Montag, 26. Mai 2014

Atme ruhig und tief





Gunnar war den gesamten Vormittag bei mir. Wir surften dieses Mal gemeinsam und nebeneinander sitzend im Netz.
„Du musst trinken. Dein Obst essen.“, erinnerte er mich. „Nimm die Hast aus dir heraus. Atme ruhig und tief.“ Was ich schon gerne einmal vergesse, wenn ich in die Weiten des World Wide Web eintauche......und die Luft anhalte, anstatt zu atmen. Oder meine Atmung konstant und unbewusst zu flach halte.

Womöglich hatte Gunnar in meinem Kopf gelesen, und was er sah veranlasste ihn sich mustergültig und makellos mir gegenüber zu verhalten. Obgleich ich doch versuchte jedweden Gedanken an die Erkenntnisse, welche ich durch die Belege der Detektei gewann zu verbergen. Hatte er etwa doch ein schlechtes Gewissen? Ob dem Auslebens seiner Neigungen und Bedürfnisse.
Nun, da Gunnar mir versicherte die gesamte Nacht bei mir gewesen zu sein, war es unnötig Hannes und Vincent aufzusuchen. Dann doch lieber ein Besuch bei Kevin, um zu sehen, ob er noch immer mit mir schmollte.

Wir gingen nach dem Lunch gemeinsam in Kevins Hütte. Sogar die Kinder und eine der Nannys begleiteten uns.
Wollte mich Gunnar mit Kevin etwa nicht alleine lassen? Und wenn, warum? Dachte er wir schmiedeten ein Kopilot? Erdachten Pläne für eine gemeinsame Zukunft?
Welch überdenkenswerte Vorstellung. Andererseits vermag ich nicht zu sagen, ob ich Kevin auf ewig in diesem Zustand zu ertragen vermag.

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Obwohl Gunnar nun, ohne Unterbrechung, den gesamten Tag und den ganzen Abend bei mir war, war ich auf irgendeine Weise im Inneren wütend. Der Grund erschließt sich mir bis diesem Zeitpunkt nicht wirklich. Vermuten würde ich jedoch, dass das Ergebnis der Europawahlen einen großen Teil der Schuld daran trägt. Es ist ein Dilemma für alle denkenden Wähler, die über den eigenen und den Tellerrand ihres Landes hinaussehen. Einerseits ist es in der Tat wünschenswert wenn alle Länder zusammenrücken, sich trotz kultureller Unterschiede gut verstehen, und die Grenzen öffnen, weil wir alle „Menschen“ sind. Andererseits spielt genau DAS den 0,1 % der Menschheit in die Hände, die sich die absolute Macht mittels Kapital über den Rest der Leute angeeignet haben. Unter den derzeitigen weltpolitischen Bedingungen scheint nun aber und ebenso bedauerlicher Weise das zeitlich richtige zu geschehen. Man wendet sich gegen ein geeintes Europa. Was letztendlich dem Masterplan der selbsternannten Mächtigen entgegen läuft. Wobei man sich  gleichwohl nie sicher sein kann, welche der Mitteilungen der Wahrheit entsprechen und welche bewusst gestreut wurden. Denn ein Informationsüberfluss ist stets ein probates Mittel, um die Menschen zu verwirren.

Wir sahen fern bis spät in die Nacht. Ich war einigermaßen aufgebracht und vermutlich aus diesem Grund nicht müde. Gunnar hatte alle Mühe mich zu beruhigen. Er hielt mich und meine Hand. Küsste mich, legte seinen Arm um meine Schulter und drückte mich an sich. Sex gab es jedoch auch keinen. Gleichwohl nicht in den wenigen Stunden der Nacht, die Gunnar ausnahmslos bei mir war. Denn am  heutigen frühen Morgen malträtierten mich die vampiristischen Schwestern auf ihre ganz eine Art und Weise.
Gunnar war mit mir aus dem Bett gestiegen. Denn gleich anschließend fanden wir uns alle, Christine, Thomas Dearing, Ryan Stevenson, Dahl Lindqvist, Ellen Parker, Imara Sumei, Kate Austin-Nobel, Ben Holmgren, Marion Wallin, Amaya Ji, Marion Voltaire, Gunnar und ich, im Office zum Briefing ein. Gleichwohl die Auszubildende Julia Lundin war zugegen. In der Hauptsache wurde das neue Überwachungssystem  diskutiert und in diesem Zusammenhang die Verurteilung der Brandstifter des letzen Anschlages auf das Zentrum. Wie vermutet bekamen sie ausschließlich Geldbusen auferlegt und auf Grund ihrer Jugend ein geringes Strafmaß, welches zur Bewährung ausgesetzt wurde. Weiterhin wurden die personellen Veränderungen besprochen, die sich aus der die Expandierung ergaben. Unter anderem die Aufgaben der attraktiven Imara Sumei, die Thomas zur Seite gestellt wird, um sich der Gäste und deren Belange anzunehmen. Mit Ellen Parker diskutierten wir den Veranstaltungsplan der kommenden Woche und mit Thomas Dearing sprachen wir über die Bedürfnisse und Beschwerden der Gäste. Neu zu erwerbendes wurde abgeklärt und Überflüssiges at acta gelegt.

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Während des Frühstücks im Restaurant hatte ich Gunnar mit Natalja reden sehen, die mir, ihrer Mimik nach, ein wenig enttäuscht zu sein schien und einigermaßen lebhaft gestikulierte. Woraus ich entnahm, dass er ihr womöglich die Nacht versprochen haben musste. Nun schien es sein Aufgabe zu sein, sie ebenfalls zu beruhigen.

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Befindlichkeiten:

Soweit ist alles okay.
Eben nur die üblichen Verdächtigen.
Der andauernde Krampf in der Brauch- und Rippenmuskulatur. Schwäche. Schmerzende Füße und Beine. Haut die brennt und aufgrund der verabreichten Medikation im Hospital ein wenig Übelkeit.