Während
Gunnar nun bereits wieder im Office arbeitet, bin ich noch immer bei Kevin. So
wie es Gunnar gestern vorschlug, nachdem wir uns zum Dinner im Restaurant
getroffen hatten. Kevin zu unserem Tisch gerollt war und mit uns gemeinsam
speiste.
Gunnar
Ansinnen überraschte mich anfangs. Denn genau genommen vermutete ich in seinem vorherigen
Verhalten eifersüchtige Gefühle zu erkennen. Nun hatte er mir ein Treffen mit
Kevin sogar noch offeriert.
Gunnar
war den gesamten Donnerstag über bei mir gewesen. Bis auf eine Stunde
vielleicht, die er, wie ich im Nachhinein von Hannes erfuhr, mit Ellen und
Malika verbrachte. Nur einige Minuten wäre er in Malikas Hütte gewesen. Sicher,
um sich für den Abend und die Nacht zu verabreden. Den Rest der Zeit hätte er
in Ellen Parkers Hütte verbracht und wäre, gleich nach seinem Eintritt in ihr
Zimmer, in einen rasanten Fick gestartet. So Vincents Worte.
Auf
meine Frage hin, ob er denn ebenso zärtlich mit ihr umgegangen wäre, wie zügig,
hatte er, nachdem er einige Sekunden darüber nachgesonnen hatte, ein: „Hm. Ja. Jetzt wo sie es sagen.“, verlauten lassen.
„Mit
wem bis du dann verabredet?“, hatte ich Gunnar nach seiner Offerte gereizt
gefragt.
„Magst
du nicht?“, wich er mir in Kevins Gegenwart mit einer Frage aus, die ich
schlechthin mit einem Nein beantworten konnte, ohne Kevins Gefühle zu verletzen.
Welch cleverer Schachzug.
„Sei
doch nicht so hartherzig.“, setzte er noch einen obenauf und es schien gerade
so als würde er lächeln. (War es nun eher ein wohlwollendes, mitfühlendes,
ehrenhaftes oder ein provozierendes, herausforderndes, gönnerhaftes Lächeln?) „Kevin
war das letzte Mal so überaus enttäuscht
ob deiner Entscheidung nicht bei ihm zu bleiben.“
Wie
vermochte mich Gunnar nur derart auszuspielen? Mich in die Enge zu treiben? Mir
keine Wahl mehr zu lassen? Oder waren es tatsächlich lautere Motive? Dennoch war ich mir nun mehr als sicher, dass
Gunnar bereits einer seiner Frauen das Versprechen für diese Nacht gegeben
hatte. Und mich bei Kevin unterzubringen suchte. Trotz alledem bin ich noch
immer geneigt Gunnars Motive nicht in Frage zu stellen. Denn genau genommen,
spricht er die Wahrheit mit dem was er sagt. Und ich empfinde es ähnlich wie
er. Gunnar wurde von Malika gebraucht und ich von Kevin.
„Wie
kommst du nur auf diese töricht Idee, dass ich nicht wollte?“
Ich
griff nach Kevins Hand, lächelte ihm entgegen und stimmte selbstverständlich zu.
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Während
wir gemeinsam fernsahen, spiele Kevin wieder und wieder auf sein Interesse an
intimeren Handlungen an. Ich wusste nicht wirklich, wie ich mich diesbezüglich
verhalten sollte. Denn einerseits hätte ich schon Lust darauf verspürt mit ihm
zu ficken. Andererseits jedoch, bereitete mir das WIE einigermaßen
Kopfzerbrechen, und die Bilder, die mir dazu einfielen, unterstützte nicht
gerade mein Verlangen. „Du musst das nicht.“, sagte ich dann eher ein wenig
ängstlich und zaghaft. „Es ist nicht mehr wie früher.“, und meinte damit, dass
ich krankheitsbedingt nicht per se auf sexuelle Handlungen bestünde. Nur Kevin
verstand es in diesem Augenblick vollend falsch und wurde zynisch. „Nein. Ich
weiß. Ist es nicht.“, sagte er verbittert und schlug sich mit der Faust auf
seine Beine.
„Nein.
Nein. Das meinte ich nicht Kevin.“, versuchte ich mich rasch zu berichtigen und
die Situation zu wenden. „Ich mag durchaus ungezügeltes Verlangen nach dir
verspüren, nur bin ich andererseits krankheitsbedingt ebenso nicht mehr
wirklich in der Lage den Sex, wie er früher einmal war, mit dir zu
praktizieren. Ich unterliege aufgrund meiner Krankheit ähnlichen
Einschränkungen wie du.“
Kevin
griff nun nach meiner Hand und drückte sie. Beugte sich zu mir herüber und
küsste meine Wange. Seine heftige Reaktion schien ihm Leid zu tun.
„Was
ist mit Deinem Sohn?“, wechselte ich das Thema. Denn ich wusste genau, wenn wir
zu Bett gehen würden, stellte sich die Frage nach mehr Intimität erneut. „Ich
dachte du wolltest ihn zu dir kommen lassen.“
„Ja.
Aber er will nicht. Mag lieber bei seinen Großeltern bleiben. Und er hat
gefragt, ob Mama bei mir ist.“
Nun
war ich noch einmal, ohne es zu wollen, in ein Fettnäpfchen getreten und beschloss
vorerst zu schweigen.
Es
ist in der Tat nicht leicht, wenn jedes Wort wie Blei auf einem seigenweichen
Schal wiegt und diesen droht sogleich in die Tiefe reißen. Natürlich ist mir
bewusst, dass Kevin die Versehrtheit durch seinen Unfall noch immer nicht
bewältigt oder ganz und gar aufgearbeitet und überwunden hat. Wie mag es erst
nach dem Tod seiner Frau in ihm ausgesehen? Gleichwohl er sie nicht wirklich
geliebt hat, wie er sagt, war es nach seinem eigenen Schicksalsschlag doch
sicher mehr als bitter sie zu verlieren. Wo sie sich doch so aufopferungsvoll
um ihn kümmerte. Welch unermessliches Leid er doch in kürzester Zeit erfahren
musste!
„Verlass
ihn.“, forderte mich Kevin auf, nachdem wir zu Bett gegangen waren und ich
meinen Kopf auf seiner Brust gebettet hatte. Und dieses Mal war ich weniger
schockiert ob seiner körperlichen Behinderungen und den damit verbundenen
Hilfeleistungen von Max. Womöglich gewöhnt man sich doch nach einer Weile
daran.
„Ich,
ich....“, begann ich zu stottern, „kann nicht.“
„Warum?“
Ich
senkte den Blick, drehte den Kopf ein wenig zur Seite und schwieg.
Kevin
verzog das Gesicht und pustete die Luft laut und kopfschüttelnd durch seine
Lippen. „Er hat doch genug andere Frauen.“
„Ja
aber ich......“ Erneut stockte ich mitten im Satz und wollte ihn nicht mit
`liebe ihn doch`, beenden.
„Du
liebst ihn. Ich weiß.“, Nun senkte Kevin den Blick und schien traurig.
Ich
strich ihm sanft mit meiner Hand über Wangen und Kinn. „Meine Liebe zu ihm wird von Frau zu Frau weniger.“, sagte ich fast
(!) aufrichtig zu Kevin. Sah ihm mit einem wehmütigen Blick in die Augen und
küsste ihn auf den Mund. „Gunnar scheint alles dafür zu tun, das meine Liebe
von Tag zu Tag weniger wird.“
Er
schien erleichtert aufzuatmen und lächelte nun wieder. „Dann brauche ich also
nun noch zu warten.“