Beinahe den gesamten Sonntag waren wir alle samt vereint.
Gunnar, wir drei Frauen und seine zwei Kinder. Welch traute Einigkeit.
Während Marie die Zwillinge wiegte und mir eines von ihnen
aufdrängte, versuchte Gunnar Kate Schach beizubringen. (Möglicherweise war es
ihr nicht so fremd wie sie vorgab.) Erstaunlicherweise lernte sie zügig und
fand augenscheinlich Spaß daran Gunnar zu besiegen (, der sich womöglich von
ihr besiegen ließ?). Dieses hysterische Lachen. Diese diebische Freude jemand
anderen zu besiegen! Die Verschlagenheit liegt ihr womöglich im Blut. Daher
vermute ich, dass ihr in der Tat nicht zu trauen ist. Gleichgültig, was sie
sagt, vorgibt zu sein, nicht zu können
oder wie einsam und bemitleidenswert sie doch anmutet. Mir wähnt, sie besteht
einzig aus Schichten von Masken. Was sich darunter befindet, mag ich mitnichten
erahnen.
Ist sich Gunnar dessen bewusst?
-------
Gunnar war diese Nacht bei mir geblieben, und obgleich es
die letzte Nacht vor seiner Abreise war, gab es kein intimes Ineinander. Ich
war zu müde und er schien ebenso wenig daran interessiert zu sein. Was meinen Verdacht
erhärtet, dass Freitagnacht die Party nicht ausschließlich bei Hjalmar
stattfand.
-------
- Die erste Nachricht seit langem von Kevin. Am liebsten
würde er für einige Zeit zu mir kommen. Was ich begrüßen würde!!
- Die nicht Erreichbar- und Nachrichtenlosigkeit von Wanja
kann schlussendlich nur eines bedeuten, dass ihm etwas zugestoßen ist. Womöglich
seinem Bruder ebenso. Sollte ich es wagen ohne Netzt und doppelten Boden allein
nach Kiew zu fliegen um ihn zu suchen? Aber was vermag ICH schon auszurichten,
was sein Vermögen nicht kann?
-------
Bekommenheit schlich sich in mein Gefühlsleben,
seitdem ich weiß, dass Gunnar erneut einige Tage verreisen wird.
Gleichgültig wie viel Frauen er sein eigen nennt oder wie
viel gutes ihm widerfährt, es scheint ihm nicht zu genügen. Er tut, wonach
immer ihm der Sinn steht. Nach wie vor.
Natürlich liebe ich ihn! Daran besteh keinerlei Zweifel.
Jedoch frage ich mich so allmählich, wie viel ich noch
hinzunehmen vermag, bevor ich womöglich einsehen muss, dass er zwar mein
Seelenpartner, ich mit ihm jedoch als der Mensch, welcher er nun einmal
ist, nicht zusammen leben kann.
Aber mit wem sonst?
Da sich die „Auswahl" bedauerlicherweise nur noch auf wenige
beschränkt, ist anzunehmen, dass ich am Ende doch den „gewohnten Bahnen“ mit Gunnar folge. Wenn da nicht immer wieder
diese kleinen, subtilen, jedoch fortwährenden Verletzungen wären......
-------
Mir war heute Morgen nicht nach Gesellschaft zumute. Daher
schlug ich vor, im Haus zu speise. Jedoch holte mich die Gesellschaft in
gewisser Weise ein. Denn Kate kam zu uns sowie Marie und die Kinder.
Wo sind die Stunden für uns allein nur geblieben?
Ich bin Einzelkind und daher das Leben in einer „großen
Familie“ nicht gewohnt. Bevorzuge es, mit mir allein zu bleiben. Oder mit dem
jeweils „einem Partner“, welcher gerade meine Aufmerksamkeit genießt.
WAS verändert sich da gerade in meinem Leben?
Bin ich es? Lasse ich zuviel zu? Oder liegt es daran, dass
ich älter werde und denke es müsste dann SO sein wie es ist?