Justitia - Erneutes
hinterfragen
Selbst wenn ich mich dazu hinreißen ließ, mich mit Gunnar
zu versöhnen, bleiben noch immer einige
Fragen unbeantwortet. Wie beispielsweise: Weswegen verzieh er mir so rasch? Ist
es tatsächlich sein „schlechtes Gewissen“ hinsichtlich Kate? Marie? Elena? Siv?
Alicia? Und wer weiß wer noch? Oder liebt er mich tatsächlich so unermesslich,
dass er mich um keinen Preis verlieren möchte. Ich dachte ebenso bereits an
mein Vermögen. Oder möchte er in der Tat schlicht und einfach nur in Ruhe und
Frieden mit mir (und derzeit ebenso mit Kate, Marie und...?) leben?
Wiege ich unsere Verfehlungen gegeneinander auf, neigt sich
die Waage trotz alledem noch in seine Richtung. Mag sein, da ist/war Troels.
Von dem er nicht wirklich etwas zu befürchten hatte. Andere gibt es ohnehin
nicht mehr. Obgleich mir noch immer genügend
Chancen und Angebote zur Verfügung ständen. Aber wofür?? Mein Interesse
an oberflächlichen Beziehungen hat sich erschöpft. Insbesondere, seitdem mich
diese beschissene Krankheit ereilte. Es ist mir nicht mehr nach kurzlebigen
Liebschaften, welche nur auf Sex basieren.
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Kate benimmt sich trotz ihrer dreißig Jahre zuweilen noch
immer wie ein unreifer Teenager. Zudem vermag sie sich nicht wirklich zu
benehmen.
Ich war gerade noch rechtzeitig vor dem Dinner aus
Stockholm zurückgekommen, als Gunnar zur Tür herein gestolpert kam, um mir zu
sagen, dass er noch einmal schnell zu Marie und den Kindern gehen würde und
dann zum Restaurant, um zu speisen.
„Geh schon vor. Ich komme dann nach.“, hatte er gesagt und
war gegangen.
Ich hatte bereits zur Hälfte meinen Teller gelehrt, als
Kate zu mir an den Tisch kam und nach Gunnar fragte. „Er sagte, er wolle die
Kinder zu Bett bringen und würde dann hier her kommen.“
Ohne weiteren Kommentar wendete sie und ging.
Nach einer Weile kamen alles drei zur Tür herein. Gunnar,
Marie und Kate. Sie setzen sich zu mir an den Tisch und bestellten. Allerdings
bemerkte ich eine gewisse Diskrepanz zwischen den beiden Frauen. Ich fixierte
sie und wartete ab.
„Hast du nicht gelernt anzuklopfen, wenn du einen Raum
betrittst?“, fragte Marie nach einer langen Weile plötzlich vorwurfsvoll in
Kates Richtung.
Kate knallte das Besteck auf den Teller. „Woher sollte ich
auch wissen, dass sich gerade Gunnars Schwanz in deinem Mund befindet?“
Ich sah sie empört an. Gunnar knirschte mit den Zähnen.
„Kate! Bitte. Benimm dich.“, sagte er zu ihr.
Marie lachte beinahe hysterisch und sah mir dann verlegen in die
Augen.
Ahh! So war das also. Dachte ich.
Zu meinem Erstaunen nahm ich das Gesagte schlicht und
einfach zur Kenntnis und...nichts weiter.
Jedoch die beiden anderen Frauen stritten weiter und es
fielen zahlreiche flätige Worte aus Kats Mund.
Ich tupfte mir demonstrativ mit der Serviette meine Lippen.
Legte sie dann auf den Teller und wandt mich Kate zu. „Wenn du nicht lernst dich zu
benehmen, wirst du ab sofort nicht mehr an meinem Tisch speisen. Hast du mich
verstanden. Ich dulde ein derartiges Benehmen nicht!“
Alle starrten mich an. Sogar die Leute an den Tischen neben
uns.
Ups.
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Ja. Natürlich war ich bei Troels.
Nachdem ich Gunnar im Office kurz darüber informiert hatte,
fuhr ich gegen elf Uhr vormittags nach Stockholm. Ich dachte, zu dieser Zeit
hätte ich die größten Chancen Troels nicht zu begegnen.
Auf dem Weg dorthin dachte ich über die Endgültigkeit
meines Vorhabens nach.
War der Schlüssel einmal aus der Hand, hatte ich nie mehr
Zugang zu seiner Wohnung. Mir kamen Zweifel ob meines Unternehmens.
Um meine Absicht zu verzögern, ging ich vorher zur die
Sushi-Bar, dann shoppen und als es so allmählich Abend wurde, setzte ich
das Geplante tatsächlich noch in die Tat um und fuhr gleich anschließend zurück
zum Zentrum.
Es ging alles reibungslos vonstatten. Trotzt alldem war es
ein merkwürdiges Gefühl, als ich die Tür hinter mir schloss.
Während der Fahrt zurück verdrängte ich jedweden Gedanken
an Troels. Ich hatte ihm nicht einmal die Chance für ein Gespräch mit mir
gegeben.
Oder hatte ich schon längst nach einem Anlass Ausschau
gehalten, um die Beziehung mit ihm zu beenden?
Nein. Im Augenblick möchte ich nicht wirklich viel über
Troels nachdenken. Denn da ist Wanja, um den ich mich ernsthaft sorge. Ich
vermochte ihn bislang noch immer nicht zu erreichen. Und er, meldet sich
nicht???