Montag, 11. Januar 2016

Sich ins Schicksal fügen



Während ich gestern schrieb, war Gunnar bei Alexa gewesen. Was aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geschehen wäre, hätte ich mich während des Frühstücks anders, einsichtiger, zugänglicher, freundlicher, aufgeschlossener, vernünftiger verhalten. Er strafte mich damit. So viel schien klar. Oder auch nicht.
Nun, als ich meinen Post beendet hatte, war es bereits gegen eins und ER war noch immer nicht zurück. Sollte ich nun auf ihn warten? Oder doch besser zum Zentrum fahren? Ich wusste es nicht. In jedem Fall bedauerte ich in diesem Moment meine Reaktion, meinen Eigensinn zu triefst. Gunnar hatte Recht. Ich hätte NUR für ein halbes Stündchen gute Miene zum bösen Spiel machen müssen. Nicht mehr. Und alles wäre NOCH im Lot. Aber nein. Ich musste mich wie eine eifersüchtige Kuh aufführen.
DIES war in der Tat kontraproduktiv gewesen.
Infolgedessen beschloss ich hinüber zu Alexas Apartment zu gehen und.....mich zu entschuldigen. DAS war tatsächlich überaus inkonsequent. Ich weiß. Was hätte ich jedoch anderes tun sollen. Darauf warten, dass Gunnar zurückkam?
Ich ging und.....demütigte mich.

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Gunnar öffnete, als ich geläutet hatte. Er war verdutzt.
„Oh! Wie das? Ist etwas geschehen? Geht es dir gut?“ Der Ton seiner Stimme gefiel mir nicht.
Wut gärte in mir. Einen Augenblick lang blieb ich still und sah Gunnar von oben nach unten an. Er musste gerade aus der Dusche gekommen sein. Was bedeutete, dass die beiden in intimer Weise zusammen gewesen waren. Ich spähte an Gunnar vorbei. Alexa war nicht zu sehen. Sie schien noch im Bad zu sein.
Das alles wäre nicht geschehen, wenn ich am Morgen einsichtiger und vernünftiger gewesen wäre. Ging es mir noch einmal durch den Kopf.
Allerdings bereute ich in diesem Augenblick bereits, dass ich mich dazu erniedrigt hatte, zu ihnen zu gehen. Was hatte ich mir nur dabei gedacht?? Was? Welch’ Inkonsequenz!!!
Aber nun stand ich einmal da und starrte Gunnar an.
„Was ist Rea?“ Gunnars Ton wurde milder. Er tat einen Schritt zur Seite und bat mich herein. Und ich folgte, wenn auch widerwillig, seiner Einladung. Nun sah ich auch Alexa, die nackt aus dem Badezimmer kam und erstaunter Weise stehen blieb. Dann lächelte sie. WAS war das? Hohn? Genugtuung? Oder doch eine Freundlichkeit.
Wäre ich an ihrer Stelle gewesen, hätte ich diesen Augenblick der Demütigung meiner Gegnerin in vollen Zügen genossen. Aber SIE schien es nicht zu tun. Schien! Oder irrte ich mich da?
„Oh!“, tat sie erstaunt. Was aller Wahrscheinlichkeit nach sogar der Wahrheit entsprach. „Wir hatten dich nicht erwartet. Setzt dich doch.“
Es war für mich eine vertrackte Situation. Warum brachte ich mich nur immer wieder in solche?!
Ich setzte mich auf die Couch. Alexa nahm ihre Kleidung und zog sie sich über. Gunnar half ihr dabei das Kleid zuzuknöpfen und legte ihr eine Kette an. DIE hatte ich noch nicht gesehen. War es etwa ein Geschenk von ihm? DAS war der Punkt, um ein Gespräch zu beginnen.
„Schöne Kette.“, bemerkte ich. „Ein Geschenk von Gunnar?“
Alexa lächelte verlegen und nickte. „Ja.“
Allerdings stockte das Gespräch bereits in der ersten Runde. Wie weiter vorgehen? Abwarten vielleicht?
Gunnar tat gänzlich ungeniert. Nun setzten sich die beiden neben mich. Er sah mich abwartend an. Als müsse ICH nun etwas sagen.
„Wieso bist du hier?“, fragte er mich dann schließlich.
Ich schnaufte und sah von einem zum anderen. Und ich wusste genau, dass Gunnar wohlwollend bemerkte, dass ich Alexa zumindest wieder ansah.
Ich wusste nicht, wie ich beginnen sollte. Vielleicht mit: „Es tut mir leid Gunnar. Ich hätte mich heute Morgen mäßigen sollen. Das ist mir durchaus bewusst.“ Gleichwohl ich mich nun herabließ zu einer (Demütigung) Entschuldigung, blieb ich in Ton und Haltung stolz. Würdevoll und erhaben.
Gunnar lächelte. „Ich wusste, dass du zur Besinnung kommst. Es hätte anders laufen können. Und das weißt du auch.“
Ich nickte, mit einem kurzen Seitenblick zu Alexa hinüber. Sie sah mich an, wie man ein Kind ansieht, welches reumütig zurück gekrochen kommt. Dennoch erblickte ich ebenfalls fortwährende Herzlichkeit und Entgegenkommen. Auch Gunnar verhöhnte mich nicht. Im Gegenteil. Ich vermute, er war froh mich zu sehen. Dennoch fragte ich: „Warum bist du nicht sogleich nach dem breakfest zu mir gekommen. Warum brichst du immer wieder dein Versprechen, welches besagten, dass wir beide, DU UND ICH Gunnar, am Wochenende allein sein wollten.“
Gunnar hob die Brauen. „Ich weiß. Du hast selbstverständlich Recht Rea. Aber es ist nun einmal so gekommen. Lass es gut sein. Wir essen noch gemeinsam und dann beschließen wir das Wochenende wie versprochen. Okay?“
Ich tat einen tiefen Atemzug und presste die Lippen aufeinander. „Meinetwegen.“
Gunnar stand auf und griff nach seinem Hemd. „Ich bin gleich soweit. Mache mich schnell noch fertig. Unterhaltet euch derweil.“
Oje! Was nun? Allerdings war es für mich eine nutzbare Gelegenheit, um Alexas Meinung und Gefühle mir gegenüber zu testen.
Ich blieb aufrecht sitzen. Gleichwohl es mich anstrengen mochte. Mein Ton ihr gegenüber war weder gereizt noch verbittert oder ganz und gar eifersüchtig. Eher doch mild und einträchtig. Ich spann den Faden harmonisch, entgegenkommend und schwesterlich. Genau SO, wie ich dachte, dass sie es haben wollte. (Genauso wie Gunnar es damals zwischen uns erzwang, als wir bei seiner Familie in Gotland waren.) Und ich hatte mich NICHT geirrt. Sie sprang erneut darauf an. Was mir doch eine gewisse Erleichterung brachte. Dennoch hatte ich (große!) Mühe nicht zornig zu sein. (Am liebsten hätten ich sie erdolcht!)
„Weißt du Alexa“, ich entschuldigte mich NICHT bei ihr. NEIN! Soweit würde die Freundschaft nun tatsächlich nicht gehen. Zudem, WARUM sollte ICH mich entschuldigen? WENN, dann war es allerhöchstens an IHR! Schließlich bin ICH  Gunnar Ehefrau und SIE ist die Diebin. Punkt! „Du wirst mich sicherlich verstehen. Es fällt mir nach wie vor nicht leicht zu akzeptieren, dass Gunnar dich liebt. Oder DASS es dich überhaupt gibt. Das kann man(hier rutschte ich ganz bewusst ins unpersönlich ab) nicht von heute auf morgen so einfach tolerieren.“
Ihr Gesicht zeigte eine einsichtige Mimik. Sie rückte ein Stück näher an mich heran und griff sich meine Hand, die sie drückte. „Ich weiß Rea. Mir würde es sicherlich genau so ergehen, WENN ich an deiner Stelle wäre.“ Sie zwinkerte mir kurz mit beiden Augen verständnisvoll zu. „Daher bin ich dir auch nicht böse und hoffe noch immer auf eine angenehme Art von Schwesternschaft für uns beide. Es wäre mein Wunsch.“ Nun hatte sie einen verklärten Blick in ihren Augen. Ja sogar Mitgefühl und keinerlei Hohn oder Spott. Was mich schon einigermaßen verwunderte. Angesichts meiner erneuten zornigen und eifersüchtigen Reaktion am Morgen. Womöglich war es auf Gunnars Einfluss zurückzuführen. Denn ER war schließlich ebenso und noch immer daran interessiert, dass wir beide Freundinnen wurden. DAS wäre überaus bequem für ihn!!!
Okay. Nun zwinkerte auch ich ihr wohlwollend und voller Herzlichkeit (soweit ich es vermochte!) zu. Im nächsten Augenblick, nahm sie auch noch meine andere Hand.
„Ich bin so glücklich, dass du dich entschlossen hast zu uns herüber zu kommen.“, sagte sie voller Euphorie. Gunnar war nun mittlerweile fertig.
„Seid ihr beiden bereit? Wir wollen gehen.“ Er grinste übers ganze Gesicht.

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Es lag nicht an Alexa oder Gunnar, das sich mein Appetit in Grenzen hielt.
„Es ist der Neumond.“, bemerkte Gunnar. Denn ich aß ausschließlich eine Winzigkeit, um zumindest eine Unterlage für meine Medikamente zu haben.
„Gunnar, genau genommen gedachte ich später noch zum Friseur zu gehen? Aber vielleicht können wir das auch gemeinsam tun. Würdest du mir helfen?“ Er nickte. „Ich hoffe nur, dass sie trocken sind, bis wir zu Bett gehen werden.“
Gunnar lächelte mich zufrieden an. Wenn Du magst kann ich dir auch ein Bad einlassen.“
„Oh. Das hatte ich für Morgen geplant.“
„Aber vielleicht würde dir ein Fußbad angenehm sein?“
Usw...bla, bla, bla........Alles blieb harmonisch, gelassen und abgeklärt.
Gunnar brachte Alexa noch zur Tür ihres Apartments und verabschiedete sich (vorerst) von ihr. ICH stand neben ihm und tat es ihm gleich. Blieb freundlich, (alliiert) sanft und gefällig. Sie setzte zu einer Umarmung an und ich ließ es geschehen. Gunnar, sah ich grinsen.

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Nun, mein Verhalten glich in diesem Moment tatsächlich nicht mehr einer wilden Frau. (Eher der Gedemütigten. Gezähmten.) Allerdings werde ich deshalb nicht erneut den Titel meines Bloges ändern. Ich sehe es eben nur als derzeitige Diplomatie. Bis.......man wird sehen........

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Den Rest der Zeit, bis heute Morgen, verbrachten Gunnar und ich gemeinsam. Bis auf ein halbes Stündchen am gestrigen Abend. Als er noch einmal zu ihr hinüber schaute, während ich in meinem Sessel saß und meine Haare trocknete. Als er zurückkam, hatte er das Dinner bereits dabei. Später dann, massierte Gunnar mir noch die Füße und verteilte Zärtlichkeiten. Als ob nie etwas gewesen wäre. Als sei alles völlig „normal“.
Sex, gab es keinen. Auch heute Morgen nicht. Ich pellte mich bereits gegen sieben aus dem Bett. Aß ein Müsli und fuhr zum Zentrum. Die ausstehende Lieferung ließ mir keine Ruhe. Jedoch, nach ewigem hin und her telefonieren, bleibt sie weiterhin aus. Wird aller Wahrscheinlichkeit erst am Mittwoch oder Donnerstag dieser Woche zugestellt. Die frische Ware, die dann seit einer Woche auf dem Weg zu uns ist, kann ich nicht mehr verwerten. Ein Fall für den Abfalldienst. Sie muss ausgepackt, sortiert, reklamiert und neu bestellt werden. Allerdings bringt mich das jetzt in ein drastisches Angebotsdefizit! Wo ich doch kurzfristig umplanen muss.
So viel dazu.

Derek, Kevin, Thomas und die anderen waren erstaunt, mich so früh im Büro zu sehen. Derek kam lächelnd auf mich zu und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Was mir sagte, dass auch mit ihm wieder alles und aufatmender Weise, normal zu sein schien. Kevin grinste in sich hinein. Die anderen gingen ihrer Arbeit nach und Thomas sah doch eher zustimmend zu uns herüber. Er nickte...unmerklich.

Als ich heute Morgen aus meinem Wagen stieg, sah ich Troels das erste Mal wieder patrouillieren. Offensichtlich hatte er seinen Dienst hier im Zentrum bereits angetreten. Es fehlte mir jedoch an der Zeit, mich mit ihm zu unterhalten. Es scheint wohl so, als seien die beiden bereits umgezogen. Was ich mir in so rasch kaum vorstellen kann.

Noch immer nichts von Wanja.
Ian hält sich zurück. Obwohl er und seine Band noch immer im Tonstudio gemeldet sind.