Da ich
ohnehin das Montag-Morgen-Briefing verschlafen hatte, sah ich keine
Veranlassung mehr zum Zentrum zu fahren und blieb bei Gunnar, Alexa, Magnus,
Victor und Anna Maria Swanepoel
im Büro. Schrieb, surfte im Internet, telefonierte mit Marie und Derek, der
mich über alles informierte was für mich geschäftlich von Bedeutung war, und
ließ mir sogar kleine Aufgaben zuteilen, die ich erledigte. Schließlich ist es
die Firma meines Vaters und ich hatte jedes Recht hier zu sein. Was allen anderen
offenkundig bewusst gewesen war.
Aus dem
Augenwinkel heraus hatte ich beobachtet, wie Gunnar Alexa anwies, mir eine Tätigkeit
zuzuweisen.
„Nein
Gunnar.“, zischte sie ihn an. „Das tue ich nicht. Sie wird mich nur wieder
herablassend behandeln.“
Gunnar
ließ nicht locker. „Geh’ schon. Ziere dich nicht so. Es wird schon gut gehen.
Vertraue mir.“
Ich hörte
sie schnaufen und ihre Schritte so allmählich näher kommen. Alldieweil ich Gunnar nicht Lügen zu strafen gedachte,
suchte ich nach dem Gleichmut in meinem Inneren und fand ihn auch. Warum sollte
ich jetzt und hier eine Szene machen? Wozu hätte das gedient? Ausschließlich
dazu, um meine Unfähigkeit zu Vertrauen und Unreife zu demonstrieren. Es wäre
viel weiser, schlicht und einfach darüber zu stehen. Da ich wusste, dass Alexa
kein bösartiger Mensch war, wappnete ich mich mit Sanftmut und Gütigkeit, um
ihr zu begegnen.
„Gunnar
hat gesagt“, begann sie mit finsterem, zaghaften Blick, „ich soll dir das hier
zum durchsehen geben. Machst du das bitte.“, brach sie sie beinahe einen ab vor
Bekommenheit.
Ich blieb
freundlich und gelassen. Sah sie lächelnd an und nahm das Paket von Dokumenten
entgegen. Was sie offensichtlich verwunderte. Sicherlich hatte sie eine
Herabsetzung meinerseits erwartet. Eine Diffamierung. Oder zumindest eine
Anfeindung. Ein böses Wort, welches meine Eifersucht offen zeigte. Aber nichts.
Ich hatte mich tatsächlich beherrscht!
In ihrem
Gesicht formte sich ein vorsichtiges Lächeln, nachdem sich mich forschend eine
weile angesehen hatte. Ich nickte ihr höflich und warmherzig zu, was sie
sichtlich erstaunte. Und noch im selben Moment husche ein Lächeln über ihr Gesicht und ihre Augen strahlten.
Als sie zu
Gunnar zurückgegangen war, hörte ich, wie er sie fragte: „Und, war es so
schlimm?“
„Nein. Im
Gegenteil. Ich bin verblüfft. Sie war so freundlich.“
Gunnar horchte
auf. „Siehst du. Ist doch alles okay. Und jetzt weiter. Wir habe jede Menge zu
tun.“
Alles in allem
blieb ich bis zum Abend mit Gunnar und den anderen im Büro. DAS hatte ich in
der Tat noch nie getan. Im Allgemeinen liebe ich die Einsamkeit und meine Ruhe.
Aber es war nicht wirklich hektisch. Im Gegenteil. Obwohl es anstrengend für
mich war, die ganze Zeit aufrecht an einem Tisch zu sitzen, fand ich die
Atmosphäre doch recht angenehm und beruhigend. (Schon eigenartig. Womöglich
kommt es doch auf die (eigene) Einstellung an. So wie Gunnar es oft angemerkt
hat.)
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Ein Dinner
zu zweit.....mit meinem Ehemann. Besser vermag es kaum zu laufen. Und im Anschluss
noch ein gemeinsamer Tennisabend am Fernsehapparat. Bedauerlicher Weise NICHT
vor Ort. Nun ja. Egal.
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Der Morgen
mit Ausschlafen und Sex. Sehr angenehm. Wie Gunnar nun einmal ist.
Ich hatte
ihn explizit darauf hingewiesen, es vorsichtiger wie sonst anzugehen.
Dan ein Frühstück
zu zweit. Wunderbar. Wir sprachen noch einmal, gänzlich gelassen, über uns,
über Alexa und ebenso über Gunnars Sexualität und sein übermäßiges Verlangen.
„Du weißt
aber schon, dass das NICHT normal ist?“, wies ich ihn (erneut!) auf diese Kleinigkeit
hin.
Zu Beginn
zuckte er noch mit den Schultern. Frei nach dem Motto: Was soll’s? Aber ich
erklärte es ihm noch einmal und ließ ihm, mit allem Verständnis in meinen Augen
und Inneren, auf meine Fragen antworten.
„Ja. Mir
ist schon bewusst, dass es für DICH schmerzlich ist. Auch wenn es MIR völlig
normal erscheint mit mehreren Frauen zu leben.“
„Genau
deshalb ist Mann nur mit einer Frau liiert.“, argumentierte ich.
„Das ist
religionsbedingt unterschiedlich.“
„Was ist
DAS bitteschön für ein Argument???“, wurde ich ärgerlich. Da ich vermutete, in
welche Richtung diese Unterhaltung lief. Schließlich hatte er sich am Wochenende
mit seinem Bruder Carsten, seiner Freundin und deren Familie getroffen, die
Muslime waren.
Ich baute
mich sitzend vor ihm auf und wurde energisch: „Du lässt dich doch wohl nicht
von diesem rückständigen, aggressiven, Frauen verachtenden Glauben inspirieren,
auf welchen dein Bruder Carsten zusteuert? Respektierst du mich überhaupt noch
als Frau. Oder was?“ Ich ließ ihn nicht zu Worte kommen. Sprach einfach aus, was
mir am Herzen lag und wurde, trotz alledem wieder ruhiger dabei. Weil ich
Gunnars erschrockenes Gesicht wahrnahm. „Vielleicht erinnerst du dich an deine
Wurzeln. Es wird Zeit, wieder einmal deinen Onkel Erik aufzusuchen. Vielleicht
bringt er dich wieder zurück auf den rechten Pfad.“ Am vermeintlichen Ende
meiner Ansprache war ich bereits wieder gelassen im Inneren und strahlte es
gleichwohl aus. Was mir ganz persönlich bewies, dass sich etwas in mir weiter
entwickelt hatte. Kein Wunder also, dass ein wenig Genugtuung darüber bei mir
aufkam und ich sogar zu lächelte begann.
Gunnar
räusperte sich und zog die linke Braue nach oben. Er schien verwundert. „O – k
– a – y.“
Eine Pause
entstand und mein Ehemann schnaufte ein wenig. „Rea, ich bin nicht dumm. Du hast,
was den Islam betrifft, selbstverständlich Recht und mein Onkel würde mir nichts
anders sagen als du. Vermutlich würde er mir tatsächlich, wie du richtig
vermutetest, nahe legen, mich davon fern zu halten und die alten Pfade zu gehen. So,
wie es mir vorherbestimmt ist.“
„Und warum
tust du es dann nicht?“, hakte ich ein.
„Rea, mir
ist es durchaus bewusst, was der Islam mit Frauen macht und ich bin in keinster
Weise auch nur daran interessiert, diesem veralteten, starren Glaubensgebäude
zu folgen. Nein. Das tue ich nicht! Glaube mir.“
„Aber
warum dann das Treffen mit ihnen?“
Erneut
atmete Gunnar tief. „Es ist mein Bruder und ich versuche ihm klar zu machen, WO
UNSER LEBENBAUM steht und WIE WIR ihn nennen. Aber ohne, das es bevormundend
klingt, oder aussehen mag. Er muss sich sicher fühlen. Sonst verliert er sein
Vertrauen zu mir. Verstehst du das?“
In meinem
Hirn formte sich ein Bild, welches in diesem Augenblick recht NEU für mich war.
Gunnar, als Undercover-Agent für Freyja und Odin. Und das noch, ohne es mir zu
sagen. Warum tut er das? Warum weiht er mich nicht ein?
„Wieso
sagst du mir das nicht, dass du deinem Bruder überzeugen möchtest, seine
Freundschaft mit einer Muslime gegebenenfalls noch einmal zu überdenken?“
„Weil es
sonst nicht authentisch wirkt.“ Er lachte.
„Du bist
einfach unmöglich Gunnar!“, empörte ich mich. „Was wäre denn schlimmes dabei
gewesen, wenn ich dich bei deiner Mission unterstützt hätte?“
„Weißt du
Rea, ich bin weit davon entfernt, meinem Bruder Vorschriften zu machen. Er kann
tun und lassen, was immer er will. Aber er ist nun einmal in diese Dalal
verliebt. Und genau DAS ist schwierig zu verändern. Er bewundert alles, was sie
umgibt. Er ist verblendet. Ein verliebter Esel, wie man so schön sagt. Und
deshalb ist es wichtig behutsam vorzugehen. Ihm im Notfall sogar vorzutäuschen,
dass ich sein Vorhaben unterstütze.“
Ich
schüttelte mit dem Kopf. „Ich verstehe dein Vorgehen nicht.“
„Ja. Ich weiß. Es ist auch ein wenig
zu.....männlich. Und du kennst doch den Ausspruch: Kenne deine Feinde besser
als deine Freunde.“ Gunnar grinste mich an und zwinkerte mir zu. „Mir ist schon
klar, dass der muslimische Glaube für Männer ansprechend ist. Auch ICH
könnte mich darin wieder finden.“
In diesem
Augenblick holte ich tief Luft und setzte zum sprechen an. Gunnar gebot mir
jedoch mit den Worten: „Bitte, lass mich ausreden“, still zu schweigen.
„Aber ich
tue es nicht Rea. Ich tue es nicht und werde es auch niemals tun. Nur, um
Carsten das alles klar zu machen, musste ich mich mit ihnen treffen und auch mit
dem Beitritt zu den Schwedendemokraten vorerst zurückhalten. Er hätte es sicherlich,
aufgrund seiner Liebe zu ihr, missverstanden. Es ist eben kompliziert.“
„Ja. In
der Tat. Und ich versuche es zu verstehen.“, ergriff ICH nun das Wort. „Vielleicht lässt du mich es einmal für dich
zusammenfassen, SO, wie ICH es verstanden habe. Ist das okay für dich?“
Er machte
eine höfliche Geste mit der Hand: „Ich höre.“
„Im Grunde
hast du deinen Weg des Druiden, so, wie es dich Erik lehrte, nie verlassen. Nur
musstest du zeitweilig, also jetzt, eine Rolle spielen, um deinen Bruder zu
helfen, WENN er sich denn retten läst. Was durchaus noch nicht sicher ist.
Schließlich gedenkst du ihn gleichermaßen NICHT zurecht zu weisen und am Ende
kann er tun, was er will. Du hast es, in jedem Fall versucht ihm den Weg der
Ahnen zu weisen. Gleichwohl du dich auch für Toleranz aussprichst. Jedoch die
politische Situation vollkommen begreifst und auf Grund dessen dich eigentlich
doch zu den Schwedendemokraten hingezogen fühlst. MICH musstest du ebenfalls
täuschen. Damit du authentisch erscheinst und Verständnis für die Situation, in
welcher sich dein Bruder befindet, ausstrahlst. Weil dir zudem gleichermaßen
bewusst ist, dass du selbst die Vielweiberei auf deine ganz eigene Weise betreibst.
Jedoch möchtest du nicht ins fünfzehnte Jahrhundert zurück fallen, was
Frauenrechte betrifft. Du magst es, wenn Frauen wild und frei ihre Sexualität
ausleben. Was auch ein Grund sein mag, dass du mir Derek zugestehst.
Andererseits hast du mir gegenüber Schuldgefühle und hast einen Liebhaber für
mich gewählt, der dir nicht gefährlich werden kann. Weil er noch weiß, was Ehre
bedeutet. Und von MIR weißt du genau, dass ich dich über alles liebe.“ Ich sah
ihn mit gewinnenden Blicken an.
Gunnar
stand der Mund offen. „BESSEER hätte ich es auch nicht formulieren können.“
„Warum
sagst du mir das nicht gleich. Dann hätte ich es doch verstanden.“
Ich
lächelte Gunnar sanftmütig an. Griff nach seiner Hand und drückte sich leicht.“
„Bin ich
jetzt der Esel? Oder was?“, sagte er lachend.
Ich legte
die Stirn ein wenig in Falten und nickte ihm schmunzelnd zu. „Vielleicht.“
„Ich hätte
dir vertrauen sollen. Nicht wahr?“ Na endlich hatte er begriffen!
„Ja.
Absolut!“, stimmte ich ihm zu.
„Dann
würde ich dich jedoch bitten“, erwiderte er, „auch mir zu vertrauen und deine
noch immer ständigen Eifersüchteleien fallen zu lassen. Du weißt doch ganz
genau, dass ich dich ebenfalls über liebe. DU bist alles für mich. Die Nummer
eins....vor allen anderen.“
„Ach!
Tatsächlich? DAS glaube ich dir nicht ganz. Ich nehme zuweilen an, dass Gunnar
zuerst an Gunnar denkt.“
Gunnar
verzog das Gesicht und wirkte verschämt und ertappt. „Ja. Okay.
Vielleicht hast du Recht. Manchmal übertreibe ich es mit dem Genießen.“
„Und du
weißt ganz genau, dass du mich damit verletzt. Wäre es nicht besser, dass wir BEIDE,
gegenseitig, ein paar Schritte auf uns zu gehen?“
Gunnar
nickte. „Ihr Frauen seid schon klug.“ Er senkte den Kopf und presste die Lippen
zusammen.
„Weiß du
Gunnar, ich habe in den Jahren unserer Ehe so vieles toleriert und bin trotz
alledem bei dir geblieben. Mag sein, dass ich aus Gründen des verletzt Seins
und der Verzweiflung oft ebenfalls manche Dinge tat, die nicht gut für und
beide waren. Andererseits weißt du ganz genau, dass ich ausschließlich (!!!)
mit DIR zusammen leben will. Mit niemand anderem. Auch mit Derek nicht. Und wie
du an meinem Verhalten Alexa gegenüber sehen kannst, bin ich willig mit
Toleranz auf dich zuzugehen. Und nun, verlange ich das Gleiche auch von dir.
Denn du weißt doch ganz genau, dass ich Partys hasse. Dass Ruhe für mich nötig
ist. Und dass ich, insbesondere JETZT, aus Krankheitsgründen, das Alleinsein
mit dir bevorzuge. Anstatt mich beständig mit Menschen zu umgeben. Denn, wem
ich so tagsüber alles begegne, ist mir völlig genug. DAS MUSST du so allmählich
verstehen. Du bist doch kein Kind mehr Gunnar UND du hast mich als deine Frau
erwählt. Übernimm eine Verantwortung in deinem Leben und stehe zu uns!
Verstehst du mich?“
Gunnar
nickte ein wenig betreten. Ich sah, dass ihn meine Worte bewegten.
„Es geht mir
nicht darum dich an mich zu binden, dich einzusperren, oder dich zu bevormunden. Bedauerlicher Weise ist in einer
patriarchalen Gesellschaftsform die Frau auf den Mann angewiesen. Wenn du, oder
wir alle, nun einmal in solch einer Gesellschaft leben, müssen wir ALLE die
Konsequenzen ziehen.“ Ich holte tief Luft und sprach weiter: „Leider ist es so,
dass es die meisten Menschen nicht begreifen, worum es wirklich geht und nicht
tun, was sie sollten. Und genau deshalb ist unsere Welt so wie sie ist. Eben
WEIL kaum jemand, und hier spreche ich insbesondere von den Männern (!), die
Konsequenzen zieht.“, vervollständigte ich mein Plädoyer. (Ich hätte Anwalt
werden sollen....smile.)
Gunnar war
beeindruckt und stimmte mir in allen Punkten zu!
Welch’
Erfolg für mich und welch’ gute Gelegenheit, die ich nutze, ihm mein innersten
Anliegen nahe zu bringen!
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Da wir
eine lange Unterhaltung am Frühstückstisch geführt hatten, kam Gunnar erst
gegen elf dazu ins Büro zu gehen. Ich begleitete ihn erneut, wie am Tag zuvor.
Niemand beanstandete es. Im Gegenteil. Jeder von ihnen war nur freundlich. Auch
Alexa war entgegenkommend und warmherzig zu mir. Hier, in Gunnars Büro,
herrscht ein Klima, welches mir gut gefällt. Damit will ich allerdings nicht
sagen, dass es in unserem Büro, im Zentrum, unangenehm ist. Es ist nur ein
wenig hektischer und die vielen Personen bringen alle ihre ganze eigene Energie
mit hinein. Hier, sind es nur fünf (bis jetzt) freundliche Menschen, die mit
Gelassenheit ihrer Arbeit nachgehen.
Erstaunlich. Sicher ist mir gleichwohl bewusst, dass es nicht immer so
geruhsam zugehen mag. Dennoch finde ich es hier, in Gunnars Büro, recht
behaglich und positiv.
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Nach dem
gemeinsamen Lunch ging ich erneut mit Gunnar und seinen Mitarbeitern ins Büro
und schieb meinen Post zu Ende. Und jetzt gedenke ich zum Frisör, sowie zur
Manie- und Pediküre zu gehen.