.
„Ja.“, sagte Christine. „Und, hast du Kevin gefunden?“
„Ja. Habe ich.“ Mehr gedachte ich zu diesem Thema nicht zu sagen. Insbesondere ihr nicht.
SO sahen also einige von Gunnars „Lösungen“ aus. Welche mir schon einigermaßen suspekt erschienen. Der leichteste Weg wurde eingeschlagen. Hürden schnellstmöglichst aus dem Weg geräumt. So also des Mannes Devise.
Was könnte ich monieren? Nichts. Gunnar würde nicht verstehen, was ich an seinem Handeln auszusetzen hätte.

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Gestern Abend war mir genügend Zeit geblieben über alles nachzudenken. 
Ich kam erneut zu demselben Schluss.
Warum sollte ich nörgeln? Oder klagen? Ihm für seine Bemühungen noch Vorwürfe entgegen schleudern. Am besten, ich beließ es vorerst dabei. Jedoch musste ich diese Thematik irgendwann zur Sprach bringen. Um Troels willen. Schließlich hatte ich ihm versprochen, dass er alsbald hier her zurückkommen könne.

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Gunnar kam spät in der Nacht. Aber er kam. Wie er mir versprach.
Die Unterhaltung mit seiner Mutter und die Veränderungen im Zentrum erwähnte ich indes nicht. Ebenso wenig am heutigen Morgen.
Es war ohnehin wenig Zeit. Physio-time. Die Therapeutin war angefordert und kam Punkt acht zu uns ins Haus.

Noch einigermaßen verschlafen waren wir heute Morgen gemeinsam im Badezimmer. Genau genommen dachte ich am gestrigen Abend auf Gunnar warten zu wollen und tat mir in diesem Zusammenhang einen halben Horrorstreifen an. Auf der Couch mochte ich indes nicht einschlafen und ging schlussendlich gegen Mitternacht zu Bett.
Ich stützte mich auf den Rand des Waschbeckens, starrte in den Spiegel und dachte: Hat Gunnar wen gefickt gestern Nacht? Kam er deshalb so spät?
„Nein. Das tat ich nicht.“, sagte er meine Gedanken lesend. „Aber wenn du magst“, er zwinkerte, „können wir jetzt ficken.“ Ein breites Grinsen zeigte sich auf Gunnars Gesicht.
„Der Mond steht im Skorpion. Ich verstehe.“, sagte ich und verließ, ebenso grinsend,  das Badezimmer.

War er möglicherweise bei diesem Model? Dachte ich als wir uns an den Frühstückstisch setzten.
„Ja. War ich.“, sagte er.
Entsetzen!
„Ich habe NICHT mit ihr gefickt.  Falls du DAS denkst. Wollte mir ausschließlich ihre neue Wohnung ansehen. Nicht mehr.“
Das soll ich dir glauben. Ich sah ihn zweifelnd an.
Er schnaufte. „Du kannst mir glauben. Warum vertraust du mir nicht einfach?“
Da war es wieder. Dieses Wort. „Vertrauen“.
Nun gut. Welche Wahl bleibt mir denn am Ende?
Möglicherweise wird doch noch alles „gut“. So wie Gunnar es verspricht.