Ich dachte
über Gunnar nach, während ich auf einen Anruf von ihm wartete und Derek noch im
Fittnessstudio war.
Sind
unterschiedliche Interessen, Geselligkeit, Familienbewusstsein und Gunnars
Neigungen, welche ich nicht mit ihm zu teilen vermag, Scheidungsgründe???
Wenn ich
es genau bedenke, sind wir recht unterschiedlich. Aber das wäre es mit Derek gleichermaßen.
Also hätte ich, würde ich mich für ihn entscheiden, nicht wirklich etwas
gewonnen. Zudem hätte er gleichwohl ein Kind mit einer anderen Frau. Allenfalls
ist ER zumindest zuverlässig und charakterfest. Sei denn, er würde sich noch
ändern. Was man schließlich nie wissen kann. Zu Beginn einer Beziehung, zeigt
jeder nur sein Sonntagsgesicht.
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Den Lunch
nahmen wir erneut erst sehr spät ein und es war, wie am Tag zuvor. Dereks
Mutter kam ins Restaurant, um ihren Kaffee zu trinken.
Und wieder
blieben wir noch eine Weile gemeinsam sitzen. Auch ICH gönnte mir gleich im
Anschluss an mein üppiges Mahl, welches aus gegartem Kürbis, Möhren, Zwiebeln,
einer Champignoncremsoße und einem Soja Cordon bleu bestand, einen Kaffee
Latte. Später, wurde dann noch ein Smoothie bestellt. Jedoch erst, nachdem mich
Derek zum Sport genötigt hatte.
„Komm“,
sagte er zu mir, „wir gehen ein Stück.“
Mir war
nicht danach. Dessen ungeachtet ließ mir Derek keine Ruhe, bis ich ein Stück
mit ihm ging. Ab und an gab er Anregungen, was ich tun sollte. Wie
beispielsweise: „Hohl’ ganz tief Luft und jetzt einmal die Arme hoch.“ Es fiel
Schnee und war noch immer verhältnismäßig kalt. Als wir zurück zum Haus kamen,
war es bereits dunkel. Ich hatte dann auch.....genug.
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Bis zum
Abend noch immer nichts von Gunnar. Hatte er mich vergessen??? Oder was??????
Infolgedessen
blieb ich bei Derek im Zentrum und.......wartete ab. Bis ich es schlussendlich
leid war zu warten und selbst zum iPhone griff. Von Derek erntete ich einen
missbilligenden Blick. Sicher sähe er es gerne, wenn ich weiterhin bei ihm
bliebe. Dachte ich so. Dennoch tippte ich auf die Taste mit Gunnars Nummer. Er
nahm sogleich ab.
„Hey
Schatz. Wo bleibst du denn? Wir warten auf dich.“
„W- i – r?
Wer ist wir?“
„Alexa und
ich. Ossian und Taylor sind ebenfalls hier. Wir wollen heute Abend zu Hjalmar
gehen und dann vielleicht mal durch die Bars.“
Ich
schnaufte und verdrehte die Augen. „Angesichts deiner Vorhaben, meinst du
tatsächlich, dass es sich für mich lohnt zu dir zu kommen? Ich vermute wohl
kaum. Alexa wird dich sicherlich gern begleiten.“ Und Taylor mag mich ohnehin
nicht gut leiden. Hätte ich am aller liebsten noch erwähnt.
„Ja. Ich
denke schon.“, kam seine Antwort total unbedarft.
„Dann
werde ICH dir sicherlich NICHT fehlen.“
Eine
kleine Pause entstand. Wusste er etwa nicht mehr, was er erwidern sollte?
Eigenartig. Aber dann doch noch ein paar versöhnliche Worte. Bla, bla,
bla....
„Natürlich
fehlst du mir. Was denkst du nur. Ich finde es überaus schade, dass du mich
nicht begleitest. Wäre es so, ich würde mich freuen.“
Natürlich
doch. Das sagte er doch nur, um mich zu beruhigen. Würde ich mich ihm
tatsächlich anschließen auf seiner Stimmungstour, wäre ich ihm doch nur eine
Last. Oder die Spaßbremse für seine Brüder und Freunde. Allenfalls wäre es ihm
womöglich zu viel, sich ständig um mich zu kümmern, wenn es mir dann doch nicht
gefiel und ER in Partystimmung ist.
„Schon
okay. Ich bleibe eine weitere Nacht hier.“, sagte ich traurig und legte auf. In
meinem Hals hatte sich ein Kloß geformt und genau genommen, war ich den Tränen
nahe. Wieso tat er das?????
Es ist zu
vermuten, dass er sich der Tragweite seiner Handlungen nicht einmal bewusst
geworden war. Zumindest verhält er sich nicht so, als wäre es ein Säumnis. Für
ihn scheint das alles so völlig normal. NICHT für mich. Was ist denn DAS für
eine Ehe, wenn einer jedes Wochenende ohne den anderen trinken und feiern geht???
Ich verstehe Gunnar nicht. Wird er denn nie erwachsen???? Begreift er nicht,
dass mir so ein Leben nicht zuträglich ist? Und obendrein nicht gefällt! Wäre
es da nicht selbstverständlich für den geliebten Ehepartner zurückstecken? ICH,
würde es zumindest tun. ER offensichtlich nicht. Männer....eben. Sie denken, in
ihrer selbst-herr-lichen Art, alles tun
zu können, was ihnen beliebt.
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Somit
verbrachte ich bereits den dritten Abend und die dritte Nacht mit Derek in
meinem Haus am See. Nun ja, zumindest vermag ich über ihn nicht zu klagen.
Obwohl es einen minimalen Zwischenfall mit Giselle gegeben hat. Sie hatte ihn
im Restaurant angesprochen. Er fertigte sie kurz und knapp ab. Ich, versuchte
sie nicht weiter zu beachten. Ignorierte sie ganz einfach.
Das späte
Dinner nahmen wir mit Magdalena, Kevin, seinem Sohn Vince und Janina ein. Als
sich Janina so zwischenzeitlich die Nase pudern gegangen war, zog mich Kevin zu
sich heran und gestand mir, dass sie sich gestritten hatten. Deshalb also der
verspannte Gesichtausdruck und der zornige Blick von ihr.
„Um was
ging es denn?“, fragte ich höflicher Weise.
Kevin
grinste. „Um dich.“
Ich musste
lachen. „Wieso das denn? Es gibt doch keinerlei Anlass dafür.“
„Ich weiß
das und du ebenfalls.“ Kevin nickte mir zu mit einem bedeutsamen Blick. „Aber
sie nicht. Ich vermute, dass sie hier nicht wirklich zufrieden ist ihr Frust
äußert sich in solchen Streitereien, die jeglicher Grundlage entbehren.“
Ich
schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid Kevin.“
„Das muss
dir nicht Leid tun, Rea. ICH bin glücklich hier.“ Kevin zwinkerte mir
verschwörerisch zu und ich wusste, er meinte es ernst.
Sein Sohn
Vince hatte die Ohren gespitzt und nickte nun ebenfalls. „Ja Papa. Mir gefällt
es hier auch.“
„Na dann
ist doch alles gut.“ Kevin strich seinem Sohn mit der Hand über den Kopf. „Wenn
es dir gefällt, bleiben wir selbstverständlich hier.“ Jetzt küsste er ihn aufs
Haar und der Kleine schien total zufrieden.
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Der Abend
geruhsam. Der Morgen mit durchschnittlichem Sex. Aber dennoch überaus liebevoll
und recht bezaubernd.
Das Frühstück
im Restaurant. Wo wir Dereks Mutter Magdalena trafen und neben uns saß Thomas mit
seiner.....(Schlampe) Lebenspartnerin. Sie könnte seine Tochter sein(!). Zudem
begann sein Verhältnis mit ihr in der Zeit, als Gunnars Mutter noch sehr
lebendig war.
„Was schaust
du sie so böse an?“, fragte Derek und schmunzelte.
Bevor ich
jedoch antwortete, tat ich einen prüfenden Seitenblick zu Magdalena hinüber.
„Ich mag sie nicht, weil sie sich zwischen Christin, Gunnars Mutter““, sagte
ich zur Erklärung Magdalenas, „und Thomas gedrängt hat. Sie hatten ein
Verhältnis, als Sie noch am Leben war. Wie konnte er DAS nur tun?? Ich vermute,
sie wusste davon.“
„Oh! Auch
so einer dieser Sorte Männer.“, bemerkte Magdalena nur und verzog das Gesicht.
„Er ist
kein schlechter Mensch.“, verteidigte ich ihn aus einem sonderbaren Impuls heraus, der selbst mir, sobald ich ihn
bemerkte, befremdlich erschien. Welchen Grund hatte ich diesen Mann vor Diffamierung
zu schützen? Mag sein, er ist ein warmherziger, loyaler und sympathischer
Mensch. Dennoch bleibt die Tatsache bestehen, dass er fremdgegangen ist.
„Wieso tun
Männer das?“, sprach ich laut aus und war noch in Gedanken.
Magdalena
lachte mild und ihre Mimik war ein wenig zynisch. „Weil es eben Männer sind und
sie es können.“
Oho!
Dachte ich so. Sie ist (natürlich!) auch eine dieser Frauen, welche die
Selbstherrlichkeit und Dominanz der Männer bereits zu spüren bekommen hat. Wie
fast alle Frauen dieser Welt. Nur die meisten sind so tief im Stockholm
Syndrom, wie man nur in einem Moor versinken kann. Sie schützen und verteidigen
die Männer noch mit Klauen und Zähnen. Was genau dieser anerzogene Impuls von
mir eben bewies. Allerdings bemerke ich es zumindest so allmählich.
Derek
lenkte nur unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes. Womöglich war es ihm
unangenehm, wenn seine Mutter derartiges sprach. Wer weiß.
„Hattest
du nicht erwähnt“, wandte er sich nun mit einem durchgehenden, gewinnenden
Lächeln an mich, „das du nach Australien fliegen wolltest?“
„Ach!
Hatte ich dies tatsächlich bereits angemerkt. Ich war der Meinung, ich hatte es
für mich behalten.“
Derek
lachte. „Nein.“
„Warum
fragst du danach?“
„Ich
dachte nur, dass wir zusammen reisen und ich ein paar Tage in Japan bleiben
könnte.“
Ich
stutzte „Wie bitte? Du gedenkst mich allein zu lassen?“ Ich hatte den Sinn seiner
Aussage noch nicht gänzlich erfasst. Jedoch noch im selben Moment erschloss
sich mir die Essenz des Gesagten. Was mir Derek mit den folgenden Worten
bestätigte.
„Nein.
Nein. Das will ich selbstverständlich nicht!“, wandt sich Derek heraus, wie ich
fand. „Ich dachte nur. Wenn wir schon einmal in dieser Gegend unterwegs sind,
könnte ich meinen Vater dort besuchen. Was meinst du, wenn wir gemeinsam nach
Australien fliegen und auf dem Rückweg kommst du mit mir nach Osaka.“
Ich
räusperte mich, um meine Unwilligkeit auszudrücken. „Genau genommen dachte ich
nicht an eine Familienfeier teilzunehmen. Du weißt, dass ich das nicht mag.“
Aus dem
Augenwinkel sah ich Magdalena schmunzeln. Es war mir klar warum. Sie war nicht
gut auf ihren Ehemann zu sprechen. Insbesondere JETZT, wo er mit seiner zweiten
Frau zusammen lebte. Dennoch gab sie ihren Kommentar dazu.
„Du willst
also deinen Vater besuchen.“ Es war keine Frage, doch eher eine Feststellung.
„Ja. Warum
denn nicht? Wenn sich die Gelegenheit bietet.“, verteidigte er sich.
Sie ließ
es nun eigenartiger Weise darauf beruhen und wandt sich ihrer Tasse Kaffee zu.
Derek saß
da mit gesenktem Kopf und gab Ruhe. ICH, für meinen Teil, würde jedenfalls
NICHT zu dem Preis den Rest seiner
Familie kennen lernen zu dürfen (müssen!), nach Australien fliegen. In diesem
Fall, verzichte ich lieber darauf. Punkt!