Donnerstag, 29. Mai 2014

Gehören, einfordern, Trost und Toleranz



Ohne Gunnar bin ich unorganisiert und chaotisch. Mein Tag ist ohne Struktur.
Ich esse und trinke kaum, vernachlässige meine Übungen und surfe die ganze Zeit im Internet oder sehe einfach nur fern. Bin untätig und gebe mich dem Müßiggang und der Lethargie hin. Lese nicht und mache auch sonst keine Besuche, und mag niemanden wirklich um mich haben. Außer Gunnar natürlich.

Nun ja, ich sah mir dann doch die DVD der Detektive an. Die Stunde mit Snezana He und die Nacht mit Lara. Das meiste davon selbstredend im Schnelldurchlauf.
Er behandelt beide sehr liebevoll, und mit ebensolchen Respekt, wie er jedem anderen Menschen, nebst mir, entgegenbringt. Keine Spur von theatralischen Rollenspielen.
Mit Snezana He war es in der Tat nur ein schneller, (Sex-) Hunger stillender Fick. Dennoch streichelte er sie zärtlich und sein Blick verriet mir, das er sie überaus ansprechend fand. Er sah ihr zufrieden lächelnd in die Augen, als er in ihr zu Ende gekommen war und strich ihr sanft über beide Wangen. Dennoch schien sie unzufrieden als er ging. Sie griff nach seiner Hand, als er sie verlassen wollte. „Warum nur hast du Malika erwählt und nicht mich, als eine deiner offiziellen Frauen?“, fragte sie mit traurigen Augen.
Gunnar verzog ein wenig sein Gesicht und schnitt eine Grimasse. „So viele offizielle“, bei diesem Wort malte er mit seinen Fingern imaginäre Anführungszeichen in die Luft, „Geliebte kann ich Rea nicht anbieten. Es sind ohnehin bereits genug.“
„Aber wieso Malika und nicht mich?“
„Du bist viel stärker als Malika. Sie braucht mich wesentlich mehr als du. Bemerkst du es nicht? Und in Rea sieht sie eher eine Freundin als eine Konkurrentin. Wohin Rea nun auch so allmählich tendiert, was Malika betrifft.“
Snezana nickte und schlang noch einmal ihre Arme um Gunnars Hals, um ihn zu küssen und zu verabschieden.
Das Zusammensein mit ihr war völlig normal. So, wie mit mir und den anderen Nebenfrauen auch. Keine Extras. Keine sadomasochistischen Spielchen. Keine  Dramen. Nur einfaches, liebevolles miteinander Sein.
Lara schien er mit sinnlichem Genuss zu ficken. Es bereitete ihm, wie ich bereits vermutet hatte, sichtbare Freude ihre Brüste über sich auf und ab hüpfen zu sehen, während sie auf ihm ritt. Er streichelte, liebkoste und knetete sie. Mit ihr war er in gleichem Maße überaus zärtlich. Und sie mit ihm ebenso. Ich vermute, sie benötigt auch ein gewisses Maß an Geborgenheit, was sie sich in Gunnars Gegenwart, seinen Zärtlichkeiten und seinen Intimitäten zu holen schien. Sie gingen ebenfalls beide sehr liebevoll miteinander um.
Dennoch kein einzig abwertendes Wort von Gunnar, Lara oder Snezana über mich. Es wurde kaum von mir gesprochen. Vor allem Malika äußerte sich, meines Wissens nach, bisher stets positiv.

Den Lunch ließ ich mir im Haus servieren. Denn ich hatte kein Verlangen nach menschlicher Gegenwart. Und um Kevin zu besuchen, fehlte mir der Mut. Ich befürchtete, er könne noch immer verstimmt sein und gedachte mich seinen Launen nicht auszusetzen. Dann lieber doch ein paar kleine Übungen im Sitzen, die Behandlung der Beine und Tennis im Fernsehen bis zum Abend.
Wieso kam Gunnar eigentlich nicht zurück? Er hätte schon längst wieder hier sein müssen! Infolgedessen kontaktierte ich Hannes und erfuhr, dass Gunnar sich mit Natalja bis dato in einem Stockholmer Hotelzimmer aufhielt. Mehr war in diesem  Augenblick nicht darüber zu erfahren. Aber ich folgte den Bildern in meinem Kopf,  wie Gunnar Nataljas Fotze genüsslich leckte. Wie er in sie eindrang, während sie schwelgend stöhnte und Gunnars Schwanz in sich willkommen hieß. Wie sie mit ihren beiden Händen sein Gesäß umklammerte, um ihn zu sich heranzuziehen.
In diesem Moment bemächtigten sich meines Kopfes tausend Gedanken des Aufbegehrens gegen Gunnars fortwährenden Betrug, der genau genommen unverzeihlich war. Welchen ich jedoch stets ohne Folgen für ihn hinnahm.
Ich dachte daran zu Troels zu fahren. Oder schlicht und einfach abzureisen. Gleichgültig wohin.
Aber genauso wie mir der Mut fehlte Kevin aufzusuchen, war ich ebenso zaghaft und unentschlossen in meinem Willen mich irgendwohin zu bewegen, um wie früher etwaige Abenteuer zu suchen. Oder ganz und gar Gunnar davon zu laufen.
Ich befinde mich in der Tat in einer ausweglosen Situation. Einerseits schätze ich mein selbst erwähltes und aufgebautes Leben hier in Schweden. Andererseits sind da diese beständigen Demütigungen durch Gunnars Verhalten. Bemerkte er das nicht? Oder sind diese für ihn nichts weiter als die Normalität, die er in den letzten zehn Jahren kennen gelernt hatte und nun auf das ganz banale Leben übertrug.
Am liebsten hätte ich mit Gunnar über meinen Seelenschmerz gesprochen. Meine Stimme formulierte Gedanken zu Worten und Sätzen, die ich ins Leere sprach. Dahin, wo niemand war, der mir zuhörte.

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Gunnar kam gegen acht und, man höre und staune, er sagte mir tatsächlich die Wahrheit darüber, wo er gewesen war.
„Verzeih. Natalja brauchte mich für diesen Tag. Ich hoffe du bist ihr nicht böse.“
IHR? Clever formuliert. Dennoch wäre genau DAS mein Stichwort gewesen, um eine Diskussion zu diesem Thema zu beginnen, wie ich es mir vorgenommen hatte. Aber auch hier war ich ebenso mutlos, wie ich es bereits den ganzen Tag über gewesen war. Ich lächelte nur und schwieg. Nahm alles hin und fiel verzeihend, still und leise in Gunnars Arme. Dachte an die sanftmütige Natalja, welche am heutigen Tage Gunnars Gegenwart bedurfte. An Lara mit ihren wippenden Brüsten und dem liebevollen Ausdruck in ihrem Gesicht. An die niedliche, bedauernswerte Malika, deren sich Gunnar voller Güte angenommen hatte und an die elfengleiche, zierliche Ellen, die sicherlich ebenso einen Grund dafür hatte, Gunnars Schutz und ein gewisses Maß an Liebe in Anspruch zu nehmen (sich in Gunnars Licht zu sonnen) wie all die anderen.

Ja wollte ich denn die ganze Welt retten? Und jeder einzelnen Frau, die Gunnars Liebe bedufte, sie ihr gleichwohl zugestehen? Hatte nicht ICH alle Rechte an meinem Ehemann? Warum, um der Götter Willen, äußerte ich das nicht und forderte ein, was mir gehört. Nur,.....gehört mir Gunnar nicht. Ebenso wenig wie ich ihm. 
Niemand gehört niemand. 

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Entgegen der allgemeinen Tradition am heutigen Tage, bereits am frühsten Morgen dem ersten Schrei des Kuckucks zu lauschen, schliefen wir aus bis acht. Gunnar hatte mich dazu animiert. „Es ist im Augenblick für dich viel wichtiger zu schlafen.“, bemerkte er sinnig am gestrigen Abend, als wir zu Bett gingen.
„Bleibst du heute Nacht?“, kam von mir die gewohnte Frage.
Gunnar hatte lächelnd genickt und mich an sich gedrückt.
War es denn nicht auch genug fremde Frau für einen Tag gewesen???
So allmählich schlagen mir Gunnars Betrügereien, denn Unaufrichtigkeiten vermag ich sie nicht zu nennen, alldieweil er mir im Groben trotz alledem die Wahrheit sagt, auf den Magen. Daher heute Morgen mein doch eher klägliches Flehen: „Lass doch die anderen Frauen gehen.“ Und da sich Gunnar nicht weiter dazu äußerte, sondern nur (mitfühlend) liebevoll lächelte, schnaufte ich noch einmal durch und bemerkte leise: „Du liebst mich doch überhaupt nicht mehr.“
Gunnar war oder mimte den Entrüsteten. Nahm meine Hand und zog mich zu sich heran. „Was denkst du nur meine Liebste. Natürlich liebe ich dich. DICH und keine andere.“
„Aber du siehst die anderen Frauen ebenso liebevoll an.“
„Natürlich. Ich mag sie. Liebe sie jedoch in keinem Fall so wie dich Rea.“
Welch’ tröstliche Worte!