Montag, 25. Januar 2016

Ein Phänomen



Während ich schrieb und im Internet surfte, war Derek joggen. Als er zurück zu mir kam, konnte ich ihm die Erleichterung darüber, dass ich noch nicht fort gegangen war, direkt von seinem Gesicht ablesen. Offensichtlich vermutete er, dass ich es womöglich in Erwägung ziehen könnte, sogleich nach dem Lunch nach Stockholm  aufzubrechen. Nein. Das tat ich nicht. Ich wartete ab bis.....Gunnar anrief.
„WO bleibst du denn? Ich dachte du kommst.“
„Da ich nicht wissen kann, WO du dich aufhältst, gedachte ich hier im Zentrum zu bleiben, bis du dich meldest. Denn in ein leeres Apartment wollte ich nicht zurückkehren. Warum sollte ich das tun? Wenn ich HIER jemanden habe, der es liebt, MIT MIR zu sein.“
Stille. (Anscheinend war DAS eine Ansage für meinen Ehemann.)
„O-k-a-y.“, war dann in einem vorsichtigen Tonfall zu hören. „Dann bitte ich dich JETZT zu mir zu kommen.“
„WO bist du denn?“
„Im Penthouse. Wo sonst.“
Ich musste direkt schmunzeln. Er hatte NICHT Apartment gesagt. Was mir zu verstehen gab, dass er NOCH bei Alexa war.
„WO im Penthouse?“
„Sobald du hier ankommst, bin ich in unserem Apartment.“, wich er mir aus.
„Werden wir dann allein sein? Oder haben WIR erneut Besuch zu erwarten?“
„Wir werden allein sein.“
„Schön, dass du endlich Zeit für mich findest. Bis gleich.“, sagte ich, wartete seine Antwort nicht ab und legte auf.

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Ich hatte es nicht eilig von Derek weg zu gehen. Nahm mir Zeit. Infolgedessen wurde es erst gegen sechs, als ich in unserem Stockholmer Apartment ankam. Gunnar war nicht da. Allerdings gedachte ich NICHT zu Alexas Apartment hinüber zu gehen. NICHT NOCH EINMAL. Ich wäre mir vorgekommen wie eine Bittstellerin. NEIN. Soweit wollte ich nicht sinken.

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Ich wartete noch zwei Stunden, bis Gunnar endlich kam.
„Warum sagst du mir nicht Bescheid, dass du hier bist?“, warf er mir vor.
„Ich dachte du bist hier. Schließlich wusstest du, dass ich komme.“, wich ich seiner Frage aus.
Gunnar schien einer Auseinandersetzung aus dem Weg gehe zu wollen und ließ das Gesagte vorerst so stehen. Umarmte mich stattdessen. Küsste mich sanft und liebevoll. Gerade so, als hätte er die ganze Zeit über auf mich gewartet und wäre nun froh, mich endlich wieder zu sehen.
ICH vermochte es jedoch nicht, diese eine Bemerkung zu unterdrücken.
„Hast du dein Wochenende genossen?“
Gunnar stutze. „Du nicht?“
 „Sehr witzig!“
Nach einigen heftigen Worten, die hin und her geworfen wurden, trat ein Moment der Stille ein.
„Ich will nicht mit dir streiten.“, sagte Gunnar schließlich zu mir und bestätigte meine Vermutung mit Worten. „Du hättest jeder Zeit zu mir kommen können. Das weißt du doch?“
„Wohin? Zu Hjalmar? In eine Bar? Oder sollte ich zusehen, wie du mit Alexa fickst?“
„Hey, hey. Jetzt ist es aber genug. Lass es bitte sein.“
Ich schmollte noch eine kurze Weile und beließ es letztendlich dabei. Lenkte ein und fiel erneut in die Rolle der braven Ehefrau zurück. Schließlich war mir ebenfalls NICHT danach diesem Abend mit verbalen Rangeleien zu verbringen. Gunnar ist nun einmal wie er ist. Wie oft schon hatte ich festgestellt, dass dieses Verhalten offensichtlich völlig normal für ihn war.
Womöglich sollte ich an einem ganz anderen Diskussionspunkt ansetzen. Vielleicht ihn einmal fragen, wie für ihn eine gute Ehe auszusehen hat.
Aber vermutlich weiß er das alles und gedenkt nur noch eine Weile seine Freiheit zu genießen. Wie es ihn gerade beliebt. Und, sowie ich es ihm mit meinem Verhalten gestatte. (Vermutete ich....)
Wir sprachen nicht weiter über die vergangenen Tage und ich dachte darüber nach, dass es besser sei, die Stunden mit Gunnar zu genießen. Anstatt weiterhin zu schmollen. Denn es änderte nichts daran, was geschehen war. In Kürze hatte ich mich daran gewöhnt, wieder bei Gunnar zu sein.
Ein Phänomen.........(der Anpassung. Der Willenskraft. Was auch immer. Oder schlicht und einfach nur aus Liebe zur Harmonie zwischen und beiden.)

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Natürlich vermochte ich diese Thematik nicht gänzlich beiseite zu lassen. Und erneut bestätigte mir Gunnar, was ich bereits vermutet hatte. Denn ich hatte ihn gefragt, ob er nicht einmal erwachsen werden würde. Allerdings rechtfertigte er sich mit dem Satz: „Die skandinavischen Männer sind eben gesellig und feiern gern und oft.“ Er lachte. Was offensichtlich das Thema beenden sollte.
Nun gut. Dann schnitt ich eben ein anderes an.
„Weißt du Gunnar, eigentlich gedachte ich nach Australien zu fliegen. Das Tennisturnier geht in die letzte Woche.“
Er horchte auf und antwortete mir dann zu meinem großen Erstaunen. „Okay. Fliegen wir.“
Ich war perplex und traute der Sache nicht. Fragte besser noch einmal....zögerlich....., WIE er das meinte. „Was heißt für dich WIR?“
„Wir beide.“, erwiderte er wie aus der Pistole geschossen und grinste mich an.
Ich zog ungläubig die Brauen nach oben.“
„Was ist?“, fragte er. „Glaubst du mir nicht?“
„D-o-c-h. Schon.“
„Aber?“
„Du meinst es tatsächlich ernst?“
„Ja. Ich kümmere mich gleich um die Tickets.“
WOW. Welche Entschlussfreudigkeit.
Ich bekam kalte Füße. Begann zu revidieren. „Weißt du was, womöglich ist es bereits zu spät. Bevor wir Down under ankommen, wurde das Turnier zu Ende gespielt.“
Gunnar lachte. „Das ist typisch meine Frau. Einen Schritt über die Klippe und dann doch lieber drei zurück.“
Ich zuckte mit den Schultern und musste lachen. „Was ist so schlimm daran?“
„Rea. Du weißt doch, Männer brauchen KLARE Ansagen. Alles andere irritiert oder überfordert sie.“ Gunnar grinste. Was sollte ich da noch erwidern? Und böse, war ich ihm nun auch nicht mehr.
Allerdings einigten wir uns darauf, das Tennisturnier doch lieber gemeinsam im Fernsehen anzusehen. Als so kurzfristig noch los zu fliegen.
Aller Ärger war verraucht.

Und am späteren Abend dann doch noch Besuch von zwei Bikern. DAS war allerdings neu für mich und überaus eigenartig. Bisher hatten wir niemanden von diesen Leuten gekannt. Zumindest wusste ich nichts davon.
„Es sind Freunde von Hjalmar. Wir hatten sie gestern in einer Bar getroffen.“, bekam ich als Erklärung gesagt.
Nun gut, für ein paar Stunden war es durchaus unterhaltsam ihnen zuzuhören. Allerdings hatte ich dann auch genug. Als sie meine Müdigkeit bemerkten, erstaunten sie mich, indem sie fragten, ob sie besser gehen sollten. Soviel Taktgefühl hatte ich gerade von ihnen nicht erwartet. Sie gaben an, so wie so weiter ziehen zu wollen und waren in Null Komma nichts, nach etwa drei Stunden, verschwunden.
Ich sah Gunnar fragend an, sobald er die Tür geschlossen hatte.
„Was ist?“, fragte er. „Es kann doch nur vorteilhaft sein, auch in Rocker-Kreisen Bekannte zu haben? Zumal sie noch aussehen wie the Rock.“  Gunnar lachte herzhaft. Ich schloss mich ihm an.
„Dein Bruder kann vielleicht Leute kennen.“ Ich schüttelte den Kopf.
„Sie sind doch gar nicht so übel, wie immer behauptet wird. Oder etwa doch?“
„Nein.“, gab ich wahrheitsgemäß an.

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Das Einschlafen, in Gunnars Armen, war fabelhaft! Ahhhhh.................ich genoss......
Kein Sex. Gleichwohl nicht am Morgen. Wir frühstückten gemeinsam. Gunnar mahnte mich zur Gelassenheit. Denn ich war bereits dabei, wie für gewöhnlich, in Hektik zu verfallen.
„Kommst du mit mir ins Büro. Dort kannst du schreiben und im Internet surfen.“, sagte Gunnar, strahlte mich an und umarmte mich dabei.
DAS hatte er noch NIE getan!!!!!!!!!!!
Es gibt noch Zeichen und Wunder!
Aber womöglich tat er es deshalb nicht, weil Alexa dort war und er wusste, dass ich es nicht mochte mit ihr in einem Raum zu sein (wenn es nicht (unbedingt) sein musste).
Aber okay. Ich ließ mich drauf ein. Warum auch nicht? Nun bin ich hier........und ich vertrage mich mit allen......