Womöglich
hatte ich, mit dem Termin in der Heilpraxis, auch nur ein Alibi vor Derek
benötigt, um rasch zurück zu Gunnar zu fahren. Wo er doch dieser Tag ein fast tadelloser
Ehemann war. Und ich hatte ebenso keinerlei Bedürfnis mir Dereks Stimmungen anzutun.
Andererseits hätte ich schon gern ergründet, was ihn ihm vorging und was ihn
bewog, so distanziert zu sein.
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Nun, an
diesem Abend war Gunnar doch noch einmal für zwei Stunden zu Alexa hinüber gegangen.
Ich surfte indes im Internet. Wo die Zeit allein, zügiger verging. Sprach noch
einmal mit Marie. Wir unterhielten uns über so viele Dinge. Politik. Das
Weltgeschehen. Was aktuell passiert und...über Männer. Wie es Frauen nun einmal
so tun. Allerdings ist da, an dieser Stelle immer wieder dieser „schwarze
Fleck“ und Gunnars Kinder, die meine Halbschwester geboren hat. Mag sein, dass
es „magische Zwillinge“ sind und dass sie geboren werden mussten. Dennoch,
fällt es mir noch immer schwer, damit umzugehen. Ich glaube Marie geht es damit
ähnlich. Obwohl sie es nie erwähnt. Und es tut so unheimlich gut !!!, endlich
wieder mit Marie schwesterlich zu reden. Gleichwohl wir damals nicht wussten,
DAS wir Schwestern sind.
Und nun,
nach dem verlorenen Kind mit Zuckerfötzchen, hätte Gunnar erneut beinahe wieder
das Glück der Vaterschaft erfahren. Die Gefahr ist jedoch noch immer nicht
vorüber. Alexa will ein Kind von meinem Ehemann und da er ständig mit ihr intim
verkehrt, wird nicht viel Zeit vergehen, bis sie erneut schwanger ist. Sie legt
es schließlich darauf an. Das Beste (für mich) in diesem Fall wäre, wenn ihre
Liebe zu Gunnar abkühlend wäre. Was rein magisch zu erreichen ist.
Als Gunnar
von ihr zurückkam, gestand er offen, dass er bei ihr war und dass sie
miteinander geschlafen hatten.
„Hast du
geduscht?“, fragte ich ihn nur, als er mich küsste.
„Ja.“
Ich
schluckte (die Demütigung) alles hinunter und sprach dieses Thema nicht weiter
an. Ging dazu über, wieder lieb und nett zu sein. Mich ihm gegenüber für
Zärtlichkeiten, die er mir ohne jegliches schlechte Gewissen entgegen brachte,
zu öffnen UND, sie sogar zu genießen. Es war, es IST für Gunnar tatsächlich
NORMAL und er erwartet, dass ich es akzeptiere.
ICH, für
meinen Teil, hoffe noch immer, dass es....endet.
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Nichtsdestotrotz
war der Rest des Abends angenehm. Wir schmusten und redeten über mein Gespräch
mit Marie. Und über vieles andere. Gleichwohl über DAS, was ich im Zentrum so
tat und meine heilpraktischen Ambitionen.
Zu Bett
gingen wir sehr spät. Es war gegen zwei. Denn nebenher hatte ich noch über mein
iPhone im Internet gesurft. Es ist derzeit vielerlei im Gespräch. Insbesondere,
was die politische Lage betrifft. Stellung wird bezogen und selbst Gunnar, der
offensichtlich DOCH von seinem Bruder und dessen Freundin beeinflusst worden
war, bekennt sich nun doch wieder so la, la zu der schwedendemokratischen
Partei.
Was für
ein Glück! Ich atme auf. Allerdings bin ich mir nicht sicher, dass er (es)
dabei bleibt. Spätestens dann, wenn er wieder seinen Bruder Carsten besucht,
ist zu vermuten, dass sich das Blatt erneut wendet. Ich frage mich nur, WAS DAS
SOLL.
Alles in
allem gedachte ich nicht mit Gunnar über politische Ansichten zu streiten. Mein
Bauchgefühl sagt mir, dass er sich besinnt. Denn bisher, stand er beinahe radikal
auf der EINEN Seite, auf der auch ICH zu finden bin.
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Kein Sex.
Wozu auch? Gunnar hatte ihn sich bereits bei Alexa abgeholt. Überdies war ich
müde. Kein Wunder, wenn man erst halb drei in der Nacht zum schlafen kommt.
Infolgedessen schliefen wir heute bis neun. Allerdings wachte ich unzählige
Male auf. Vermochte nicht gut zu schlafen. Hatte Schmerzen in den Beinen und
meine Füße brannten und brennen immer noch. Allerdings beabsichtige ich trotz
alledem die Dosis der Chemie NICHT zu erhöhen. Ich warte ein paar Tage und
hoffe schlicht und einfach, dass es sich bessert.
Da ich
Thomas versprochen hatte noch am Morgen im Zentrum zu sein, frühstückte ich
während des Fahrens in meinem Wagen. Das hatte ich schon lange nicht mehr
getan. Kaum war ich angekommen und ausgestiegen, legte sich von hinten eine
Hand auf meine Schulter. Es war Ian. Und es war grade so, als hätte er dort auf
mich gewartet.
„Hey.
Schön dich zu sehen?“ Ian begann mit smal talk. Seinen Augen jedoch konnte ich
entnehmen, was er tatsächlich von mir wollte. Das Gleiche, wie vor zwei Tagen
und er kam rasch, nach einigen Sätzen, auf den Punkt.
„Wie wäre
es heute?“
Ich wich
aus. Sprach von Annica und dieser Nelly. Mutmaßte ihm gegenüber mit Worten,
dass er in ihr war. WAS er NICHT verneinte. In diesem Fall umging ER meine
Fragen. Er wandt sich wie ein Aal, um mir nicht Rede und Antwort stehen zu
müssen, was diese Nelly betraf. Und genau DAS gab mir Sicherheit in der
Annahme, das da etwas mir ihr war. Aus genau DIESEM Gefühl heraus, entzog ich
mich ihm.
„Du, verzeih.
Ich habe zu tun.“, sagte ich, nickte ihm freundlich zu und ging (ließ ihn
stehen).
„Vielleicht
heute Nachmittag? Oder am Abend?“, rief er mir noch hinterher.
Ich drehte
mich noch einmal zu ihm um und bleib kurz stehen. „Ich fahre zurück nach
Stockholm, wenn ich hier fertig bin.“
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Schon im
nächsten Augenblick stand ich Derek gegenüber. Und wieder diese Überprofessionalität!
Er nickte mir ausschließlich leicht zu und blieb kühl. Sein Gesicht.....ausdruckslos.
JETZT war es in der Tat genug! Ich musste Klarheit haben. Derartig schwelende
Konflikte, waren nichts für mich. Ich wurde laut. Nicht unhöflich. Nicht
überheblich. Nur bestimmend und autoritär.
„Mr. Moore.
Kommen sie in mein Büro.“ Es war DAS Büro, wo bisher Christin und im Augenblick
noch Thomas war. Was kaum jemand nutzte. Zumeist waren allen in dem größeren
Raum nebenan.
Meine
Anweisung hatte Aufmerksamkeit erregt. Sie hoben die Köpf und lauschten. Thomas
sah zu mir herüber und kräuselte die Stirn. Dann schmunzelte er. Kevin lächelte
und nickte mir unmerklich zu. Die anderen verhielten sich ruhig. Denn SO
bestimmend und direkt, hatte man mich sicherlich bisher selten erlebt.
Derek ließ
noch im selben Moment alles stehen und liegen und folgte mir. Ich schloss die Tür
und......kam umgehend zur Sache.
„Was ist
eigentlich los mit dir?“, polterte ich lauthals heraus. Was Derek nicht
beeindruckte. Er blieb ruhig.
„Was soll
los sein. Nichts.“
„Lüg’ mich
nicht an. Du bist anders als sonst.“, stellte ich fest.
„Ich
dachte, wir verhalten uns während der Arbeit professionell.“
„Und wieso
meidest du mich gleichwohl in der F-r-e-i-z-e-i-t?“
„Das tue
ich doch nicht.“
„Das sehe
ich aber doch anders.“
Er hob die
Schultern und blieb kühl.
Ich tat
einen Schritt auf ihn zu. Er blieb stehen. Ich fasste ihn an der Hand. Er ließ
es geschehen.
„Küss mich
Derek! Sonst feure ich dich.“, forderte ich ihn auf und versuchte ein wenig zu
lächeln.
Nun hatte
ich es endlich erreicht, dass auch ER nicht anders konnte, als die Mundwinkel
nach oben zu ziehen. Dennoch küsste er mich nicht.
„Derek,
WAS ist los mit dir? Und bitte, lüg’ mich nicht an. Denkst du etwa, ich bemerke
diese unsichtbare Barriere nicht, die seit ein paar Tagen zwischen uns ist?“
„Ich
dachte DU wolltest es so.“
„wie
bitte? NEIN!“ Noch immer blieb er scheinbar unberührt.
Nun, Büro
oder nicht. Es war mir egal. Ich ließ schlicht und einfach meinen Körper an den
Seinen fallen. Dachte, er muss mich schließlich halten. WAS er auch tat. Aber
noch immer eher unbeteiligt. Als ging es ihn nichts weiter an.
Ich tat
einen Schritt zurück und sah ihn traurig an. Denn ich war in der Tat bekümmert.
Insbesondere was unsere Beziehung betraf. „An welcher Stelle hast du deine
Liebe zu mir verloren? Denn ich dachte noch gestern, sie in deinen Augen zu
sehen, als du mir sagtest, dass ich dich glücklich mache.“
Derek
holte einen tiefen Atemzug. „Meine Mutter......Es geht ihr nicht gut.“
„Das tut
mir sehr leid Derek. Aber warum täuschst du mich hier. Du konfrontiertes mich
offen und ehrlich am aller ersten Tag mit ihr. Und jetzt, setzt du dich mit ihr
nicht einmal an denselben Tisch zu mir? Was soll ich davon halten? Oder rät sie
dir etwa ab von mir?“ UPS! Jetzt war es ausgesprochen. Derek sah mich den
Bruchteil einer Sekunde mit großen Augen an. Hatte ich etwa Recht damit?
„Wie
kommst du darauf?“ Sein Gesichtsausdruck war wieder unbeweglich.
„Warum
spielst du mit mir Katze und Maus?“, sagte ich in kapitulierender Pose. Es war
genug!!! Ich hatte es einfach satt mich im Kreis zu drehen. Wenn er jetzt nicht
nachgab......oder mir die Wahrheit sagte,.......würde ICH (für eine Weile!) Abstand
nehmen. Denn, ICH dränge mich niemandem auf. Allerdings wusste ich, würde es
tatsächlich dazu kommen, bereute ich es bereits jetzt. Denn ER war immer noch
die letzte Bastion,....die mich hielt.
Derek sah
mich an und blieb still. Ich sah es an seinen Augen, wie sehr es in ihm tobte.
Seine Kiefermuskulatur zuckte unentwegt. Er fixierte mich. Blieb ernst.
„Okay.“
Endlich ein Ton! Ich frohlockte! „Heute Abend bei mir.“, sprach es und
ging......unaufgefordert.