Freitag, 30. Mai 2014

Frauentausch



Während Gunnar nun bereits wieder im Office arbeitet, bin ich noch immer bei Kevin. So wie es Gunnar gestern vorschlug, nachdem wir uns zum Dinner im Restaurant getroffen hatten. Kevin zu unserem Tisch gerollt war und mit uns gemeinsam speiste.
Gunnar Ansinnen überraschte mich anfangs. Denn genau genommen vermutete ich in seinem vorherigen Verhalten eifersüchtige Gefühle zu erkennen. Nun hatte er mir ein Treffen mit Kevin sogar noch offeriert.
Gunnar war den gesamten Donnerstag über bei mir gewesen. Bis auf eine Stunde vielleicht, die er, wie ich im Nachhinein von Hannes erfuhr, mit Ellen und Malika verbrachte. Nur einige Minuten wäre er in Malikas Hütte gewesen. Sicher, um sich für den Abend und die Nacht zu verabreden. Den Rest der Zeit hätte er in Ellen Parkers Hütte verbracht und wäre, gleich nach seinem Eintritt in ihr Zimmer, in einen rasanten Fick gestartet. So Vincents Worte.
Auf meine Frage hin, ob er denn ebenso zärtlich mit ihr umgegangen wäre, wie zügig, hatte er, nachdem er einige Sekunden darüber nachgesonnen hatte, ein: „Hm. Ja.  Jetzt wo sie es sagen.“, verlauten lassen.

„Mit wem bis du dann verabredet?“, hatte ich Gunnar nach seiner Offerte gereizt gefragt.
„Magst du nicht?“, wich er mir in Kevins Gegenwart mit einer Frage aus, die ich schlechthin mit einem Nein beantworten konnte, ohne Kevins Gefühle zu verletzen. Welch cleverer Schachzug.
„Sei doch nicht so hartherzig.“, setzte er noch einen obenauf und es schien gerade so als würde er lächeln. (War es nun eher ein wohlwollendes, mitfühlendes, ehrenhaftes oder ein provozierendes, herausforderndes, gönnerhaftes Lächeln?) „Kevin war das letzte Mal  so überaus enttäuscht ob deiner Entscheidung nicht bei ihm zu bleiben.“
Wie vermochte mich Gunnar nur derart auszuspielen? Mich in die Enge zu treiben? Mir keine Wahl mehr zu lassen? Oder waren es tatsächlich lautere Motive?  Dennoch war ich mir nun mehr als sicher, dass Gunnar bereits einer seiner Frauen das Versprechen für diese Nacht gegeben hatte. Und mich bei Kevin unterzubringen suchte. Trotz alledem bin ich noch immer geneigt Gunnars Motive nicht in Frage zu stellen. Denn genau genommen, spricht er die Wahrheit mit dem was er sagt. Und ich empfinde es ähnlich wie er. Gunnar wurde von Malika gebraucht und ich von Kevin.
„Wie kommst du nur auf diese töricht Idee, dass ich nicht wollte?“
Ich griff nach Kevins Hand, lächelte ihm entgegen und stimmte selbstverständlich zu.

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Während wir gemeinsam fernsahen, spiele Kevin wieder und wieder auf sein Interesse an intimeren Handlungen an. Ich wusste nicht wirklich, wie ich mich diesbezüglich verhalten sollte. Denn einerseits hätte ich schon Lust darauf verspürt mit ihm zu ficken. Andererseits jedoch, bereitete mir das WIE einigermaßen Kopfzerbrechen, und die Bilder, die mir dazu einfielen, unterstützte nicht gerade mein Verlangen. „Du musst das nicht.“, sagte ich dann eher ein wenig ängstlich und zaghaft. „Es ist nicht mehr wie früher.“, und meinte damit, dass ich krankheitsbedingt nicht per se auf sexuelle Handlungen bestünde. Nur Kevin verstand es in diesem Augenblick vollend falsch und wurde zynisch. „Nein. Ich weiß. Ist es nicht.“, sagte er verbittert und schlug sich mit der Faust auf seine Beine.
„Nein. Nein. Das meinte ich nicht Kevin.“, versuchte ich mich rasch zu berichtigen und die Situation zu wenden. „Ich mag durchaus ungezügeltes Verlangen nach dir verspüren, nur bin ich andererseits krankheitsbedingt ebenso nicht mehr wirklich in der Lage den Sex, wie er früher einmal war, mit dir zu praktizieren. Ich unterliege aufgrund meiner Krankheit ähnlichen Einschränkungen wie du.“
Kevin griff nun nach meiner Hand und drückte sie. Beugte sich zu mir herüber und küsste meine Wange. Seine heftige Reaktion schien ihm Leid zu tun.
„Was ist mit Deinem Sohn?“, wechselte ich das Thema. Denn ich wusste genau, wenn wir zu Bett gehen würden, stellte sich die Frage nach mehr Intimität erneut. „Ich dachte du wolltest ihn zu dir kommen lassen.“
„Ja. Aber er will nicht. Mag lieber bei seinen Großeltern bleiben. Und er hat gefragt, ob Mama bei mir ist.“
Nun war ich noch einmal, ohne es zu wollen, in ein Fettnäpfchen getreten und beschloss vorerst zu schweigen.
Es ist in der Tat nicht leicht, wenn jedes Wort wie Blei auf einem seigenweichen Schal wiegt und diesen droht sogleich in die Tiefe reißen. Natürlich ist mir bewusst, dass Kevin die Versehrtheit durch seinen Unfall noch immer nicht bewältigt oder ganz und gar aufgearbeitet und überwunden hat. Wie mag es erst nach dem Tod seiner Frau in ihm ausgesehen? Gleichwohl er sie nicht wirklich geliebt hat, wie er sagt, war es nach seinem eigenen Schicksalsschlag doch sicher mehr als bitter sie zu verlieren. Wo sie sich doch so aufopferungsvoll um ihn kümmerte. Welch unermessliches Leid er doch in kürzester Zeit erfahren musste!

„Verlass ihn.“, forderte mich Kevin auf, nachdem wir zu Bett gegangen waren und ich meinen Kopf auf seiner Brust gebettet hatte. Und dieses Mal war ich weniger schockiert ob seiner körperlichen Behinderungen und den damit verbundenen Hilfeleistungen von Max. Womöglich gewöhnt man sich doch nach einer Weile daran.
„Ich, ich....“, begann ich zu stottern, „kann nicht.“
„Warum?“
Ich senkte den Blick, drehte den Kopf ein wenig zur Seite und schwieg.
Kevin verzog das Gesicht und pustete die Luft laut und kopfschüttelnd durch seine Lippen. „Er hat doch genug andere Frauen.“
„Ja aber ich......“ Erneut stockte ich mitten im Satz und wollte ihn nicht mit `liebe ihn doch`, beenden.
„Du liebst ihn. Ich weiß.“, Nun senkte Kevin den Blick und schien traurig.
Ich strich ihm sanft mit meiner Hand über Wangen und Kinn. „Meine Liebe zu ihm  wird von Frau zu Frau weniger.“, sagte ich fast (!) aufrichtig zu Kevin. Sah ihm mit einem wehmütigen Blick in die Augen und küsste ihn auf den Mund. „Gunnar scheint alles dafür zu tun, das meine Liebe von Tag zu Tag weniger wird.“
Er schien erleichtert aufzuatmen und lächelte nun wieder. „Dann brauche ich also nun noch zu warten.“