Donnerstag, 7. Januar 2016

(M) Ein komplizierter Liebhaber



Womöglich hatte ich, mit dem Termin in der Heilpraxis, auch nur ein Alibi vor Derek benötigt, um rasch zurück zu Gunnar zu fahren. Wo er doch dieser Tag ein fast tadelloser Ehemann war. Und ich hatte ebenso keinerlei Bedürfnis mir Dereks Stimmungen anzutun. Andererseits hätte ich schon gern ergründet, was ihn ihm vorging und was ihn bewog, so distanziert zu sein.

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Nun, an diesem Abend war Gunnar doch noch einmal für zwei Stunden zu Alexa hinüber gegangen. Ich surfte indes im Internet. Wo die Zeit allein, zügiger verging. Sprach noch einmal mit Marie. Wir unterhielten uns über so viele Dinge. Politik. Das Weltgeschehen. Was aktuell passiert und...über Männer. Wie es Frauen nun einmal so tun. Allerdings ist da, an dieser Stelle immer wieder dieser „schwarze Fleck“ und Gunnars Kinder, die meine Halbschwester geboren hat. Mag sein, dass es „magische Zwillinge“ sind und dass sie geboren werden mussten. Dennoch, fällt es mir noch immer schwer, damit umzugehen. Ich glaube Marie geht es damit ähnlich. Obwohl sie es nie erwähnt. Und es tut so unheimlich gut !!!, endlich wieder mit Marie schwesterlich zu reden. Gleichwohl wir damals nicht wussten, DAS wir Schwestern sind.
Und nun, nach dem verlorenen Kind mit Zuckerfötzchen, hätte Gunnar erneut beinahe wieder das Glück der Vaterschaft erfahren. Die Gefahr ist jedoch noch immer nicht vorüber. Alexa will ein Kind von meinem Ehemann und da er ständig mit ihr intim verkehrt, wird nicht viel Zeit vergehen, bis sie erneut schwanger ist. Sie legt es schließlich darauf an. Das Beste (für mich) in diesem Fall wäre, wenn ihre Liebe zu Gunnar abkühlend wäre. Was rein magisch zu erreichen ist.
Als Gunnar von ihr zurückkam, gestand er offen, dass er bei ihr war und dass sie miteinander geschlafen hatten.
„Hast du geduscht?“, fragte ich ihn nur, als er mich küsste.
„Ja.“
Ich schluckte (die Demütigung) alles hinunter und sprach dieses Thema nicht weiter an. Ging dazu über, wieder lieb und nett zu sein. Mich ihm gegenüber für Zärtlichkeiten, die er mir ohne jegliches schlechte Gewissen entgegen brachte, zu öffnen UND, sie sogar zu genießen. Es war, es IST für Gunnar tatsächlich NORMAL und er erwartet, dass ich es akzeptiere.
ICH, für meinen Teil, hoffe noch immer, dass es....endet.

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Nichtsdestotrotz war der Rest des Abends angenehm. Wir schmusten und redeten über mein Gespräch mit Marie. Und über vieles andere. Gleichwohl über DAS, was ich im Zentrum so tat und meine heilpraktischen Ambitionen.
Zu Bett gingen wir sehr spät. Es war gegen zwei. Denn nebenher hatte ich noch über mein iPhone im Internet gesurft. Es ist derzeit vielerlei im Gespräch. Insbesondere, was die politische Lage betrifft. Stellung wird bezogen und selbst Gunnar, der offensichtlich DOCH von seinem Bruder und dessen Freundin beeinflusst worden war, bekennt sich nun doch wieder so la, la zu der schwedendemokratischen Partei.
Was für ein Glück! Ich atme auf. Allerdings bin ich mir nicht sicher, dass er (es) dabei bleibt. Spätestens dann, wenn er wieder seinen Bruder Carsten besucht, ist zu vermuten, dass sich das Blatt erneut wendet. Ich frage mich nur, WAS DAS SOLL.
Alles in allem gedachte ich nicht mit Gunnar über politische Ansichten zu streiten. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass er sich besinnt. Denn bisher, stand er beinahe radikal auf der EINEN Seite, auf der auch ICH zu finden bin.

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Kein Sex. Wozu auch? Gunnar hatte ihn sich bereits bei Alexa abgeholt. Überdies war ich müde. Kein Wunder, wenn man erst halb drei in der Nacht zum schlafen kommt. Infolgedessen schliefen wir heute bis neun. Allerdings wachte ich unzählige Male auf. Vermochte nicht gut zu schlafen. Hatte Schmerzen in den Beinen und meine Füße brannten und brennen immer noch. Allerdings beabsichtige ich trotz alledem die Dosis der Chemie NICHT zu erhöhen. Ich warte ein paar Tage und hoffe schlicht und einfach, dass es sich bessert.
Da ich Thomas versprochen hatte noch am Morgen im Zentrum zu sein, frühstückte ich während des Fahrens in meinem Wagen. Das hatte ich schon lange nicht mehr getan. Kaum war ich angekommen und ausgestiegen, legte sich von hinten eine Hand auf meine Schulter. Es war Ian. Und es war grade so, als hätte er dort auf mich gewartet.
„Hey. Schön dich zu sehen?“ Ian begann mit smal talk. Seinen Augen jedoch konnte ich entnehmen, was er tatsächlich von mir wollte. Das Gleiche, wie vor zwei Tagen und er kam rasch, nach einigen Sätzen, auf den Punkt.
„Wie wäre es heute?“
Ich wich aus. Sprach von Annica und dieser Nelly. Mutmaßte ihm gegenüber mit Worten, dass er in ihr war. WAS er NICHT verneinte. In diesem Fall umging ER meine Fragen. Er wandt sich wie ein Aal, um mir nicht Rede und Antwort stehen zu müssen, was diese Nelly betraf. Und genau DAS gab mir Sicherheit in der Annahme, das da etwas mir ihr war. Aus genau DIESEM Gefühl heraus, entzog ich mich ihm.
„Du, verzeih. Ich habe zu tun.“, sagte ich, nickte ihm freundlich zu und ging (ließ ihn stehen).
„Vielleicht heute Nachmittag? Oder am Abend?“, rief er mir noch hinterher.
Ich drehte mich noch einmal zu ihm um und bleib kurz stehen. „Ich fahre zurück nach Stockholm, wenn ich hier fertig bin.“

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Schon im nächsten Augenblick stand ich Derek gegenüber. Und wieder diese Überprofessionalität! Er nickte mir ausschließlich leicht zu und blieb kühl. Sein Gesicht.....ausdruckslos. JETZT war es in der Tat genug! Ich musste Klarheit haben. Derartig schwelende Konflikte, waren nichts für mich. Ich wurde laut. Nicht unhöflich. Nicht überheblich. Nur bestimmend und autoritär.
„Mr. Moore. Kommen sie in mein Büro.“ Es war DAS Büro, wo bisher Christin und im Augenblick noch Thomas war. Was kaum jemand nutzte. Zumeist waren allen in dem größeren Raum nebenan.
Meine Anweisung hatte Aufmerksamkeit erregt. Sie hoben die Köpf und lauschten. Thomas sah zu mir herüber und kräuselte die Stirn. Dann schmunzelte er. Kevin lächelte und nickte mir unmerklich zu. Die anderen verhielten sich ruhig. Denn SO bestimmend und direkt, hatte man mich sicherlich bisher selten erlebt.
Derek ließ noch im selben Moment alles stehen und liegen und folgte mir. Ich schloss die Tür und......kam umgehend zur Sache.
„Was ist eigentlich los mit dir?“, polterte ich lauthals heraus. Was Derek nicht beeindruckte. Er blieb ruhig.
„Was soll los sein. Nichts.“
„Lüg’ mich nicht an. Du bist anders als sonst.“, stellte ich fest.
„Ich dachte, wir verhalten uns während der Arbeit professionell.“
„Und wieso meidest du mich gleichwohl in der F-r-e-i-z-e-i-t?“
„Das tue ich doch nicht.“
„Das sehe ich aber doch anders.“
Er hob die Schultern und blieb kühl.
Ich tat einen Schritt auf ihn zu. Er blieb stehen. Ich fasste ihn an der Hand. Er ließ es geschehen.
„Küss mich Derek! Sonst feure ich dich.“, forderte ich ihn auf und versuchte ein wenig zu lächeln.
Nun hatte ich es endlich erreicht, dass auch ER nicht anders konnte, als die Mundwinkel nach oben zu ziehen. Dennoch küsste er mich nicht.
„Derek, WAS ist los mit dir? Und bitte, lüg’ mich nicht an. Denkst du etwa, ich bemerke diese unsichtbare Barriere nicht, die seit ein paar Tagen zwischen uns ist?“
„Ich dachte DU wolltest es so.“
„wie bitte? NEIN!“ Noch immer blieb er scheinbar unberührt.
Nun, Büro oder nicht. Es war mir egal. Ich ließ schlicht und einfach meinen Körper an den Seinen fallen. Dachte, er muss mich schließlich halten. WAS er auch tat. Aber noch immer eher unbeteiligt. Als ging es ihn nichts weiter an.
Ich tat einen Schritt zurück und sah ihn traurig an. Denn ich war in der Tat bekümmert. Insbesondere was unsere Beziehung betraf. „An welcher Stelle hast du deine Liebe zu mir verloren? Denn ich dachte noch gestern, sie in deinen Augen zu sehen, als du mir sagtest, dass ich dich glücklich mache.“
Derek holte einen tiefen Atemzug. „Meine Mutter......Es geht ihr nicht gut.“
„Das tut mir sehr leid Derek. Aber warum täuschst du mich hier. Du konfrontiertes mich offen und ehrlich am aller ersten Tag mit ihr. Und jetzt, setzt du dich mit ihr nicht einmal an denselben Tisch zu mir? Was soll ich davon halten? Oder rät sie dir etwa ab von mir?“ UPS! Jetzt war es ausgesprochen. Derek sah mich den Bruchteil einer Sekunde mit großen Augen an. Hatte ich etwa Recht damit?
„Wie kommst du darauf?“ Sein Gesichtsausdruck war wieder unbeweglich.
„Warum spielst du mit mir Katze und Maus?“, sagte ich in kapitulierender Pose. Es war genug!!! Ich hatte es einfach satt mich im Kreis zu drehen. Wenn er jetzt nicht nachgab......oder mir die Wahrheit sagte,.......würde ICH (für eine Weile!) Abstand nehmen. Denn, ICH dränge mich niemandem auf. Allerdings wusste ich, würde es tatsächlich dazu kommen, bereute ich es bereits jetzt. Denn ER war immer noch die letzte Bastion,....die mich hielt.
Derek sah mich an und blieb still. Ich sah es an seinen Augen, wie sehr es in ihm tobte. Seine Kiefermuskulatur zuckte unentwegt. Er fixierte mich. Blieb ernst.
„Okay.“ Endlich ein Ton! Ich frohlockte! „Heute Abend bei mir.“, sprach es und ging......unaufgefordert.