Freitag, 2. Mai 2014

Ein Tag im Restaurant



Gunnar war joggen gestern Morgen und kam zu spät zum Frühstück.
„Wo ist Gunnar?“, fragte mich Natalja.
Womöglich fügt er seinem morgendlichen Lauf noch eine schnelle Reitstunde hinzu. Dachte ich so und zuckte mit den Schultern. Denkbar war immerhin alles!
Und war er etwa in der letzten Nacht bei Natalja gewesen? Vermutete ich an der Art, wie sie nach Gunnar fragte. Schließlich hatte er die selbst auferlegte Verantwortung und die unangenehm schaurige Pflicht niemanden von seinen „Nebenfrauen“ zu bevorzugen oder zu vernachlässigen. Wie komisch, dass gerade ich darüber nachdachte. Aber nicht wirklich ohne ein kleines Quäntchen Missgunst. Trotz aller „Schwesternschaft“.

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Als ich mit Gunnar wieder im Haus angekommen war, diskutierten wir den vergangenen Tag. Das wir trotz aller Widrigkeiten die geplanten Festlichkeiten zu Beltane und unserem zweiten Hochzeitstag nicht abgesagt hatten.
„Die Gäste brauchen Zerstreuung. Das Gefühl, dass alles in Ordnung ist und dass sie hier sicher sind. Gleichgültig was auch geschehen mag.“, sinnierte Gunnar über die aufregenden Geschehnisse am Tag zuvor.
Er zog mich zu sich heran, nahm mich in seine Arme und drückte mich fest an sich. Ich schmiegte mich willig an ihn, lächelte in mich hinein und dachte an unseren zweiten Hochzeitstag, und daran dass ich Gunnar mehr denn je liebe.

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Gleichwohl zum Lunch war Gunnar zu spät gekommen. War kurz vorher noch einmal weg gegangen, und bat nun zu allem Überfluss noch die beiden Chinesinnen Ming Bei und Sui Chen an unseren Tisch.
Gleichgültig. Ich „versuche“ sie nicht als Konkurrentinnen zu sehen, sondern als Clan-Schwestern.

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Am liebsten wäre ich zu Kevin gegangen, als Gunnar mich verließ, um nach dem Lunch noch einmal mit seiner Mutter und Thomas über die Sicherheit des Zentrums zu reden und zudem noch auf dem Rückweg bei seinen Kindern vorbei zu schauen.
Stattdessen surfte ich im Internet und ging dann zum Restaurant. Trank Kaffee und aß Kuchen und beobachtete die Menschen. Blieb dort sitzen bis zum Dinner. Wo war Gunnar eigentlich in dieser Zeit? Möglichkeiten gab es viele.
Er hatte mich offensichtlich doch noch vermisst/gesucht. Rief mich an und kam bereits im nächsten Augenblick zur Tür herein, um mit mir zu speisen.
Genau genommen hätte ich noch ein Stück spazieren gehen (s)wollen. Jedoch fehlte mir jeglicher Antrieb dafür.
Zumindest den Abend verbrachten wir gemeinsam. Gingen aber verhältnismäßig spät zu Bett. Sex gab es überdies. Gunnar nahm mich von hinten. Es dauerte ungewöhnlich lange, bis er kam. Er ließ sich dann, erschöpft wie mir schien, neben mich fallen und am Ende schlief ich dann auf ihm ein.
Was für ein „gewöhnlicher“ Feiertag.

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Heute Morgen wachte ich auf und war allein. Gunnar lag nicht neben mir. Allerdings hörte ich noch im selben Augenblick die Klinke der Haustür ins Schloss fallen und er kam von einer seiner Frauen zurück. Welche es war, wollte er mir anfänglich nicht verraten. Trotz alldem ich mehrmals nachfragte.
Er zog seine Kleidung noch einmal aus und legte sich, für die kurze Zeit bis zum Aufstehen,  zu mir ins Bett. Er roch frisch geduscht. Wie meist, wenn er von einer seiner Konkubinen kommt.
„Wo warst du?“
„Es tut mir leid. Ich bin eingeschlafen.“, antwortete er ausweichend und nicht auf meine Frage und ich bemerkte, dass es obendrein noch eine Lüge gewesen war.
„Nein. Das ist nicht wahr.“
Gunnar räusperte sich. „Ja. Du hast Recht. Sie wollte, dass ich bis zum Morgen bei ihr bleibe.“
„Wer wollte?“, wurde ich zornig. „Und wieso hat eine deiner Maitressen dergleichen überhaupt zu fordern? Ich dachte dein Zusammensein mit den anderen Frauen hat keinerlei Einfluss auf uns. Dem ist jedoch nicht so.“
„Keinerlei, sagt ich nicht. Natürlich hat es einen gewissen Einfluss auf uns. Aber es berührt uns nicht weiter.“
„Doch das tut es.“ Aus irgendeinem Grund meldete sich am heutigen Morgen die Eifersucht vehement und ließ sich nicht mehr unterdrücken. „Also, WO warst du?“
„Bei Ellen.“
Das Frühstück ließen wir uns im Haus servieren.
Gunnar begleitete mich anschließend zur Physiotherapie. Er griff nach meiner Hand und ich gab sie ihm. Er lächelte mich an und ich ließ es geschehen, dass er mich zu sich heranzog und küsste. Gleichwohl ich bis zu diesem Zeitpunkt geschwiegen und geschmollt hatte.
„Lass gut sein. Es ist doch alles in Ordnung.“, sagte er und zwinkerte mir zu.
Was soll ich tun? Außer ihm immer wieder zu verzeihen und zu akzeptieren, was nicht zu ändern ist.